Landgericht Köln
Az.: 28 O 339/07
Urteil vom 12.09.2007
Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln vom 03.07.2007 (Az.: 28 O 339/07) wird mit der Maßgabe bestätigt, dass der Tenor insgesamt wie folgt lautet:
Der Antragsgegnerin wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an dem Vorstandsvorsitzenden der Antragsgegnerin, für jeden Fall der Zuwiderhandlung v e r b o t e n, die zur Feststellung von Daten bestimmbarer Kunden erforderlichen Daten der hinter der mitgeteilten IP-Adressen und mitgeteilten Verbindungszeitpunkten stehenden Kunden dann zu löschen, wenn die Antragsgegnerin von der Antragstellerin vor Löschung dieser Daten davon in Kenntnis gesetzt wird, dass gegen diese Kunden der Antragsgegnerin Strafanzeige gestellt wurde wegen Verletzungen von Leistungsschutzrechten der Antragstellerin, die an den festgestellten und der Antragsgegnerin mitgeteilten Verbindungszeitpunkten über von der Antragsgegnerin hergestellte Verbindungen zum Internet begangen wurden, bis sie mit Bezug auf die mitgeteilten IP-Nummern ein staatsanwaltschaftliches Auskunftsverlangen erhält, maximal drei (3) Monate ab Inkenntnissetzung, dies mit Bezug auf den Tonträger „….“.
Die weiteren Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsbeklagte.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Verfügungsklägerin ist eine Gesellschaft zur Auswertung der digitalen Leistungsrechte hinsichtlich Musik- und Filmproduktionen. Die Verfügungsbeklagte ist einer der führenden Internetserviceprovider.
Die Verfügungsbeklagte stellt als sog. Access-Provider Nutzern ihres entgeltlichen Dienstes einen Internetzugang zur Verfügung, der es dem jeweiligen Nutzer ermöglicht, Daten aus dem Internet zu laden und anderen Internetnutzern, die entsprechende Daten anfordern, diese zur Verfügung zu stellen. Um eine Identifizierung der Nutzer und somit die gezielte Übertragung von Daten zwischen unterschiedlichen Personen oder Servern zu ermöglichen, weist die Verfügungsbeklagte jedem Nutzer eine sog. dynamische IP-Adresse zu. Diese Adresse wird dem jeweiligen Nutzer für die Dauer, die er einen Internetzugang aktiviert hat, vergeben. Demnach ist jeden dynamische IP-Adresse zu einem bestimmten Zeitpunkt nur einem konkreten Internetnutzer zugeordnet. Dabei kann über die sog. Ripe-Database nachvollzogen werden, von welchem Internetprovider die jeweilige dynamische IP-Adresse vergeben wurde.
Die Verfügungsbeklagte speichert die vorgenannte Zuweisung einer dynamischen IP-Adresse zu einem bestimmten Kunden für die Dauer von 7 Tagen ab. Sodann wird die Speicherung der vorgenannten Zuordnung durch die Verfügungsbeklagte gelöscht.
Die Verfügungsbeklagte hat keinen Einfluss auf die über ihr Netz zur Verfügung gestellten Daten. Ihr sind die Inhalte unbekannt. Eine Kontrolle der Inhalte findet nicht statt und ist auch aus technischer Sicht nicht möglich. Auch rechtlich ist die Verfügungsbeklagte zur Kontrolle der über den vor ihr zur Verfügung gestellten Internetzugang nicht berechtigt.
Über das Internet und somit teilweise auch über den von der Verfügungsbeklagten zur Verfügung gestellten Internetzugang werden über sog. Peer-2-Peer Netzwerke auch Musikstücke und Filme zum Herunterladen angeboten. Diese sog. „Tauschbörsen“ funktionieren technisch so, dass ein Internetnutzer auf seinem Computer gespeicherte Daten wie Filme oder Musikstücke Dritten diese zum Download anbietet. Diese können mittels einer kostenlosen Software zunächst Einblick in die bei dem jeweiligen Nutzer gespeicherten Dateien nehmen und entsprechende Dateien zum Download auswählen. Im Gegenzug ermöglichen die Nutzer auch weiteren Personen, die bei ihnen gespeicherten Daten einzusehen und ggf. über das Internet auf den eigenen Computer „herunterzuladen“.
