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Darlehensvertrag – Nichtabnahmeentschädigung bei Beratungsfehler

LG Hamburg – Az.: 322 O 400/09 – Urteil vom 06.07.2011

1. Es wird festgestellt, dass der Beklagten weder gegen die Klägerin zu 1) noch gegen den Kläger zu 2) ein Anspruch auf Zahlung einer Nichtabnahmeentschädigung oder sonstiger Schadensersatzansprüche aufgrund des Ende Juni 2008 geschlossenen Kreditvertrages der Parteien oder dessen Auflösung zusteht.

2. Die Beklagte wird verurteilt, gegenüber der Klägerin zu 1) folgende Willenserklärung abzugeben:

Hiermit erklärt die Beklagte gegenüber der Klägerin zu 1) die Rückabtretung sämtlicher Rechte an der Lebensversicherung der Klägerin zu 1) bei der N… L. Lebensversicherungsgesellschaft AG, S., …, mit der Versicherungs-Nr.

3.

a) Die Beklagte wird verurteilt, den Klägern eine abschließende Abrechnung der Konten mit den Nummern … und … 00 bei der C. bank B. – … (Bankleitzahl …) zu erteilen.

b) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, das sich aus der Abrechnung nach vorstehend a) ergebende Guthaben an die Kläger auszuzahlen.

4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Nebenintervenientin.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, und zwar bzgl. Ziffer 3 a) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von Euro 250,-, bzgl. der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks H. – stR., … S..

Zur Baufinanzierung schlossen die Kläger einen Bausparkredit in Höhe von Euro 28.518,08 bei der L. (Anlage Kl. 1), ferner zwei weitere Kreditverträge bei der K. kasse O. (K.). Am Grundstück wurden für die K. kasse eine Grundschuld in Höhe von Euro 153.387,56 sowie eine nachrangige Grundschuld in Höhe von Euro 35.790,43 bestellt und eingetragen. Die Kläger und die K. kasse vereinbarten eine Sicherheitsabrede vom 26.10.2006 (Anlage Kl. 2). Darin heißt es, die erstrangige Grundschuld diene als Sicherheit für Forderungen der … kasse gegen die Kläger (Ziffer 1.1 Weiterer Vereinbarung a)) aber auch für Forderungen der L. gegen die Kläger aus der Gewährung von Bausparkrediten (a.a.O. b)); die K. kasse sei zur Entgegennahme von Verwertungserlösen auch für die L. berechtigt (a.a.O. Ziffer 1.1 am Ende).

Im Jahre 2008 informierten sich die Kläger über die Möglichkeit einer Ablösung der durch die K. kasse finanzierten Darlehensverträge. Sie führten ein Gespräch mit dem Mitarbeiter M. der K. kasse. Außerdem führten sie Informationsgespräche bei der Beklagten und gaben der Beklagten die Selbstauskunft Anlage Kl. 3. Diese erstellte daraufhin die Analyse Anlage Kl. 4. Die Kläger stellten daraufhin unter dem 13.06.2008 den aus Anlage Kl. 5 ersichtlichen Darlehensantrag bei der Beklagten über Euro 150.000. Die Beklagte erklärte die Annahme des Darlehensantrags mit Schreiben vom 25.06.2008 (Anlage Kl. 6). Die AGB der Beklagten ergeben sich aus Anlagen Bekl. 1 und 2.; Bekl. 1 Ziffer 2.4 Satz 3 enthält eine Regelung zur Entschädigung der Beklagten bei Nichtabnahme des Kredits.

Die Klägerin zu 1 trat unter dem 27. Juni 2008 ihre Ansprüche aus der im Klageantrag zu 2 genannten Lebensversicherung an die Beklagte ab (Anlage Bkl. 3 und Anlage Kl. 19).

