LG Mainz, Az.: 6 O 143/14, Urteil vom 09.05.2017
1. Die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde des … Urkundennummer … für 1995 vom
28.12.2995 wird für unzulässig erklärt.
2. Von den Kosten des Verfahrens tragen der Kläger 1/4, die Beklagte 3/4.
3. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags, für die Beklagte wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rückabwicklung von zwei Darlehensverträgen, die zur Finanzierung der Eigentumswohnung … in … zwischen dem Kläger und der Beklagten abgeschlossen wurden. Es geht um die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde des … Urkunden Nr. … vom … (Bl. … der Akten), die dieses Darlehen sichert.
Der Kläger und seine Ehefrau … erwarben am 28.12.1995 die genannte Eigentumswohnung mit einer Fläche von 38,31 qm in einer Einrichtung für … in der … in … durch notariellen Kaufvertrag (Bl. … der Akten).
Für die Finanzierung dieser Wohnung gewährte die Beklagte dem Kläger und seiner Ehefrau zwei Darlehen: Nr. … über … und Nr. … über …. Damit konnten der Kläger und seine Ehefrau die Wohnung zu einem Kaufpreis von … voll finanzieren.
Aus der Schlussabrechnung der … vom … (Anlage …, … f. der Akten) ergibt sich, dass insgesamt an Mitteln … verwendet wurden, und zwar für Grundstück und Gebäude … für Funktionsträgergebühren 24.841,00 DM für Notar, Grunderwerbssteuer, Pre-Opening und Sonstiges 9.711,60 DM und für Bauzeitzinsen 8.339,48 DM. Wegen der Einzelheiten wird auf diese Abrechnung mit näheren Erläuterungen Bezug genommen.
In den Darlehensverträgen verpflichteten sich der Kläger und seine Ehefrau, der Beklagten eine Grundschuld an der streitgegenständlichen Eigentumswohnung zu bestellen und sich der persönlichen und dinglichen Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld zu unterwerfen (vgl. Bl. 55 f. der Akten). Es handelt sich um die oben bereits genannte Urkunde des ….
Der Kauf der Wohnung wurde dem Kläger und seiner Ehefrau als ein Kapitalanlagepaket durch die Untervermittler … und … die für die … aus … (künftig … genannt) handelten, angetragen. Teil dieses Paketes war es, dass dem Kläger und seiner Ehefrau zugesichert wurde, sie könnten nur durch eine Unterschrift alle rechtlichen Vorgänge im Zusammenhang mit dem Erwerb erledigen. Diesem Vorschlag entsprechend beauftragten der Kläger und seine Ehefrau die … mit der Durchführung des Erwerbs, indem der Kläger mit der … einen Geschäftsbesorgungsvertrag schloss und darin die … bevollmächtigte, den Kläger bei allen Rechtsgeschäften im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Finanzierung der streitgegenständlichen Wohnung zu vertreten (Bl. 33 ff. der Akten). Die Ehefrau des Klägers genehmigte diese Vollmacht notariell am 18.12.1995, Bl. 37 der Akten.
Das Angebot zum Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrages und Vollmacht wurden am 18.12.1995 von … beurkundet (Urkunden Nr. … Anlage K1, Bl. 33 ff. der Akten).
Die Finanzierungsbereitstellungserklärung der Beklagten bzgl. des Wohnungserwerbs erfolgte gegenüber der … auch im Prospekt der Wohnanlage als Finanzvermittlerin benannt ist (Bl. 155 der Akten). Die Anbahnung des Darlehensvertrages erfolgte auf Seiten des Klägers durch die … bzw. die … (vgl. Anlagenkonvolut B15 zum Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 10.11.2015, Bl. 375 f. der Akten).
Die Ausfertigung der Urkunde (Angebot zum Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrages und Vollmacht) wurde von dem … am … erteilt (Bl. 37 Rückseite der Akten) und wurde der Beklagten mit Schreiben der … vom … (Anlage zum Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom … Bl. 143 f. der Akten, Anlage B4) übersandt. Die notarielle Ausfertigung ging bei der Beklagten am 12.01.1996 ein.
Der Darlehensvertrag (Bl. 55 der Akten) trägt den Stempelaufdruck der Beklagten mit Datumsstempel 31.01.1996 und Unterschriften. Von der Treuhänderin … war der Darlehensvertrag am 18.12.1995 unterschrieben worden (vgl. Bl. 117 der Akten).