Die Verfügungsklägerin beauftragte als Inhaberin verschiedener Nutzungsrechte zur Auswertung der digitalen Rechte verschiedener Filme oder Musikproduktionen die Firma M AG mit Sitz in der Schweiz (im folgenden: M) damit, die vorgenannten Tauschbörsen zu überwachen und mögliche Verletzungshandlungen auszuwerten.
Stellt die Firma M fest, dass Musikstücke oder Filme im Internet illegal zum Download angeboten werden, so kann sie jedoch lediglich die IP-Adresse des jeweiligen Internetnutzers und den genauen Zeitpunkt feststellen.
Die auf diese Weise ermittelte IP-Adresse mit der genauen Uhrzeit übersendet die Firma M sodann an die Verfügungsklägerin. Diese erstattet Strafanzeige wegen Urheberrechtsverletzungen gegen unbekannt und teilt im Rahmen der Strafanzeige der jeweiligen Staatsanwaltschaft auch die IP-Adresse und Uhrzeit mit.
Bis Mitte dieses Jahres holte die Staatsanwaltschaft sodann bei dem Access-Provider, der die dynamische IP-Adresse vergeben hatte, die Auskunft ein, welchem Nutzer diese IP-Adresse zu dem genannten Zeitpunkt zugeordnet war.
Nachdem die Verfügungsklägerin im Wege der Akteneinsicht Kenntnis von der der jeweiligen IP-Adresse zugeordneten Person erlangt hatte, ging sie gegen diese Person vor und machte insoweit Schadenersatz- und Unterlassungsansprüche auf dem Zivilrechtsweg geltend.
Nachdem die Speicherungsfrist von der Verfügungsbeklagten auf 7 Tage reduziert worden war, ist die Staatsanwaltschaft nicht mehr in der Lage, eine zeitnahen Auskunftsantrag bei der Verfügungsklägerin zu stellen. Eine Ermittlung der hinter der jeweiligen IP-Adresse stehenden Person ist daher nicht möglich.
Zwischenzeitlich wurden aus diesem Grund zahlreiche von der Verfügungsklägerin durch Strafanzeigen eingeleitete Ermittlungsverfahren mangels weiterer Ermittlungsansätze eingestellt.
Aufgrund der kurzen Speicherung forderte die Verfügungsklägerin die Verfügungsbeklagte mehrfach auf, die Löschung der genannten Daten zu unterlassen, und teilte mit, dass eine entsprechende Strafanzeige erstattet worden sei. Dieser Aufforderung kam die Verfügungsbeklagte nicht nach. Vielmehr löschte sie die Daten nach sieben Tagen.
Im Juli 2007 wurde das Album der Künstlerin „…“ mit dem Titel „..“ veröffentlicht. Bereits am 25.06.2007 wurde die Verfügungsklägerin durch die Firma M darüber in Kenntnis gesetzt, dass das Album über Tauschbörsen zum Download zur Verfügung gestellt wurde. So wurde das Album am 25.06.2007 um 08.30 Uhr von einem Nutzer, der sich über die Verfügungsbeklagte als Accessprovider in das Internet eingewählt hatte und dem die IP-Adresse 84.158.94.20 zugewiesen worden war, zum Download angeboten.
Die Verfügungsklägerin teilte der Verfügungsbeklagten mit Schreiben vom 26.06.2007 mit, dass die vorgenannte Rechtsverletzung festgestellt worden und entsprechende Strafanzeigen erstattet worden sei. Darüber hinaus wurde die Verfügungsbeklagte aufgefordert, die entsprechenden Daten nicht zu löschen. Auf das als Anlage K28a beigefügte Schreiben wird Bezug genommen. Auf dieses Schreiben reagierte die Verfügungsbeklagte nicht. Sodann wurde die Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 29.06.2007 erneut abgemahnt und aufgefordert eine entsprechende strafbewährte Unterlassungserklärung abzugeben. Dem kam die Verfügungsbeklagte nicht nach und löschte die entsprechenden Daten.