Unter dem 27.06.2008 unterzeichneten die Kläger den Antrag auf Kreditablösung bei der K. kasse (Anlage Kl. 7). In der Folge teilte die K. kasse der Beklagten aber einen Ablösebetrag in Höhe von Euro 179.000 mit. Die Beklagte bat daraufhin die Kläger um Überweisung weiterer Euro 29.000 (Schreiben Anlage Kl. 8). Die Kläger traten an die K. kasse heran. Diese teilte mit, dass sie ja auch für den L.-Kredit zur Sicherung die Grundschuld halte und auf den ersten Rang der Grundschuld auch für diesen Kredit auf gar keinen Fall verzichten werde. Dies teilten die Kläger per Telefax (Anlage Kl. 9) der Beklagten mit.

Die Beklagte überwies am 12.08.2008 rd. € 149.700 auf ein Treuhandkonto bei der K. kasse, teilte dieser aber mit, dass eine Verfügung über die Summe nur dann zulässig sei, wenn die K. kasse die vollständige Abtretung der erstrangigen Grundschuld erkläre (Schreiben vom 12.08.2008, Anlage Kl. 10). Die Beklagte informierte die Kläger (mit Schreiben Anlage Kl. 11 und Anlage Kl. 12). Die K. kasse erklärte gegenüber der Beklagten, dass sie bezüglich des L. – Kredits nicht auf die erste Rangstelle der Grundschuld verzichten werde. Sie rief die Euro 149.700,-nicht ab, so dass der Betrag Ende August an die Beklagte zurück überwiesen wurde.

In einer Besprechung der Kläger bei der Beklagten am 23.09.2008 kam man nicht zu einer Einigung, wie eine Ablösung des Kredits der Kläger bei der K. kasse doch noch gelingen könnte. Die Kläger forderten sodann von der Beklagten, bei Nichtinanspruchnahme des mit der Beklagten vereinbarten Kredits auf Bereitstellungszinsen und eventuell weiter angefallenen Kosten zu verzichten (Schreiben vom 15.10.2008, Anlage Kl. 13, und vom 25. November 2008, Anlage Kl. 14). Die Beklagte forderte daraufhin mit Schreiben vom 18.12.2008 (Anlage Kl. 16 = Anlage Bekl. 4) die Zahlung von Euro 13.053,60 Nichtabnahmeentschädigung. Der Kontostand des Kontos ergibt sich zum 14.08.2009 aus Anlage Kl. 20, zum 23.02.2010 aus Anlage Bekl. 5; wegen der Kontoentwicklung vergleiche Anlage Bekl. 6 und 7.

Die Kläger behaupten:

Zunächst habe der Mitarbeiter M. der K. kasse ihnen am 14.04.2008 mitgeteilt, dass die für die Ablösung des K.-Kredits erforderliche Summe sich auf Euro 151.500,- per August 2008 belaufen werde. Auf dieser Basis seien sie an die Beklagte herangetreten.

Der Beklagten sei sehr wohl bekannt gewesen, dass die Grundschuld nicht allein das Darlehen der K. kasse, sondern auch das Darlehen der L. gesichert habe. Der Beklagten seien nämlich die Kreditunterlagen Anlage Kl. 1 und Anlage Kl. 2 zur Verfügung gestellt worden; insbesondere Anlage Kl. 2 sei Grundlage der Finanzierungsanalyse Anlage Kl. 4 gewesen. Auch aus der Selbstauskunft Anlage Kl. 3 hätten sich die monatlichen Beiträge für das L.-Darlehen ergeben. Das Formular für die Selbstauskunft sei den Klägern bei einem ersten Termin beim Mitarbeiter der Beklagten Herrn S. im Mai 2008 ausgehändigt worden. In einem zweiten Termin seien die Selbstauskunft und die genannten Kreditunterlagen vollständig an Herrn S. übergeben worden. In der Folgezeit habe Herr S. außerdem Kontoauszüge angefordert und erhalten, aus denen die Abbuchungen für die Raten des L.-Darlehens ersichtlich gewesen seien.