Mit Schreiben vom 02.02.1996 (Anlage zum Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 09.01.2015 (Bl. 143 der Akten, Anlagenkonvolut B5) übersandte die Beklagte dem Kläger den unterschriebenen Darlehensvertrag nebst weiterer Unterlagen.
Beigefügt waren diesem Schreiben u. a. ein Schreiben, datierend auf den 29.12.1995 (Bl. 56 der Akten), gerichtet an den Kläger und seine Ehefrau, in welchem es u.a. heißt:
„Anbei überreichen wir Ihnen eine Abschrift des von uns unterschriebenen Darlehensvertrages. Wir freuen uns, Ihnen die vereinbarten Darlehen … mit Wirkung vom 27.12.1995 zur Verfügung stellen zu können. …“
Weiter existiert ein Schreiben der Beklagten, gerichtet an den Kläger und seine Ehefrau, datierend vom 28.12.1995 (Anlage B13 zum Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 10.1.1.2015, Bl. 375 f. der Akten), worin es heißt:
„Vereinbarungsgemäß zahlen wir das mit Wirkung vom 27.12.1995 zugesagte Darlehen wie folgt aus:
Ihr Darlehen … über 176.097,00
erster Teilbetrag über DM 17.609,70
hiervon ist abzusetzen:
Disagio DM 17.609,70
Nettobetrag DM 0,00
Noch nicht in Anspruch genommener Darlehensbetrag:
DM 158.487,30 …“
Die EDV-mäßige Erfassung und Bereitstellung der Darlehen erfolgte im Dezember 1995.
Von dem Darlehen über 176.097,00 DM wurde am 28.12.1995 ein erster Teilbetrag in Höhe von 17.609,70 DM ausgezahlt.
Von dem Darlehen über 42.197,00 DM wurde am 29.12.1995 ein erster Teilbetrag in Höhe von 29.060,70 DM ausgezahlt (vgl. Bl. 386, 387 der Akten).
Die Zinsen wurden ab Dezember 1995 – dem Zeitpunkt der Teilauszahlung der Darlehen – berechnet.
Auch wurde der Vertragsschluss von der Beklagten gegenüber dem Finanzamt mit 1995 gemeldet.
Das Darlehen wurde nach Ablauf der Zinsbindungsfrist durch zwei neue Darlehensverträge vom 20.11./24.11.2010 über 67.110,00 EUR und über 23.100,00 EUR ersetzt (Bl. 120 f. der Akten). U.a. heißt es in diesem (zusammengefassten) Darlehensvertrag (Bl. 121 der Akten):
„Das oben bei Unterkonto Nr. 89 und 90 angegebene Darlehen dient der Umschuldung von Darlehensnummer …
Dieser Darlehensvertrag ist von dem Kläger und seiner Ehefrau persönlich unterschrieben.
In zwei Sicherungszweckvereinbarungen zur Abtretung von Lebensversicherungsansprüchen vom 20.11.2010/24.11.2010 (Anlagenkonvolut B20 zum Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 10.11.2015, Bl. 275 ff. der Akten) heißt es u.a.:
„Bezeichnung der gesicherten Forderung der Bank gegen den Kreditnehmer
1. Darlehen vom 27.12.1995 in Höhe von EUR 90.036,97
2. noch zu erstellendes Darlehen in Höhe von EUR 67.110,00 zur Ablösung des vorgenannten Darlehens am 30.12.2010 … „
Im Jahr 2014 stellten der Kläger und seine Ehefrau die Rückzahlungen ein. Die Beklagte kündigte die Darlehen mit Schreiben vom 02.04.2015 (Blatt 258 d. A.).
Der Kläger trägt vor: Zwischen ihm und der Beklagten sei kein wirksamer Darlehensvertrag zustande gekommen. Er habe durch die … nicht wirksam vertreten werden können, weil die Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksam sei und die Beklagte auch nicht für sich in Anspruch nehmen könne, dass eine Rechtsscheinsvollmacht bestanden habe.
