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Darlehensnehmer kann Auszahlung eines Baukredits sofort verlangen

OLG Stuttgart – Az.: 9 U 355/21 – Urteil vom 27.04.2022

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 02.12.2021, Az. 34 O 16/21 KfH, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

(1) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Euro 150.000,00 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 01.11.2020 zu bezahlen.

(2) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Euro 2.285,40 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 04.03.3021 zu bezahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Fälligkeit der Auszahlung eines zum Zwecke des Umbaus einer Immobilie abgeschlossenen Darlehens.

Die Klägerin macht im Wege der offenen Teilklage die Auszahlung von weiteren 150.000 Euro eines über den Betrag von 800.000 Euro abgeschlossenen Darlehens geltend, von dem die Beklagte bislang lediglich 117.720,48 Euro ausbezahlt hat. Während die Klägerin der Ansicht ist, das Darlehen sei ohne weitere Vorbedingung, insbesondere ohne Vorlage von Rechnungen, auszubezahlen, geht die Beklagte unter Hinweis auf den Vertragswortlaut und die einbezogenen „Allgemeinen Bedingungen für Kredite und Darlehen“ (nachfolgend: AGB) davon aus, es handele sich um ein „Baudarlehen“, bei dem Auszahlungen nur gegen Nachweise erfolgen können.

In dem Darlehensvertrag (nachfolgend: DV) ist unter Ziff. 3.2. bestimmt:

„Das Darlehen wird zu einem Auszahlungskurs von 100% zu Gunsten Konto […] ausgezahlt.“

Weitere Angaben zur Auszahlung enthält der Vertrag selbst nicht. In den einbezogenen AGB heißt es jedoch in Ziff. 18:

„Der Kredit kann erst in Anspruch genommen werden, wenn sämtliche vertraglichen Bedingungen erfüllt sind […] Bei Baukrediten erfolgt die Auszahlung üblicherweise nach Baufortschritt […].“

Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatbestandlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Darlehensnehmer kann Auszahlung eines Baukredits sofort verlangen
(Symbolfoto: 89stocker/Shutterstock.com)

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der zwischen den Parteien abgeschlossene Vertrag enthalte bezüglich der Frage, wann das Darlehen ausbezahlt werden müsse, keine Regelung. Daher sei auf die AGB zurückzugreifen. Im Streitfall sei Ziff. 18 AGB heranzuziehen, der interessengerecht so auszulegen sei, dass „in der Regel“ eine Auszahlung erst in Betracht komme, wenn Baufortschritt und damit die Steigerung der Werthaltigkeit des Bauvorhabens dies hergeben würden. Da es sich hier um einen „Baukredit“ handele, was schon der im Vertrag benannte Verwendungszweck („Umbau Objekt […]) nahelege, sei also nur auf Rechnung hin auszuzahlen. Eine Vereinbarung, wonach bedingungslos ausbezahlt werden sollte, habe die Klägerin nicht nachzuweisen vermocht. Der Zeuge L. habe vielmehr angegeben, dass zwar die gesamte Darlehenssumme ausbezahlt werden könne, auch wenn der Bedarf für Umbaumaßnahmen sich als geringer herausstellen sollte, dass dies aber nur gegen Rechnungsnachweise möglich sei. Jedenfalls habe ungeachtet der Vorgespräche die Klägerin den Vertrag eben mit der vorgenannten Klausel (Ziff. 18 AGB) unterzeichnet. Rechnungen über einen die bisherigen Auszahlungen hinausgehenden Umfang von Umbaumaßnahmen habe sie nicht vorgelegt.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit dem Rechtsmittel der Berufung. Sie trägt vor und ist der Ansicht, die Ausführungen des Landgerichts zur Frage der Fälligkeit des Darlehensanspruchs würden nicht überzeugen. Zum einen regele Ziffer 3.2. abschließend, dass das Darlehen „zu einem Auszahlungskurs von 100%“ auszuzahlen sei. Hiermit sei die Fälligkeit gemeint, die also an keine weiteren Bedingungen geknüpft werde. Die Regelung gehe Ziff. 18 AGB vor. Im Übrigen seien dessen Voraussetzungen nicht erfüllt, weil nicht klar sei, was mit „Baudarlehen“ gemeint sei. Ohnehin seien die Bestimmungen unklar i.S.d. § 305c Abs. 2 BGB und damit unwirksam, weil weder definiert werde, was „üblicherweise“, noch was ein „Baukredit“ sei. Es handele sich nur um eine Information und nicht um eine verbindliche Regelung. Zudem stehe dort nichts davon, dass und wann Rechnungen oder andere Nachweise beizubringen seien und zur Voraussetzung für eine Auszahlung gemacht würden. Auch sei die Erwägung des Landgerichts, Auszahlungen setzten mit dem Baufortschritt eine Wertsteigerung des Objekts voraus, nicht nachvollziehbar. Im Streitfall sei das Objekt in nicht umgebautem Zustand mehrere Millionen Euro wert, die Beklagte also ohnehin hinreichend werthaltig mit erstrangiger Grundschuld besichert. Im Übrigen beanstandet die Berufung die Beweiswürdigung des Landgerichts, deren Zweck sich schon nicht erschließe, als nicht überzeugend.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 02.12.2021 – 34 O 16/21 KfH – abzuändern und wie folgt neu zu fassen:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Euro 150.000,00 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.11.2020 zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Euro 2.285,40 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Zustellung der Klageschrift vom 11.02.2021 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen und die Revision zuzulassen.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil als richtig und wiederholt dazu im Wesentlichen ihren bereits in erster Instanz gehaltenen Vortrag.