Mit dem Mitarbeiter S. der Beklagten von der Filiale B. V. hätten die Kläger dann ausdrücklich besprochen, dass das bestehende L.-Darlehen, welches sich seinerzeit auf Euro 24.242,17 belaufen habe, nicht habe getilgt werden sollen. Dies sei in einem dritten Termin bei der Beklagten besprochen worden. In diesen Termin habe der Mitarbeiter S. mitgeteilt, dass das EDV-System der Beklagten grünes Licht für eine Umschuldung gegeben habe. Auf Nachfrage der Kläger, ob sie den Bausparvertrag eventuell mit ablösen sollten, habe Herr S. geantwortet, das solle nicht geschehen, dort hätten die Kläger bereits einen günstigen Zins. Auf dieser Grundlage sei dann die Summe von Euro 150.000 für die Umschuldung beantragt worden. Darauf, dass es wegen des Umstands, dass die Grundschuld auch das L.-Darlehen sicherte, zu Schwierigkeiten kommen könnte, seien die Kläger nicht hingewiesen worden.

Nachdem die K. kasse darauf bestanden habe, dass auch das L.-Darlehen mit abgelöst werden müsse, habe es ein weiteres Gespräch der Kläger beim Mitarbeiter der Beklagten, Herrn S., gegeben. Dieser habe nunmehr erklärt, dass die Differenz von der Beklagten nicht mitfinanziert werden könne; auf das Angebot weiterer Sicherheiten (Grundschuld hinsichtlich einer Eigentumswohnung) habe Herr S. erklärt, es gehe gar nicht um die Sicherheiten, vielmehr sei nach Unterschrift des Darlehensvertrags Anlage Kl. 5 bei der Beklagten festgestellt worden, dass eine Haushaltspauschale falsch berechnet worden sei und dass nach der Neuberechnung der Pauschale auch schon der Betrag von Euro 150.000,- nicht habe finanziert werden dürfen.

Die Kläger sind der Ansicht, die Beklagte habe danach keinen Anspruch auf Nichtabnahmeentschädigung. Die Voraussetzungen von Ziffer 2.4 S. 3 der AGB Anlage Bekl. 1 seien nicht erfüllt, weil die Nichtabnahme des Darlehens hier auf ein Verschulden der Beklagten zurückzuführen sei. Die Beklagte habe gegenüber den Klägern pflichtwidrig gehandelt indem sie zum einen auf die Schwierigkeit wegen des zusätzlich gesicherten L.-Darlehens nicht richtig hingewiesen habe, zum anderen den Darlehensbetrag trotzdem auf das Treuhandkonto bei der K. kasse gezahlt habe. Daher habe es allein die Beklagte zu vertreten, dass es überhaupt zur Auszahlung gekommen sei. Sie könne daher keine Nichtabnahmeentschädigung von den Klägern fordern.

Die Kläger verlangen daher von der Beklagten, im Wege des Schadensersatzes so gestellt zu werden, als wenn sie den Darlehensvertrag bei der Beklagten gar nicht geschlossen hätten.

Die Kläger bestreiten die Richtigkeit der Berechnung der Höhe der Nichtabnahmeentschädigung.

Die Kläger beantragen,

1. festzustellen, dass der Beklagten kein Anspruch auf Zahlung einer Nichtabnahmeentschädigung oder sonstiger Schadensersatzansprüche gegen die Kläger aufgrund des Ende Juni 2008 geschlossenen Kreditvertrages oder dessen Ablösung zustehe,

2. die Beklagte zu verurteilen, die Lebensversicherung der Klägerin zu 1 bei der N… Lebensversicherung AG, S., … H., mit der Versicherungsnummer … freizugeben,

3. die Beklagte zu verurteilen, eine abschließende Abrechnung der Konten mit der Nummer … sowie … bei der C. bank B. – (Bankleitzahl: …) zu erstellen und das Guthaben an die Kläger auszuzahlen.

Die Kläger haben der K. kasse O. den Streit verkündet; diese ist auf Seiten der Kläger beigetreten mit Schriftsatz vom 18.05.2010 (Blatt 62 der Akte).

