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Dienstentfernung eines Beamten wegen Versicherungsbetrug

VG München, Az.: M 13 D 04.3052, Urteil vom 25.08.2004

I. Gegen den Beamten wird wegen eines Dienstvergehens auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Dienst erkannt.

II. Dem Beamten wird ein Unterhaltsbeitrag in Höhe von 75 % des erdienten Ruhegehalts auf die Dauer von 9 Monaten zuerkannt.

III. Der Beamte trägt die Kosten des Verfahrens und seine außergerichtlichen Aufwendungen.

Tatbestand

I. Der Beamte wurde am … 1961 in R. geboren. Der Vater des Beamten verstarb 1991, seine Mutter 1994.

Nach der Grundschule besuchte der Beamte zunächst für 3 ½ Jahre das Gymnasium und wechselte dann in die Staatliche Knabenrealschule R. über. Dort bestand er 1977 die „Mittlere Reife“.

Der Beamte begann seinen Dienst am … 1977 zunächst als Polizeiwachtmeister im Bundesgrenzschutz im Beamtenverhältnis auf Widerruf.

Seine weitere dienstliche Laufbahn ist durch folgende Daten gekennzeichnet:

  • …1978 Bestehen der Anstellungsprüfung für den mittleren Polizeivollzugsdienst Gesamtnote befriedigend (3,0)
  • …1978 Ernennung zum Polizeioberwachtmeister
  • …1980 Ernennung zum Polizeihauptwachtmeister im BGS z.A. im Beamtenverhältnis auf Probe
  • …1981 Ernennung zum Polizeihauptwachtmeister im BGS
  • …1983 Ernennung zum Polizeimeister im BGS
  • …1988 Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit
  • …1991 Wechsel in den Dienst des Freistaates Bayern
  • …1993 Ernennung zum Polizeiobermeister.

Seit dem … September 1992 gehört der Beamte dem Polizeipräsidium … an. Zunächst war er bei der PI B. als Schichtdienst- und Inspektionsbeamter eingesetzt. Mit Wirkung vom … Januar 1997 ist er zur Polizeiinspektion R. versetzt und seit dem … April 1999 bis auf weiteres zur PI Fahndung R. abgeordnet.

Für den Zeitraum … Dezember 1992 bis … Mai 1996 wurde der Beamte mit dem Gesamtprädikat „entspricht voll den Anforderungen – obere Grenze (4,66)“ beurteilt.

Der Beamte ist ledig, er hat keine Kinder. Infolge einer Knieverletzung nach einem Dienstunfall ist er schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50 %.

Der Beamte ist – mit Ausnahme der unten dargestellten Dienstpflichtverletzungen – straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet.

Mit Bescheid des Polizeipräsidiums … vom 07. März 2002 wurde er wegen der untersuchungsgegenständlichen Vorfälle vorläufig des Dienstes enthoben. Seine Dienstbezüge sind um 25 % gekürzt (Bescheid vom 21.11.2002).

Der Beamte erhält Dienstbezüge nach A 8; netto sind das (nach der verfügten Kürzung) monatlich 1.450 Euro. Daneben erhält er

  • eine Dienstunfallrente (seit 1997) 117 €
  • aus der Vermietung einer Zweizimmerwohnung in R. (warm) 598 €

Der Beamte gab folgende monatlich wiederkehrende Ausgaben an:

  • Baudarlehen (zur Zeit nur Zinsen, Tilgung nach Möglichkeit)
  • …bank 510 €
  • …bank 196 €
  • …bank 260 €
  • Krankenkasse 148 €
  • Berufsverbände 13 €
  • Wohnungsnebenkosten vermietete Wohnung (siehe oben) 230 €
  •  selbstbewohnte Wohnung 250 €
  • Grundsteuer für beide Wohnungen 34 €
  • weitere Versicherungen 20 €
  • Gerichtszahlstelle Raten für Geldstrafen 128 €
  • Gerichtszahlstelle Raten für Geldstrafen 50 €.

Der Beamte erhielt am 11. April 1996 eine schriftliche Missbilligung wegen einer am … September 1993 begangenen Trunkenheit im Verkehr.

II. Dem Beamten wird – nach der Darstellung in der Anschuldigungsschrift – folgender Sachverhalt als Dienstvergehen zur Last gelegt:

1. Am …11.1998 gegen 01.00 Uhr verursachte der Beamte als Fahrer seines Pkw Porsche 911 Carrera Coupé, amtliches Kennzeichen …, einen Verkehrsunfall, indem er ohne Fremdbeteiligung im Stadtgebiet von R. in der P.-straße auf Höhe des Hauses Nr. … aufgrund glatter Fahrbahn und unangepasster Geschwindigkeit ins Schleudern kam und mit seinem Porsche gegen einen an der linken Straßenseite stehenden Baum prallte. Sein Porsche wurde dabei vorne links erheblich beschädigt, war aber noch fahrfähig. Vom Unfallort aus informierte der Beamte telefonisch seine Kollegin POM’in G., die gerade auf der Dienststelle Schichtdienst hatte, vom Unfall und fuhr nach Hause.

