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Dienstunfähigkeit und formelle Anforderungen an ein Ruhestandsverfahren

VG Dresden – Az.: 11 K 582/09 – Urteil vom 16.06.2011

Der Bescheid der Polizeidirektion Oberlausitz-Niederschlesien vom 20. Februar 2009 in Ge-stalt des Widerspruchsbescheides vom 9. April 2009 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der am 4. Oktober 1949 geborene Kläger wendet sich gegen seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit zum 1. März 2009. Seit 1. November 2009 befindet er sich im Altersruhestand.

Der Kläger war von 1983 bis 1990 Angehöriger der deutschen Volkspolizei und wurde mit Wirkung vom 3. Oktober 1990 in den Polizeivollzugsdienst des Beklagten übernommen. Er wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1992 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeiobermeister ernannt und in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 8 eingewiesen. Am 13. Januar 1995 wurde er als Beamter auf Lebenszeit ernannt. Der Kläger war zuletzt als Polizeiobermeister bei der PD Oberlausitz-Niederschlesien im Ermittlungsdienst beim Polizeirevier Radeberg eingesetzt. Der Kläger wies beginnend ab 1997 erhebliche Krankenstände auf. Zuletzt wurden folgende Krankentage festgestellt:

2004: 171 Krankentage

2005: 155 Krankentage

2006: 50 Krankentage

2007: 97 Krankentage

2008: 300 Krankentage.

Der Kläger wurde aufgrund seiner längeren Erkrankungen erstmals am 18. März 2005 dem polizeiärztlichen Dienst vorgestellt. In dem polizeiärztlichen Zeugnis des MR Dr. med. habil. Th. Friedrich vom 29. März 2005 ist Folgendes festgehalten:

„Grund der Vorstellung war eine, von der Dienststelle bereits mitgeteilte Verletzung im Bereich des rechten [gemeint wohl linken] Unterschenkels. Im Ergebnis der Untersuchungen ergeben sich folgende Einschränkungen der gesundheitlichen Eignung für den Polizeivollzugsdienst:

– grundsätzlich Innendiensttätigkeit (gegen gelegentliche Außeneinsätze bestehen keine Einwände)

– kein Einsatz in geschlossenen Formationen

– modifizierte Teilnahme am Dienstsport

Wir bitten um Wiedervorstellung in ca. einem Jahr.“

Der Kläger wurde daraufhin am 21. Februar 2006 erneut dem polizeiärztlichen Dienst vorgestellt, der in seinem Zeugnis vom 22. Februar 2006 festhielt:

„Im Ergebnis der ärztlichen Untersuchung zeigt sich, dass die Einschränkungen der gesundheitlichen Eignung für den Polizeivollzugsdienst bestehen bleiben müssen. Insbesondere wird von Seiten des ÄD daraufhingewiesen, dass es für Herrn Förster zum Erhalt seiner Dienstfähigkeit zwingend erforderlich ist, Spezialschuhwerk [später konkretisiert als Sandalen] zu tragen, da ansonsten eine erhebliche Gefahr für eine erneute längerfristige Arbeitsunfähigkeit besteht.“

Nachdem der Kläger auch im Jahr 2007 und zu Beginn des Jahres 2008 einen erhöhten Krankenstand aufwies, wurde am 18. März 2008 ein Personalgespräch geführt, in dem ihm mitgeteilt wurde, dass seine Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand geprüft werde.

Der polizeiärztliche Dienst wurde mit Schreiben vom 10. April 2008 erneut um Prüfung der Polizeidienstfähigkeit, zugleich auch der gesundheitlichen Eignung für den allgemeinen Verwaltungsdienst, gebeten. Am 12. Juni 2008 wurde der Kläger polizeiärztlich untersucht. In dem polizeiärztlichen Gutachten des MD Dr. med. habil. Th. Friedrich vom 30. Juli 2008 wird folgendes festgestellt:

„Bei dem Beamten liegen folgende Diagnosen vor:

1. Hochgradige arterielle und venöse Durchblutungsstörung im Bereich des linken Beines

2. Kniebinnenschaden linkes Kniegelenk, Zustand nach Arthroskopie 25.02.2008

3. Pilzinfektion der Speiseröhre

4. Rezidivierendes Nierensteinleiden

Maßgeblich für die derzeit vorliegenden gesundheitlichen Störungen sowie die daraus resultierenden längerfristigen krankheitsbedingten Fehlzeiten sind die unter 1. und 2. genannten Leiden. Die Durchblutungsstörungen führten beginnend Mitte der 90iger Jahre zu wiederholten Infektionen im Bereich des Unterschenkels mit sehr langwierigen Verläufen, wie sie für das Krankheitsbild typisch sind. Aufgrund der gestörten Statomotorik kam es dann sehr wahrscheinlich auch zu den Kniegelenksbeschwerden.