Die Nebenintervenientin macht geltend: Aus dem Darlehensvertrag Anlage Kl. 5 ergebe sich nicht eindeutig, dass die Darlehensgewährung der Beklagten zu Gunsten der Kläger von der Bestellung einer erstrangigen Grundschuld abhängig habe sein sollen; eine entsprechende Forderung der Beklagten habe diese erst mit ihrem Schreiben Anlage Kl. 6 aufgestellt. Sie, die Nebenintervenientin, habe die Beklagte schon mit Schreiben vom 23.07.2008 darauf hingewiesen, dass das treuhänderisch übersandte Geld nicht ausreiche, um die Grundschuld zu übertragen, weil noch ein L.-Darlehen erstrangig gesichert sei. Nach dieser Mitteilung und der entsprechenden Mitteilung der Kläger (Anlage Kl. 9) habe die Beklagte Kenntnis von der Besicherung des L.-Kredits gehabt, gleichwohl aber das Darlehen auf das Treuhandkonto ausgezahlt. Das sei pflichtwidrig gewesen.

Die Nebenintervenientin schließt sich dem Klageantrag der Kläger an.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet: Sie habe bei Gewährung des Darlehens Anlage Kl. 5 keine Kenntnis davon gehabt, dass die Grundschuld auch das L.-Darlehen gesichert habe. Die Anlagen Kl. 1 und Kl. 2 hätten der Beklagten bei der Darlehensgewährung Anlage Kl. 5 nicht vorgelegen. Darüber hinaus habe es eine klare Absprache zwischen ihr und den Klägern gegeben, dass die zu Gunsten der K. kasse an erster Rangstelle eingetragene Grundschuld in Höhe eines Teilbetrags von Euro 150.000,- an die Beklagte habe abgetreten werden sollen und dass es keine Eintragungen zu Gunsten anderer Gläubiger gebe; der Restbetrag aus der erstrangigen Grundschuld und die an zweiter Rangstelle eingetragene Grundschuld hätten zur Löschung gebracht werden sollen. Eine Absprache, dass das L.-Darlehen nicht habe getilgt werden sollen, bestreitet die Beklagte.

Die Beklagte habe ihre Darlehensgewährung davon abhängig gemacht, dass die Kläger zu Gunsten der Beklagten eine erstrangige Grundschuld auf dem Finanzierungsobjekt bestellten. Es sei in den Gesprächen ihres Mitarbeiters S. mit den Klägern ausdrücklich klargestellt worden, dass die zu Gunsten der K. kasse O. eingetragene Grundschuld in Höhe eines Teilbetrags von Euro 150.000,- an die Beklagte habe abgetreten werden müssen. Das ergebe sich aus Blatt 2 des Darlehensvertrags Anlage Kl. 5 (vergleiche näher Schriftsatz 07.05.2010 Seite 2 = Blatt 60 der Akte und Schriftsatz vom 15.11.2010 Seite 2 = Blatt 101 der Akte); darauf habe die Beklagte auch im Schreiben Anlage Kl. 6 hingewiesen. Die Kläger hätten diese Verpflichtung nicht erfüllen können, weil die vorrangige Grundschuldgläubigerin K. kasse die Freigabe der zu deren Gunsten eingetragenen Grundschuld von der Rückführung auch des Darlehens der L. abhängig gemacht habe, wozu die Kläger aber nicht bereit gewesen seien. Erst nachdem dies klar gewesen sei, habe die Beklagte die Nichtabnahmeentschädigung in Rechnung gestellt.

Die Beklagte beruft sich für die Berechtigung der in Rechnung gestellten Nichtabnahmeentschädigung auf Ziffer 2.4 S. 3 ihrer AGB Anlage Bekl. 1. Die Anspruchsvoraussetzungen seien erfüllt, weil die Kläger nicht bereit gewesen seien, die als Auszahlungsvoraussetzung vereinbarte erstrangige Grundschuld zu bestellen. Die Kläger könnten dem nicht einen Schadensersatzanspruch wegen Pflichtverletzung der Beklagten entgegenhalten, denn die Beklagte sei nicht zum Hinweis auf etwaige Gefahren verpflichtet gewesen, schon gar nicht auf die ihr hier nicht erkennbare Gefahr wegen der ihr unbekannten Besicherung auch des L. – Darlehens.

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Gegenüber einem Anspruch der Kläger auf Guthabenauszahlung (Klagantrag zu 3) erklärt die Beklagte die Aufrechnung mit ihrem Anspruch auf Nichtabnahmeentschädigung (Schriftsatz vom 08.02.2010 Seite 8 = Blatt 38 der Akte).

