LANDESARBEITSGERICHT RHEINLAND-PFALZ
Az: 6 Sa 355/00
Verkündet am: 30.11.2000
Vorinstanz: ArbG Koblenz – Az.: 4 Ca 2616/99 KO
In dem Rechtsstreit hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz auf die mündliche Verhandlung vom 30.11.2000 für Recht erkannt:
Die Berufung der Beklagten/Widerklägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 24.11.1999 – AZ: 4 Ca 2616/99 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf DM 3.079,40 festgesetzt.
Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.
TATBESTAND:
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren nur noch darum, ob der Kläger verpflichtet ist, Detektivkosten in Höhe von DM 3.572,10 nebst einer 4%-igen Verzinsung zu erstatten, die die Klägerin als ehemalige Arbeitgeberin des Beklagten zur Überwachung des Beklagten im August 1999 aufwendete und ihr mit Schreiben vom 17.08.1999 (Bl. 25 d.A.) in Rechnung gestellt worden sind.
Die Klägerin hat im Kündigungsschreiben vom 17.08.1999 (Bl. 3 d.A.) die Kosten beim Kläger als Schadensersatz angemeldet. Im Klageerwiderungsschreiben vom 22.09.1999, dem Beklagten in der Güteverhandlung in der Güteverhandlung überreicht, hat die Klägerin beantragt, die Detekteikosten nach § 91 ff. ZPO gegen den Kläger im Wege des Kostenfestsetzungsverfahrens festzusetzen, wobei, sofern das Gericht anderer Auffassung sei, um einen Hinweis gebeten worden ist.
Die Klägerin (ehemalige Widerklägerin) hat beantragt, den Kläger/Widerbeklagten zu verurteilen, an sie DM 3.572,10 nebst 4% Zinsen seit dem 09.12.1999 zu zahlen.
Der Kläger/Widerbeklagte hat beantragt, die Widerklage abzuweisen. Er bringt vor, dass die Beklagte ihn am 27.08.1999 außergerichtlich schriftlich aufgefordert habe, die Detektivkosten zu begleichen.
Unstreitig findet der Bundesrahmentarifvertrag-Bau auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.
Durch Urteil vom 24.11.1999 hat das Arbeitsgericht die Widerklage, welche nunmehr zur Klage geworden ist, abgewiesen und dies damit begründet, dass die Frist zur Geltendmachung des Ersatzanspruches welche nach § 16 BRTV-Bau zwei Monate nach Fälligkeit betrage, nicht eingehalten sei. Der Anspruch auf Erstattung der Detektivkosten sei am 17.08.1999 fällig geworden, weswegen die schriftliche Geltendmachung bis 17.10.1999 hätte erfolgen müssen, was durch das Aufforderungsschreiben vom 27.08.1999 erfolgt sei. Nach Ablauf der 2-wöchigen Erwiderungsfrist hätte der Anspruch binnen weiterer zwei Monate gerichtlich geltend gemacht werden müssen, also bis spätestens 15.11.1999. Die entsprechende Widerklage sei am 24.11.1999 beim Arbeitsgericht eingegangen, also verspätet, weil der Antrag, auf Festsetzung der Detektivkosten im Rahmen der Kostenfestsetzung nicht fristenwahrend sei. Gerichtliche Geltendmachung erfordere die Klageerhebung im Sinne des § 253 ZPO, also die Einreichung einer Klageschrift.
Nachdem das Urteil der jetzigen Klägerin am 13.03.2000 zugestellt war, ist ihre Berufung am 12.04.2000 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und innerhalb verlängerter Frist (s. Bl. 89 d.A.) am 07.06.2000 begründet worden.
Die Berufung führt im Wesentlichen aus, dass der Anspruch auf Erstattung der Detektivkosten bereits in der Klageerwiderung vom 22.09.1999 geltend gemacht worden sei, als man beantragt habe, dass die Detektivkosten nach den §§ 91 ff. ZPO im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens gegen den jetzigen Beklagten festzusetzen seien. Die Einschaltung einer Detektei zur Vorbereitung einer Kündigung führe zu Prozesskosten im Sinne der § § 91 ff. ZPO, für deren Durchsetzung das Verfahren nach den §§ 103 ff. ZPO der einzig zulässige Weg sei.