Für den Porsche bestand lediglich eine Teilkaskoversicherung, so dass der Beamte, wie er wusste, den Eigenschaden selbst hätte tragen müssen. Um dies, auch in Anbetracht seiner angespannten finanziellen Situation, zu vermeiden, entschloss er sich, gegenüber der Versicherung den Unfall als Wildunfall zu deklarieren, um so unberechtigterweise Versicherungsleistungen aus der bestehenden Teilkaskoversicherung zu erhalten. Zu diesem Zweck erstellte der Beamte am …11.1998 nach Beginn seines Dienstes um 07.30 Uhr bei der Polizeiinspektion R. auf seinem PC nach dem von der Polizeiinspektion R. verwendeten amtlichen Muster eine entsprechende Wildunfallmeldung mit einem Protokoll über polizeiliche Feststellungen. Hierbei gab der Beamte wahrheitswidrig an, der Unfall habe sich am …11.1998 gegen 06.30 Uhr auf der Staatsstraße … bei einer Bahnunterführung ereignet. Zum Hergang gab der Beamte an, es habe ein Unfall des in Bewegung befindlichen Fahrzeugs mit Rehwild stattgefunden. Das Wild sei nicht auffindbar. Zusätzlich zu diesen in den Computer eingegebenen Angaben ergänzte der Beamte noch handschriftlich “Revierinhaber … in … noch nicht erreicht; Haarspuren abgenommen”. Auf der Wildunfallmeldung gab der Beamte wahrheitswidrig seine Kollegin POM’in G. als Sachbearbeiterin an, versah die Bescheinigung mit dem Namensstempel der Kollegin und unterschrieb zuletzt im Bereich dieses Namensstempels mit einer unleserlichen Unterschrift.

Diese nach außen hin als von POM’in G. erstellte Wildunfallmeldung faxte der Beamte sodann dem ihn betreuenden Versicherungsagenten M. St. zu. Aufgrund dieser Wildunfallmeldung und aufgrund der telefonischen Angaben des Beamten noch vom …11.1998 fertigte M. St. eine entsprechende Schadensmeldung. Hier wurde eingetragen, auf der Fahrt von A. nach O. sei dem Beamten ein Reh ins Kfz gesprungen. Die Schadenshöhe betrage ca. 3.500,00 DM.

Am …11.1998 um 13.04 Uhr sandte M. St. diese Schadensmeldung zusammen mit der Wildunfallmeldung per Fax an die Schadenstelle der …Versicherung in R. zur weiteren Bearbeitung. Zur Auszahlung von Versicherungsleistungen kam es jedoch nicht, weil der Außendienstsachverständige Gr. von der …Versicherung bereits am 30.11.1998 bei einer Fahrzeugbesichtigung feststellte, dass das Schadensbild mit dem angeblichen Unfallhergang nicht vereinbar war. Die gesamten Reparaturkosten am Fahrzeug beliefen sich auf 20.645,32 DM. Diesen Betrag hätte der Beamte nach Abzug einer Selbstbeteiligung von 300,00 DM von der Versicherung erhalten, hätte diese nicht gemerkt, dass es sich nicht um einen Wildunfall gehandelt hatte.

Mit Schreiben vom 15.12.1998 wurde der Sachverhalt der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht … mitgeteilt. Daraufhin leitete die Staatsanwaltschaft unter dem Aktenzeichen …/98 a-b ein Ermittlungsverfahren gegen den Beamten und POM’in G. wegen Verdacht des Betrugs ein.

Am …12.1998 wurde die KPI T. mit der Durchführung der weiteren Ermittlungen beauftragt.

Auf Antrag der Staatsanwaltschaft erließ das Amtsgericht R. am …12.1998 gegen beide -zumindest zunächst- als Verdächtige anzusehende Personen Durchsuchungsbeschlüsse.

POM’in G. wurde, nachdem gegen sie ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden und durch das Amtsgericht R. ein Durchsuchungsbeschluss ergangen war, ebenfalls als Beschuldigte vernommen. Absolut glaubwürdig erklärte sie, von den Manipulationen nichts gewusst zu haben. Sie konnte sich jedoch daran erinnern, am …11.1998 nach Mitternacht einen Anruf ihres Kollegen, dem Beamten, entgegengenommen zu haben. Der Beamte hatte dabei von einem Unfall berichtet und ihr auch zugesagt, eine Schadensregulierung selbst vorzunehmen. Im Vertrauen auf die Aussage des Kollegen hatte sie keinen Eintrag im Neuigkeitsbogen vorgenommen.

Mit Verfügung vom 02.02.1999 stellte die Staatsanwaltschaft … das Ermittlungsverfahren gegen POM’in G. gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein, weil sich erwiesen hatte, dass sie in keinster Weise an den Straftaten des Beamten beteiligt war.

Am 21.05.1999 erließ das Amtsgericht R. einen Strafbefehl gegen den Beamten, mit dem es eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten verhängte. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Der Beamte wurde beschuldigt, versucht zu haben, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch zu schädigen, dass er durch Vorspiegelung falscher Tatsachen einen Irrtum erregt, zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde hergestellt und gebraucht zu haben und als Amtsträger, der zur Aufnahme öffentlicher Urkunden befugt ist, innerhalb seiner Zuständigkeit eine rechtlich erhebliche Tatsache falsch beurkundet zu haben, strafbar als versuchter Betrug in Tateinheit mit Urkundenfälschung und Falschbeurkundung im Amt (Az. …/98). Der Strafbefehl wurde am 16.06.1999 rechtskräftig.