Das Gericht hat die Kläger nach § 141 ZPO angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen S. über den Inhalt der zwischen den Parteien geführten Gespräche; wegen des Ergebnisses der Anhörung und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzung vom 12.04.2011 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden sind, sowie auf das Protokoll der am 12.04.2011 geschlossenen mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

Darlehensvertrag - Nichtabnahmeentschädigung bei Beratungsfehler
Symbolfoto: Von kan_chana/Shutterstock.com

Die zulässige Klage hat, teilweise unter notwendiger entsprechender Auslegung der Klaganträge, Erfolg.

I.

Der Feststellungsantrag zu 1) ist zulässig und begründet. Die Beklagte hat keinen Anspruch auf Nichtabnahmeentschädigung oder sonstigen Schadensersatz wegen Nichtabnahme des Darlehens seitens der Kläger.

1. Der Anspruch der Beklagten ergibt sich zunächst nicht aus den AGB Anlage Bekl. 1 Ziffer 2.4 Satz 3. Dass diese AGB Bestandteil des Darlehensvertrages Anlage Kl. 5 sind, insbesondere einbezogen worden sind, ist zwar zwischen den Parteien nicht im Streit. Die Voraussetzungen der Vertragsregelung sind jedoch nicht gegeben.

a) Ein „Verzicht“ der Kläger auf die Darlehensauszahlung ist von ihnen nicht erklärt worden.

Im Gegenteil haben die Kläger vorgetragen, sie seien an einer Darlehensauszahlung und sogar an einer Erhöhung des Darlehensbetrages interessiert gewesen, dies sei von der Beklagten wegen der Schwierigkeit abgelehnt worden, dass einerseits die K. kasse nicht auf den ersten Rang der Grundschuld verzichtet habe, andererseits eine höhere Kreditlinie den Klägern nicht habe eingeräumt werden können.

Die Beklagte ist dem nicht entgegen getreten; der Streit der Parteien geht allein um die Frage, welche Voraussetzungen der Darlehensgewährung vereinbart waren bzw. ob die Beklagte von der Sicherung auch des L.-Darlehens wusste.

b) Eine vorzeitige „Auflösung“ des Darlehensvertrages ist nicht vereinbart worden. Die Parteien erzielten keine Einigkeit über eine Abwicklung des Darlehensverhältnisses mit Entschädigung der Beklagten.

c) Auch der Fall, dass die Darlehensnehmer die Darlehensmittel trotz Nachfristsetzung nicht abnehmen, liegt nicht vor.

Eine Nachfrist zur Darlehens-Abnahme ist seitens der Beklagten nicht gesetzt worden. Eine solche Fristsetzung macht die Beklagte auch nicht geltend. Sie beruft sich auf eine ernsthafte Erfüllungsverweigerung in der Form, dass die Kläger nicht bereit gewesen seien, eine Bedingung der Auszahlung (die lastenfreie Grundschuldbestellung) zu erfüllen. Die AGB sieht aber den Fall der Erfüllungsverweigerung nicht als Tatbestandsvoraussetzung für die Nichtabnahmeentschädigung vor. Die Regelung in Anlage Bekl. 1 Ziffer 2.4 Satz 3 kann insofern auch nicht im Sinne von § 281 Abs. 2 BGB ausgelegt werden, denn ob eine solche Auslegung gemeint ist, ist unklar und geht wegen § 305c II BGB zu Lasten der Beklagten.

2. Der Anspruch auf Nichtabnahmeentschädigung ergibt sich auch nicht aus § 280 I, § 281 II BGB.

Zwar kann eine Nichtabnahme eine Pflichtverletzung des Darlehensnehmers sein, die einen entsprechenden Schadensersatzanspruch begründen kann (BGH NJW 2001, 509 unter Entsch.gr. II.1, noch zur damaligen pVV).

