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Denunzianten: Kann Behörde Auskunft verweigern?

Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht

Az.: 4 LC 88/02

Verkündet am 14.08.2002

Vorinstanz: Verwaltungsgericht Osnabrück – Az.: 6 A 42/01


In der Verwaltungsrechtssache Streitgegenstand: Sozialhilfe (Akteneinsicht) hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht – 4. Senat – auf die mündliche Verhandlung vom 14. August 2002 für Recht erkannt:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück – Einzelrichter der 6. Kammer – vom 30. Januar 2002 wird zurückgewiesen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

T a t b e s t a n d :

Der Kläger erhält von dem Beklagten Hilfe zum Lebensunterhalt. Für deren Bemessung war in der Vergangenheit die zwischen den Beteiligten streitige Frage von Bedeutung, ob der Kläger mit einer Partnerin, Frau S., in einer eheähnlichen Gemeinschaft im Sinne des § 122 BSHG lebe (vgl. dazu u. a. die Beschlüsse des Senats v. 13. 6. 2001 – 4 MA 2020/01 -, v. 25.10.2001 – 4 MA 3379/01 – und v. 22.5.2002 – 4 ME 203/02 -). Dazu erhielt die im Auftrag des Beklagten handelnde Stadt M. im Oktober 1993 von einer damaligen Mitschülerin des Klägers eine telefonische Mitteilung, die in einem handschriftlichen Vermerk der zuständigen Sachbearbeiterin vom 28. Juni 1993 wiedergegeben wurde. Dieser Vermerk, welcher dem Gericht (wie auch der Verwaltungsvorgang der Stadt M. im übrigen) in Ablichtung vorliegt, lautet:

Anruf einer Mitschülerin (Name geschwärzt):

1) Praktikum im Okt. 92 in T… wurde nicht absolviert, 500,- DM Fahrtkosten erhalten

2) Lfd. Praktikum im Haus W…, R… abgebrochen; „angeblich“ krank

3) Eheähnliche Gemeinschaft mit Partnerin, die Einkommen habe

4) K. prahlt mit Gerichtsverfahren u. Leistungen d. Soz.amtes

Lt. Akte:

1) Fahrtkosten für lfd. Praktikum vorschüssig für 4/93 gewährt; Nachweis wurde trotz 2x Aufforderung nicht vorgelegt.

2) Behauptete eheähnl. Gem. muß noch nachgeprüft werden.

In einem Sachbearbeiter-Vermerk vom 8. August 2000 wurden die Wohnverhältnisse des Klägers – damals bereits die dritte gemeinsame Adresse mit Frau S., zum Teil formell als Untermieter der Frau S. – und sonstige aktuelle Feststellungen zu den Lebensverhältnissen des Klägers zusammengefasst.

Mit Schreiben vom 1. Dezember 2000 wandte sich der Kläger u. a. wie folgt an das Sozialamt der Stadt M.: Aufgrund einer ihm noch unbekannten Verdachtsanzeige hätten ihn am 29. November 2000 zwei Mitarbeiter des Beklagten mit dem Anliegen aufgesucht, seine Wohnräume in Augenschein zu nehmen, da der Verdacht bestehe, dass er in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft lebe. Er habe den Bediensteten keinen Zutritt gewährt (wird begründet). Da er beim Sozialamt der Stadt M. von irgendeiner Person bezichtigt worden sei, eine eheähnliche Lebensgemeinschaft mit Frau S. zu führen, gelte es, diese Person zu ermitteln, um straf- und zivilrechtliche Maßnahmen einleiten zu können. Er verlange deshalb gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB X Akteneinsicht. Diese könne das Sozialamt nicht mit der Begründung verweigern, dass ein Dritter geschützt werden müsse. Es gebe keinen besonderen Schutz für Denunzianten.

Die Stadt M. – Sozialamt – lehnte den Antrag auf Akteneinsicht durch den (mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen) Bescheid vom 4. Dezember 2000 ab, da es hinsichtlich einer Person, die den Kläger bezichtigt haben solle, in einer eheähnlichen Gemeinschaft zu leben, einen Verwaltungsvorgang nicht gebe und insofern § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht einschlägig sei.

Der Kläger legte dagegen am 5. Dezember 2000 Widerspruch ein und führte aus: Mit Rücksicht darauf, dass zwei Mitarbeiter des Bedarfsermittlungsdienstes des Beklagten ihn im Auftrage des Sozialamtes der Stadt M. aufgesucht hätten, dürften die Ausführungen in dem Ablehnungsbescheid nicht der Wahrheit entsprechen. Dieser Vorgang sei nicht zu erklären, wenn ein Verwaltungsvorgang nicht geführt werde. Ohne einen begründeten Verdacht gegen ihn wäre es willkürlich gewesen, einen Hausbesuch des Bedarfsermittlungsdienstes bei ihm zu veranlassen. Er verlange Einsicht in seine Leistungsakte einschließlich der Vorgänge, die die Stadt M. bewogen hätten, ihm den Bedarfsermittlungsdienst zu schicken. Es entstehe der Eindruck, dass das Sozialamt der Stadt M. versuche, den Verwaltungsvorgang zu bereinigen oder die Angelegenheit zu verdunkeln, damit er keine Kenntnis davon erhalte, von welcher Person er dort denunziert worden sei.