In der Summe führen diese Erkrankungen zu erheblichen Einschränkungen der gesundheitlichen Eignung für den Polizeivollzugsdienst. Nicht möglich sind dem Beamten eine Teilnahme an Einsätzen in geschlossenen Formationen, die Anwendung unmittelbaren Zwanges, das Führen eines Dienst-Kfz mit Sonderrechten, die Teilnahme am Dienstsport sowie alle Einsätze, die mit längerem Gehen oder Stehen verbunden sind. Weiterhin muss Spezialschuhwerk getragen werden und das Bein mehrfach am Tag zur Entlastung höhergelegt werden.

Der Beamte ist grundsätzlich geeignet für eine leichte Bürotätigkeit. Schichtdienst und Bildschirmarbeit sind möglich. Gewährleistet werden muss jedoch die Möglichkeit des Hochlegens des Beines sowie das Tragen von Spezialschuhwerk.

Diese grundsätzliche Möglichkeit einer Tätigkeit wird jedoch dahingehend eingeschränkt, dass jederzeit akute Verschlechterungen eintreten können, die dann eine intensive Behandlung mit zwangsläufiger Dienstunfähigkeit erfordern.“

Der Gutachter verneinte die Frage der Wiedererlangung der Polizeidienstfähigkeit innerhalb zweier Jahre mit der Begründung, dass der Kläger vor etwa 30 Jahren einen Unfall erlitten und seitdem Beschwerden im Bereich des linken Fußes/Unterschenkels habe. Eine schwerwiegende Folge des Unfalles sei die gestörte Durchblutung, die seit Mitte der 90iger Jahre zu immer häufigeren Folgeschäden im Bereich des Unterschenkels führte. Die Durchblutungsstörungen und der Knieschaden befänden sich im chronischen Stadium und eine Heilung sei nach ärztlich wissenschaftlichem Aspekt als ausgeschlossen zu betrachten. Die therapeutischen Bemühungen seien auf eine Begrenzung der Auswirkungen der bestehenden Leiden gerichtet. Ausgehend hiervon sei eine künftige volle Verwendungsfähigkeit für den Polizeivollzugsdienst ausgeschlossen. Bei der Frage nach der anderweitigen Verwendung im allgemeinen Verwaltungsdienst merkte der Gutachter nochmals an, dass auch weiterhin mit erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten aufgrund der verschiedenen Erkrankungen gerechnet werden muss.

Der Beklagte fragte daraufhin mit Schreiben vom 6. August 2008 beim Sächsischen Staatsministerium des Innern und den diesem nachgeordneten Behörden an, ob eine anderweitige Verwendung des Klägers in deren Geschäftsbereich erfolgen könne. Soweit eine Rückmeldung erfolgte, fielen die Antworten negativ aus.

Mit Schreiben der Polizeidirektion Oberlausitz-Niederschlesien vom 17. September 2008 wurde die Polizeidienstunfähigkeit des Klägers festgestellt und ihm mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, ihn wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen. Der Kläger wurde unter Hinweis auf § 81 Abs. 1 Nr. 12 und Abs. 2 SächsPersVG aufgefordert, binnen zwei Wochen nach Erhalt des Schreibens mitzuteilen, ob die Mitbestimmung des Personalrates gewünscht werde. Das Schreiben wurde dem Kläger am 27. September 2008 förmlich zugestellt.

Mit Schreiben des Klägers vom 13. Oktober 2008, als Einschreiben am 14. Oktober 2008 aufgegeben und am 16. Oktober 2008 in der Abteilung Verwaltung bei dem Beklagtenvertreter eingegangen, erbat der Kläger die Beteiligung des Personalrates und wies darauf hin, dass er nach Genesung von der Knieoperation weiterhin dienstfähig sei. Er sei nur noch bis einschließlich 26. Oktober 2008 krank geschrieben.

Mit Schreiben vom 30. Oktober 2008 bat der Beklagtenvertreter das Sächsische Staatsministerium des Innern, die Zustimmung des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen einzuholen. Er wies darauf hin, dass der Kläger keine Einwendungen erhoben habe. Letzteres erteilte die Zustimmung mit Schreiben vom 13. Februar 2009, wies aber auf eine möglicherweise noch notwendige Beteiligung des Personalrates hin.