Die Parteien haben aber vorliegend mit der Einbeziehung der AGB Anlage Bekl. 1 Ziffer 2.4 Satz 3 eine anderweitige Parteivereinbarung getroffen, die den Fall der Erfüllungsverweigerung nicht vorsieht. §§ 280, 281 BGB waren – auch teilweise – zu Lasten der Beklagten abdingbar. Die Frage, ob die AGB-Regelung hier gegenüber der gesetzlichen Regelung eine abschließende Regelung sein sollte (also in dem Sinne, dass sich die Beklagte nicht auf Abnahmeverweigerung berufen, sondern als Voraussetzung der Entschädigung stets zunächst Nachfrist setzen musste), ist in den AGB nicht ausdrücklich geregelt. Die Regelung ist daher auch insofern unklar, so dass gem. § 305 c II BGB zugunsten der Kläger davon auszugehen ist, dass die in den AGB aufgeführten Tatbestände abschließend gemeint waren. Die Beklagte hätte also Nachfrist setzen müssen.

3. Hilfsweise:

Es liegt auch keine unberechtigte Abnahmeverweigerung der Kläger vor. Diese können der Beklagten nach § 242 BGB entgegen halten, dass sie den Darlehensvertrag zu den Kondition in Anlage Kl. 5 nicht geschlossen hätten, wenn sie über die Umschuldung von der Beklagten korrekt beraten worden wären.

a) Zwar ist davon auszugehen, dass die Kläger sich zur Stellung einer erstrangig Grundschuld verpflichtet haben.

Es sprechen die Anhörung der Kläger und die Zeugenvernehmung des Zeugen S. dafür, dass zwischen den Parteien abgesprochen worden war, dass das von der Beklagten zu gewährende Darlehen mit einer erstrangigen Grundschuld besichert werden sollte, die Kläger also eine solche stellen sollten. Der Zeuge S. hat erläutert, aus welchen Bereichen des Vertrages K 5 sich die Vereinbarung der Sicherheit frei von Vorlasten ergab; die Kläger haben daraufhin bestätigt, dass S. verlangt habe, dass das Grundstück „lastenfrei“ besichert werden solle (vgl. Protokoll 12.04.2011 S. 10 = Bl. 122 d.A.).

Ob die Schriftform des § 492 I BGB eingehalten ist, kann wegen § 494 II 6 BGB a.F. (G vom 23.07.2002, BGBl. I 2850 m.W.v. 01.08.2002) offen bleiben.

b) Gleichzeitig ist das Gericht aber auch davon überzeugt, dass diese Absprache auf der Annahme sowohl der Kläger als auch des Zeugen S. beruhte, dass die Kläger die Grundschuld würden stellen können, wenn ihnen ein neues Darlehen über rd. Euro 150.000,- gestellt werden würde.

Ersichtlich gingen am Ende der Vertragsgespräche sowohl die Kläger als auch der Zeuge S. davon aus, dass die K. kasse die ihr eingeräumte Grundschuld als erstrangige Grundschuld vollständig an die Beklagte abtreten werde, wenn der Ablösebetrag von nur rd. Euro 150.000,- zur Ablösung nur des K.-Darlehens gezahlt werde.

c) Dass die K. in die Grundschuld-Abtretung nicht einwilligte, hatte seine Ursache darin, dass der Betrag von rd. Euro 150.000,- nicht ausreichte, auch das L.-Darlehen abzulösen, das ebenfalls durch die Grundschuld gesichert war.

Hätten die Kläger gewusst, dass die Ablösung auch des L.-Darlehens erforderlich gewesen wäre, hätten sie zur Überzeugung des Gerichts ein entsprechend höheres Darlehen bei der Beklagten beantragt; wäre ihnen dieses gewährt worden, wäre es nicht zur Nichtabnahme gekommen, wäre es nicht gewährt worden, wäre der Darlehensvertrag gar nicht geschlossen worden. In beiden Fällen hätte die Beklagte keine Nichtabnahmeentschädigung verlangen können.

d) Der Umstand, dass kein höherer Darlehensbetrag beantragt worden ist bzw. der Abschluss des nicht ausreichenden Darlehensvertrages Anlage Kl. 5 nicht vermieden worden ist, ist auf ein Beratungsverschulden des Zeugen S. zurückzuführen, welches sich die Beklagte nach § 278 BGB zurechnen lassen muss.