Zugleich wurde dem Beamten mit Bewährungsbeschluss vom 21.05.1999 auferlegt, als Geldbuße einen Geldbetrag in Höhe von 4.000,00 DM in monatlichen Raten von 200,00 DM an die Gerichtszahlstelle … zu zahlen. (…, Unterregister “zu 1.”)

2. Bei einer Überprüfung der Krankheitsunterlagen des Beamten im Januar 1999 wurde festgestellt, dass der Beamte seit dem Jahr 1995 überdurchschnittlich häufig (insgesamt 32mal) wegen Kurzzeiterkrankungen von ein bis drei Tagen dem Dienst ferngeblieben war. Deshalb wurde er mit PS vom 28.01.1999, Az. …, angewiesen, künftig jede Erkrankung ab dem ersten Krankheitstag durch ein ärztliches Zeugnis zu belegen.

Am Faschingsdienstag, den 16.02.1999, war der Beamte dienstplanmäßig von 07.30 – 12.00 Uhr und 12.30 – 16.15 Uhr zum Wachdienst bei der PI R. eingeteilt. Am 16.02.1999, gegen 01.50 Uhr, wurde der Beamte von zwei Kollegen der PI Zentrale Dienste R. – Zivile Einsatzgruppe – in R. bei einem Faschingsball angetroffen. Am 16.02.1999 erschien der Beamte nicht um 07.30 Uhr zum Dienst. Um 08.00 Uhr teilte er telefonisch seiner Dienststelle mit, dass er verschlafen hätte und etwas später kommen würde. Noch im Verlauf des Vormittages rief er nochmals beim Dienstgruppenleiter an und sagte, er würde nunmehr sogleich zum Dienst erscheinen. Er kam jedoch nicht zur Dienststelle. Er beantragte um 13.20 Uhr beim Leiter der Verfügungsgruppe, PHK M., für den 16.02.1999 die Gewährung eines Freistellungstages. PHK M. gewährte fernmündlich den Freistellungstag.

Am 11.03.1999 wurde der Beamte polizeiärztlich begutachtet, es ergaben sich jedoch zum Untersuchungszeitpunkt keine Hinweise auf das Vorliegen einer Alkoholproblematik.

Am Donnerstag, den 15.04.1999, hatte der Beamte dienstplanmäßig Dienstbeginn um 08.30 Uhr. Um 10.35 Uhr teilte er fernmündlich mit, dass er krank wäre und sich zum Arzt begeben würde. In der Nacht vom 14.04. auf den 15.04.1999 war der Beamte um 03.00 Uhr bei einer Ruhestandsfeier in der …Kaserne gesehen worden. Am 16.04.1999 legte er seiner Dienststelle eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den 15.04.1999 vor, die ihm sein Arzt postalisch übersandt hatte.

Am …04.1999 hätte der Beamte um 07.30 Uhr zum Dienst erscheinen müssen. Nachdem er dort um 10.00 Uhr noch nicht eingetroffen war und somit unentschuldigt dem Dienst fernblieb, suchten zwei Beamte der PI R. gegen 11.00 Uhr ihn zu Hause auf. Zwei freiwillig durchgeführte Alkotests mit dem Dräger-Alkomaten ergaben Atemalkoholkonzentrationen von 2,15 und 2,12 Promille. Seine Dienstwaffe und eine weitere Waffe, die er freiwillig herausgab, wurden in Verwahrung genommen.

Am 24.04.1999 wurde ihm mitgeteilt, dass er ab Montag, den …04.1999, zur PI Fahndung R. “…” abgeordnet wäre und sich dort um 07.30 Uhr zum Dienstantritt melden solle. Der Beamte hatte keine Einwände, erklärte jedoch, dass er am Montag erst noch einen Arzt aufsuchen würde.

Am …04.1999 ging eine Arbeitunfähigkeitserstbescheinigung des Arztes für Neurologie/Psychiatrie, Ch. R., ein, wonach der Beamte vom …04. bis …05.1999 arbeitsunfähig war. Diese Feststellung traf der Arzt am 26.04.1999.

Bei der polizeiärztlichen Begutachtung am 04.05.1999 wurde mit dem Beamten vereinbart, dass er sich zur Behandlung seiner psychischen Probleme, die der Hintergrund für die seit einigen Jahren beobachteten episodischen Alkoholeskapaden waren, einer stationären psychotherapeutisch-psychosomatischen Behandlung in einer einschlägigen Fachklinik unterzieht. Zum Führen von Dienstkraftfahrzeugen und Waffen war der Beamte nicht geeignet. Bis zum Antritt der stationären Behandlung am …07.1999 im Fachkrankenhaus B. war er seit dem …04.1999 durchgehend dienstunfähig erkrankt.

