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Dienstfahrzeugüberlassung – Nutzung durch Familienangehörige – Haftung im Schadensfall

LAG Köln

Az: 7 Sa 859/04

Urteil vom 22.12.2004


Auf die Berufung der Klägerin hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 13. Mai 2004 in Sachen 1 Ca 9695/03 teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 500,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.01.2003 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 90 %, die Beklagte 10 %.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um einen von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus einem Verkehrsunfall mit einem Dienstfahrzeug.

Der erstinstanzlich als Beklagter zu 1 mitverklagte A H aus R war Arbeitnehmer der Klägerin. Die Klägerin hatte dem A H zu dienstlichen Zwecken ein ihr gehörendes Firmenfahrzeug überlassen, das der Arbeitnehmer auch zu privaten Zwecken nutzen durfte. Die Möglichkeit der Privatnutzung wurde auch als geldwerter Vorteil versteuert. Am 03.07.1995 hatten die Klägerin und ihr Arbeitnehmer einen Fahrzeugüberlassungsvertrag geschlossen (Bl. 27 d. A.). Darin heißt es u. a.: „Ich verpflichte mich, das Fahrzeug nicht durch betriebsfremde Personen außer von Familienangehörigen benutzen zu lassen.“

Der Arbeitnehmer H erhielt später ein anderes Dienstfahrzeug als in dem Fahrzeugüberlassungsvertrag vom 03.07.1995 erwähnt, nämlich ein solches vom Typ VW Golf Variant CL TDI. Ein erneuter Fahrzeugüberlassungsvertrag wurde bei Überlassung des Nachfolgefahrzeuges nicht geschlossen.

Das dem Arbeitnehmer H überlassene Dienstfahrzeug wurde von der Klägerin – ohne dass der Arbeitnehmer Hahn dies wußte – nicht vollkaskoversichert.

Am 06.05.2000 nutzte die erstinstanzliche Beklagte zu 2 und jetzige alleinige Berufungsbeklagte das dem Arbeitnehmer H überlassene Firmenfahrzeug VW Golf Variant in Absprache mit diesem zu einer privaten Besorgungsfahrt. Bei der Berufungsbeklagten handelte es sich zum damaligen Zeitpunkt um die Lebensgefährtin des Arbeitnehmers H , die mit diesem in häuslicher Gemeinschaft lebte. Als die Berufungsbeklagte bei der fraglichen Fahrt morgens gegen 08:45 Uhr in R aus der Straße „A “ nach rechts in die B Straße abbog oder unmittelbar nachdem dies geschehen war, kam es auf der B Straße zu einer Kollision mit einem entgegenkommenden Müllfahrzeug. Der polizeilichen Unfallskizze zufolge ist die B Straße an der Unfallstelle nur 5,30 m breit. Die beiden rechten Reifen des Müllfahrzeuges verursachten eine Bremsspur, die an ihrem Beginn 1,40 m vom rechten Fahrbahnrand entfernt war. Beide Fahrzeuge wurden im Frontbereich beschädigt. Das Firmenfahrzeug der Klägerin erlitt einen wirtschaftlichen Totalschaden. Wegen der Art der Schäden wird auf das Gutachten der DEKRA vom 15.05.2000 Bezug genommen.

Die Klägerin verklagte in dem Verfahren 18 O 464/01 vor dem Landgericht Köln zunächst den Fahrer des Müllfahrzeugs sowie die hinter ihm stehende Versicherung auf Schadensersatz wegen der Beschädigung ihres Fahrzeugs, wobei sie den Schaden, bestehend aus Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert, Kosten eines Sachverständigengutachtens, Abschleppkosten und Auslagenpauschale auf 13.756,40 DM bezifferte und hiervon 75 %, also 10.317,30 DM geltend machte. Die Beklagten des Landgerichtsprozesses erhoben gegen die Klägerin, aber auch gegen deren Haftpflichtversicherung und gegen die hiesige Berufungsbeklagte Widerklage bzw. Drittwiderklage. Zur Abwehr der Drittwiderklage ließ sich die hiesige Berufungsbeklagte dabei von demselben Rechtsanwalt vertreten, der auch die Klägerin im Landgerichtsprozess vertrat. Nach erfolgter Beweisaufnahme schlug die Kammer des Landgerichts den dortigen Parteien den Abschluss eines Vergleiches unter Zugrundelegung einer Haftungsquote von 2/3 zu Lasten der Klägerin und 1/3 zu Lasten der Beklagtenseite vor. Die Parteien des Landgerichtsprozesses schlossen daraufhin folgenden Vergleich:

„1. Zum Ausgleich sämtlicher Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall zahlen die Beklagten an die Klägerin einen Betrag von 2.321,00 Euro. Die Widerbeklagten zahlen an den Widerkläger einen Betrag von 1.061,00 Euro.

2. Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs werden gegeneinander aufgehoben.

3. Beiden Parteien bleibt vorbehalten, von diesem Vergleich durch Einreichen eines Schriftsatzes beim Landgericht Köln bis zum 10.11.2002 zurückzutreten.“

Der vorgenannte Vergleich vom 26.11.2002 wurde rechtskräftig.

Im vorliegenden Verfahren nahm die Klägerin zunächst ihren Arbeitnehmer H und die Berufungsbeklagte auf Schadensersatz in Anspruch. Dabei bezifferte sie ihren Schaden nunmehr unter Abzug der ihr aus dem Vergleich vor dem Landgericht vom 26.11.2002 zustehenden 2.321,00 Euro auf 4.712,54 Euro (vgl. die Berechnung auf S. 6 d. Klageschrift v. 05.05.2003).

Die Klägerin hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, ihr Arbeitnehmer hafte schon deshalb für den aus der Zerstörung des Dienstfahrzeugs resultierenden Schaden, weil er nicht befugt gewesen sei, das Dienstfahrzeug an seine Freundin weiterzugeben. Später hat die Klägerin zugestanden, dass die Haftung des Arbeitnehmers nach den Grundsätzen über den innerbetrieblichen Schadensausgleich auf den Betrag beschränkt sei, der bei Abschluss einer Vollkaskoversicherung als übliche Selbstbeteiligung anzusetzen sei. Diesen Betrag hat die Klägerin mit 500,00 Euro beziffert.

Die Haftung der Beklagten zu 2 und jetzigen Berufungsbeklagten hat die Klägerin damit begründet, dass diese den Verkehrsunfall schuldhaft (mit-) verursacht habe, da sie beim Abbiegen auf die B Straße die Vorfahrt des Müllfahrzeugs missachtet habe.

Die Klägerin und Berufungsklägerin hat erstinstanzlich beantragt,

den Arbeitnehmer H und die jetzige Berufungsbeklagte gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie 4.712.54 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.01.2003 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Arbeitnehmer H als erstinstanzlicher Beklagter zu 1 hat geltend gemacht, dass er sehr wohl berechtigt gewesen sei, seiner Lebensgefährtin das Fahrzeug zu überlassen; denn diese gehöre zum Kreis der „Familienangehörigen“, die das Fahrzeug, wie auch im Fahrzeugüberlassungsvertrag vom 03.07.1995 festgehalten, mitbenutzen durften. Die Berufungsbeklagte hat sich erstinstanzlich darauf berufen, dass ihr Unfallgegner Schuld an dem Verkehrsunfall trage. Insbesondere habe das Müllfahrzeug das Rechtsfahrgebot verletzt. Außerdem hat die Berufungsbeklagte erstinstanzlich die Auffassung vertreten, dass eine Schadensersatzforderung der Klägerin durch den landgerichtlichen Vergleich vom 26.11.2002 ausgeschlossen sei. Mit dem Vergleich habe ein Schlussstrich unter sämtliche aus dem Verkehrsunfall resultierende Ansprüche gezogen werden sollen. Dementsprechend heißt es in dem Vergleich, dass die dort aufgeführten Zahlungen „zum Ausgleich sämtlicher Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall“ erfolgen sollten. Damit seien aber auch Ansprüche der ebenfalls an dem landgerichtlichen Vergleich beteiligten Klägerin ihr, der Berufungsbeklagten gegenüber ausgeschlossen.