Der Darlehensvertrag sei noch im Dezember 1995 zustande gekommen, weil die Beklagte zu diesem Zeitpunkt schon das Darlehenskonto eingerichtet, Auszahlungen vorgenommen und Zinsen berechnet habe. Auch gegenüber dem Finanzamt habe sie bereits Mitteilung vom Vertragsschluss gemacht. Durch ihr Verhalten habe die Beklagte gezeigt, dass sie den Darlehensvertrag bereits im Jahr 1995 geschlossen habe. Zu diesem Zeitpunkt habe ihr aber noch nicht die notarielle Vollmachtsausfertigung vorgelegen. Er sei überdies von den Initiatoren und den Vermittlern der Anlage im Hinblick auf eine aus dem Kaufpreis bezahlte versteckte Innenprovision, über die Wertlosigkeit der Finanzierungsvermittlungsprovision, den Wert des Objektes sowie über die erzielbare Miethöhe arglistig getäuscht worden. Diese Täuschungen seien der Beklagten positiv bekannt gewesen. Zumindest sei die Kenntnis wegen des institutionalisierten Zusammenwirkens der Beklagten mit den Initiatoren zu vermuten.
Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte habe sich durch vorsätzlich falschen Sachvortrag im Hinblick auf den Vertragsabschluss des Prozessbetruges strafbar gemacht und könne sich deshalb nicht auf Vertrauensschutz berufen.
Mit Schriftsatz vom 31.12.2015, Blatt 498 ff. d. A. hat der Kläger die Klage erweitert und folgenden Antrag angekündigt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 55.500,00 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger allen weiteren, noch nicht bezifferbaren Schaden zu ersetzen hat, der ihm aus dem von der Beklagten in Höhe von 218.294,00 DM voll finanzierten Erwerb der 38 Quadratmeter großen Wohnung Nr. 2 in der Wohnanlage … entstanden ist, bzw. dass die Beklagte ihm alle weiteren, noch nicht bezifferbaren Bereicherungsansprüche zu ersetzen hat, welche ihm wegen dieses voll finanzierten Erwerbs gegen die Beklagte zustehen.
Die Beklagte hat die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Mainz hinsichtlich dieser Anträge gerügt.
Auf den Hinweis der Kammer in der mündlichen Verhandlung vom 04.04.2017 hat der Klägervertreter erklärt, er werde diese Anträge nicht stellen, vielmehr insoweit wohl Klage bei einem zuständigen Landgericht (in Frankfurt bzw. Hechingen) erheben.
Der Kläger beantragt, die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde des … Urkundennummer … für 1995 vom 28.12.2995 für … unzulässig zu erklären.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie trägt hierzu vor: Die Darlehensverträge seien wirksam zustande gekommen. Der Darlehensvertrag sei von ihren Mitarbeitern am 31.01.1996 unterzeichnet worden, also zu einem Zeitpunkt, als die Ausfertigung der notariellen Urkunde vorgelegen habe. Zudem komme es auf den Zugang des von ihr unterzeichneten Darlehensvertrages bei dem Kläger an, der nach dem 02.02.1996 (Übersendungsschreiben) erfolgt sei.
Eine frühere Annahmeerklärung habe es nicht gegeben. Es sei klar gewesen, dass der Darlehensvertrag nach dem Verbraucherkreditgesetz schriftlich habe geschlossen werden müssen, deshalb komme eine vorherige stillschweigende Annahme nicht in Betracht.
Zudem seien die ursprünglichen Darlehen durch die Darlehen vom Jahr 2010 abgelöst worden. Man habe ein neues Kapitalnutzungsrecht zu veränderten Bedingungen, nicht nur zu angepassten Zinskonditionen vereinbart. Darin liege eine Novation, also ein neuer selbstständiger Schuldgrund. In diesen von dem Kläger und seiner Ehefrau persönlich unterzeichneten Darlehensverträgen hätten sich der Kläger und seine Ehefrau unter „zu stellende Sicherheiten“ zur Bestellung einer Grundschuld mit persönlicher Haftungsunterwerfung verpflichtet. Deshalb erweise sich die Vollstreckungsabwehrklage als unbegründet.
Einem Anspruch des Klägers stehe deswegen die Einrede der Verjährung entgegen. Denn die Ablösung des Darlehens sei im Jahr 2010 erfolgt.
Sie habe mit der … keine Vereinbarung über eine Finanzierungsvermittlung getroffen.
Sie habe keine Kenntnis von den konkreten Umständen des Vermittlungsgesprächs und des Vermittlerverhaltens gehabt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätzen und Anlagen hierzu sowie auf die Sitzungsprotokolle vom 13.10.2015 und vom 04.04.2017 Bezug genommen.