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Bis zum …10.1999 führte er die stationäre Behandlung in der psychosomatischen Fachklinik durch und trat am …10.1999 seinen Dienst bei der PI Fahndung R. an. Bei der polizeiärztlichen Untersuchung am 02.12.1999 waren die klinischen Befunde unauffällig. Laborchemisch fiel jedoch ein erhöhter CDT-Wert auf, weswegen von einem erhöhten Alkoholkonsum in den letzten Wochen ausgegangen werden musste. Aufgrund dieses Ergebnisses wies das Polizeipräsidium Oberbayern den Beamten mit Schreiben vom …12.1999, Az. …, ausdrücklich darauf hin, dass regelmäßiger Alkoholgenuss zur Trunksucht mit der Folge eingeschränkter Dienstfähigkeit oder zeitweiser bzw. dauernder Dienstunfähigkeit führen könne. Im Hinblick auf seine Alkoholauffälligkeit wäre er nach Art. 64 BayBG in besonderem Maße verpflichtet, durch Einschränkung des Alkoholgenusses oder durch Einhalten von Alkoholabstinenz derartigen Folgen entgegenzuwirken und einer dennoch auftretenden Alkoholerkrankung umgehend durch therapeutische Maßnahmen zu begegnen. Käme er dieser Verpflichtung nicht nach, hätte er mit strengen Disziplinarmaßnahmen zu rechnen. Aufgrund der erneut festgestellten Alkoholproblematik war der Beamte zum Führen von Dienstkraftfahrzeugen und Waffen weiterhin nicht geeignet.

Bei der polizeiärztlichen Untersuchung am 16.03.2000 ergaben sich klinisch und laborchemisch keine Hinweise mehr für einen erhöhten Alkoholkonsum. Der Beamte war daher nach gutachterlicher Beurteilung zum Führen von Dienstkraftfahrzeugen und Waffen wieder geeignet.

Mit Schreiben vom …04.2000, Az. …NK, teilte das Polizeipräsidium … dem Beamten mit, dass von der Polizeiärztin Frau Dr. K. gemeldet worden war, dass dieser nach einem erneuten Alkoholexzess bei ihr angerufen und erklärt hatte, dass er nunmehr bei der Caritas-Beratungsstelle R. an einer ambulanten Psychotherapie einmal pro Woche teilnehmen wolle. Da Frau Dr. K. diese Therapiemaßnahme für ausreichend hielt, forderte das Polizeipräsidium … den Beamten auf, in 4-wöchigen Abständen schriftliche Nachweise der Caritas-Beratungsstelle R. über die wöchentliche Teilnahme an der ambulanten Psychotherapie vorzulegen.

Bei der polizeiärztlichen Nachuntersuchung am 16.08.2000 wurde festgestellt, dass keine sicheren Hinweise auf einen erhöhten Alkoholkonsum vorlagen. Der Beamte konsumierte zu dieser Zeit nach eigenen Angaben in regelmäßigen Abständen in geringem Ausmaß Alkohol, Alkoholabstinenz wurde nicht eingehalten. Unter Berücksichtigung der Krankheitsvorgeschichte des Beamten und des Vorfalls vom …04.2000 empfahl Frau Dr. K. dem Beamten am Untersuchungstag nachdrücklich, vollständige Alkoholabstinenz einzuhalten. Mit Schreiben vom …08.2000, Az. …NK, teilte das Polizeipräsidium … dem Beamten mit, dass es zur Aufarbeitung seiner Alkoholproblematik erforderlich wäre, weiterhin an ambulanten Behandlungsmaßnahmen in der psychosozialen Beratungs- und Behandlungsstelle des Diakonischen Werkes R. teilzunehmen. Diese Therapiemaßnahmen sollten regelmäßig ein- bis zweimal wöchentlich in Form von Einzeltherapiegesprächen und Gruppensitzungen langfristig fortgeführt werden. Entsprechende schriftliche Nachweise des Diakonischen Werkes R. wären weiterhin in monatlichen Abständen dem Polizeipräsidium Oberbayern vorzulegen. (…, Unterregister “zu 2.”)

3. Am …06.1999 um 12.02 Uhr fuhr der Beamte mit seinem Pkw Porsche, amtliches Kennzeichen …, auf der BAB … bei A., Landkreis F., km 498,99, in Richtung … und hielt bei einer Geschwindigkeit von 114 km/h einen ungenügenden Sicherheitsabstand (weniger als 2/10 des halben Tachowertes) ein. Erforderlich wäre ein Abstand von 57,0 Metern und gefährdend ein Abstand von 28,5 Metern gewesen. Festgestellt wurde ein Abstand von 8,6 Metern. Noch am selben Tag rief der Beamte bei PK B., VPI E., in dessen Funktion als Messstellenleiter an und bat darum, dass entweder ganz von einer Verfolgung der begangenen Ordnungswidrigkeit abgesehen würde oder zumindest bei der Auswertung der Messung die Daten so verändert würden, dass im Bußgeldbescheid kein Fahrverbot angeordnet würde. Dieses Ansinnen wurde von PK B. abgelehnt.

Im Anhörungsbogen gab der Beamte den Verkehrsverstoß nicht zu. In seiner Stellungnahme vom …07.1999 behauptete er, zum Zeitpunkt der Abstandsmessung ein verdächtiges Fahrzeug, in dem er zuvor beobachtete, wie ein waffenähnlicher Gegenstand vom Beifahrer nach hinten übergeben wurde, verfolgt zu haben. Anschließend hätte ihn das Fahrzeug auf der linken Spur überholt und wäre geflüchtet. Er hätte versucht zu folgen, um das Kennzeichen festzustellen.

Diese Angaben zur Sache hatte der Beamte bei seinem Telefonat mit PK B. am …06.1999 nicht vorgebracht.