II.

Die gemäß § 511 ZPO statthaften und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§§ 517, 519, 520 ZPO) eingelegte Berufung hat in der Sache Erfolg. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf § 488 Abs. 1 S. 1 BGB auf Auszahlung des Darlehens in Höhe der zulässigerweise im Wege der offenen Teilklage geltend gemachten 150.000 Euro (1.) sowie auf Erstattung ihrer vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (2.), jeweils nebst der beantragten Zinsen zu.

1. Der Anspruch aus § 488 Abs. 1 S. 1 BGB setzt einen wirksamen Darlehensvertrag voraus.

Ein solcher liegt im Streitfall vor. Die Parteien haben einen Darlehensvertrag über 800.000 Euro abgeschlossen. In Höhe der mit der Klage begehrten 150.000 Euro ist eine Auszahlung bisher nicht erfolgt. Der Anspruch ist dem Grunde nach zwischen den Parteien nicht streitig. Streitig ist allein, ob der Anspruch auch bereits fällig ist. Das ist zu bejahen.

Nach der Bestimmung des § 271 Abs. 1 BGB kann der Gläubiger, wenn eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen ist, die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken. Dies gilt auch für die Pflicht zur Darlehensgewährung (Grüneberg, 81. Aufl. 2022, § 271 BGB Rn. 6). Eine Sonderregelung sieht das Gesetz nicht vor (anders als für die Zinsen und die Rückzahlung des Darlehens, vgl. § 488 Abs. 2 und 3 BGB). Die Parteien haben auch keine individualvertragliche Vereinbarung über die Fälligkeit getroffen (a.). Soweit für die Auszahlungsvoraussetzungen auf die AGB der Beklagten zu rekurrieren ist (dort Ziff. 18), sind – soweit es um die Bestellung von Sicherheiten geht – die dort benannten Fälligkeitsvoraussetzungen erfüllt (b.). Vom wie auch immer gearteten „Baufortschritt“ bzw. der Vorlage von Belegen ist die Auszahlung nicht abhängig gemacht worden. Soweit in Ziff. 18 S. 2 AGB bestimmt ist, dass „üblicherweise“ bei einem Baudarlehen nach „Baufortschritt“ ausbezahlt werde, ist diese Bestimmung intransparent i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB (c.). Die Vorlage von Rechnungen als Fälligkeitsvoraussetzung folgt schließlich auch nicht aus den „Umständen“ i.S.d. § 271 Abs. 1 BGB (d.).

a. Die Parteien haben keine individualvertragliche Absprache getroffen, wonach die Auszahlung des Darlehens davon abhängen soll, dass ein bestimmter Baufortschritt erreicht ist und/oder dass Rechnungen über Baumaßnahmen vorgelegt werden müssen. Das behauptet die Beklagte schon nicht. Soweit sie angibt, dass es bei den Gesprächen mit dem Berater L. Thema gewesen sei, dass „Baurechnungen“ vor einer Auszahlung vorgelegt werden müssten, handelt es sich dabei nach den Ausführungen der Beklagten selbst um „vorvertragliche“ Gespräche (GA I/38). In die Darlehensvereinbarung selbst (Anlage K 7) hat dies keinen Eingang gefunden. Schließlich beruft sich die Beklagte auch selbst lediglich darauf, dass sich die Auszahlungsvoraussetzungen eben aus den AGB ergeben würden. Dort sei bestimmt, dass „ohne Nachweis der Investition in den Bau“ eine Auszahlung nicht erfolge.