Mit Bescheid vom 20. Februar 2009 wurde der Kläger wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt.

Der dagegen am 18. März 2009 eingelegte Widerspruch des Klägers, den dieser unter anderem damit begründete, dass der Personalrat nicht beteiligt worden sei, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 9. April 2009 zurückgewiesen. Eine Personalratsbeteiligung sei nicht erforderlich gewesen, nachdem der Kläger eine solche nicht fristgerecht beantragt habe.

Der Kläger hat am 29. April 2009 Klage erhoben. Er sei dienstfähig. Die von dem Beklagten zugrunde gelegten Gutachten seien nicht aktuell. Er habe am Tag der Tauglichkeitsuntersuchung sein linkes Kniegelenk schlecht bis gar nicht bewegen können. Dies habe aber an einer Operation (Arthroskopie) am 25. Februar 2008 gelegen, der eine Infektion des Kniegelenks gefolgt sei. Hierbei handele es sich aber nicht um den Regelzustand, so dass eine erneute Untersuchung nach Genesung hätte erfolgen müssen. Die Durchblutungsstörung bestehe nach der Knieoperation auch nicht mehr. Die Pilzinfektion sowie das Nierensteinleiden seien völlig unerheblich.

Der Kläger beantragt, den Bescheid der Polizeidirektion Oberlausitz-Niederschlesien vom 20. Februar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. April 2009 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner Auffassung fest, dass der Kläger nach dem polizeiärztlichen Gutachten nicht mehr polizeidienstfähig sei. Die zum 26. Oktober 2008 beendete Krankschreibung des Klägers ändere hieran nichts. Diese bedeute nur, dass keine Behandlung mehr stattfinde. Für die Belastbarkeit bzw. die Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit könnten hieraus keine Schlussfolgerungen gezogen werden. Eine anderweitige Verwendung des Klägers sei nach den negativen Mitteilungen nicht möglich.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf die Gerichts-, Personal- und Behördenakte und die Niederschrift der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid der Polizeidirektion Oberlausitz-Niederschlesien vom 20. Februar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. April 2009 ist formell rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Von der vom Kläger mit Schreiben vom 13. Oktober 2008 beantragten Mitbestimmung des Personalrates hätte nicht abgesehen werden dürfen (vgl. unten 1.). Darüber hinaus ist der in § 54 Abs. 3 SächsBG a. F. bzw. § 54 Abs. 4 SächsBG n. F. vorgeschriebene Verfahrensablauf nicht eingehalten worden (vgl. unten 2.). Lediglich ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass es die angegriffene Ruhestandsversetzung materiell für rechtmäßig hält (vgl. unten 3.).

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1. Nach § 81 Abs. 1 Nr. 12 SächsPersVG in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Juni 1999 (SächsGVBl. S. 430), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 29. Januar 2008 (SächsGVBl. S. 138) – im Folgenden: SächsPersVG a. F. – hat die Personalvertretung in Personalangelegenheiten der Beamten bei der vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand mitzubestimmen. Diese Mitbestimmung ist nach § 81 Abs. 2 SächsPersVG von einem Antrag des Beschäftigten abhängig, der über die beabsichtigte Maßnahme rechtszeitig vorher in Kenntnis zu setzen ist. Einen solchen Antrag hat der Kläger mit seinem Schreiben vom 13. Oktober 2008 gestellt. Dennoch ist der Personalrat nicht beteiligt worden, so dass die Ruhestandsversetzung formell rechtswidrig ist.

Die Beteiligung des Personalrates durfte – entgegen der Auffassung des Beklagten – auch nicht deshalb unterlassen werden, weil der Kläger die insoweit von dem Beklagten gesetzte Frist um drei Tage versäumt hatte. Zwar ist die Behörde in Verfahren zur Ruhestandsversetzung grundsätzlich berechtigt, eine Frist für die Stellung des Antrages auf Personalratsbeteiligung zu setzen, sie darf jedoch einen zwar nach Ablauf der Frist, aber vor Erlass des Ruhestandsversetzungsbescheides gestellten Antrag nicht unberücksichtigt lassen.