Gegen den Bußgeldbescheid vom 03.08.1999 legte er mit Schreiben vom 14.08.1999 Widerspruch ein. Nachdem in dieser Sache Termin zur Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht F. am 16.12.1999 bestimmt worden war, teilte Herr Rechtsanwalt R. als anwaltlicher Vertreter des Beamten dem Amtsgericht F. mit Schreiben vom 09.12.1999 mit, dass gebeten werde, den Termin aufzuheben, da der Einspruch in einem gesonderten Schriftsatz zurückgenommen würde. Mit Schreiben vom 17.01.2000 nahm Herr Rechtsanwalt R. den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zurück. Der Bußgeldbescheid, in dem eine Geldbuße in Höhe von 200,00 DM (zuzüglich Gebühren und Auslagen) und vier Punkte gemäß Mehrfachtäter-Punktesystem festgesetzt und ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet wurden, wurde damit bestandskräftig.

Während der Tatzeit war der Beamte dienstunfähig erkrankt. (…, Unterregister “zu 4.”)

4. Am …08.1999 gegen 05.35 Uhr fuhr der Beamte mit seinem Pkw Porsche, amtliches Kennzeichen …, auf der BAB … in Richtung S., kurz vor der Anschlussstelle R., bei einer Geschwindigkeit von ca. 100 km/h auf ca. 400 m Länge so dicht auf ein ziviles Dienstfahrzeug der Bundesgrenzschutzinspektion … auf, dass von den Personen im vorausfahrenden Fahrzeug im Rückspiegel das Nummernschild des auffahrenden Pkws nicht mehr zu sehen war. Bei der anschließenden Anhaltung seines Pkw gab er sich als Angehöriger der Polizeiinspektion R. zu erkennen, zeigte seinen Dienstausweis vor und verhielt sich uneinsichtig. Mit Schreiben vom …08.1999 erstatteten die beiden BGS-Beamten gegen ihn Strafanzeige wegen Nötigung. Während der Tatzeit befand sich der Beamte auf stationärer Therapie im Fachkrankenhaus B.

Mit Verfügung vom 09.11.1999 stellte die Staatsanwaltschaft T. – Zweigstelle R. – das Verfahren gegen den Beamten gemäß § 170 Abs. 2 StPO mit folgender Begründung ein:

“Nach dem Vorbringen des Anzeigeerstatters liegt nur ein kurzfristiges Bedrängen über ca. 400 Meter vor. Die Rechtsprechung stellt bei der Gewaltanwendung i.S.v. § 240 StGB durch Dichtauffahren auf eine längere Dauer der Zwangseinwirkung und deren Intensität ab. Da der Beschuldigte weder durch Lichthupe noch durch sonstige Zeichen sein Bedrängen untermauerte, liegt nach der Rechtsprechung kein besonders zu missbilligendes Verhalten vor, wie es § 240 StGB voraussetzt. Die Tat kann daher nur unter dem Gesichtspunkt der OWi verfolgt werden.”

Die Staatsanwaltschaft gab daher die Sache zur Verfolgung der Ordnungswidrigkeiten an die Verwaltungsbehörde ab, Az. …/99.

Mit abschließender Verfügung vom 18.11.1999 stellte die Verkehrspolizeiinspektion R. das Bußgeldverfahren gegen den Beamten gemäß §§ 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. 170 Abs. 2 StPO ein, weil ersichtlich war, dass der Tatnachweis fehlte. Laut Richtlinien der Zentralen Bußgeldstelle muss auch bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten der Sicherheitsabstand bei der Ahndung von Abstandsverstößen auf einer Strecke von mindestens 500 Meter unterschritten worden sein. (…, Unterregister “zu 3.”)

5. Am …04.2000 gegen 02.00 Uhr fuhr der Beamte mit dem Pkw Porsche, amtliches Kennzeichen …, auf der K.-straße in Richtung E. Straße in R., obwohl er infolge vorangegangenen Alkoholgenusses fahruntüchtig war.

Alkoholbedingt kollidierte er im Kreuzungsbereich mit dem Pkw VW Golf, amtliches Kennzeichen …, der Geschädigten K. An deren Wagen entstand ein Sachschaden von etwa 10.000,00 DM.

Eine beim Beamten am …04.2000 um 02.56 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 2,46 Promille.

Seine Fahruntüchtigkeit hätte der Beamte bei kritischer Selbstprüfung erkennen können und müssen.

Wegen seiner erheblichen Alkoholisierung musste er auch mit der Möglichkeit eines von ihm im Zustand der Fahruntüchtigkeit verursachten Verkehrsunfalls und seiner Folgen rechnen.

Obwohl der Beamte den Unfall bemerkte und erkannte beziehungsweise damit rechnete, dass ein nicht völlig unbedeutender Fremdschaden entstanden war, verließ er die Unfallstelle, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen.

Durch die Tat hat sich der Beamte als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen.

Am 14.11.2000 erließ das Amtsgericht R. einen Strafbefehl gegen den Beamten, mit dem es eine Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Monaten verhängte. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Zugleich wurde die Fahrerlaubnis entzogen, der Führerschein eingezogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, dem Beamten für die Dauer von 10 Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Der Beamte wurde beschuldigt, im Straßenverkehr ein Fahrzeug geführt zu haben, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke nicht in der Lage war, das Fahrzeug sicher zu führen, und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet zu haben, wobei er fahrlässig handelte und die Gefahr fahrlässig verursachte und sich als Unfallbeteiligter nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt zu haben, bevor er zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, dass er an dem Unfall beteiligt war, ermöglich hatte, strafbar als fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs und unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (Az. …/00). Der Strafbefehl wurde am 14.12.2000 rechtskräftig.