Gemäß der Beschlüsse vom 12.01.2016 (Blatt 506 ff. d. A.) und vom 24.05.2016 (Blatt 585 ff. d. A.) hat die Kammer im Wege der Rechtshilfe Beweis erhoben durch Vernehmung von … durch das Amtsgericht ….
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll des Amtsgerichts Albstadt (Az. 201 AR 22/16) vom 27.09.2016 (Blatt 677 bis 685 d. A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist im noch rechtshängigen Umfang zulässig und begründet.
Soweit der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung nach den erfolgten Hinweisen der Kammer zur Unzuständigkeit hinsichtlich der Anträge aus der Klageerweiterung erklärt hat, er werde die Anträge nicht stellen, geht die Kammer insoweit von einer konkludenten Teilklagerücknahme aus, zumal der Klägervertreter erklärt hat, er werde insoweit Klage bei einem der als zuständig in Betracht kommenden Gerichte erheben. Klägervertreter hat keinen Verweisungsantrag gestellt.
Eine Beschränkung der Klage kann, wenn endgültig -wie hier- als (Teil-) Klagerücknahme gewertet werden (vgl. Thomas-Putzo, ZPO, 37. Aufl. § 269 Rn. 6, § 264 Rn. 6).
Die unter Berufung auf die Unwirksamkeit des Vollstreckungstitels in entsprechender Anwendung von § 767 ZPO erhobene prozessuale Gestaltungsklage ist zulässig.
Die prozessuale Gestaltungsklage mit dem Ziel, die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde vom 28.12.1995 für unzulässig zu erklären, ist begründet, weil der Kläger mit der notariellen Urkunde nicht wirksam die Haftung für den Nennbetrag der Grundschuld samt Zinsen und Nebenleistungen übernommen und sich deshalb insoweit nicht der Zwangsvollstreckung unterworfen hat. Bei der Errichtung der Urkunde wurde der Kläger von der … vertreten, die er hierzu mit notarieller Urkunde vom 18.12.1995 bevollmächtigt hatte.
Die … besaß jedoch keine Vertretungsmacht, denn die ihr erteilte Vollmacht ist nach Art. 1 § 1 Satz 1 RBerG i.V.m. § 134 BGB nichtig. Denn derjenige, der ausschließlich oder hauptsächlich die rechtliche Abwicklung eines Grundstückserwerbs im Rahmen eines Steuersparmodells für den Erwerber besorgt, bedarf der Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG..
Ein – wie hier – ohne diese Erlaubnis abgeschlossener Geschäftsbesorgungsvertrag mit derart umfassenden Befugnissen ist nichtig. Die Nichtigkeit erfasst nach dem Schutzgedanken des Art. 1 § 1 RBerG i.V.m. § 134 BGB auch die der Geschäftsbesorgerin erteilte Abschlussvollmacht (vgl. u.a. BGHZ 153, 214, 220 ff.; BGH WM 2005, 1598 f.).
Dementsprechend handelte die … bei Bestellung der Grundschuld für den Kläger als Vertreter ohne Vertretungsmacht, so dass diese Grundschuldbestellung nicht wirksam erfolgt ist.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das Berufen des Klägers auf die Unwirksamkeit der Zwangsvollstreckungsunterwerfung auch nicht treuwidrig. Denn zwischen den Parteien sind keine wirksamen Darlehensverträge zustande gekommen und der Kläger hat auch keine ihm zurechenbare Anweisung betreffend die Auszahlung der Darlehensvaluta erteilt.
Ist ein Darlehensnehmer nach dem Inhalt des Darlehensvertrages oder sonst schuldrechtlich verpflichtet, ein selbständiges Schuldversprechen mit einer Vollstreckungsunterwerfung als die Grundschuld verstärkende Sicherheit abzugeben, so verhält er sich treuwidrig, wenn er versucht, aus der bisherigen Nichterfüllung seiner Verpflichtung Vorteile zu erzielen. Ihm ist es für diesen Fall mithin nach § 242 BGB verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit der Unterwerfungserklärung zu berufen, was auch dann gilt, wenn die Nichtigkeit der Vollmacht auf einem Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz beruht und sich die Verpflichtung zu Schuldanerkenntnis und Unterwerfungserklärung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen befindet (vgl. BGH, Urteil vom 22.05.2007, XI ZR 338/05; Urteil vom 22.10.2003, VI ZR 398/02; NJW 2004, 59 f.). Im vorliegenden Fall enthalten die Darlehensverträge, die von der Treuhänderin unterschrieben sind, zwar die Verpflichtung der Darlehensnehmer, sich der Zwangsvollstreckung zu unterwerfen.