Laut Aktenvermerk vom 12. Dezember 2000 nahm der Kläger am 8. Dezember 2000 Einsicht in den Verwaltungsvorgang der Stadt M., in dem der Name der Informantin aber geschwärzt war.

Durch Bescheid vom 29. Januar 2001 stellte das Sozialamt der Stadt M. die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt zum 1. Februar 2001 mit der Begründung ein, der Kläger lebe mit Frau S. in einer eheähnlichen Gemeinschaft gemäß § 122 BSHG. Zur Begründung wurden im einzelnen die Umstände dargelegt, aus denen die Behörde zu der entsprechenden Schlussfolgerung gelangte. Die o. a. Information aus dem Jahr 1993 fand dabei nicht Erwähnung. Der Kläger legte dagegen Widerspruch ein. Das an das Widerspruchsverfahren anschließende Verwaltungsstreitverfahren (6 A 58/01 des Verwaltungsgerichts) fand seinen Abschluss durch einen gerichtlichen Vergleich vom 17. Dezember 2001.

Mit Schreiben des Beklagten vom 20. Februar 2001 beschied der Beklagte den Kläger wie folgt: Bei der Akteneinsicht nach § 25 SGB X handele es sich um eine Verfahrenshandlung, gegen die gemäß § 44 a VwGO Rechtsbehelfe nur zugleich mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden könnten. Daher werde die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 4. Dezember 2000 im Rahmen des gegen den Bescheid vom 29. Januar 2001 vorliegenden Widerspruchs geprüft. Er, der Beklagte, weise darauf hin, dass mit dem Bescheid der Stadt M. vom 4. Dezember 2000 Akteneinsicht nur insoweit abgelehnt worden sei, als die Vorgänge wegen berechtigter Interessen dritter Personen gemäß § 25 Abs. 3 SGB X geheim zu halten seien.

Nachdem der Kläger wegen seines Akteneinsichtsbegehrens bereits am 20. März 2001 Untätigkeitsklage erhoben hatte, wies der Beklagte die o. a. Widersprüche durch Bescheid vom 5. April 2001 zurück. Hinsichtlich des Ablehnungsbescheides der Stadt M. vom 4. Dezember 2000 wurde zur Begründung ausgeführt: Der Kläger habe Akteneinsicht allein zu dem Zweck beantragt, Angaben über Personen zu erhalten, um gegen diese dann straf- und zivilrechtlich vorzugehen. Dies betreffe Unterlagen der Stadt M. über die Aussage eines Dritten aus dem Jahre 1993. Abgesehen davon, dass Strafverfolgungsansprüche verjährt seien, habe das Sozialamt die Aussage nicht zum Anlass genommen, weitere Ermittlungen anzustellen. Die Aussage sei für die Verwaltungsverfahren ohne Bedeutung und damit auch für den Kläger für die Verfolgung seines Anspruchs auf Hilfe zum Lebensunterhalt nicht von rechtlichem Interesse gewesen. Deswegen sei die Akteneinsicht insoweit abzulehnen gewesen.

Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger ergänzend vorgetragen:

Die Stadt M. führe nachweislich einen Vorgang bezüglich der Behauptung, dass er mit seiner Vermieterin Frau S. in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebe. Er habe als Verfahrensbeteiligter gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB X einen Rechtsanspruch auf Vorlage der gesamten Verwaltungsvorgänge, ohne dass Teile geschwärzt werden dürften. Er habe daran auch ein berechtigtes Interesse. Er und Frau S. wollten gegen die Stadt M. straf- sowie zivilrechtliche Forderungen geltend machen. Sie seien nicht bereit, deren Vorwurf zu akzeptieren, sie lebten in einer eheähnlichen Gemeinschaft.

Die Stadt M. könne sich nicht darauf berufen, dass die Vorgänge wegen berechtigter Interessen Dritter geheim zu halten seien. Zum einen sehe das Gesetz keinen Denunziantenschutz vor. Zum anderen habe die Stadt M. in ihrem Bescheid vom 4. Dezember 2000 selbst ausgeführt, dass es bezüglich eines Informanten keinen Verwaltungsvorgang gebe. Daher stelle sich die Frage, welche schützenswerten Interessen Dritter gemeint seien. Mit ihrer Verweigerung der Vorlage der Verwaltungsvorgänge versuche die Stadt M., ihr eigenes rechtswidriges Verhalten zu vertuschen.

Es werde bestritten, dass er Akteneinsicht nur zu dem Zweck begehre, in Erfahrung zu bringen, wer ihn „denunziert“ habe. Im übrigen könne sich der Beklagte in diesem Zusammenhang nicht auf die Rechtsprechung des OVG Münster berufen (wird ausgeführt).

Es treffe nicht zu, dass er seinerzeit in der Schule verbreitet habe, dass er mit einer Partnerin zusammenwohne, die eigenes Einkommen habe, wie es in dem handschriftlichen Vermerk vom 28.6.1993 als Mitteilung einer Mitschülerin festgehalten worden sei. Im übrigen spiele diese Frage keine Rolle, weil er für die Bildungsmaßnahme Anspruch auf Leistungen durch die Bundesanstalt für Arbeit gehabt habe.