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 23. Februar 1989, BVerwGE 81, 277) ist geklärt, dass jedenfalls ein Antrag auf Personalratsbeteiligung, der bei ordnungsgemäßer Unterrichtung erst nach Erlass des Ausgangsbescheides im Widerspruchsverfahren gestellt wird, den Ausgangsbescheid nicht rechtswidrig werden lässt und auch eine Personalratsbeteiligung im Widerspruchsverfahren nicht erforderlich macht. Zur Begründung hat das Bundesverwaltungsgericht darauf verwiesen, dass der Antrag auf Personalratsbeteiligung zwar keiner gesetzlich normierten Frist unterliege, jedenfalls aber – wie hier – vor der beabsichtigten Maßnahme gestellt werden müsse. Dieser Einschätzung hat sich die Kommentarliteratur (Rehak, in: Vogelsang/Bieler/Kleffner/Rehak, Landespersonalvertretungsgesetz für den Freistaat Sachsen, Stand Mai 2007, § 81, Rn. 70; Lorenzen, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, BPersVG, Stand Juni 2010, § 78 Rn. 60; Altvater/Hamer/Ohnesorg/Peiseler, BPersVG, 5. Auflage 2004, § 78 Rn. 26b) angeschlossen. Auch hier wird einhellig die Meinung vertreten, dass Behörden eine Frist für die Stellung eines Antrages auf Personalratsbeteiligung setzen dürften und nach Verstreichen einer angemessenen Frist verfahrensfehlerfrei entscheiden können.

Die vorliegend zu entscheidende Frage, ob die Behörde nicht nur eine Verfahrensfrist, sondern zugleich auch eine materielle Ausschlussfrist setzen dürfe mit der Konsequenz, dass ein nach Ablauf der behördlich gesetzten Frist gestellter Antrag auch dann unberücksichtigt gelassen werden dürfte, wenn im Ruhestandsversetzungsverfahren noch kein Ausgangsbescheid ergangen ist, wurde bislang ersichtlich nicht erörtert oder entschieden. Die Kammer vertritt insoweit die Auffassung, dass die Behörde nicht ermächtigt ist, eine materielle Ausschlussfrist zu setzen.

§ 81 Abs. 2 SächsPersVG a. F. enthält weder eine Frist für die Stellung eines Antrages auf Personalratsbeteiligung noch eine Ermächtigung zu einer Fristsetzung mit der Folge des Mitbestimmungsverlustes bei Versäumen. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 23. Februar 1989 (a. a. O.) die fehlende Notwendigkeit der Personalratsbeteiligung nicht daraus abgeleitet, dass eine behördlich gesetzte Frist abgelaufen gewesen wäre, sondern daraus, dass der entsprechende Antrag jedenfalls nicht vor Erlass des Ausgangsbescheides zur Ruhestandsversetzung gestellt worden war. Mangels einer entsprechenden Kompetenznorm ist die Behörde mithin nicht berechtigt, gesetzlich bestimmte personalvertretungsrechtliche Mitbestimmungsrechte durch Setzen materieller Ausschlussfristen zu kürzen. Im Übrigen vermag die Kammer auch keine Notwendigkeit für das Setzen einer materiellen Ausschlussfrist zu erkennen. Es mag zwar sein, dass unter Umständen durch eine verspätete Antragstellung eine zeitliche Verzögerung eintreten kann, diese dürfte sich aber angesichts der zeitlichen Ausgestaltung des Mitbestimmungsverfahrens in § 79 SächsPersVG a. F. und der Tatsache, dass der Beklagte ohnehin nach § 54 Abs. 2 Satz 1 SächsBG a. F. bzw. § 54 Abs. 3 Satz 1 SächsBG n. F. einen Monat hinsichtlich etwaiger Einwendungen des Beamten zuwarten muss, in Grenzen halten. Das Versagen des Setzens einer Ausschlussfrist führt auch verfahrensrechtlich zu keiner wesentlichen Beeinträchtigung der Behörde. Die Behörde bleibt befugt, eine Verfahrensfrist für das Stellen des Antrages zu setzen und nach Verstreichen dieser Frist – sofern kein Antrag gestellt wird – zu entscheiden. Sie hält es letztlich mithin selbst in der Hand, durch eine zeitnahe Entscheidung nach Ablauf einer angemessenen Frist einer Antragstellung durch den Beamten zuvorzukommen.

Ob von dieser Auffassung der Kammer Ausnahmen für die Fälle zuzulassen sind, in denen der Beamte ersichtlich durch eine sehr späte Antragstellung das Verfahren hinauszuzögern versucht (dahin tendierend wohl: Lorenzen, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/ Faber, BPersVG, Stand Juni 2010, § 78 Rn. 60), bedarf keiner Entscheidung. Der Antrag des Klägers, den dieser am letzten Tag der Frist schriftlich abgefasst hat und der wenige Tage nach Fristablauf bei der Behörde einging, hatte ersichtlich nicht dieses Ziel.