Zugleich wurde ihm mit Bewährungsbeschluss vom 14.11.2000 auferlegt, als Geldbuße einen Geldbetrag in Höhe von 5.000,00 DM in monatlichen Raten von 250,00 DM an die Gerichtszahlstelle R. zu zahlen. (…, Unterregister “zu 5.”)

6. Bei der polizeiärztlichen Nachuntersuchung am 12.10.2001 wurde festgestellt, dass der Beamte glaubhaft Alkoholabstinenz einhielt. Zusätzliche Therapiemaßnahmen wurden zu diesem Zeitpunkt nicht für erforderlich gehalten. Es bestand Eignung zum Führen von Dienstkraftfahrzeugen und -waffen. Der Beamte konnte seine bisherige Innendiensttätigkeit weiterhin ohne Einschränkung ausüben. Mit Schreiben vom 17.10.2001, Az. …NK, teilte das Polizeipräsidium … dem Beamten das Ergebnis der Untersuchung mit. Gleichzeitig wurde der Beamte auf seine Verpflichtung hingewiesen, zur Erhaltung seiner uneingeschränkten Dienstfähigkeit auch künftig auf den Genuss von Alkohol zu verzichten. Bei einer neuerlichen Beeinträchtigung seiner Dienstfähigkeit aufgrund übermäßigen Alkoholgenusses hätte er mit strengen Disziplinarmaßnahmen zu rechnen. (…, Bl. 19 ff)

Am …03.2002 fuhr der Beamte gegen 05.45 Uhr mit dem Pkw Audi, amtliches Kennzeichen …, auf den Pendlerparkplatz in R., S.-straße …, obwohl er infolge vorangegangenen Alkoholgenusses fahruntüchtig war.

Als der Beamte seinen Arbeitsplatz bei der PI Fahndung R. aufgesucht hatte, wurde er von einem Kollegen auf seinen alkoholisierten Zustand angesprochen.

Eine bei dem Beamten am …03.2002 um 06.55 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,67 Promille.

Seine Fahruntüchtigkeit hätte der Beamte bei kritischer Selbstprüfung erkennen können und müssen.

Mit Urteil des Amtsgerichtes … vom 07.04.2003 wurde er wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Zugleich wurde die Fahrerlaubnis entzogen, der Führerschein eingezogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, dem Beamten für die Dauer von noch zwei Jahren keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen (Az. …/02). Das Urteil wurde am 15.04.2003 rechtskräftig.

Zugleich wurde ihm mit Bewährungsbeschluss vom 07.04.2003 auferlegt, als Geldbuße einen Geldbetrag in Höhe von 1.500,00 Euro in monatlichen Raten von 50,00 Euro an die Staatskasse zu zahlen. (…, Bl. 35 – 39, Bl. 62 – 66, Bl. 88 – 89, Bl. 115 – 116, Bl. 125 – 158, Bl. 227 – 232, Bl. 256 – 375)

III. Mit Verfügung des Polizeipräsidiums … vom 5. Mai 1999 wurde das förmliche Disziplinarverfahren eingeleitet, ausgesetzt und mit Verfügung vom 2. März 2001 unter Einbeziehung weiterer Dienstpflichtverletzungen fortgesetzt. In der angeordneten Untersuchung wurde der Beamte vernommen. Er erklärte sich ausdrücklich damit einverstanden, dass die tatsächlichen Feststellungen der Strafbefehle und der Einstellungsverfügung der disziplinarrechtlichen Würdigung zugrundegelegt werden können. Der Untersuchungsführer bezog antragsgemäß den Vorwurf Nr. 6 (Schreiben vom 29.09.2003) in die Untersuchung ein. Der Beamte hatte Gelegenheit, sich abschließend zu äußern.

Der Untersuchungsbericht datiert vom 13. April 2004.

Die Anschuldigungsschrift vom 26. Mai 2004 ging am 3. Juni 2004 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München – Kammer für Disziplinarsachen ein. In ihr wird dem Beamten der Sachverhalt, der Gegenstand der Einleitungsverfügung und ihrer Ergänzungen war, als Dienstvergehen zur Last gelegt. Die Einleitungsbehörde bewertet das Verhalten des Beamten als schweres Dienstvergehen. Er habe schuldhaft und vorsätzlich seine beamtenrechtlichen Pflichten verletzt, nämlich

  • die Pflicht zur Beachtung der Gesetze gemäß Art. 62 Abs. 1 Satz 2 BayBG,
  • die Pflicht zur vollen Hingabe an den Beruf gemäß Art. 64 Abs. 1 Satz 1 BayBG,
  • die Pflicht zur Beachtung dienstlicher Anordnungen und allgemeiner Richtlinien gemäß Art. 64 Abs. 2 Satz 2 BayBG sowie
  • die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten gemäß Art. 64 Abs. 1 Satz 3 BayBG.