Die Kammer vermag jedoch nicht festzustellen, dass die Darlehensverträge wirksam zustande gekommen sind und sich der Kläger wirksam zur Abgabe der Unterwerfungserklärung verpflichtet hat.
Ein treuwidriges Verhalten des Klägers ist daher nicht in dem Berufen auf die Unwirksamkeit der notariellen Vollmachtserteilung zu sehen.
Der Kläger wurde, da die der Treuhänderin erteilte Vollmacht nach den Bestimmungen des Rechtsberatungsgesetzes i.V.m. § 134 BGB nichtig war, auch beim Abschluss der Darlehensverträge nicht wirksam vertreten.
Für eine Genehmigung der hiernach schwebend unwirksamen Darlehensverträge durch den Kläger (§ 177 Abs. 1 BGB) liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte vor.
Die Darlehensverträge wären daher nur dann wirksam zustandegekommen, wenn sich die Beklagte nach den §§ 171, 172 BGB auf den Rechtsschein einer ihr vorliegenden Vollmachtsurkunde berufen könnte, ihr also bei Abschluss der Darlehensverträge eine Ausfertigung der notariellen Vollmachtserteilung vom 18.12.1995 Vorgelegen hätte.
Das kann die Kammer in Anbetracht der vorliegend zu berücksichtigenden Gesichtspunkte nicht feststellen.
Die Beklagte trägt die Beweislast für das Vorliegen einer Ausfertigung der notariellen Urkunde vom 18.12.1995 im Zeitpunkt der Darlehensvertragsannahme durch sie. Bei der hier gegebenen Fallkonstellation ist es Sache der Beklagten, das Bestehen ihres Darlehensanspruchs bzw. des Anspruchs auf Stellung einer Unterwerfungserklärung und damit die Voraussetzungen der §§ 171, 172 BGB nachzuweisen. Die Konstellation einer Vollstreckungsgegenklage bzw. der prozessualen Gestaltungsklage ändert hieran nichts (vgl. BGH NJW 2001, 2096 ff.).
Dieser Nachweis ist der Beklagten nicht gelungen. Die Kammer kann unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht zu der Überzeugung kommen, dass der Beklagten bei Abschluss der Darlehensverträge eine Ausfertigung der notariellen Urkunde vom 18.12.1995 vorlag.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, auf welchen Zeitpunkt für die Vertragsannahme durch die Beklagte abzustellen ist.
Die Kammer kommt nach Würdigung der vorliegenden Urkunden i.V.m. den Aussagen der Zeuginnen zu dem Ergebnis, dass die Beklagte das Darlehen für sich verbindlich konkludent bereits im Dezember 1995 mit Außenwirkung angenommen hat.
Zwar hat der BGH in einem Urteil vom 17.01.2012 – XI ZR 497/10 – ausgeführt, dass es im Falle einer Vertragsannahme durch die Bank für die Anwendung der §§ 171, 172 BGB nicht darauf ankomme, ob ihr bereits bei Unterzeichnung ihrer Annahmeerklärung die Vollmacht im Original oder in notarieller Ausfertigung Vorgelegen hat, sondern darauf, ob dies bei Vertragsschluss, d.h. bis zum Zeitpunkt des Zugangs der Annahmeerklärung der Fall gewesen ist.
Dies könnte zunächst dafür sprechen, dass die Vertragsannahme nach Zugang des Schreibens vom 02.02.1996 bei dem Kläger erfolgt ist.
Dieser Entscheidung des Bundesgerichtshofs lagen jedoch offenkundig keine weiteren Feststellungen zu Verhaltensweisen bzw. einem Auftreten der Bank nach außen zu Grunde, die ggf. auf einen früheren – konkludenten – verbindlichen Vertragsschluss schließen lassen konnten.