Die Verfügungsklägerin behauptet, sie habe die Rechte des Tonträgerherstellers im Sinne von § 85 UrhG hinsichtlich der digitalen Auswertung über dezentrale Computernetze insbesondere an dem Tonträger „Sabrina Setlur/M2“. Sie legt dazu eine eidesstattliche Versicherung des Herrn Q vom 20.06.2007, einen Vertrag zwischen der Verfügungsklägerin und der Firma.. Gesellschaft für Kommunikation mbH sowie ein Vervielfältigungsstück des Albums „….“ vor. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage ASt 1 bis 3 Bezug genommen.
Die Verfügungsklägerin ist der Ansicht, dass sich der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Verfügungsbeklagte aus § 1004 BGB ergebe.
Die Verfügungsbeklagte sei jedenfalls nach Mitteilung einer konkreten Rechtsverletzung als Störerin anzusehen. So hafte auch ein Access-Provider als Störer.
Eine Privilegierung der Verfügungsbeklagte gemäß § 7 Abs. 1 TMG käme jedenfalls nach Mitteilung über die rechtswidrige Handlung nicht in Betracht. Auch gelte die Privilegierung nicht für Unterlassungsansprüche.
Da ein Auskunftsanspruch der Verfügungsklägerin gegen die Verfügungsbeklagte nicht bestehe, müsse die Verfügungsbeklagte jedenfalls als milderes Mittel auf die geltend gemachte Unterlassung haften, zumal eine Zugangssperre für den jeweiligen Kunden der Verfügungsbeklagten nicht zumutbar sei.
Durch das weitere Speichern der Daten verstoße die Verfügungsbeklagte auch nicht gegen die Vorschriften des TKG, insbesondere nicht gegen § 96 Abs. 2 S. 2 TKG, da die hier streitgegenständlichen Daten als Bestandsdaten einzuordnen seien. Selbst wenn die Daten als Verbindungsdaten eingeordnet werden sollten, sei die Speicherung für die vorliegenden Zwecke jedenfalls auch der Strafverfolgung zulässig.
Auf den Antrag der Verfügungsklägerin hat die Kammer am 03.07.2007 im Wege der einstweiligen Verfügung bei Meidung der üblichen Ordnungsmittel verboten, die zur Feststellung von Bestandsdaten bestimmbarer Kunden erforderlichen Verkehrsdaten der hinter der mitgeteilten IP-Adressen und mitgeteilten Verbindungszeitpunkten stehenden Kunden dann zu löschen, wenn die Antragsgegnerin von der Antragstellerin vor Löschung dieser Daten davon in Kenntnis gesetzt wird, dass gegen diese Kunden der Antragsgegnerin Strafanzeige gestellt wurde wegen Verletzungen von Leistungsschutzrechten der Antragstellerin, die an den festgestellten und der Antragsgegnerin mitgeteilten Verbindungszeitpunkten über von der Antragsgegnerin hergestellte Verbindungen zum Internet begangen wurden, dies mit Bezug auf den Tonträger „Sabrina Setlur/M2“ und der Verfügungsbeklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Nach dem Widerspruch der Verfügungsbeklagten vom 03.08.2007 beantragt die Verfügungsklägerin nunmehr,
den Widerspruch der Verfügungsbeklagten zurückzuweisen;
die einstweilige Verfügung der Kammer mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass der Verfügungsbeklagten untersagt wird, die betreffenden Verkehrsdaten solang zu löschen, bis sie mit Bezug auf die mitgeteilten IP-Nummern ein staatsanwaltschaftliches Auskunftsverlangen erhält, maximal drei (3) Monate ab Inkenntnissetzung.
Die Verfügungsbeklagte beantragt,
die einstweilige Verfügung (Az. 28 O 339/07) vom 3. Juli 2007 aufzuheben und den auf Ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.
Die Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, die Übertragung der Rechte an die Verfügungsklägerin sei nicht ausreichend dargelegt.
Auch bestehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht. Es sei keine einschlägige Anspruchsgrundlage für die geltend gemachte Unterlassung ersichtlich. Eine Haftung gemäß § 1004 BGB scheide aus, da die Verfügungsbeklagte nicht Störerin sei. Es fehle bereits an der notwendigen Kausalität. Auch sei eine willentliche Mitwirkung erforderlich, die nicht gegeben sei.