Der Kläger hat beantragt, den Bescheid der Stadt M. vom 4. Dezember 2000 sowie den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 5. April 2001 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm Einsicht in die seine Sozialhilfeangelegenheit betreffenden vollständigen Verwaltungsvorgänge der Stadt M. auch insoweit zu gewähren, als sie Informationen Dritter über ihn betreffen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 30. Januar 2002 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

Die Klage sei zulässig. Bei der Verweigerung von Akteneinsicht handele es sich um einen anfechtbaren Verwaltungsakt. Der Kläger habe gegen den Ablehnungsbescheid der Stadt M. vom 4. Dezember 2000 zulässigerweise gemäß § 75 VwGO Untätigkeitsklage erhoben. Dass er den anschließend erlassenen Widerspruchsbescheid nicht gemäß der diesem beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung innerhalb eines Monats ausdrücklich in das Klageverfahren einbezogen habe, habe die Zulässigkeit der Klage unberührt gelassen.

Der Zulässigkeit der Klage stehe auch § 44 a VwGO nicht entgegen. Zum einen sei das Rechtsbehelfsverfahren gegen die zugehörige Sachentscheidung, mit dem der Kläger zugleich sein Akteneinsichtsbegehren hätte geltend machen können, zwischenzeitlich bestandskräftig abgeschlossen. Zum anderen gehe es dem Kläger insoweit ersichtlich nicht – jedenfalls nicht ausschließlich – um sein rechtliches Interesse an der Gewährung entsprechender Sozialhilfeleistungen, sondern um andere, mit seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht zusammenhängende rechtliche Interessen.

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Gemäß § 25 SGB X habe die Behörde dem Beteiligten eines Verwaltungsverfahrens Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich sei. Da der Anspruch auf Akteneinsicht nur den Beteiligten des Verfahrens zustehe, entfalle der Anspruch demzufolge mit Abschluss des Verfahrens im Sinne des § 8 SGB X. Nach Abschluss eines Verfahrens habe die Behörde Akteneinsicht nach pflichtgemäßem Ermessen zu gewähren, soweit dies zur Verfolgung berechtigter Interessen des (früheren) Beteiligten angezeigt sei.

Ob das Begehren des Klägers hier nach § 25 SGB X als Anspruch auf Akteneinsicht oder – nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens – als Anspruch auf Gewährung von Akteneinsicht nach pflichtgemäßem Ermessen zu beurteilen sei, könne offen bleiben, da das Akteneinsichtsbegehren von der Behörde jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgelehnt worden sei.

In seinem Widerspruchsbescheid habe der Beklagte die Gewährung von Akteneinsicht neben dem Hinweis, dass Strafverfolgungsansprüche verjährt seien, ausschließlich mit der Begründung abgelehnt, dass das Sozialamt die Aussage seinerzeit nicht zum Anlass für weitere Ermittlungen gemacht habe und diese für das Verwaltungsverfahren ohne Bedeutung gewesen sei. Dabei habe der Beklagte nicht berücksichtigt, dass es dem Kläger, wie seinem Vorbringen insgesamt zu entnehmen sei, mit seinem Akteneinsichtsbegehren jedenfalls nicht ausschließlich um die Durchsetzung seines sozialhilferechtlichen Anspruchs, sondern auch darum gehe, gegenüber der Informantin einen zivilrechtlichen Anspruch auf Widerruf einer ehrverletzenden unwahren Behauptung geltend zu machen. Ein solcher Anspruch folge aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, welches als sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB den Schutz absoluter Rechte genieße. Einen Zivilrechtsstreit zum Schutze dieses Rechtes könne der Kläger aber nur führen, wenn ihm der Name der Informantin bekannt sei.

Dem Akteneinsichtsbegehren des Klägers stehe aber § 25 Abs. 3 SGB X entgegen. Danach sei die Behörde zur Gestattung der Akteneinsicht u. a. nicht verpflichtet, soweit die Vorgänge wegen berechtigter Interessen dritter Personen geheim gehalten werden müssten. In einem solchen Fall sei die Behörde zur Gestattung der Akteneinsicht nicht nur nicht verpflichtet. Vielmehr verbiete die gesetzliche Regelung ihr die Gewährung von Akteneinsicht, es liege also auch nicht in ihrem Ermessen, ob sie dennoch Akteneinsicht gewähren wolle. Für diejenigen Fälle, in denen die Gewährung von Akteneinsicht von vornherein nur nach pflichtgemäßem Ermessen zu erfolgen habe, weil es an einem anhängigen Verwaltungsverfahren fehle, folge daraus, dass bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 3 SGB X nur eine Ablehnung des Akteneinsichtsbegehrens als ermessensfehlerfreie Entscheidung in Betracht komme.

Vorgänge seien wegen berechtigter Interessen Dritter immer dann geheim zu halten, wenn sie unter das Sozialgeheimnis gemäß § 35 SGB I fielen und für die Behörde eine Übermittlungsbefugnis gemäß §§ 67 d – 77 SGB X nicht bestehe.