Mit Urteil vom 13.04.2004 hat das Arbeitsgericht Köln die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Das arbeitsgerichtliche Urteil wurde der Klägerin am 22.06.2004 zugestellt. Sie hat hiergegen am 21.07.2004 Berufung einlegen und diese am 06.08.2004 begründen lassen. Die Berufung richtet sich nur gegen die erstinstanzliche Beklagte zu 2.

Die Klägerin macht geltend, dass die Beklagte aufgrund der schuldhaften Unfallverursachung gem. § 823 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtig sei. Auf den landgerichtlichen Vergleich könne sich die Berufungsbeklagte nicht berufen. Der Vergleich sei nur zwischen der Klägerin und den Beklagten einerseits, dem Widerkläger und den Widerbeklagten andererseits abgeschlossen worden, betreffe aber nicht auch das Verhältnis zwischen den Widerbeklagten untereinander. Im Übrigen sei der Vergleich unwirksam, wenn man ihn auch auf das Verhältnis der Berufungsbeklagten zu ihr, der Klägerin beziehen wolle; denn bei Abschluss des damaligen Vergleiches seien die beiden Parteien des hiesigen Rechtsstreits durch den gleichen Rechtsanwalt vertreten gewesen. In einem Prozess könne niemand auf beiden Seiten Parteivertreter sein.

Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt nunmehr,

die Zweitbeklagte unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 13.05.2004, AZ 1 Ca 9695/03, zu verurteilen, an die Klägerin 4.712,54 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.01.2003 zu zahlen.

Die Beklagte zu 2 und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Berufungsbeklagte wiederholt ihre Auffassung, dass durch den landgerichtlichen Vergleich auch sämtliche Ansprüche zwischen den hiesigen Prozessparteien ausgeglichen und erledigt worden seien.

Das Berufungsgericht hat die Akte des Vorprozesses Landgericht Köln 18 O 464/01 beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Auf den dortigen Akteninhalt wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist gem. § 64 Abs. 2 b ArbGG statthaft und wurde gem. § 66 Abs. 1 ArbGG fristgerecht eingelegt und begründet.

II. Die Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Die Berufungsbeklagte schuldet der Klägerin als Schadensersatz aus dem Unfallereignis vom 06.05.2000 einen Betrag in Höhe von 500,00 Euro nebst eingeklagten Zinsen. Die weitergehende Berufung konnte keinen Erfolg haben.

1. Das Berufungsgericht vermag sich der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht anzuschließen, dass jedweder Schadensersatzanspruch der Klägerin gegenüber der Berufungsbeklagten aus dem Unfallereignis vom 06.05.2000 von vornherein durch die in Ziff. 1 des landgerichtlichen Vergleichs vom 26.11.2002 enthaltene Ausgleichsklausel ausgeschlossen sei.

a. Die Auslegung des Vergleichstextes ergibt vom objektiven Empfängerhorizont her, dass nur solche Ansprüche durch die Ausgleichsklausel erfasst werden sollten, die im Verhältnis der Streitparteien des landgerichtlichen Verfahrens gegeneinander in Frage kommen konnten. Wie die Klägerin zutreffend ausführt, erfasst die Ausgleichsklausel des landgerichtlichen Vergleichs demnach nur Forderungen, die zwischen der Klägerin und den Beklagten des landgerichtlichen Verfahrens einerseits, dem dortigen Widerkläger und den dortigen Widerbeklagten andererseits bestehen konnten. Die hiesige Berufungsklägerin und die hiesige Berufungsbeklagte haben in dem landgerichtlichen Prozess jedoch gar nicht gegeneinander gestritten, sondern waren Streitgenossen bei der Abwehr der Widerklage der dortigen Beklagten.