Die damit mangelnde Mitbestimmung des Personalrates führt zur Rechtswidrigkeit der Ruhestandsversetzung, die folglich aufzuheben ist (BVerwG, Urt. v. 9. Dezember 1999, BVerwGE 110, 173; BVerwG, Urt. v. 24. November 1983, BVerwGE 68, 197; BVerwG, Urt. v. 24. November 1983, BVerwGE 68, 189; BVerwG, Urt. v. 2. Dezember 1982, BVerwGE 66, 291). Zwar ist grundsätzlich nach den personalvertretungsrechtlichen Vorschriften – nicht nach § 1 Satz 1 SächsVwVfG i. V. m. § 45 VwVfG – eine Heilung durch Nachholung bis zum Ergehen des Widerspruchsbescheides möglich (BVerwG, Urt. v. 24. November 1983, BVerwGE 68, 189). Trotz der Rüge des Klägers im Widerspruchsverfahren ist die Mitbestimmung jedoch nicht nachgeholt worden. Die mangelnde Mitbestimmung ist schließlich auch nicht nach dem in § 1 Satz 1 SächsVwVfG i. V. m. § 46 VwVfG zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgedanken unbeachtlich. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 9. Dezember 1999 (BVerwGE 110, 173) – indes ohne nähere Begründung – entschieden, dass nach dem in § 46 VwVfG zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgedanken auch die Aufhebung einer dienstlichen Maßnahme ausgeschlossen sein kann, die wegen eines Fehlers des personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsverfahrens rechtswidrig ist. Es kann jedoch vorliegend nicht ausgeschlossen werden, dass bei einer Beteiligung des Personalrats dieser gegen die beabsichtigte Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand Einwendungen erhoben und der Beklagte aufgrund der Einwendungen von der Ruhestandsversetzung abgesehen oder sie zumindest erst zu einem späteren Zeitpunkt verfügt hätte.

2. Die Behörde hat darüber hinaus auch das sich aus § 54 Abs. 3 SächsBG a. F. / § 54 Abs. 4 SächsBG n. F. ergebende Verfahren nicht eingehalten.

Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob auch für die Frage der formellen Rechtmäßigkeit, insbesondere des Verfahrensablaufs bis zum Erlass des Ausgangsbescheides, die Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung – also des Widerspruchsbescheides vom 9. April 2009 (dann SächsBG n. F.) – oder das während des Verfahrenslaufes geltende Recht (dann SächsBG a. F.) maßgeblich ist. Denn das in § 54 Abs. 3 SächsBG a. F. geregelte Prozedere hat sich auch durch die Neufassung des Sächsischen Beamtengesetzes zum 1. April 2009 nicht geändert.

Nach den vorzitierten Vorschriften, hat die nach § 57 Abs. 1 SächsBG zuständige Behörde (Ernennungsbehörde) in dem Falle, in dem der Beamte nach Feststellung der Dienstunfähigkeit durch den Dienstvorgesetzten und entsprechender Mitteilung, dass beabsichtigt sei, ihn in den Ruhestand zu versetzen, Einwendungen erhebt, zunächst darüber zu entscheiden, ob das Ruhestandsversetzungsverfahren einzustellen oder fortzuführen ist. Die Entscheidung hierüber ist dem Beamten zuzustellen (§ 54 Abs. 3 Satz 2 SächsBG a. F. / § 54 Abs. 4 Satz 2 SächsBG n. F.); sie hat gegebenenfalls besoldungsrechtliche Konsequenzen. Erst im Anschluss hieran und nach Prüfung der Einwendungen ist die abschließende Entscheidung zur Ruhestandsversetzung zu treffen.

Eine gesonderte Entscheidung über die Fortsetzung des Ruhestandsversetzungsverfahrens ist vorliegend nicht erfolgt. Die Vertreterin des Beklagten ist nach dem Akteninhalt offenbar davon ausgegangen, dass Einwendungen nicht erhoben worden sind. Diese Einschätzung trifft angesichts des Schreibens des Klägers vom 13. Oktober 2008, welches auch innerhalb der Monatsfrist des § 54 Abs. 2 Satz 1 SächsBG a. F. / § 54 Abs. 3 Satz 1 SächsBG n. F. eingegangen ist, nicht zu.