An anderer Stelle in diesem Urteil knüpft der Bundesgerichtshof jedoch erkennbar an eine Außenwirkung an, nämlich als es darum geht, wann eine Zahlungsanweisung des Geschäftsbesorgers zurechenbar ist. Hier führt der Bundesgerichtshof aus, dass es entscheidend auf die Vorlage der Vollmachtsurkunde im Zeitpunkt der Ausführung der Zahlungsanweisung ankommt und nicht auf den Zeitpunkt der Erteilung der Zahlungsanweisung bzw. die Einrichtung des Kreditkontos (Rn. 26).
Die Kammer ist hier der Auffassung, dass die Beklagte den Darlehensvertrag bereits verbindlich im Dezember 1995 angenommen hat, was auch mit Außenwirkung hinreichend dokumentiert worden ist.
So hat die Beklagte bereits zwei Teilzahlungen von dem Darlehenskonto auf Weisung der Treuhänderin geleistet, was eine Bank nicht ausführt, wenn der Darlehensvertrag noch nicht zustande gekommen ist. Auch hat die Beklagte die Teilzahlungen dem Kläger und seiner Ehefrau durch das Schreiben vom 28.12.1995 (Anlage B13 zum Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 10.11.2015) mitgeteilt, worin eine Annahmeerklärung im Sinne von §§ 147, 151 BGB gesehen werden kann.
Die Beklagte hat weiter dem Finanzamt gegenüber die Mitteilung gemacht, dass das Darlehen im Jahr 1995 geschlossen worden ist. All dies sind Handlungen, die eine Außenwirkung darstellen, die auf einen Vertragsschluss zu diesem Zeitpunkt schließen lassen.
Hinzu kommen weitere Umstände, die im vorliegenden Fall auf eine endgültige konkludente Vertragsannahme der Beklagten im Dezember 1995 schließen lassen.
So datiert das Schreiben, welches mit dem Schreiben vom 02.02.1996 an den Kläger mitgesandt wurde, vom 29.12.1995. In diesem Schreiben heißt es, dass die Darlehen „mit Wirkung vom 27.12.1995 zur Verfügung“ gestellt werden.
Zudem wurden die Zinsen ab dem Zeitpunkt der Auszahlung der Teilbeträge im Jahr 1995 berechnet.
Auch in den später – nach Ablauf der Zinsbindungsfrist – geschlossenen Darlehensverträgen heißt es, dass diese „zur Ablösung des Darlehens vom 27.12.1995“ geschlossen werden.
In den Sicherungszweckvereinbarungen bei der Abtretung der Lebensversicherungsansprüche wird von der gesicherten Forderung „Darlehen vom 27.12.1995…“ gesprochen.
Die Beklagte ging ersichtlich selbst davon aus, dass sie mit Wirkung vom 27.12.1995 das Darlehen – mit Außenwirkung – gewährt hat.
Zudem ist kein Grund dafür ersichtlich, die Darlehen bereits im Dezember 1995 EDV-mäßig zu erfassen und Zusage- und weitere Begleitschreiben zu verfassen, ohne das Angebot verbindlich angenommen zu haben.
Aus den Aussagen der Zeuginnen … ergeben sich keine vernünftigen und nachvollziehbaren Aspekte, wieso der Vertragsschluss nicht schon im Jahr 1995, sondern erst im Januar 1996 erfolgt sein soll. Sie konnten nicht nachvollziehbar erklären, wieso der Vertrag trotz aller wichtigen (oben näher erläuterten) Handlungen der Beklagten mit Außenwirkung im Dezember 1995 gleichwohl erst am 31.01.1996 durch Unterzeichnung zustande gekommen sein soll.
Genaue Erinnerungen an den konkreten Vertragsabschluss hatte keine der Zeuginnen, was im Hinblick auf die lange Zeit zwischen Vertragsschluss und Vernehmung der Zeuginnen von nahezu 20 Jahren und im Hinblick auf eine Vielzahl von Vernehmungen der Zeuginnen wegen vieler gleichgelagerter Prozesse nachvollziehbar ist.
Die Aussagen bzgl. der grundsätzlichen Prüfung der Unterlagen decken sich zwar in gewisser Hinsicht, eine plausible Erklärung dafür, wieso schon 1995 Teilzahlungen erfolgten und ab diesem Zeitpunkt Zinsen berechnet wurden, gleichwohl der Vertrag erst im Januar 1996 abgeschlossen worden sein soll, konnten die Zeuginnen jedoch nicht abgeben.