b. Nach der Legaldefinition in § 779 Abs. 1 BGB handelt es sich bei einem Vergleich um einen Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird. Streitgegenstand des landgerichtlichen Verfahrens waren jedoch nur Ansprüche der Klägerin gegen die dortigen Beklagten und Ansprüche der dortigen Beklagten als Widerkläger gegen beide Parteien des vorliegenden Verfahrens als Widerbeklagte. Ein Streit zwischen den Parteien des hiesigen Verfahrens oder eine Ungewissheit über ein sie beide untereinander betreffendes Rechtsverhältnis war dagegen gerade nicht Gegenstand des landgerichtlichen Prozesses. Die hiesige Berufungsbeklagte hat dem landgerichtlichen Vergleich in ihrer Eigenschaft als dortige Drittwiderbeklagte zugestimmt. Sie hat dadurch erreicht, dass ihre damaligen Unfallgegner bzw. deren Versicherung endgültig keine weitergehenden Ansprüche mehr aus dem Unfall vom 06.05.2000 gegen sie geltend machen können.

c. Hätte die Ausgleichsklausel des Vergleichs dagegen auch Ansprüche außerhalb der Streitkonstellationen des Landgerichtsprozesses erfassen sollen, so hätte dies unmissverständlich klargestellt werden müssen. Es hätte klargestellt werden müssen, dass der Vergleichsvertrag nicht nur zwischen Klägerin und Beklagten einerseits, Widerklägern und Widerbeklagten andererseits zustande kommen sollte, sondern noch in einem weiteren, darüber hinausgehenden Rechtsverhältnis, nämlich demjenigen der Widerbeklagten untereinander.

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2. Die Klägerin hat gegen die Berufungsbeklagte dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch gem. § 823 Abs. 1 BGB.

a. Die Berufungsbeklagte hat den Verkehrsunfall vom 06.05.2000 und damit auch die Zerstörung des der Klägerin gehörenden Dienstfahrzeugs (mit-) verursacht.

b. Die Berufungsbeklagte handelte dabei auch schuldhaft. Ihr ist zur Überzeugung des Berufungsgerichts (mittlere) Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Dies ergibt sich zum einen aus dem Inbegriff der vom Berufungsgericht beigezogenen landgerichtlichen Akte, insbesondere aus den dort enthaltenen Feststellungen der Polizei bei der Unfallaufnahme, bei verständiger Würdigung aber auch bereits aus dem Sachvortrag der Parteien selbst. Der Unfall ereignete sich, wenn nicht unmittelbar während des Abbiegevorgangs der Klägerin von der Straße „A “ in die B Straße, so doch zumindest unmittelbar danach. Beim Einbiegen in eine andere Straße hatte die Klägerin besondere Vorsicht walten zu lassen, da die Notwendigkeit besteht, sich zunächst einen Überblick über die Verkehrsverhältnisse zu verschaffen, die in der Straße herrschen, in die abgebogen werden soll. Dies gilt auch dann, wenn die Klägerin beabsichtigte, nach rechts abzubiegen und somit gegenüber von links kommenden Fahrzeugen vorfahrtsberechtigt war. Bis die Klägerin in der Lage war, die in der B Straße herrschenden Verkehrsverhältnisse zu übersehen, hatte sie ihre Geschwindigkeit soweit herabzusetzen, dass sie jederzeit hätte anhalten können. Hätte sich die Berufungsbeklagte an diese allgemeinen Vorsichtsregeln gehalten, wäre es zu dem fraglichen Unfall nicht gekommen; denn die Klägerin hätte das von rechts herannahende Müllfahrzeug bei ordnungsgemäßem Verhalten nicht übersehen können. Auch wenn man zugunsten der Berufungsbeklagten unterstellt, dass das Müllfahrzeug seinerseits das Rechtsfahrgebot verletzte, so hätte die Klägerin bei gehöriger Aufmerksamkeit den Unfall ohne weiteres vermeiden können. Auch die vom Landgericht durchgeführte Zeugenbeweisaufnahme spricht dafür, dass die Klägerin ihr Fahrverhalten nicht der bei einem Abbiegevorgang zu beachtenden erhöhten Wachsamkeit angepasst hatte.