Der Name der Informantin gehöre im vorliegenden Fall zu den Sozialdaten im Sinne des § 67 SGB X und unterliege damit dem Sozialdatenschutz nach § 35 SGB I. Die Übermittlung derartiger Sozialdaten sei gemäß § 78 d SGB X nur zulässig, soweit eine gesetzliche Übermittlungsbefugnis nach den §§ 68 – 77 SGB X oder nach einer anderen Rechtsvorschrift im Sozialgesetzbuch vorliege. Eine Regelung, nach der der Beklagte befugt sei, dem Kläger die begehrte Akteneinsicht zu gewähren und dadurch den Namen der Informantin zu offenbaren, sei darin nicht enthalten. Von einer generalklauselartigen Regelung des Inhalts, dass ein Betroffener die Übermittlung von Sozialdaten beanspruchen könne, wenn er ein berechtigtes, das Geheimhaltungsinteresse eines Dritten überwiegendes Interesse an der Auskunftserteilung geltend machen könne, habe der Gesetzgeber abgesehen.

Auch aus allgemeinen datenschutzrechtlichen Vorschriften könne der Kläger ein Akten-
einsichts- oder Auskunftsrecht nicht herleiten. Das Bundesdatenschutzgesetz – BDSG – vom 20.12.1990 (BGBl. I S. 2954), zuletzt geändert durch Gesetz v. 26.6.2001 (BGBl. I S. 1254, 1260) werde durch das Niedersächsische Datenschutzgesetz – NDSG – vom 17.6.1993 (Nds. GVB l. S. 141), zuletzt geändert durch das Änderungsgesetz vom 21.6.2001 (Nds. GVBl. S. 373), verdrängt, wie sich aus § 1 Abs. 2 Nr. 2 BDSG ergebe. Danach gelte das BDSG für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen der Länder nur, soweit (neben anderen Voraussetzungen) der Datenschutz nicht durch Landesrecht geregelt sei. Das NDSG seinerseits gelte für die Verarbeitung personenbezogener Daten u. a. durch die Gemeinden mit der Maßgabe, dass besondere Rechtsvorschriften über die Verarbeitung personenbezogener Daten vorgingen. Von diesem Vorbehalt seien lediglich die Vorschriften des Nds. VwVfG ausgenommen, soweit bei der Sachverhaltsermittlung personenbezogene Daten ermittelt würden (§ 2 Abs. 6 und 7 NDSG). Daraus folge, dass bei der Ermittlung und Verarbeitung personenbezogener Daten in den nicht dem Nds. VwVfG unterliegenden Verwaltungsverfahren nach dem Sozialgesetzbuch vorrangig das SGB X zur Anwendung komme, welches seinerseits die o. a. Regelungen zum Schutz der Sozialdaten enthalte.

Die dargestellte Gesetzeslage sei mit höherrangigem Recht vereinbar (wird ausgeführt).

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er trägt zur Begründung vor: Sein Interesse an der Akteneinsicht erstrecke sich neben einer eventuellen strafrechtlichen Verfolgung der Informantin und der zivilrechtlichen Geltendmachung des Anspruchs auf Widerruf auch auf die Durchsetzung gegebenenfalls bestehender Schadensersatzansprüche. Ein zivilgerichtliches Verfahren erfülle keinen Übermittlungstatbestand nach §§ 67-77 SGB X und ohne Kenntnis des Namens der Informantin könne er Ansprüche nicht gerichtlich durchsetzen. Dieses Interesse habe das Verwaltungsgericht bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen nicht berücksichtigt.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück – Einzelrichter der 6. Kammer – vom 30. Januar 2002 zu ändern und entsprechend seinem in erster Instanz gestellten Antrag zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angegriffene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und des Verwaltungsvorgangs des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.

Der Streit um das Begehren des Klägers, den Namen einer Informantin zu erfahren, hat sich hier im Rahmen eines Sozialhilferechtsverhältnisses entwickelt. Er ist deshalb ungeachtet dessen, dass er sich von aktuellen Entscheidungen über den Leistungsbezug gelöst und verselbständigt hat, weiter dem Sozialverwaltungsrecht zuzuordnen. Daraus folgt, dass als Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers nur die Vorschriften des SGB X in Betracht kommen (§§ 9, 37 Satz 1 SGB I). Dass daneben Ansprüche aus datenschutzrechtlichen Vorschriften des Bundes oder des Landes sowie der Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes oder des Landes nicht in Betracht kommen, hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt; hierauf nimmt der Senat Bezug.

Der Kläger hat weder einen Anspruch auf die Gewährung von Akteneinsicht nach § 25 Abs. 1 SGB X oder allgemein nach pflichtgemäßem Ermessen (1.) noch einen Anspruch auf Auskunft gemäß § 83 Abs. 1 Nr. 1 SGB X über den Namen der Informantin (2.).

1. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat die Behörde den Beteiligten Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist.

Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, liegt ein rechtliches Interesse in diesem Sinne vor, wenn die Einsichtnahme dem Zweck dient, die tatsächliche Unsicherheit über ein Rechtsverhältnis zu klären, ein rechtlich relevantes Verhalten nach dem Ergebnis der Einsichtnahme zu regeln oder eine gesicherte Grundlage für die Verfolgung eines Anspruchs zu schaffen (Hauck/Haines, SGB X 1/2, Stand: September 2001, K § 25 Rdnr. 7). Dabei wird die ausdrückliche oder sinngemäße Anerkennung einer durch die Rechtsordnung geschützten (zivil- oder öffentlich-rechtlichen) Rechtsposition vorausgesetzt. Für die Beurteilung der Erforderlichkeit der Aktenkenntnis ist nicht die Auffassung der Behörde maßgebend. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob die Möglichkeit besteht, dass der Akteninhalt für die entscheidungserheblichen Tatsachen von Bedeutung ist (vgl. Giese, SGB I und X, Stand: Oktober 2001, X § 25 Rdnr. 6.3; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl. 2001, § 29 Rdnr. 42 f.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl. 2000, ,§ 29 Rdnrn. 15 und 17). Im Fall des Klägers kommen hier insoweit insbesondere die Verteidigung seines Persönlichkeitsrechts sowie die Geltendmachung behaupteter Schadensersatzansprüche in Betracht.

Der Akteneinsichtsanspruch nach § 25 Abs. 1 S. 1 SGB X richtet sich auf „die das Verfahren betreffenden Akten“. § 8 SGB X definiert das Verwaltungsverfahren im Sinne dieses Gesetzbuchs als „nach außen wirkende Tätigkeit der Behörden, die auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass eines Verwaltungsaktes oder auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gerichtet ist; es schließt den Erlass des Verwaltungsaktes oder den Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrages ein“. Der Begriff ist damit zukunftsbezogen auf eine noch zu treffende Entscheidung o. ä. gerichtet. Das spricht für den Bereich des Verwaltungsverfahrens – für die Akteneinsicht in im Rahmen verwaltungsgerichtlicher Verfahren beigezogene Vorgänge mag anderes gelten – dafür, nur Akten noch laufender Verfahren einzubeziehen sowie Akten abgeschlossener Verfahren, soweit Elemente aus diesen Verfahren noch für das laufende Verwaltungsverfahren aktuell sind. Für dieses Verständnis spricht auch die systematische Stellung der Norm im 1. Kapitel 2. Abschnitt SGB X [„allgemeine Vorschriften über das Verwaltungsverfahren“] (BSG, Beschl. v. 30.11.1994 – 11 RAr 89/94 -, SozR 3-1300 § 25 SGB X Nr. 3 = NJW 1995, 1447; BVerwG, Urt. v. 1.7.1983 – BVerwG 2 C 42.82 -, BVerwGE 67, 300 = NVwZ 1984, 445 = DVBl. 1984, 55 zum gleichlautenden § 29 Abs. 1 Satz 1 VwVfG; Hauck/Haines a.a.O., K § 25 Rdnr. 9a). § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB X, wonach Satz 1 bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens nicht für Entwürfe zu Entscheidungen sowie die Arbeiten zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung gilt, führt nicht auf ein anderes Ergebnis. Diese Vorschrift besagt nur, dass in die dort genannten Entwürfe usw. erst im Rahmen eines weiteren Verwaltungsverfahrens (z. B. eines Widerspruchsverfahrens) Einsicht genommen werden kann (BVerwG, Urt. v. 1.7.1983 – BVerwG 2 C 42.82 -, a. a. O.).

Gegenstand des Verwaltungsverfahrens, in dem die Behörde die Mitteilung der Informantin erhielt, war hier die Gewährung laufender Hilfe zum Lebensunterhalt, die zur Behebung der aktuellen Notlage nur zeitabschnittsweise gewährt wird. Anlass für die Ermittlungen des Beklagten im November 2000 waren seine Erkenntnisse gemäß dem Sachbearbeitervermerk vom 9. August 2000. Mit der damals sieben Jahre alten oder bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung etwa neun Jahre alten Information durch die Informantin hat das nichts mehr zu tun. Damit ist ein Anspruch auf Gewährung von Akteneinsicht nach § 25 Abs. 1 SGB X bereits ausgeschlossen.

