Landgericht Mannheim
Az.: 1S315/01
Verkündet am 22.02.2002
Vorinstanz: AG Schwetzingen – Az.: 2 C 141/01
In dem Rechtsstreit wegen Forderung hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Mannheim auf die mündliche Verhandlung vom 25. Januar 2002 für Recht erkannt:
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Schwetzingen vom 28.08.2001 im Kostenpunkt aufgehoben und im übrigen wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 2.412,18 nebst 5,5 % Zinsen hieraus seit 11.01.2001 zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß 543 Abs. 1 a. F ZPO. abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.
Der der Klägerin zuerkannte Anspruch ergibt sich aus § 611 Abs. 1 BGB.
Zwischen den Parteien bestand unstreitig ein Telefondienstvertrag (§ 611 BGB), nach dem die Klägerin verpflichtet war, der Beklagten Zugang zu ihrem Telefonnetz zu eröffnen, sowie den Aufbau beliebiger abgehender und ankommender Telefonverbindungen zu bewerkstelligen und der die Beklagte verpflichtete, das vereinbarte Entgelt, gemäß den Tarifen der Klägerin zu zahlen.
Die Klägerin ist aktiv legitimiert. Sie macht nämlich mit ihrer Klage Ansprüche geltend, die dadurch entstanden sind, dass über den von ihr zur Verfügung gestellten Anschluss Telefonate geführt wurden. Dass die Telefonate, die zu den hier streitgegenständlichen Gebühren geführt haben, über den Telefonanschluss der Beklagten geführt wurden, bestreitet auch die Beklagte nicht.
Welche Nummer hierbei angewählt wurde, ist für den Anfall des Entgeltanspruchs unerheblich. Es kommt nicht darauf an, ob die angewählte Telefonnummer von der Klägerin vergeben wurde. Telefongebühren für den Betreiber, mit dem der Telefonbenutzer in vertraglicher Verbindung steht (hier: die Klägerin) fallen auch dann an, wenn ein Gespräch mit einem Kunden eines anderen Telefondienstleisters geführt wird. Auch hier hat der Telefondienstlelster, mit dem der Kunde in vertraglicher Verbindung steht, also die Klägerin, die Verbindung hergestellt und zur Verfügung gestellt. Letzteres wird auch von der Beklagten nicht bestritten.
Ebenfalls kommt es für den Anfall des Entgeltanspruchs der Klägerin nicht darauf an, auf welche Art die Telefonverbindung hergestellt wurde.
Dass diese unstreitig durch die Nutzung eines aus dem Internet heruntergeladenen Programms erfolgte, steht, dem Anfall der streitgegenständlichen Gebühren nicht entgegen.
Die Klägerin hat nämlich keinen Einfluss darauf, wie ein Kunde Telefonverbindungen herstellt. Sie ist auch nicht dafür verantwortlich, dass Anbieter im Internet. Programme zum Herunterladen zur Verfügung stellen, mit denen, möglicherweise für den Kunden nur schwer erkennbar, Telefonverbindungen über teure 0190er Nummern hergestellt werden können.
Hier liegt die Verantwortlichkeit und die Pflicht zur Kontrolle allein bei dem Kunden, der für die von seinem Anschluss aus geführten Telefonate gemäß Nr. 4 der AGB der Klägerin haftet.
Der Umstand, dass der Beklagten der technische Ablauf des Zustandekommens der Gespräche nicht bekannt war, entlastet sie nicht. Sie kann der Klägerin, die ja insoweit keine Möglichkeit der Kontrolle oder Einflussnahme hat, nicht entgegenhalten, dass über von ihr, der Beklagten, installierte technische Möglichkeiten Telefonverbindungen abgerufen werden. Hierüber hätte sich die Beklagte informieren müssen.
Dass die Beklagte mit der rechtlich selbständigen T AG für den Internetzugang eine Pauschale (Flat-rate) vereinbart hatte, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Die streitgegenständlichen Telefonate stellten, wie ausgeführt, keine Nutzung des Internets dar; sie wurden lediglich durch ein aus dem Internet heruntergeladenes Programm zustande gebracht.
Die Beklagte kann gegenüber dem Anspruch der Klägerin auf die streitgegenständlichen Telefongebühren auch nicht einwenden, dass die angewählten 0190er Nummern zu dem Zweck angewählt worden seien, (möglicherweise) sittenwidrige Telefonsexgespräche zu führen (vgl. BGH NJW 2002, 361 ff.).
Grundlage des klägerischen Anspruchs ist nämlich in erster Linie der zwischen den Parteien geschlossene wertneutrale Vertrag über Telefondienstleistungen in Verbindung mit der Preisliste der Klägerin. Dass dieser Vertrag auch die Möglichkeit eröffnete, „Telefonsex“ über bestimmte Telefonnummern zu betreiben, macht ihn nach seinem Gesamtcharakter nicht sittenwidrig (BGH a.a.O.).
Dies gilt auch, soweit die Möglichkeit eröffnet wird, wenn derartige Telefonsexgespräche durch Minderjährige geführt werden. Insoweit hat der Telefonanschlussinhaber im häuslichen Bereich für den Schutz Minderjähriger Sorge zu tragen. Hieran ändert auch nichts, dass die neben anderen Telefondiensten unter 0190er Nummern angebotenen Telefonsexdienste hohe Gebühren auslösen, von denen ein Teil den „Telefonsex“-Dienste-Anbietern zufließen. Die Wertneutralität der vertraglichen Beziehungen zwischen dem Kunden und dem jeweiligen Netzbetreiber deckt auch die für die 0190er Nummern berechneten Gesamtpreise ab (vgl. BGH a.a.O. m.w.N.).
Der Anfall der berechneten Gebühren durch Gespräche, die über den Telefonanschluss der Beklagten geführt wurden sowie die Höhe der berechneten Gebühren sind unstreitig.
Die Beklagte war daher nach Vorgesagtem zur Zahlung dieser Gebühren zu verurteilen.
Die der Klägerin zuerkannten Zinsen ergeben sich aus § 288 BGB. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.