Darüber hinaus habe sie keine Prüfungspflichten verletzt.
Ihre Haftung als Access-Provider auf die geltend gemachte Unterlassung auszudehnen, komme nicht in Betracht. Die Verfügungsbeklagte sei durch die Vorschriften des TMG privilegiert. Dies gelte auch vor dem Hintergrund, dass ein Auskunftsanspruch nicht bestehe. Durch die geltend gemachte Unterlassung solle dieser nicht bestehende Anspruch vorbereitet werden.
Auch sei die Verfügungsbeklagte zur Löschung verpflichtet. Da es sich bei den streitgegenständlichen Daten um Verkehrsdaten handele, sei sie aus datenschutzrechtlichen Grundsätzen zur Löschung nach sieben Tagen verpflichtet. Schließlich würde durch den geltend gemachten Unterlassungsanspruch eine geplante Gesetzesänderung vorweg genommen. Dies sei unzulässig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und die von den Parteien vorgelegten Unterlagen und Schriftstücke Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 03.07.2007 ist zu bestätigen.
Das Vorliegen eines Verfügungsgrundes sowie eines Verfügungsanspruchs sind glaubhaft gemacht.
I.
Der Verfügungsgrund besteht. Die Verfügungsklägerin hat glaubhaft gemacht, dass sie erstmals durch Mitteilung der M AG vom 25.06.2007 von der am gleichen Tag begangenen Rechtsverletzung Kenntnis erlangt hat. Mit Schreiben vom 26.06.2007 wurde der Verfügungsbeklagten die Rechtsverletzung zur Kenntnis gebracht und sie mit Schreiben vom 29.06.2007 nochmals abgemahnt. Nachdem eine Reaktion der Verfügungsbeklagten hierauf nicht erfolgte, ist am 27.06.2007 Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt worden.
Die Eilbedürftigkeit ist auch nicht dadurch entfallen, dass die der hier geltend gemachten Verletzungshandlung zugrundeliegenden Daten bereits gelöscht waren, da das Unterlassungsbegehren zukünftige Rechtsverletzungen hinsichtlich des streitgegenständlichen Werkes umfasst.
II.
Auch ein Verfügungsanspruch besteht. Die Verfügungsklägerin hat unbestritten dargelegt, dass über einen von der Verfügungsbeklagten zur Verfügung gestellten Internetzugang am 25.06.2007 um 08.30 Uhr das Musikwerk „….“ öffentlich zugänglich gemacht wurde.
1.
Die Verfügungsklägerin hat mit der für das einstweilige Verfügungsverfahren erforderlichen Sicherheit glaubhaft gemacht, dass sie ausschließliche Rechteinhaberin hinsichtlich der Auswertung des Tonträgers über dezentrale Computernetze an den Musikstücken auf dem Album „….“ ist. Dies ist zunächst durch die Vorlage der Original-CD „…“ glaubhaft gemacht. Auf der Hülle der CD ist u.a. folgender Vermerk: „© 2007………..“ abgedruckt. Dies stellt jedenfalls bereits ein Indiz dafür dar, dass die exklusiven Rechte bei der… Gesellschaft für Kommunikation liegen. Letztlich ist die Rechteinhaberschaft jedenfalls durch die eidesstattliche Versicherung des Q vom 20.06.2007 und 21.08.2007 glaubhaft gemacht.
Aus dem als Anlage ASt 3 vorgelegten Vertrag zwischen der Verfügungsklägerin und der Firma… Gesellschaft für Kommunikation mbH und der beigefügten Anlage1 ergibt sich, dass die exklusiven Rechte der Verfügungsklägerin zur Verwertung in dezentralen Computernetzen übertragen wurden. Dass die Verfügungsbeklagte im Einzelfall zur Nutzung der ihr zustehenden ausschließlichen Rechte die Zustimmung des Lizenzgebers einholen muss, führt zu keinem anderen Ergebnis, da die ausschließlichen Nutzungsrechte insoweit entsprechend der Vereinbarung an die Verfügungsklägerin übertragen wurden. Dass sie für das Einstellen in ein Netzwerk eine weitere Genehmigung benötigt, ändert an ihrer Stellung als Rechteinhaberin nichts.