Der materiellrechtliche Kostenerstattungsanspruch gewönne immer dann an Bedeutung, wenn eine prozessuale Kostenerstattungspflicht nicht entstanden sei, weil es beispielsweise nicht zu einem Rechtsstreit gekommen oder eine gerichtliche Kostenentscheidung ausgeblieben sei.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 24.11.1999 wird abgeändert soweit die Widerklage abgewiesen wurde und der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte als Widerklägerin DM 3.079,40 seit 09.12.1999 nebst 4% Zinsen zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er verteidigt die arbeitsgerichtliche Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Widerklage, welche die Detektivkostenerstattung zum Inhalt hatte, am 24.11.1999 verspätet eingereicht worden sei. Detektivkosten, welche im Zusamenhang mit einer beabsichtigten Kündigung entstehen würden, seien gerade keine Kosten des Rechtsstreits und würden nicht nach §§ 91 ff. ZPO behandelt. Die Erstattung von Detektivkosten hänge u.a. auch von der Notwendigkeit der Einschaltung eines Detektives ab, wobei die Detektivkosten auch dann entstehen würden, wenn der Arbeitnehmer sich an den betreffenden Tagen der Überwachung korrekt verhalte. Der Antrag, Detektivkosten nach den §§ 91 ff. ZPO festzusetzen, sei keine gerichtliche Geltendmachung.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der im Berufungsverfahren zu den Akten gereichten Schriftsätze ebenso wie auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils (Bl. 57 – 60 d.A.) Bezug genommen.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Die Berufung der Klägerin (ehemals Beklagte und Widerklägerin) ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
Die Berufung ist jedoch deshalb nicht begründet, weil das Arbeitsgericht zurecht den mit der damaligen Widerklage geltendgemachten Erstattungsbetrag in Hinblick auf die in Rechnung gestellten Detektivkosten anlässlich der Überwachung des damaligen Klägers, des jetzigen Beklagten, abgewiesen hat.
Ein möglicher Erstattungsanspruch der Klägerin ist außerhalb der Fristen des § 16 BRTV-Bau, also verspätet, geltend gemacht worden. Der BRTV-Bau findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung und führt dazu, dass die Geltendmachung des Ersatzanspruches, wobei dieser bereits im Kündigungsschreiben vom 17.08.1999, aber spätestens vom 27.08.1999, beim Beklagten schriftlich geltendgemacht worden ist, die erste Frist wahrte, die verlangt, dass Ansprüche innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit angemeldet werden. Mit Zugang dieser Schreiben beginnt die 2-wöchige Erwiderungsfrist für den Empfänger und lässt er diese nutzt verstreichen, muss der Anspruch binnen weiterer zweier Monate gerichtlich geltend gemacht werden. Die Widerklage ging am 24.11.1999 beim Arbeitsgericht ein, wahrt also die der Frist für die Geltendmachung nicht.
Die gerichtliche Geltendmachung eines Anspruches im Sinne des § 16 BRTV-Bau kann nur in Form der fristgerecht erhobenen Klage auf die Erstattungsbeträge erfolgen (Dörner/Lucza/Wildschütz Arbeitsrecht, 2. Auflage, C Rz 3090 mwN).
Der Antrag der Klägerin in der Klageerwiderung, die Kosten des Detektivbüros im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens gegen den Kläger festzusetzen, stellt demgemäß, da hierin keine Klageerhebung zu sehen ist, keine gerichtliche Geltendmachung im Sinne des 16 BRTV-Bau dar. Die Kammer orientiert sich bei dieser Auffassung an der Regelung im § 209 BGB, welcher mit: „Unterbrechung“ , gemeint ist die Verjährung, „durch gerichtliche Geltendmachung“ überschrieben ist. In § 209 Abs. 1 BGB ist geregelt, dass die gerichtliche Geltendmachung grundsätzlich durch Erhebung der Klage erfolgt, während im § 209 Abs. 2 BGB Maßnahmen aufgeführt sind, die der Erhebung der Klage gleichstehen. Unter diesen einzelnen Ziffern ist der Antrag auf Kostenfestsetzung in einem noch laufenden Verfahren nicht als gerichtliche Geltendmachung aufgeführt, so dass die Kammer davon ausgeht, dass die Tarifvertragsparteien des BRTV-Bau sich an der Vorschrift des § 209 BGB bezüglich der gerichtlichen Geltendmachung ausgerichtet haben, so dass der Versuch der Klägerin, diese Kosten im Rahmen der Kostenfestsetzung geltend zu machen, kein taugliches Mittel ist, die laufenden tariflichen Ausschlussfristen zu wahren. Diese Überlegung wird noch dadurch unterstützt, dass in § 19 Abs. 7 BRAGO ausdrücklich geregelt ist, dass der Antrag auf Festsetzung der Vergütung des Anwaltes die Verjährung „wie durch Klageerhebung“ unterbindet.
Der Gesetzgeber hat also die Regelung in § 209 BGB als abschließend gewollt und deshalb die gerade erwähnte Ausnahme ausdrücklich geregelt. Eine gleichlautende Regelung läßt sich bei den §§ 91, 103 ZPO nicht finden.
Die Tarifvertragsparteien verwendeten einen Begriff des normierten Rechts und deshalb ist bei der Auslegung des Begriffes: „gerichtlich geltend machen“ darauf zurückzugreifen, zumal es auch im Tarifvertrag um die Wahrung von Fristen geht, die den Anspruch beseitigen können.
Die Berufungskammer lässt die Revision an das Bundesarbeitsgericht deshalb zu, weil zum einen eine Divergenz zu der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm ( AZ.: 15 Sa 437/91) vom 28.08.1991 erkannt wird und zudem eine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung angenommen wird (§ 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG).
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen, weil ihre Berufung ohne Erfolg geblieben ist, §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 97 ZPO.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahrens war angesichts der Reduzierung des Streites auf die bisherige Widerklage neu festzusetzen.