In Betracht kommt allerdings noch ein Anspruch auf Entscheidung über die Gewährung von Akteneinsicht außerhalb eines laufenden Verwaltungsverfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen (BVerwG, Urt. v. 1.7.1983 – BVerwG 2 C 42.82 -, a. a. O.; BSG, Beschl. v. 30.11.1994 – 11 RAr 89/94 -, a. a. O.; Krasney, Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht Band 2, Stand 2001, § 24 SGB X Rdnr. 4 m. w. N.). Wie das Verwaltungsgericht bereits ausgeführt hat, hat nach Abschluss eines Verfahrens die Behörde Akteneinsicht nach pflichtgemäßem Ermessen (nur) zu gewähren, soweit dies zur Verfolgung berechtigter Interessen des (früheren) Beteiligten angezeigt ist. Der gegenüber dem „rechtlichen“ Interesse weitere Begriff des „berechtigten“ Interesses umfasst jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art. Insbesondere begründet es ein berechtigtes Interesse, wenn die Akteneinsicht dazu dienen soll, die Geltendmachung eines möglichen Sekundäranspruchs oder anderer, mit dem Verfahrensgegenstand allenfalls mittelbar zusammenhängender Ansprüche vorzubereiten (Stelkens/Bonk/Sachs, a. a. O. § 13 Rdnr. 32 und § 29 Rdnrn. 13 und 18; Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl. 2000, § 43 Rdnr. 23 f.). Ein solches berechtigtes Interesse kann sich hier daraus ergeben, dass es dem Kläger darum geht, gegenüber der Informantin einen zivilrechtlichen Anspruch auf Widerruf einer ehrverletzenden unwahren Behauptung geltend zu machen. Ein solcher Anspruch folgt aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, das als „sonstiges Recht“ im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB den Schutz absoluter Rechte genießt. Wie das Verwaltungsgericht dargelegt hat, ergibt sich ohne weiteres aus dem Inhalt der dem Beklagten zugegangenen Information, dass diese ehrverletzenden Charakter hat und damit in das Persönlichkeitsrecht des Klägers eingreift. Mit der ihm unterstellten Äußerung hätte der Kläger die unberechtigte Inanspruchnahme einer Sozialleistung und damit im Ergebnis einen strafbaren Leistungsbetrug eingeräumt, in dem er sich in Kenntnis der Rechtslage Sozialhilfe gewähren ließ, obwohl er mit einer Partnerin in eheähnlicher Lebensgemeinschaft zusammen lebte und sich deswegen deren Einkommen nach Maßgabe des § 122 BSHG hätte anrechnen lassen müssen. Die Ungewissheit, ob der Kläger die ihm unterstellte Äußerung tatsächlich getan hat oder ob es sich insoweit um eine unrichtige Tatsachenbehauptung handelt, gibt der Behörde nicht Grund, die beantragte Akteneinsicht abzulehnen. Vielmehr wäre die Klärung dieser Frage einem etwaigen Streitverfahren vor den ordentlichen Gerichten vorzubehalten. Einen solchen Zivilrechtsstreit kann der Kläger aber nur führen, wenn ihm der Namen der Informantin bekannt ist.

Einem Anspruch des Klägers auf die Gewährung von Einsicht in die (nicht geschwärzten) Verwaltungsakten – sei es aus § 25 Abs. 1 SGB X, sei es nach pflichtgemäßem Ermessen der Behörde – steht hier aber § 25 Abs. 3 SGB X entgegen. Danach ist die Behörde zur Gestattung der Akteneinsicht nicht verpflichtet, soweit die Vorgänge wegen berechtigter Interessen der Beteiligten oder dritter Personen geheim gehalten werden müssen. In einem solchen Fall steht die Gewährung von Akteneinsicht auch nicht im Ermessen der Behörde. Vielmehr verbietet die gesetzliche Regelung ihr die Gewährung von Akteneinsicht (vgl. Giese, a. a. O., Rdnr. 10; Hauck/Haines, a. a. O., § 25 Rdnr. 19; Schneider-Danwitz, SGB X, § 25 An. 21). Auch wenn § 25 Abs. 3 SGB X in unmittelbarem Regelungszusammenhang nur mit der Gewährung von Akteneinsicht nach § 25 Abs. 1 SGB X im Rahmen eines laufenden Verwaltungsverfahrens steht, ergibt sich aus dieser gesetzlichen Wertung auch für diejenigen Fälle, in denen die Gewährung von Akteneinsicht außerhalb eines anhängigen Verwaltungsverfahrens nach pflichtgemäßem Ermessen erfolgen kann, dass bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 3 SGB X nur eine Ablehnung des Akteneinsichtsbegehrens als ermessensfehlerfreie Entscheidung in Betracht kommt.

Voraussetzung für ein Eingreifen des § 25 Abs. 3 SGB X ist zunächst, dass ein Geheimhaltungsgrund vorliegt. Vorgänge sind wegen berechtigter Interessen der Beteiligten oder dritter Personen immer dann geheim zu halten, wenn sie unter das Sozialgeheimnis gemäß § 35 SGB I fallen. Nach § 35 SGB I hat jeder Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten (§ 67 SGB X) von den Leistungsträgern nicht unbefugt erhoben, verarbeitet oder benutzt werden (Abs. 1 Satz 1). Gemäß Abs. 2 der Vorschrift ist die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Sozialdaten nur unter den Voraussetzungen des Zweiten Kapitels des Zehnten Buchs zulässig. Damit ist auf die Vorschriften der §§ 67 a-78 SGB X Bezug genommen.

Normadressaten, d. h. zur Wahrung des Sozialgeheimnisses Verpflichtete, sind neben den Leistungsträgern die in § 35 Abs. 1 Satz 4 SGB I genannten Stellen, zu denen u. a. die Gemeinden gehören, die die Aufgaben des örtlichen Sozialhilfeträgers wahrnehmen. Anspruchsinhaber ist jede natürliche Person, über die eine verpflichtete Stelle Kenntnis persönlicher Daten hat.