2.
Bei dieser Sachlage haftet die Verfügungsbeklagte nach den Grundsätzen der Störerhaftung auf Unterlassung:
a) Eine Rechtsverletzung im Sinne des § 97 UrhG ist gegeben. Unstreitig werden über den Internetzugang der Verfügungsbeklagten illegal Downloads des streitgegenständlichen Musikwerkes zum Download angeboten. Dadurch, dass dies durch die Zurverfügungstellung der technischen Voraussetzungen für einen schnellen Internetzugang durch die Verfügungsbeklagte geschieht, ist sie jedenfalls an dieser Rechtsverletzung beteiligt:
Ersichtlich stellt die Beklagte weder Vervielfältigungsstücke her, noch bietet sie solche an, bringt sie in den Verkehr oder macht sie der Öffentlichkeit zugänglich. Als Access-Provider stellt die Beklagte – unstreitig – lediglich Verbindungen zu einem Kommunikationsnetz her und macht das Werk damit nicht selbst zugänglich (s. dazu auch OLG Frankfurt in GRUR 2005, 147).
Auch die Verfügungsklägerin behauptet nicht, dass die Verfügungsbeklagte selbst als Täterin in Betracht kommt.
Auch eine Tätigkeit als Teilnehmerin der Urheberrechtsverletzung eines Dritten scheidet aus, weil die hier allein in Betracht zu ziehende Gehilfenstellung zumindest einen bedingten Vorsatz voraussetzt, der das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit einschließen muss (vgl. OLG Frankfurt a.a.O.). Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Verfügungsbeklagte bis zur Mitteilung der Verfügungsklägerin, dass eine entsprechende Downloadmöglichkeit gegeben war, überhaupt Kenntnis von der illegalen Nutzung des von ihr zur Verfügung gestellten Internetzugangs hatte.
Die Verfügungsbeklagte haftet jedoch nach den Grundsätzen der Störerhaftung. Wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung eines geschützten Rechtsguts beiträgt, kann als Störer für eine Schutzrechtsverletzung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden (BGHZ 148, 13, 17 – Ambiente.de; BGH GRUR 02, 618 – Meissner Dekor).
Zwar setzt die Haftung als Störer nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Verletzung von Prüfungspflichten voraus, damit die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt wird, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben. Eine derartige Prüfungs- bzw. Kontrollpflicht hatte die Verfügungsbeklagte hier aber ab dem Zeitpunkt der Abmahnung durch die Verfügungsklägerin und der Kenntniserlangung von der Übermittlung urheberrechtsverletzender Inhalte.
Als Access-Provider ist die Beklagte allerdings gemäß § 8 TMG für fremde Informationen grundsätzlich nicht verantwortlich und nicht verpflichtet, die von ihr übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen (§ 7 f TMG). Der lediglich den Zugang zu fremden Informationen eröffnende Access-Provider haftet nicht, wenn er die Übermittlung nicht veranlasst, den Adressaten nicht ausgewählt und die übermittelten Informationen weder ausgewählt noch verändert hat (§ 8 Abs. 1 TMG). Unberührt von dieser Privilegierung der bloßen Durchleitung von Informationen bleibt der Access-Provider gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 TMG zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen verpflichtet, wenn er Kenntnis erlangt hat. Insoweit besteht ab Kenntniserlangung die verschuldensunabhängige Störerhaftung, die einfache positive Kenntnis vom Verstoß voraussetzt (OLG Frankfurt a.a.O; OLG Hamburg, GRUR-RR 2005, 209).
Die hier vertretene Auffassung stützt sich darüber hinaus auch auf die Möbelklassiker-Entscheidung des BGH (BGH GRUR 1999, 418, 419). Darin hat der BGH zunächst klargestellt, dass auch im Urheberrecht derjenige als Störer zur Unterlassung verpflichtet sein kann, der in irgendeiner Weise – sei es auch ohne Verschulden – willentlich und adäquat kausal zu einer Urheberrechtsverletzung beigetragen hat. Dabei kann als Mitwirkung auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handeln Dritten genügen, sofern der in Anspruch genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Diese Definition der (mittelbaren) Störerhaftung stimmt mit der zuvor dargelegten Definition des Verletzers im Sinne von § 97 Urheberrechtsgesetz überein, so dass eine begriffliche Unterscheidung nicht gegeben und auch nicht erforderlich ist.