Die Zeugin … sprach vielmehr davon, dass normalerweise ohne Darlehensvertrag kein Kredit ausgezahlt werden durfte und dass vor Auszahlung die Vollmacht geprüft werden sollte. Eine Auszahlung der Valuta ohne verbindlichen Darlehensvertrag hielt die Zeugin für ungewöhnlich.
Die Kammer kann nach all dem nicht feststellen, dass die Beklagte das Darlehen erst nach Vorlage der Ausfertigung der notariellen Vollmachtsurkunde, also nach dem 12.01.1996 verbindlich angenommen hat.
Vielmehr hätte die Beklagte ohne verbindlichen Vertragsschluss keine Darlehensvaluta zur Verfügung gestellt.
Einem Vertragsschluss im Dezember 1995 steht auch nicht das Formerfordernis von § 4 Abs. 1 VerbrKG a.F. entgegen.
Danach bedarf der Kreditvertrag der schriftlichen Form, wobei „(d) er Form genügt (ist), wenn Antrag und Annahme durch die Vertragsparteien jeweils getrennt schriftlich erklärt werden. Die Erklärung des Kreditgebers bedarf keiner Unterzeichnung, wenn sie mit Hilfe einer automatischen Einrichtung erstellt wird.“
Hierbei ist auf den Schutzzweck des § 4 VerbrKG a. F. abzustellen. Zweck des Schriftformerfordernisses ist es, eine Informations- und Warnfunktion für den Verbraucher auszuüben, diesem also den Inhalt des Vertrages vollständig vor Augen zu führen, damit er erkennen kann, worauf er sich einlässt (BGH Urteil vom 26.05.1999 – VIII ZR 141/98).
Die Unterzeichnung auf Seiten des Klägers und seiner Ehefrau durch den Treuhänder war bereits am 21.12.1995 erfolgt, also vor Zurverfügungstellung des Kredits durch die Beklagte.
Dass sich die Beklagte als Bank zum Nachteil des Klägers als Verbraucher auf die Nichteinhaltung der Formvorschrift bei ihrer konkludenten Annahmehandlung berufen kann, obwohl der bezweckte Verbraucherschutz gegenüber dem Kläger als Verbraucher gerade gewahrt wurde, läuft dem Normzweck zuwider.
Zudem hätte eine evtl. Verletzung des Schriftformerfordernisses gem. § 6 Abs. 2 VerbrKG a.F. durch Inanspruchnahme des Darlehens geheilt werden können.
Die Kammer geht unter Würdigung aller oben genannten Gesichtspunkte davon aus, dass die Beklagte die Darlehensverträge bereits verbindlich im Dezember 1995 angenommen hat, als ihr die notariell beglaubigte Ausfertigung vom 02.01.1996 noch nicht vorlag, sondern lediglich eine Notarbestätigung, die jedoch für die Anwendbarkeit der §§ 171, 172 BGB nicht ausreicht.
Die Darlehensverträge sind mithin nicht wirksam zustande gekommen. Darüber hinaus haben der Kläger und seine Ehefrau die Darlehen auch nicht empfangen, was ggf. einem Berufen des Klägers auf die Unwirksamkeit der Zwangsvollstreckung entgegen stehen könnte.
Ein Darlehen gilt zwar auch dann als empfangen, wenn der Kreditgeber es vereinbarungsgemäß an einen Dritten ausgezahlt hat (BGH WM 2005, 828).
Dies ist hier aber nicht der Fall. Da nicht festgestellt werden kann, dass der Beklagten bei Auszahlung der Darlehensvaluta auf Anweisung der … eine Ausfertigung der notariellen Vollmachtsurkunde Vorgelegen hat, ist die Darlehensvaluta durch die Beklagte auf Grund unwirksamer Anweisung auf ein von der … eingerichtetes Konto und damit nicht an den Kläger bzw. seine Ehefrau gezahlt worden ( BGH XI ZR 79/04, BKR 2005, 501).
Eine konkludente Genehmigung des Darlehensvertrages von 1995 durch den Kläger und seine Ehefrau liegt nicht in dem -nach Ablauf der Zinsbindungsfrist- geschlossenen Darlehensvertrag vom 20.11./24.11.2010.