Nach der Legaldefinition des § 67 Abs. 1 SGB X sind Sozialdaten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener), die von einer der in § 35 SGB I genannten Stellen im Hinblick auf deren Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Einen solchen „persönlichen“ Bezug haben alle Informationen, die über eine individualisierbare natürliche Person etwas aussagen und damit zur Identifikation dienen (vgl. Wannagat/Kleinmeyer, SGB X, § 67 Rdnr. 4). Dementsprechend fallen alle Kenntnisse aus der privaten Sphäre einer Person, die die Sozialverwaltung bei Erfüllung ihrer Aufgaben erlangt hat, unter die Geheimhaltungspflicht. Das betrifft insbesondere den Namen einer Person, anhand dessen diese in erster Linie individualisiert wird. Das gilt auch für den Namen eines Informanten. Denn dem Wortlaut nach erfasst § 67 Abs. 1 SGB X jede Person und geht damit über das Sozialrechtsverhältnis hinaus, da sie das Bestehen eines solchen Rechtsverhältnisses nicht voraussetzt (Bley, Sozialrecht, 6. Aufl., B II 5 a, S. 43; Klässer, Handbuch zum Sozialrecht, Gruppe 11 b, Rdnr. 35/36; Wannagat/Seewald, Stand: Mai 2000, § 35 SGB I). Damit werden gemäß den verfassungsrechtlichen Vorgaben zum Schutz der informationellen Selbstbestimmung des Einzelnen (vgl. BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 – 1 BvR 209/83 u. a. -, BVerfGE 65, 1 <„Volkszählung“>) auch die Schutzansprüche des Informanten berücksichtigt.

Ein „sachlicher“ Bezug im Sinne von § 67 Abs. 1 SGB X liegt dann vor, wenn die Daten aufgrund der ihm zugewiesenen Aufgabenerfüllung vom Leistungsträger – bzw. von der vom Leistungsträger zur Erfüllung seiner Aufgaben herangezogenen Stelle – erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Im vorliegenden Fall wurde der Name der Informantin durch die Behörde im Sinne des § 67 Abs. 1 und Abs. 6 verarbeitet, indem er zunächst gespeichert wurde. Nach der Definition gemäß § 67 Abs. 6 Nr. 1 SGB X ist Speichern das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren von Sozialdaten auf einem Datenträger zum Zweck ihrer weiteren Verarbeitung und Nutzung. Als Datenträger kommt alles in Betracht, was eine zumindest zeitweise Aufbewahrung der Information ermöglicht (z.B. Aktenblatt, Computerdiskette oder Computerfestplatte). Im vorliegenden Fall ist das Speichern dadurch geschehen, dass der Name in einem Vermerk festgehalten und dieser zu dem die Sozialhilfeangelegenheit des Klägers betreffenden Verwaltungsvorgang genommen wurde, um darauf bei der Prüfung der Leistungsvoraussetzungen gegebenenfalls zurückgreifen zu können.

Zusammengefasst ergibt sich somit ein Geheimhaltungsgrund im Sinne des § 25 Abs. 3 SGB X daraus, dass der Name der Informantin unter das Sozialgeheimnis fällt.

Weitere Voraussetzung für den Ausschluss der Akteneinsicht gemäß § 25 Abs. 3 SGB X ist, dass der Geheimhaltungsgrund in berechtigten Interessen eines Beteiligten oder dritter Personen liegt. Die Verwendung des Begriffes des „Beteiligten“ (§ 12 SGB X) macht deutlich, dass es in diesem Zusammenhang nicht auf Interessen der Behörde ankommt. Zu berücksichtigen sind dagegen hier die Interessen der Informantin als „dritter Person“. Wie ausgeführt gehört der Name der Informantin hier zu den Sozialdaten. Es entspricht dem Wesen der Sozialdaten, dass der Betroffene ein berechtigtes Interesse an deren Geheimhaltung hat. Diesem Interesse trägt der Gesetzgeber mit den Regelungen über den Schutz der Sozialdaten Rechnung.

Zurücktreten muss das berechtigte Interesse des Betroffenen an der Geheimhaltung der Daten aber in den Fällen, für die der Gesetzgeber eine Übermittlung an Dritte ausdrücklich zugelassen hat. Gemäß § 67 d SGB X ist die Übermittlung von Sozialdaten nur zulässig, soweit eine gesetzliche Übermittlungsbefugnis nach den §§ 68 – 77 SGB X oder nach einer anderen Rechtsvorschrift im Sozialgesetzbuch vorliegt. Eine Regelung, nach der der Beklagte befugt wäre, dem Kläger die begehrte Akteneinsicht zu gewähren und dadurch den Namen der Informantin zu offenbaren, ist darin nicht enthalten.

Die Berechtigung des Interesses der Informantin an einer Geheimhaltung ihrer Sozialdaten, insbesondere ihres Namens, könnte im Übrigen aufgrund einer Abwägung mit den Interessen des Klägers dann entfallen, wenn ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme vorlägen, sie habe wider besseres Wissen und in der vorgefassten Absicht, den Ruf des Klägers zu schädigen, gehandelt oder leichtfertig falsche Informationen gegeben (Stelkens/Bonk/Sachs a. a. O., § 24 Rdnr. 34; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 3.9.1991 – BVerwG 1 C 48.88 -, BVerwGE 89, 14). Solche Anhaltspunkte liegen hier nicht vor. Im Gegenteil hat sich sogar in mehreren gerichtlichen Verfahren der von dem Kläger vor allem beanstandete Hinweis auf das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft als zur
Überzeugung des Verwaltungsgerichts und des Senats zutreffend erwiesen.