Im vorliegenden Fall ist der Verfügungsbeklagten einzuräumen, dass sie als Access-Provider nur einen relativ geringen Beitrag zur Verletzungshandlung liefert; die Rechtsverletzung begeht sie selbst nicht aktiv und hatte ursprünglich auch keine Kenntnis davon. Eine konkrete Überprüfung, welche Inhalte über den von ihr bereitgestellten Internetzugang vermittelt werden, wird man ihr nicht zumuten können.
Die Situation hat sich indes durch die Abmahnung der Verfügungsklägerin geändert. Denn durch die Anschreiben vom 26.06.2007 und vom 29.06.2007 wird im Einzelnen darauf hingewiesen, dass das streitgegenständliche Musikwerk zum Download bereitgestellt wurde. Es wird ferner die Berechtigung der Verfügungsklägerin an den Musikstücken auf dem Album „Sabrina Setlur/M2“ dargelegt. Damit ist der Verfügungsbeklagten jedoch eine Tatsachengrundlage zur Kenntnis gebracht worden, die ungleich breiter und detaillierter ist als die in der Möbelklassiker-Entscheidung vom BGH bewertete. Die Verfügungsbeklagte wusste seit der Abmahnung genau, auf welche Art und Weise welche Verletzungshandlungen von ihrem Kunden begangen wurden. Sie wusste mithin exakt, welche Verstöße stattfanden. Vor diesem Hintergrund ist auch bei Anwendung der in der Möbelklassiker-Entscheidung des BGH dargelegten Grundsätze eine Überprüfungspflicht zu bejahen.
b) Die ab Kenntniserlangung bestehende Störerhaftung begründet auch den geltend gemachten Unterlassungsanspruch. Zwar besteht aufgrund der Störerhaftung in vergleichbaren Fällen nach der Rechtsprechung verschiedener Oberlandesgerichte kein Auskunftsanspruch gemäß § 101a UrhG, da die Störerhaftung lediglich Unterlassungsansprüche begründen kann (vgl. OLG Hamburg, a.a.O, OLG Frankfurt a.a.O.). Gerade einen solchen Unterlassungsanspruch macht die Verfügungsklägerin jedoch vorliegend geltend. Insoweit ist entscheidend, dass die weitere Speicherung der im Antrag genannten Daten und die daraus resultierende Möglichkeit einer effektiven Strafverfolgung und Verfolgung zivilrechtlicher Unterlassungsansprüche die Rechtsverletzungen in der Zukunft zu verhindern vermag. Nur so ist die Verfügungsklägerin in der Lage, den jeweiligen Verletzer über das von ihr angestrengte Strafverfahren ausfindig zu machen und sodann auch den zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch durchzusetzen.
c) Auch soweit die Verfügungsbeklagte einwendet, dass sie aufgrund der §§ 96 Abs. 2, 100 Abs. 3 TKG verpflichtet sei, die Daten nach Ablauf von sieben Tagen zu löschen und es könne auch zu einer Verletzung des Fernmeldgeheimnisses kommen, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. So liegt weder ein Verstoß gegen das Fernmeldegeheimnis vor noch ergibt sich eine Verpflichtung zur Löschung der streitgegenständlichen Daten nicht aus § 96 Abs. 2 S. 2 TKG, da die genannten Daten keine Verbindungsdaten, sondern Bestandsdaten sind. Hierzu hat das Landgericht Stuttgart ausgeführt (NJW 2005, 614):