Die vom Beamten begangenen Pflichtverletzungen seien sehr erheblich. Insbesondere der versuchte Versicherungsbetrug, den der Beamte durch Urkundenfälschung und Falschbeurkundung im Amt begangen habe und durch den seine Kollegin einem Strafverfahren ausgesetzt wurde, sei besonders gewichtig. Nicht nur, dass der Beamte sich die ihm nicht zustehende Versicherungssumme habe erschleichen wollen, vielmehr habe er dazu auch seine dienstlichen Möglichkeiten benutzt. Auch seine weiteren Straftaten zeigten, dass der Beamte durch nichts zu beeindrucken sei. Angesichts dessen könne der Beamte nicht im Dienst belassen werden.

Die Anschuldigungsschrift wurde dem Beamten mit einer Belehrung über seine Rechte am 9. Juni 2004 zugestellt.

Sein Verteidiger hat mit Schriftsatz vom 22. Juni 2004 Stellung genommen.

Das Gericht hat am 25. August 2004 mündlich verhandelt.

Der Vertreter der Einleitungsbehörde beantragte, den Beamten aus dem Dienst zu entfernen.

Der Verteidiger des Beamten stellte in seinem Plädoyer die Vorwürfe gegen seinen Mandanten nicht in Abrede. Zu dessen Entlastung wies er darauf hin, dass dieser von Anfang an geständig gewesen sei. Bei dem Versicherungsbetrug handle es sich um eine persönlichkeitsfremde Augenblickstat. Dies sei aus dem dilettantischen und absurden Versuch zu ersehen, den Baum am fingierten Unfallort zu beschädigen. Die übrigen Vorfälle stünden in Zusammenhang mit der Alkoholerkrankung des Beamten. Dieser sei durch die angewiesenen Therapiemaßnahmen nicht in den Stand versetzt worden, abstinent zu leben. Sollte das Gericht dem nicht folgen, beantrage er die Einholung eines fachpsychiatrischen Gutachtens.

Der Beamte erklärte, er habe nunmehr seit 2 ½ Jahren sein Leben vollständig umgestellt. Er konsumiere seit dieser Zeit keinen Alkohol mehr und bekämpfe die Ursachen seiner Erkrankung energisch und mit Erfolg. Sein höchstes Bestreben sei, weiterhin als Polizist tätig sein zu können.

Auf die Gerichtsakten und auf die Niederschrift wird Bezug genommen. Folgende Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung:

  • Ermittlungsakten der Einleitungsbehörde
  • Personalakte des Beamten Unterordner …
  • Akte des Untersuchungsführers (…01)
  • Strafakte StA Traunstein Az.: …/98
  • Strafakte StA Traunstein Az.: …/99
  • Strafakte StA Traunstein Az.: …/00
  • Strafakte StA Traunstein Az.: …/02.

Disziplinarrechtliche Würdigung:

Entscheidungsgründe

I. Das Verfahren weist keine Fehler auf, die zur Einstellung führen müssten (Art. 70 Abs. 3 i.V.m. Art. 58 BayDO. Der Beamte hatte in jedem Stadium des Verfahrens die Möglichkeit, sich zu äußern. Eine Beteiligung der Personalvertretung hat er nicht verlangt.

II. Der in der Anschuldigungsschrift dargestellte Sachverhalt kann der disziplinarrechtlichen Bewertung zugrundegelegt werden. Der Beamte hat ihn in der Untersuchung aber auch in der mündlichen Verhandlung vollumfänglich eingeräumt.

III. Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme sind das Gewicht des Dienstvergehens, aber auch die Persönlichkeit des Beamten zu würdigen.

Der außerdienstlich versuchte Versicherungsbetrug, bei dessen Ausführung der Beamte eine innerdienstliche Urkundenfälschung und eine innerdienstliche Falschbeurkundung im Amt beging, stellt ein gravierendes Dienstvergehen dar. Der betrügerisch handelnde Beamte setzt sich durch ein solches Fehlverhalten erheblichen Zweifeln in seine Vertrauenswürdigkeit gegenüber dem Dienstherrn aus. Die Verwaltung, die nicht jedes Verhalten ihrer Bediensteten kontrollieren kann, ist auf deren Ehrlichkeit und Redlichkeit angewiesen. Wer sich außerhalb des Dienstes einer schwerwiegenden Straftat, die sich gegen Eigentum und Vermögen anderer richtet, schuldig macht, erschüttert in der Regel das Vertrauen der Verwaltung in seine Integrität nachhaltig und stellt so die Grundlagen des Beamtenverhältnisses in Frage (st. Rspr. vgl. (BVerwG vom 8.9.1997, DokBer 98, 52 – 56). Hier kommt zu Lasten des Beamten noch hinzu, dass er auf den dienstlichen Formularen eine falsche Unfallmeldung erstellt hat, den Stempel der Kollegin verwendete und deren Unterschrift vortäuschte. Mit dieser Meldung hat er versucht, die Versicherung zur Zahlung zu veranlassen. Gleichzeitig hat er seine Kollegin dem Verdacht einer Straftat ausgesetzt. Sein Verhalten zeigt eine erhebliche kriminelle Energie.