b. In Ziff. 18 S. 1 AGB ist zunächst bestimmt, dass eine Auszahlung eines Darlehens erst möglich ist, wenn

„sämtliche vertraglichen Bestimmungen erfüllt sind, die vorgesehenen Sicherheiten bestellt wurden, die Bank die Ordnungsmäßigkeit der vorgesehenen Sicherheiten geprüft hat, deren Bestellung nicht mehr widerrufbar ist und eine von der Bank verlangte Empfangsbestätigung über ausgehändigte Unterlagen vorliegt.“

Das Vorlegen dieser Voraussetzungen steht nicht in Streit. Insbesondere hat die Klägerin die in Nr. 6 DV bezeichneten Sicherheiten bestellt. Andernfalls hätte die Beklagte einen Teil des Darlehens auch nicht ausbezahlt.

c. Uneinig sind die Parteien lediglich darüber, ob und inwieweit Ziff. 18 S. 2 AGB, wo bestimmt ist:

„Bei Baukrediten erfolgt die Auszahlung üblicherweise nach Baufortschritt“,

die Vorlage von Rechnungen über durchgeführte Bauleistungen für den Streitfall zur Fälligkeitsvoraussetzung macht. Das ist im Ergebnis zu verneinen. Die Klausel ist intransparent und hält deshalb der Inhaltskontrolle nicht stand (§ 307 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 2 BGB).

aa. Nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragsgegners auch daraus ergeben, dass eine Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen (vgl. BGH, Urteil vom 25.02.2016 – VII ZR 156/13, NJW 2016, 1575 [Rn. 31] m.w.N.). Der Verwender muss folglich einerseits die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für ihn keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 29.04.2015 – VIII ZR 104/14, WM 2015, 1487 [Rn. 16]). Der Vertragspartner soll andererseits ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach seine Rechte feststellen können, damit er nicht von deren Durchsetzung abgehalten wird (BGH, Urteil 22.03.2018 – IX ZR 99/17, Rn. 34 = BGHZ 218, 183). Dies gilt nach § 307 Abs. 3 S. 2 BGB auch für die Bestimmungen zu den Hauptleistungspflichten (BGH, Urteil vom 06.12.2018 – IX ZR 143/17, Rn. 35 = BGHZ 220, 280).

bb. Diesen Maßstäben genügt die Bestimmung über die Fälligkeit des Anspruchs des Darlehensnehmers nicht.

(1) Dabei kann dahinstehen, ob die Klausel auf den vorliegenden Sachverhalt, bei dem das Darlehen nicht für einen (Neu-)Bau, sondern zum Zwecke verschiedener Umbaumaßnahmen vereinbart wurde, Anwendung findet. Insoweit ist nämlich fraglich, ob dem Begriff „Baudarlehen“ überhaupt hinreichend klar entnommen werden kann, unter welchen Voraussetzungen die Klausel gelten soll.

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen, rechtlich nicht vorgebildeten Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Ansatzpunkt für die bei einer Formularklausel gebotene objektive, nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung ist in erster Linie ihr Wortlaut. Legen die Parteien allerdings der Klausel übereinstimmend eine von ihrem objektiven Sinn abweichende Bedeutung bei, ist diese maßgeblich. Sofern nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten Zweifel verbleiben und zumindest zwei Auslegungsergebnisse rechtlich vertretbar sind, kommt die sich zu Lasten des Klauselverwenders auswirkende Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB zur Anwendung. Hierbei bleiben allerdings Verständnismöglichkeiten unberücksichtigt, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fern liegend sind und für die an solchen Geschäften typischerweise Beteiligten nicht ernsthaft in Betracht kommen (st. Rspr., statt vieler BGH, Beschluss vom 02.07.2019 – VIII ZR 74/18, Rn. 20).