Ein Beratungsvertrag oder zumindest eine Nebenpflicht zur Beratung über die Frage, ob die Kläger auch das L.-Darlehen ablösen sollten, ist zwischen den Parteien zustande gekommen. Die Beratungspflicht des Zeugen S. entstand bereits durch die entsprechende Frage der Kläger, ob die Ablösung auch des zweiten Darlehens sinnvoll sei, und den darauf vom Zeugen S. erteilten Rat, dass dies wegen des günstigen Bausparzinses nicht ratsam sei. Die Beklagte hat eine entsprechende Äußerung zwar bestritten. Das Gericht ist aber nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Kläger und der Zeuge S. die Frage der zusätzlichen Ablösung auch des L.-Darlehens erörtert und sich auf Anraten des Zeugen S. bewusst dagegen entschieden haben. Die Klägerin zu 1) hat dies anschaulich berichtet (Protokoll S. 3), der Kläger zu 2) hat sich ähnlich geäußert (Protokoll S. 5). Der Zeuge S. hat sich demgegenüber indifferent geäußert, indem er angegeben hat, er wisse nicht mehr, ob ihm damals das L.-Darlehen bekannt gewesen sei, ihm sei nur erkennbar gewesen, dass ein Bausparvertrag bestanden habe, er frage aber grundsätzlich nach der bisherigen Finanzierung der Immobilie (Protokoll S. 12). Das Gericht hält es nicht für glaubhaft, dass der Zeuge einerseits zumindest aus der Selbstauskunft Anlage Kl. 3 gewusst haben will, dass ein Bausparvertrag bestanden habe, andererseits aber nicht nachgefragt haben soll, ob der Bausparvertrag schon zugeteilt worden sei. Vielmehr gab der Umstand, dass die Kläger sich bei der Beklagten nach einer Umschuldung erkundigten, eindeutigen Anlass, diese Frage zu klären, und musste aus Sicht des Zeugen S. eigentlich die Annahme nahelegen, dass der Bausparvertrag zugeteilt worden sei und zu einer Rückführung des K. – Darlehens nicht ausreichte. Das Gericht gelangt daher nach § 286 ZPO zu der Überzeugung, der Klägerseite zu glauben, dass sich die Kläger beim Zeugen S. nach der Mitablösung des L. – Darlehens erkundigt haben und dieser ihnen mit Verweis auf den günstigen Zins abgeraten hat.

Die insofern vom Zeugen S. erteilte Beratung war fehlerhaft. Er hätte sich zu einer vollständigen Beantwortung der Frage, ob nicht das L.-Darlehen mit abgelöst werden müsse, vollständig nach den Konditionen des Darlehens erkundigen müssen, insbesondere nach der Frage, ob dieses durch die Grundschuld mitbesichert sei. Denn dass die K. die Abtretung der Grundschuld davon mit abhängig machen würde, war der Beklagten und dem Zeugen S. erkennbar. Es kann danach offen bleiben, ob der Zeuge S. etwa die ihm vorliegenden Anlagen Kl. 1 und 2 nicht richtig zur Kenntnis genommen hat (so letztlich der Klägervortrag) oder entsprechende Nachfragen nach den Konditionen des L.-Darlehens und der Sicherungsabrede bzgl. der Grundschuld unterlassen hat (so im Ergebnis der Beklagtenvortrag). Denn in jedem Falle hätte der Zeuge auf die entsprechende Frage der Kläger nach der Ablösung auch des L.-Darlehens diese Frage klären müssen, bevor er den Rat erteilte, das L.-Darlehen nicht mit abzulösen.