Es handelt sich nach Auffassung der Kammer nicht um eine persönlichkeitsfremde Augenblickstat. Zwar befand sich der Beamte wegen der Trennung von seiner Freundin und der dadurch notwendigen Rückzahlung ihrer Investition in den Umbau seines Hauses in einer psychischen und finanziellen Krise, eine Augenblickstat kann in seinem Handeln jedoch nicht gesehen werden. Der Beamte ist vielmehr zielstrebig, mit Überlegung und mit hoher krimineller Energie vorgegangen. Er hat am … November 1998 bei Dienstbeginn – also ca. 6 Stunden nach dem Unfall und der richtigen telefonischen Unfallmeldung an die Dienststelle – den falschen Unfallbericht erstellt und dabei ganz bewusst seine Kollegin vorgeschoben, ihren Stempel verwendet und eine Unterschrift fingiert. Schließlich hat er am … Dezember 1998 den Baum an der der Versicherung „gemeldeten“ Unfallstelle präpariert, indem er die Rinde abschlug und Glas- und Lacksplitter vom wahren Unfallort verteilte. Dies sollte den Sachverständigen der Versicherung täuschen, der am 30. November 1998 den Wagen besichtigte und der am 2. Dezember 1998 zusammen mit dem Beamten und dem Unfallfahrzeug die Unfallstelle in Augenschein nehmen wollte und diesen Termin dem Beamten angekündigt hatte.

Auch im Bußgeldverfahren (Vorfall vom …6.1999, Nr. 3 der Anschuldigungsschrift) hat der Beamte versucht, einen Kollegen zu veranlassen, die Messergebnisse zu vernichten oder wenigstens zu verändern. Als dies erfolglos war, hat er durch eine erfundene Verfolgungsgeschichte versucht, sich den Sanktionen für sein Fehlverhalten zu entziehen. Der Kammer erscheint ein solches Verhalten – jedenfalls im damaligen Zeitraum – keineswegs als persönlichkeitsfremd.

Die Kammer unterstellt zugunsten des Beamten, dass dieser durch die seit 1994 angeordneten (und durchgeführten) Maßnahmen (vgl. Schilderung in Nr. 2 der Anschuldigungsschrift) nicht in die Lage versetzt worden war, alkoholabstinent zu leben. Insofern bedarf es der beantragten Beweiserhebung durch ein Sachverständigengutachten nicht.

Gleichwohl kann die Erkrankung den Beamten hinsichtlich der weiteren Vorwürfe (Nr. 3 – 6 der Anschuldigungsschrift) nicht entlasten.

Zum einen kann die Einleitungsbehörde nur die Maßnahmen vom Beamten verlangen, die der polizeiärztliche Dienst für notwendig erachtet. Dieser hat jedoch eine stationäre Alkoholentwöhnungsbehandlung nicht für notwendig gehalten, weil der episodenhafte Alkoholabusus Folge einer psychischen Störung war, die durch die stationäre Behandlung vom … Juli bis … Oktober 1999 behoben werden sollte.

Zum anderen war dem Beamten aufgrund mehrfacher Belehrungen bekannt, dass er auch selbst zur Erhaltung seiner Gesundheit – sei es durch eigene Anstrengungen, sei es durch Inanspruchnahme fachkundiger Hilfe – verpflichtet war.

Die unter Nr. 3 und 4 angeschuldigten Vorfälle stehen zudem mit der Erkrankung des Beamten in keinem ursächlichen Zusammenhang. Bei den Trunkenheitsfahrten und der Fahrerflucht ist auch nicht Alkoholgenuss Kern des Vorwurfs, sondern die Tatsache, dass sich der Beamte trotz Trunkenheit ans Steuer setzte und dies auch erkennen konnte (vgl. psychiatrisches Gutachten Dr. med. S. G. vom 16.12.2002, Bl. 88 ff. der Strafakten StA T. …/02).

Angesichts der Vielzahl der Verfehlungen kann weder das Geständnis des Beamten noch seine nunmehrige Einsicht in sein Fehlverhalten und sein aufrichtiges Bedauern die Verhängung einer milderen Disziplinarmaßnahme rechtfertigen. Die Summe der Dienstpflichtverletzungen, aber auch der zeitliche Ablauf bedingen, dass das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn unwiederbringlich zerstört ist.

So hat den Beamten die Einleitung des Strafverfahrens im Dezember 1998 und die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens im Mai 1999 nicht davon abgehalten, am 29. Juni 1999 eine Ordnungswidrigkeit (Bußgeldbescheid vom 3.8.1999, Rechtskraft 17.1.2000), am 7. August 1999 eine weitere Straftat/Ordnungswidrigkeit (Einstellungsverfügung StA vom 9.11.1999, Einstellungsverfügung OWi vom 18.11.1999) und am 9. April 2000 (Strafbefehl vom 14.11.2000, Rechtskraft 14.12.2000) und am 12. Oktober 2001 (Urteil vom 7.4.2003) zwei Trunkenheitsfahrten, davon eine mit Fahrerflucht, zu begehen.

Trotz der zugunsten des Beamten sprechenden Umstände ist es nach Auffassung des Gerichts weder dem Dienstherrn, noch der Öffentlichkeit und den Kollegen zumutbar, den Beamten weiter im Polizeidienst zu belassen. Er ist daher aus dem Dienstverhältnis zu entfernen (Art. 12 BayDO).

IV. Dem Beamten wird ein Unterhaltsbeitrag zugebilligt. Er ist dessen nicht unwürdig. Seine wirtschaftlichen Verhältnisse lassen ihn auch bedürftig erscheinen.

V. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus Art. 102 und 104 BayDO.

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