Ein Verständnis, wonach – wie die Beklagte meint – „Bau“ stets auch „Umbau“ erfassen soll, ist zwar möglich. Zwingend ist diese Auslegung jedoch nicht. Der Wortlaut lässt beide Auslegungen zu. Und soweit der Sinn und Zweck der Klausel u.a. ist, dass das Darlehen erst ausbezahlt werden soll, sobald und soweit durch den Bau eine Wertsteigerung des Grundstücks eingetreten ist, greift dieser Sicherungszweck eher bei einem unbebauten Grundstück, auf dem ein (Neu-)Bau erstellt wird. Bei bloßen Umbaumaßnahmen, die bspw. nur einer Anpassung an eine Nutzungsänderung geschuldet sind, wird dieser Sicherungszweck hingegen nur eine untergeordnete Rolle spielen. Es bleibt allerdings auch hier die erkennbare Absicht der Bank, sicherzustellen, dass das Darlehen nur für den im Darlehensvertrag bestimmten Zweck und nicht für einen sonstigen Finanzierungsbedarf des Darlehensnehmers Verwendung findet.

(2) Jedenfalls aber mangelt es der Klausel an der gebotenen Transparenz.

Die formularmäßige Einschränkung, dass die Auszahlung „üblicherweise nach Baufortschritt“ erfolge, lässt weder erkennen, unter welchen konkreten Voraussetzungen von einer „Üblichkeit“ auszugehen sein soll, noch wie der „Baufortschritt“ definiert sein soll, also in welchen und wie vielen Fertigstellungsabschnitten eine Auszahlung zu erfolgen hat und ob und wie – etwa durch Rechnungsvorlage – dies nachzuweisen sein soll.

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Einem nicht rechtlich vorgebildeten durchschnittlichen Klauselgegner erschließt sich nicht, wann von einem üblichen und wann von einem unüblichen Fall auszugehen sein soll. Die Klausel enthält dazu keine Anhaltspunkte. Solche ergeben sich auch nicht im Gesamtzusammenhang anderer Regelungen der AGB. Insbesondere finden sich nicht etwa Regelbeispiele, die eine Abgrenzung ermöglichten. Dabei handelt es sich bei der Frage der Fälligkeit nicht um einen vergleichsweise unbedeutenden, sondern besonders wichtigen Punkt des Vertragsverhältnisses. Die Versagung der Fälligkeit hat für den Darlehensnehmer eine besonders einschneidende Bedeutung, weil ihm die Hauptleistung versagt bleibt.

Gleichsam im Nebel bleibt, woran sich der „Baufortschritt“ orientieren soll. Ein Verweis auf die Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) erfolgt gerade nicht. Es kann auch nicht angenommen werden, dass auf die MaBV konkludent Bezug genommen sein soll. Zwar finden sich dort Regelungen über den Zahlungsplan anhand des „Bauablaufs“ (§ 3 Abs. 2 MaBV). Diese Regelungen sind aber auf Neu- und größere Sanierungsmaßnahmen zugeschnitten und nicht für – wie die Beklagte ihre Klausel angewendet wissen will – auf jedwede „Umbaumaßnahmen“. Ohnehin will die Beklagte selbst ihre Klausel auch nicht so verstanden wissen, dass sie sich an dem Zahlungsplan aus § 3 Abs. 2 MaBV orientieren wollte. Dann müsste sie nämlich zum einen 30 vom Hundert des Darlehens sogleich auszahlen und – falls einzelne Leistungen nicht anfallen – diese auf die anderen Leistungen verteilen. Die Beklagte möchte jedoch überhaupt nur Auszahlungen gegen Vorlage von Handwerkerrechnungen vornehmen. Eine Abstufung des Baufortschritts nach fertigen Teilleistungen, wie sie die MaBV kennt, will die Beklagte ihrem Klauselwerk also selbst nicht entnehmen.

Die Lesart der Beklagten schließlich, das Darlehen sei gegen Nachweis von Rechnungen auszuzahlen, findet in der Klausel keine Stütze. Die Klausel macht die Zahlung allein an einem Baufortschritt fest. Eine Pflicht zur Vorlage von Rechnungen als (eigenständige) Fälligkeitsvoraussetzung oder aber zum Nachweis eines Baufortschritts ist weder in Ziff. 18 S. 2 AGB noch an anderer Stelle erwähnt. Zudem ist ein Baufortschritt ein tatsächlicher Vorgang, der von der Tatsache, ob und welche Rechnungen im Einzelnen gestellt werden, nicht abhängt. Fehlt wie gesehen ein Bewertungsmaßstab für das Merkmal „Baufortschritt“ und eine Angabe – etwa wie in der MaBV prozentualer – Maßstäbe hierfür, lässt sich ein solcher Bewertungsmaßstab deswegen auch nicht unter Heranziehung von Rechnungen herstellen.