Die Beklagte kann den Klägern nicht ein Mitverschulden nach § 254 BGB vorwerfen in dem Sinne, die Kläger hätten selbst die Notwendigkeit der Ablösung auch des L.-Darlehens erkennen können und müssen bzw. den Zeugen S. entsprechend instruieren müssen. Denn durch ihre Nachfrage gaben die Kläger gegenüber der Beklagten zu erkennen, dass sie die zur Beantwortung dieser Frage erforderlichen Kenntnisse nicht hatten und sich auf die Hilfe der Beklagten in diesem Punkte verlassen wollten, so dass die Kläger grundsätzlich in diesem Vertrauen auf die richtige Beantwortung ihrer Frage Schutz verdienen. Besondere Umstände, die hier bei den Klägern ein Misstrauen ob der Richtigkeit der Antwort des Zeugen S. hätten hervorrufen müssen, sind von der Beklagten nicht geltend gemacht worden. Insbesondere hat die Beklagte weder dargelegt noch unter Beweis gestellt, dass die Kläger hier bereits von dritter Seite auf die Notwendigkeit der Ablösung auch des L.-Darlehens hingewiesen worden wären; die Kläger haben ausdrücklich geltend gemacht, dass ihnen dies niemand vor Abschluss des Darlehens bei der Beklagten gesagt habe. Die Frage, ob die Kläger eine entsprechende Belehrung von der K. kasse hätten verlangen können, kann im Verhältnis der Kläger zur Beklagten offen bleiben, denn die Kläger haften in diesem Verhältnis nicht für etwaige Fehlinformationen der K., weil diese nicht als Erfüllungsgehilfin der Kläger in deren Vertragsverhandlungen mit der Beklagten eingeschaltet war.

II. Der Klagantrag zu 2 ist dahin auszulegen, dass mit der beantragten Verurteilung zur „Freigabe“ die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe einer entsprechenden Rückabtretungs-Erklärung erstrebt wird, die mit Rechtskraft der Verurteilung als abgegeben gelten soll.

Der Klagantrag zu 2 ist begründet, weil inzwischen sowohl die Kläger als auch die Beklagte davon ausgehen, dass der Darlehensvertrag Anlage Kl. 5 nicht mehr weiter durchgeführt werden soll und daher das Vertragsverhältnis abzuwickeln ist.

III. Der Klagantrag zu 3 wäre nach seiner Formulierung eigentlich als eine Stufenklage zu verstehen. Aber es ist weder nach dem Klägervortrag noch nach dem Beklagtenvortrag zu erwarten, dass es nach einer abschließenden Abrechnung seitens der Beklagten Streit um die Höhe des Guthabens gibt.

 

– Der Rechtsschutzwille der Kläger ist ersichtlich nicht darauf gerichtet, im vorliegenden Verfahren zunächst Rechnungslegung zugesprochen zu erhalten um anschließend das Verfahren noch weiter führen zu müssen und in einer zweiten Stufe einen Zahlungsantrag beziffern zu müssen.

– Auch der Verteidigungswille der Beklagten ist ersichtlich nicht darauf gerichtet, sich um die Höhe des Auszahlungsbetrages streiten zu wollen; ihr geht es darum, ob überhaupt ihre Aufrechnung mit dem Anspruch auf Nichtabnahme-Entschädigung durchgreift. Soweit das nicht der Fall ist, weil schon dem Grunde nach ein solcher Gegenanspruch nicht besteht und daher die Verpflichtung zur Guthaben-Auszahlung rechtskräftig festgestellt wird, ist damit zu rechnen, dass die Beklagte dieser Verpflichtung auch ohne Titulierung eines bezifferten Leistungsantrags nachkommt.

Daher entspricht es dem Rechtschutzbegehren beider Parteien, den Klagantrag zu 3 nicht als Stufenklage, sondern als Leistungsklage bzgl. der Abrechnungserteilung und als Feststellungsklage hinsichtlich der Verpflichtung zur Guthabenauszahlung auszulegen.

In diesem Sinne ist der Klagantrag zulässig und begründet, denn das Vertragsverhältnis ist aus den oben II. genannten Gründen abzurechnen und abzuwickeln. Die Aufrechnung der Beklagten greift nicht durch, da der zur Aufrechnung gestellte Gegenanspruch aus den zu I. genannten Gründen schon dem Grunde nach nicht besteht.

III.

Kosten: §§ 91, 101 ZPO.

Vollstreckbarkeit: § 709 S. 1 und 2 ZPO.

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