3. Der Höhe nach ist der Schadensersatzanspruch der Klägerin gegenüber der Berufungsbeklagten nach Überzeugung des Berufungsgerichts jedoch auf denjenigen Betrag begrenzt, der der Höhe einer üblichen Selbstbeteiligung beim Abschluss einer Vollkaskoversicherung entsprochen hätte. Die Klägerin selbst hat hierbei erstinstanzlich einen Betrag in Höhe von 500,00 Euro genannt.

a. Die Berufungsbeklagte war zwar nicht selbst Arbeitnehmerin. Als berechtigte Lenkerin eines ihrem Lebensgefährten vornehmlich zur dienstlichen Nutzung überlassenen Fahrzeugs fällt die Berufungsbeklagte jedoch mit in den Schutzbereich der arbeitgeberseitigen Fürsorgepflichten, die die Klägerin als Eigentümerin des Dienstfahrzeuges gegenüber dem Lebensgefährten der Berufungsbeklagten zu erfüllen hatte.

b. Das Berufungsgericht teilt die Auffassung des Arbeitsgerichts, wonach der Lebensgefährte der Berufungsbeklagten nach den zwischen ihm und der Klägerin getroffenen Vereinbarungen befugt war, das Auto der Berufungsbeklagten zu überlassen. Die Klägerin selbst hat den Fahrzeugüberlassungsvertrag vom 03.07.1995 in das vorliegende Verfahren eingeführt. Nach dieser Vereinbarung war jedoch der Lebensgefährte der Berufungsbeklagten unstreitig nicht nur befugt, das Fahrzeug selbst auch privat zu nutzen, sondern er durfte es auch „von Familienangehörigen benutzen lassen“. Keine der Parteien hat vorgetragen, dass sich insoweit etwas ändern sollte, als die Klägerin dem Beklagten später ein anderes Fahrzeug als das im Vertrag vom 03.07.1995 erwähnte übergab. Mit dem Arbeitsgericht ist das Berufungsgericht der Auffassung, dass unter den Begriff des „Familienangehörigen“ nach seinem Sinn und Zweck auch die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitnehmer lebende Lebensgefährtin zu subsumieren ist.

c. Nach den Grundsätzen über den innerbetrieblichen Schadensausgleich gehört es zu den Obliegenheiten des Arbeitgebers, der seinem Arbeitnehmer ein Dienstfahrzeug überlässt, für dieses Fahrzeug auch eine Vollkaskoversicherung abzuschließen, soweit dies nicht mit unzumutbaren Kosten verbunden ist (Otto/Schwarze, Die Haftung des Arbeitnehmers, 3.Aufl., Rz.239; HWK/Krause, § 619 a BGB Rz.40). Unterlässt der Arbeitgeber den Abschluss einer ansonsten als üblich zu bezeichnenden Vollkaskoversicherung, so beschränkt sich die Haftung des Arbeitnehmers im Schadensfall auf die Höhe der verkehrsüblichen Selbstbeteiligung (vgl. BAG AP Nr.92 und Nr.93 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers). Einer vertiefenden Begründung dieser Grundsätze bedarf es nicht, da die Klägerin erstinstanzlich selbst eingeräumt hat, dass der erstinstanzliche Beklagte zu 1 vor dem Hintergrund dieser Überlegungen nur bis zur Höhe von 500,00 Euro hätte haften können.

d. Bei der Anwendung dieser Grundsätze verbietet es sich danach zu unterscheiden, ob der vom Arbeitnehmer verursachte Unfall im Rahmen einer Dienstfahrt oder im Rahmen einer genehmigten Privatfahrt erfolgt ist. Dies hat, bezogen auf den erstinstanzlichen Beklagten zu 1, die Klägerin auch selbst so gesehen.

aa. Das Dienstfahrzeug wird dem Arbeitnehmer auch dann, wenn die private Nutzung erlaubt ist, gleichwohl in erster Linie zu dienstlichen Zwecken überlassen. Schon deshalb darf der Arbeitnehmer darauf vertrauen, dass die Arbeitgeberin im Rahmen der üblichen Schadensvorsorge das Fahrzeug mit einer Vollkaskoversicherung ausstattet. Kann der Arbeitnehmer aber generell darauf vertrauen, dass das Fahrzeug in der üblichen Weise vollkaskoversichert ist, so ist dieses Vertrauen auch dann geschützt, wenn der Arbeitnehmer mit dem Dienstfahrzeug eine berechtigte Privatfahrt unternimmt.