„Das Fernmeldegeheimnis erfasst zwar auch die Tatsache, ob und wann zwischen bestimmten Fernmeldeanschlüssen Fernmeldeverkehr – hier in Form von Datenaustausch im Internet – stattgefunden hat. Bei der Aufklärung eines bestimmten Telekommunikationsvorgangs innerhalb eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens erfolgt ein das Fernmeldegeheimnis berührender Eingriff – neben der Erhebung des Nachrichteninhalts – somit auch durch die Zuordnung dieses Vorgangs zu den daran beteiligten Endgerätenutzern. Der Zugriff auf grundrechtlich geschützte Lebensbereiche von Telekommunikationsteilnehmern geschieht damit jedoch bereits durch die Erhebung des Zeitpunkts zu dem besagter Vorgang stattgefunden hat und der dynamischen IP-Adressen, zwischen denen der fragliche Datenaustausch erfolgte, weil unter dieser Kennung zum Zeitpunkt des besagten Telekommunikationsvorgangs vom jeweiligen Internet-Access-Provider nur einem einzigen Internetnutzer bzw. dessen Endgerät (PC o.ä.) der Zugang zum Internet bereitgestellt wurde. …
Ist aber die Kennung eines an einem zeitlich fixierten Telekommunikationsvorgang beteiligten Endgerätenutzers bekannt, hier die dynamische IP-Adresse, die den Vorgang einer ganz bestimmten Person und damit einem Grundrechtsträger zuordnet, so ist der betreffende Anschlussinhaber bereits eindeutig und unverwechselbar individualisiert. Die bürgerliche Identität, d.h. sein Name und seine Anschrift sind hierfür nicht erforderlich (vgl. Meyer-Goßner StPO, 47.Aufl., §100a Rdnr. 8, 9). Das nachgelagerte Auskunftsersuchen der Ermittlungsbehörde, das die dynamische IP-Adresse und den konkreten Zeitpunkt vorgibt und lediglich die Namhaftmachung des bereits ausreichend individualisierten Endgerätenutzers begehrt, zielt somit auf die Erhebung von Bestandsdaten i.S.v. § 3 Nr.3 TKG und berührt das Fernmeldegeheimnis nicht (mehr).“
Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich die erkennende Kammer an.
Auch soweit die Verfügungsbeklagte vorträgt, aufgrund des Urteils des Landgerichts Darmstadt vom 06.06.2007, Az. 10 O 562/03 nicht zur Speicherung der streitgegenständlichen Daten berechtigt zu sein, ist der Sachverhalt insoweit nicht vergleichbar. Das gleiche gilt für die Entscheidungen des Amtsgerichts Bonn vom 05.07.2007 (Az. 9 C 177/07) und vom 12.07.2007 (Az. 9 C 197/07). Im Unterschied zu den genannten Verfahren soll die weitere Speicherung gerade zu Zwecken der Strafverfolgung erfolgen. Dies stellt einen legitimen Zweck dar, den der Gesetzgeber durch eine Änderung der entsprechenden Vorschriften selbst verfolgt und damit die bereits bestehenden Speicherungspflichten – unter Berücksichtigung des Datenschutzes – erweitert.
Auch stellen die Vorschriften der §§ 96 Abs. 2 und 100 Abs. 3 TKG – wie von der Verfügungsbeklagten zutreffend vorgetragen – zwar einen Erlaubnistatbestand dar. Da sich die Anspruchsgrundlage in § 1004 BGB findet, ist jedoch lediglich entscheidend, dass die genannten Vorschriften die Verfügungsbeklagte im vorliegenden Fall nicht zu einer Löschung verpflichten.