Nach alledem liegt, was Ziff. 18 S. 2 AGB anbelangt, eine ausreichend klare und dem durchschnittlichen Anleger unmittelbar verständliche Regelung über die Fälligkeit von Darlehensleistungen nach „Baufortschritt“ nicht vor.

(3) Die intransparente Klausel benachteiligt den Darlehensnehmer. Sie stellt ihn erheblich schlechter als es dem Grundgedanken einer sofortigen Fälligkeit der Leistung (§ 271 Abs. 1 BGB) entspricht. Seine Rechte werden in unangemessener Weise erheblich eingeschränkt, weil die Klausel den Erhalt der Hauptleistung betrifft und von Voraussetzungen abhängig macht, die zu bestimmen aufgrund der Intransparenz der Regelung nicht rechtssicher möglich ist.

d. Vergebens versucht die Beklagte, eine fehlende Fälligkeit darauf zu stützen, es ergebe sich „aus den Umständen“ i.S.d. § 271 Abs. 1 BGB, dass ein Darlehen, welches für Umbaumaßnahmen gewährt werde, nur entsprechend dem Baufortschritt oder der Höhe vorliegender Handwerkerrechnungen auszuzahlen sei. Das gelingt ihr schon deswegen nicht, weil sie selbst in ihrem Klauselwerk den Baufortschritt nur „üblicherweise“ als Fälligkeitsvoraussetzung verstanden wissen will. Und auch eine Rechnungserteilung ist schon grundsätzlich keine Fälligkeitsvoraussetzung, unabhängig davon, ob steuerrechtlich oder nach Verkehrssitte eine Rechnung beansprucht werden kann (Erman/Artz BGB, 16. Aufl. 2020, § 271 BGB, Rn. 4). Soweit eine Bank daher sicher gehen will, dass das Darlehen zweckentsprechend verwendet wird, steht es ihr frei, eben dies in den Darlehensbedingungen zu regeln. Dass im Streitfall die Beklagte eben dies versäumt hat, vermag sie mit dem Hinweis auf eine Üblichkeit oder eine angebliche Leitbildfunktion der MaBV (an die sich die Beklagte, indem sie vorgibt, es sei eine Zahlung nach Rechnungsumfang bestimmt worden, ohnehin nicht halten will), nicht zu retten.

e. Die Beklagte ist mit Erhalt der Leistungsaufforderung vom 29.10.2020 (Anlage K 9), das gesamte Darlehen auszubezahlen, in Verzug geraten. Sie hat daher – wie beantragt – ab dem 01.11.2020 den ausgeurteilten Betrag gemäß der §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 S. 1 BGB zu verzinsen.

2. Die Klägerin hat Anspruch auf Erstattung ihrer vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1 S. 1 BGB. Diese stellen sich als Verzugsschaden dar. Zum Zeitpunkt der erforderlichen Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe im Dezember 2020 war die Beklagte bereits in Verzug geraten (oben 1.e.). Die nicht bestrittene Höhe der zu erstattenden Kosten beträgt eine 1,3 Gebühr aus einem Gegenstandswert von 150.000 Euro, also 2.285,40 Euro (netto). Auslagen gemäß Nr. 7001 u. 7002 VV RVG und Mehrwertsteuer macht die (wohl ohnehin vorsteuerabzugsberechtigte) Klägerin nicht geltend, weshalb hierfür auch nichts zuzusprechen ist (§ 308 Abs. 1 S. 1 ZPO).

Auf den ausgeurteilten Betrag stehen der Klägerin Prozesszinsen gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB ab dem auf die Klagezustellung folgenden Tag, also ab dem 04.03.2021 zu.

3. Der Ausspruch zu den Kosten basiert auf § 91 ZPO, derjenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

4. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und der Senat nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes oder eines anderen Oberlandesgerichts abweicht, so dass auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, § 543 ZPO. Der bloße Hinweis des Beklagtenvertreters im Termin vor dem Senat, die im Streitfall verwendeten Geschäftsbedingungen würden auch in anderen Fällen verwendet, vermag eine Grundsatzbedeutung nicht zu belegen. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nicht schon deshalb zu, weil die Entscheidung von der Auslegung einer Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen abhängt, aber nicht dargelegt wird, dass die Auslegung der Klausel über den konkreten Rechtsstreit hinaus in Rechtsprechung und Rechtslehre oder in den beteiligten Verkehrskreisen umstritten ist (BGH, Beschluss vom 10.12.2003 – IV ZR 319/02).

 

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