Voraussetzung hierfür ist, dass der Genehmigende die Unwirksamkeit kennt oder zumindest mit ihr rechnet und in seinem Verhalten der Ausdruck des Willens zu sehen ist, das bisher als unverbindlich angesehene Geschäft verbindlich zu machen (BGH, Urteil vom 22.10.2003, IV ZR 33/03 und vom 27.09.2005, XI ZR 79/04).
Anhaltspunkte für eine Kenntnis des Klägers von der Unwirksamkeit sind nicht gegeben. Vielmehr zeigt die Klageerhebung, dass der Kläger mit dem Rechtsgeschäft nicht einverstanden ist.
Die Unterzeichnung der Darlehensverträge von 2010 erfolgte vielmehr, um der Verpflichtung zur sofortigen Rückzahlung des Darlehens von 1995 zu entgehen, zu der er – wie dargelegt – ohne Vorlage der Ausfertigung der notariellen Vollmacht der Geschäftsbesorgerin bei Abschluss der ursprünglichen Darlehensverträge nicht verpflichtet gewesen wäre. Von einem treuwidrigen widersprüchlichen Verhalten des Klägers kann danach keine Rede sein. Wollte man dies anders sehen, würde das Fehlen einer konkludenten Genehmigung mit Hilfe von Treu und Glauben überspielt und, ohne dass besondere Umstände vorlägen, der Kläger einseitig belastet, obwohl beide Parteien in gleicher Weise über die Wirksamkeit des Darlehensvertrages von 1995 irrten und Art. 1 § 1 RBerG gerade den Kläger schützen will (BGH XI ZR 79/05, BKR 2005, 501 f.).
In den Darlehensverträgen von 2010, die von dem Kläger und seiner Ehefrau persönlich unterschrieben wurden und in denen sie sich erneut der persönlichen und dinglichen Haftung unterwarfen, ist auch keine Novation zu sehen, also ein neuer – quasi von den ursprünglichen Darlehensverträgen losgelöster – Darlehensvertrag.
Ob im Einzelfall eine Prolongation oder eine Novation des Darlehens vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln (Berger in Münchner Kommentar BGB, § 488 Rn. 24), wobei wegen der einschneidenden Rechtsfolgen im Zweifel von einer Prolongation auszugehen ist (BGH Urteil vom 26.10.2010 -XI ZR 367/07). Etwas anderes gilt nur, wenn die Parteien über die bloße Abänderung des Schuldinhalts hinaus das Rechtsverhältnis erkennbar auf eine neue Ebene steifen wollen (Berger in Münchner Kommentar BGB, § 488 Rn. 23).
Im vorliegenden Fall wurden die Darlehen erneuert, weil die Zinsbindung am 31.12.2010 endete (vgl. Schreiben der Beklagten vom 30.09.2010, Bl. 371 ff. der Akten). Bereits in dem Schreiben vom 30.09.2010 war nur von einer Weiterführung der Darlehen die Rede. Bei Auslegung des Wortlauts nach dem objektiven Empfängerhorizont unter der Beachtung der dargelegten Kriterien kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Parteien ein neues Rechtsverhältnis begründen wollten. Dafür spricht auch, dass der Nettokreditbetrag im wesentlichen gleich geblieben ist und auch der Zweck der Darlehensgewährung sich nicht geändert hat. Ein neues Disagio war nicht vorgesehen. Auch der mit „Umschuldung“ angegebene Darlehenszweck lässt nicht auf einen entsprechenden Novationswillen der Parteien schließen, denn eine Umschuldung stellt nach dem Wortsinn nur die Um- und Neustrukturierung von Verbindlichkeiten eines Schuldners dar, nicht aber deren Neubegründung. Die neue Sicherungszwecksvereinbarung (Anlage B20) allein stellt kein Indiz für eine Novation der Darlehensverträge dar. Alle weiteren Indizien sprechen eindeutig für die Einordnung als bloße Prolongation des ersten Vertrages, es kann nicht auf einen Novationswillen der Parteien geschlossen werden. Es besteht mithin keine Pflicht, sich der dinglichen und persönlichen Haftung zu unterwerfen.
Soweit die Beklagte die Einrede der Verjährung erhebt, kommt es hierauf nicht an. Denn der Kläger wehrt sich lediglich gegen die Vollstreckung der Beklagten, die diese aufgrund dieser notariellen Urkunde gegen ihn vornimmt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1,269 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 709, 708 Nr. 11, 711 ZPO.