Hierzu führt § 100 Abs. 3 S. 1 TKG folgendes aus:
„Soweit erforderlich, darf der Diensteanbieter bei Vorliegen zu dokumentierender tatsächlicher Anhaltspunkte die Bestandsdaten und Verkehrsdaten erheben und verwenden, die zum Aufdecken sowie Unterbinden von Leistungserschleichungen und sonstigen rechtswidrigen Inanspruchnahmen der Telekommunikationsnetze und – dienste erforderlich sind.“
Insoweit folgt die Kammer der durch die Verfügungsklägerin vertretenen Auffassung, dass eine rechtswidrige Inanspruchnahme im Sinne der vorgenannten Vorschrift auch daraus ergibt, dass gegen allgemeine Straftatbestände verstoßen wird. Insoweit lautet die von der Verfügungsbeklagten zitierte Fundstelle (Beck´scher TKGKommentar/Wittern, Telekommunikationsgesetz, § 100 Rn. 10) insgesamt wie folgt:
„Neben den Leistungserschleichungen, die i. S. d. § 265 a StGB zu verstehen sind, sind auch sonstige rechtswidrige Inanspruchnahmen der Telekommunikationsnetze und -dienste erfasst. Damit ist das kollusive Zusammenwirken mit ausländischen Betreibern, um Umsätze zu Lasten des deutschen Anbieters zu generieren, mit denen der Verursacher aufgrund von Identitätstäuschungen nicht weiterbelastet werden kann, ebenso erfasst wie die typischen Fälle der Umgehung der Gebührenerfassung durch technische Beeinflussung von Vorgängen der Steuerung, Vermittlung oder Übertragung sowie der Fall des unbefugten Anschlusses eines Endgerätes an das Telekommunikationsnetz. Die Norm erfasst auch die Manipulation an SIM-Cards als Bestandteilen von Mobiltelefonen. Rechtswidrig ist die Inanspruchnahme schon dann, wenn sie gegen einen zwischen dem Nutzer und dem Diensteanbieter geschlossenen Vertrag verstößt. Dies würde somit beispielsweise auch im Falle des unerlaubten Weiterverkaufs von Leistungen durch den Nutzer greifen. Da die rechtswidrige Inanspruchnahme keine Vermögensschädigung voraussetzt, wäre auch die Nutzung eines Telefons zur Bedrohung oder Belästigung Dritter eine rechtswidrige Inanspruchnahme. Ebenso stellt das Versenden von Spam oder Viren, sofern dies vertraglich untersagt ist, eine rechtswidrige Inanspruchnahme dar, gegen die Maßnahmen gem. Abs. 3 ergriffen werden können.“ (Unterstreichung durch das Gericht)
Hier wird hervorgehoben, dass gerade eine Vermögensschädigung nicht Voraussetzung für eine unter § 100 Abs. 3 TKG fallende Verletzungshandlung ist. Vielmehr reicht es aus, wenn Dritte unter Inanspruchnahme der Dienste des Dienstanbieters beispielsweise bedroht werden. Damit stellt Wittern gerade klar, dass auch die allgemeinen Gesetze durch die Ausnahmevorschrift des § 100 Abs. 3 TKG erfasst sind. Dem schließt sich die Kammer an.
Schließlich steht dem Unterlassungsanspruch auch nicht die von der Verfügungsbeklagten heraufbeschworene Gefahr entgegen, dass sie sich im Falle der Nichtlöschung einer bußgeldbewehrten Ordnungswidrigkeit nach § 149 Abs. 1 Nr. 17 TKG schuldig machen würde. Dass eine Löschungsverpflichtung nicht vorliegt, ist vorstehend dargelegt worden.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten liegt in der Antragstellung vom 20.08.2007 keine für die Kostenentscheidung relevante Teilrücknahme des Antrages vor. Zwar wird nunmehr die zeitliche Dauer der Speicherung ausdrücklich befristet. Da die Verfügungsklägerin jedoch die Auskunftserteilung an die Staatsanwaltschaft ermöglichen will und sie dieses Ziel auch mit der neuerlichen Formulierung des Antrages erreicht, kommt eine Reduzierung des Streitwertes nicht in Betracht. Mehrkosten durch die ursprüngliche Antragstellung sind daher nicht entstanden.
Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit unterbleibt. Urteile in einstweiligen Verfügungssachen sind bereits ihrer Natur nach vollstreckbar, sodass es eines besonderen Ausspruchs hierüber nicht bedarf. Ebenso wenig sind bestätigende Urteile für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Bei bestätigenden Urteilen bleibt es bei der Vollstreckbarkeit der Vorentscheidung, da diese nur wiederholt wird (vgl. Herget in Zöller, ZPO, 26. Auflage, § 708 Rdnr. 8).
IV.
Die Berufung war zuzulassen, da die hier zu entscheidenden Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung haben (§ 511 ZPO). Zwar liegt die Beschwer entsprechend dem Streitwert nach Auffassung der Kammer oberhalb von 600,00 € (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Jedoch ist in Zweifelsfällen über die Zulassung der Berufung ausdrücklich zu entscheiden (vgl. Gummer/Heßler in Zöller, ZPO, 26. Auflage, § 511 Rn. 39).
Streitwert: 10.000,00 €.