bb. Dafür spricht auch ein weiterer Gesichtspunkt: Räumt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Privatnutzung eines Dienstfahrzeuges ein, handelt es sich dabei um einen zusätzlichen Vergütungsbestandteil in Form der Zuwendung eines Sachwertes (BAG NZA 2004, 649 ff; BAG AP Nr.4 zu § 611 BGB Sachbezüge). Folgerichtig muss der Arbeitnehmer diese Sachwertzuwendung auch als geldwerten Vorteil versteuern. Auch die Privatnutzung des Dienstfahrzeugs hat somit einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Arbeitsvertrag der Parteien. Daraus resultiert die arbeitgeberseitige Fürsorgepflicht, die in der Überlassung eines Dienstfahrzeugs zur Privatnutzung bestehende zusätzliche Vergütungszuwendung in einer Weise zu erbringen, die den Arbeitnehmer vor daraus resultierenden möglichen Nachteilen schützt.

cc. Eine andere, hier nicht zu entscheidende Frage ist, ob dann, wenn dem Arbeitnehmer das Recht eingeräumt wird, einen Dienstwagen auch privat zu nutzen, eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zulässig wäre, wonach sich der Arbeitnehmer an den laufenden Kosten einer Vollkaskoversicherung zu beteiligen hätte.

e. Ist der Arbeitnehmer nun berechtigt, das Dienstfahrzeug auch Familienangehörigen zur Privatnutzung zu überlassen, so hat der Arbeitnehmer ein berechtigtes und für den Arbeitgeber auch ohne weiteres erkennbares Interesse daran, dass auch dieser Personenkreis in den Schutzbereich der mit der Überlassung des Dienstfahrzeugs verbundenen Fürsorgepflichten des Arbeitgebers einbezogen wird. Für den Arbeitgeber ist ohne weiteres erkennbar, dass den Arbeitnehmer gegenüber dem ihm verbundenen Personenkreis der Familienangehörigen seinerseits eine eigene Schutzverpflichtung trifft. Insbesondere kann es in diesem Zusammenhang für die Entscheidung des Arbeitnehmers, ob er von seinem Recht, das Dienstfahrzeug auch durch die Familienangehörigen benutzen zu lassen, überhaupt Gebrauch macht, von ausschlaggebender Bedeutung sein, ob das Fahrzeug vollkaskoversichert ist oder nicht.

f. Für den vorliegenden Fall folgt daraus, dass sich auch die Berufungsbeklagte aus abgeleitetem Recht auf die Haftungsbeschränkung des erstinstanzlichen Beklagten zu 1 als Arbeitnehmer der Klägerin berufen kann, die darin besteht, dass die Haftung der Höhe nach auf den Umfang der üblichen Selbstbeteiligung einer Vollkaskoversicherung beschränkt ist.

4. Die von der Berufungsbeklagten erstinstanzlich vorgebrachten Einwände zur genauen Schadenshöhe, die die Berufungsbeklagte in der Berufungsinstanz ohnehin nicht wiederholt hat, bedürfen keiner näheren Erörterung; denn auch nach den erstinstanzlichen Einwendungen der Berufungsbeklagten übersteigt der der Klägerin nach Abzug der ihr im Vergleich vom 26.11.2002 durch den Unfallgegner zugesagten Teilleistungen verbleibende Restschaden den vom Berufungsgericht ausgeurteilten Betrag von 500,00 Euro bei weitem. Da es die Klägerin jedoch unter Verletzung ihrer Obliegenheiten sich selbst gegenüber unterlassen hat, für ihr Fahrzeug eine Vollkaskoversicherung abzuschließen, ist sie daran gehindert, den über 500,00 Euro hinausgehenden Schaden gegenüber der Berufungsbeklagten geltend zu machen.

III. Die Kostenentscheidung folgt dem Verhältnis des beiderseitigen Obsiegens und Unterliegens.

Gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG war die Revision zuzulassen.

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