2. Nach seinem Antrag begehrt der Kläger zwar ausdrücklich Akteneinsicht. Da er aber Akteneinsicht bereits genommen hat und er im Grunde nur Kenntnis über den ihm nur geschwärzt vorgelegten Teil der Akte, nämlich den Namen der Informantin, erhalten möchte, könnte seinem Interesse auch mit der Erteilung nur einer Auskunft Rechnung getragen werden. Der Senat geht deshalb davon aus, dass in dem Begehren des Klägers zumindest als Minus gegenüber dem Akteneinsichtsbegehren auch ein Begehren auf Auskunft über den Namen der Informantin enthalten ist. Auch insoweit ist das Begehren des Klägers aber nicht begründet.

Nach § 83 Abs. 1 Nr. 1 SGB X ist dem Betroffenen – hier dem Kläger – auf Antrag Auskunft zu erteilen über die zu seiner Person gespeicherten Sozialdaten, auch soweit sie sich auf die Herkunft dieser Daten beziehen. Dabei meint „Herkunft“ der Daten auch die Personen, die über personenbezogene Daten informiert haben (BVerwG, Urt. v. 3.9.1991, a. a. O. zu dem insoweit gleichen Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG; vgl. auch OVG Rh.-Pfalz, Urt. v. 16.09.1997 – 7 A 10004/97 -, JURIS). Der Anspruch erstreckt sich somit auch auf den Namen eines Informanten, der gegenüber der Behörde Angaben über die persönlichen Verhältnisse des Betroffenen gemacht hat.

Die Erteilung der Auskunft steht gemäß § 83 Abs. 1 Nr. 1 SGB X nicht im Ermessen der Behörde („ist“), der Anspruch ist – anders als der Anspruch auf Akteneinsicht nach § 25 Abs. 1 SGB X – nicht an ein laufendes Verwaltungsverfahren gebunden. Auch eine schlüssige Darlegung eines schützenswerten Auskunftsinteresses ist – anders als für einen Auskunftsanspruch nach Ermessen – nicht erforderlich (BVerwG, Urt. v. 3.9.1991, a.a.O.).

Der Erteilung der Auskunft steht hier aber § 83 Abs. 4 SGB X entgegen. Danach „unterbleibt“ die Auskunftserteilung u. a. gemäß Nr. 3,

wenn die Daten nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden, berechtigten Interessen eines Dritten, geheim gehalten werden müssen,

und deswegen das Interesse des Betroffenen an der Auskunftserteilung zurücktreten muss.

Einen Ermessensspielraum eröffnet die Vorschrift der Behörde nicht, wie sich aus der Formulierung „unterbleibt“ ergibt (BVerwG, Urt. v. 3.9.1991, a. a. O.).

Die Notwendigkeit einer Geheimhaltung des Namens ergibt sich hier einerseits aus dem oben bereits genannten gesetzlichen Schutz der Sozialdaten eben auch des Informanten. Die Notwendigkeit der Geheimhaltung kann sich hier ferner – anders als in § 25 Abs. 3 SGB X – aus verwaltungspraktischen Erwägungen ergeben (Wahrung zugesagter Anonymität, Angewiesensein der Verwaltung bei der Kontrolle gerade auch Änderungen unterworfener Lebensverhältnisse auf Hinweise von außen u. ä.).

Diese Notwendigkeit der Geheimhaltung muss der Grund sein („deswegen“) für ein Zurücktreten der Interessen des Betroffenen an der Auskunftserteilung. Das ist in der Regel der Fall. Das Auskunftsinteresse des Betroffenen kann aber auch hier ausnahmsweise dann Vorrang gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse genießen, wenn etwa ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme vorlägen, ein Informant habe wider besseres Wissen und in der vorgefassten Absicht, den Ruf des Betroffenen zu schädigen, gehandelt oder leichtfertig falsche Informationen gegeben (BVerwG, Urt. v. 3.9.1991, a. a. O.). Derartige Anhaltspunkte liegen hier aber, wie oben bereits gesagt, nicht vor. Damit ist ein Auskunftsanspruch des Klägers nach § 83 SGB X nicht gegeben.

Ein Auskunftsanspruch ergibt sich im Übrigen auch nicht unmittelbar aus dem Verfassungsrecht. Das Grundrecht der Informationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 GG) begründet einen Anspruch auf Akteneinsicht oder auf Auskunft über einen Behördeninformanten nicht. Das Recht ist darauf gerichtet, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert unterrichten zu können. Es schützt das Sich-Informieren, und zwar sowohl das darauf gerichtete aktive Handeln als auch die schlichte Entgegennahme einer Information. Darum handelt es sich hier aber nicht. Denn der Kläger begehrt eine Information aus verwaltungsinternen Unterlagen.

Da der Kläger die Akteneinsicht oder Auskunft nicht zum Zweck des Rechtsschutzes gegen eine Maßnahme der öffentlichen Gewalt benötigt, sondern für ein etwaiges Vorgehen gegen die Informantin, ist auch Art. 19 Abs. 4 GG nicht einschlägig (BVerwG, Urt. v. 23.6.1982 – BVerwG 1 C 222.79 -, Buchholz 316 § 29 VwVfG Nr. 2 = NJW 1983, 2954).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

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