Einwendungen sind jedes Vorbringen, aus dem sich ergibt, dass der Beamte weiter im Dienst verbleiben will, insbesondere dass er sich weiter für dienstfähig hält. Für die Einordnung als Einwendung ist nicht notwendig, dass das Vorbringen des Beamten auch schlüssig ist (Woydera, in: Woydera/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Sachsen, Stand Dezember 2010, § 54, 12.).

Gemessen hieran hat der Kläger Einwendungen erhoben. Er hat in seinem Schreiben vom 13. Oktober 2008 mitgeteilt, dass er sich für dienstfähig halte, mithin nicht in den Ruhestand versetzt werden möchte. Zudem hat er insoweit auf die konkret bevorstehende Beendigung seiner Krankschreibung hingewiesen und damit seine Ansicht, er sei polizeidienstfähig, aus seiner Sicht auch sachlich begründet. Es hätte mithin zunächst über die Fortsetzung des Ruhestandsversetzungsverfahrens entschieden werden müssen. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat bereits festgestellt (Beschl. v. 28. März 2011 – 2 B 326/10 -; Beschl. v. 7. Januar 2009, ZBR 2010, 284), dass der Präsident der Vertreterin des Beklagten bei einer Entscheidung nach § 54 Abs. 4 Satz 1 SächsBG n. F. / § 54 Abs. 3 Satz 1 SächsBG a. F. in seiner Funktion als Ernennungsbehörde in einer personalisierten Zuständigkeit und nicht als Dienstvorgesetzter tätig wird, insoweit also eine nochmalige Überprüfung unter Übergang der Zuständigkeit stattfindet. Dies ist vorliegend jedoch unterblieben. Angesichts der Tatsache, dass die Vertreterin des Beklagten davon ausging, dass Einwendungen nicht erhoben worden sind, kann auch nicht in Erwägung gezogen werden, dass zeitgleich mit der Versetzung in den Ruhestand auch entschieden wurde, das Verfahren fortzusetzen.

Ob dieser formelle Mangel – isoliert betrachtet – ebenfalls zur Aufhebung der Ruhestandsversetzung führen würde oder nach § 1 Satz 1 SächsVwVfG i. V. m. § 46 VwVfG unbeachtlich wäre, bedarf angesichts der Ausführungen unter Ziffer 1. keiner abschließenden Entscheidung. Zwar kann nach dieser Vorschrift die Aufhebung eines Verwaltungsaktes – hier die Ruhestandsversetzung – nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Jedoch wäre auch hier zu berücksichtigen, dass an das Verfahren materielle Rechtsfolgen (hier für die Besoldung) geknüpft werden und zudem durch das Verfahren auch sichergestellt werden soll, dass über die Einwendungen des Klägers eine formale, sogar zuzustellende Zwischenentscheidung ergeht.

Nach alledem ist die Ruhestandsversetzung formell rechtswidrig und aufzuheben.

3. Lediglich ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass sie die Versetzung des Klägers in den Ruhestand materiell für rechtmäßig hält.

Rechtsgrundlage der Verfügung ist § 26 Abs. 1 Sätze 1 und 4 BeamtStG i. V. m. § 150 Abs. 1 SächsBG. Der Beklagte hat den Kläger zu Recht als polizeidienstunfähig angesehen (vgl. unten 3.1.). Der Ruhestandsversetzung stehen auch § 26 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BeamtStG (vgl. unten 3.2.), § 26 Abs. 1 Satz 4 BeamtStG i. V. m. § 150 Abs. 1 letzter Halbsatz SächsBG (vgl. unten 3.3.), § 26 Abs. 3 BeamtStG (vgl. unten 3.4.) und § 27 BeamtStG (vgl. unten 3.5.) nicht entgegen.

Für die Ruhestandsversetzung des Klägers ist mangels einer Überleitungsvorschrift die seit 1. April 2009 geltende Rechtslage maßgeblich, da der insoweit entscheidende Widerspruchsbescheid (BVerwG, Beschl. v. 3. November 2006, DÖV 2007, 302; BVerwG, Urt. v. 16. Oktober 1997, BVerwGE 105, 267) am 9. April 2009 erlassen worden ist.

3.1. Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG sind Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind, wobei nach § 26 Abs. 1 Satz 4 BeamtStG durch Landesrecht für Gruppen von Beamten besondere Voraussetzungen für die Dienstunfähigkeit geregelt werden können. In diesem Sinne bestimmt § 150 Abs. 1 SächsBG, dass Beamte des Polizeivollzugsdienstes dienstunfähig sind, wenn sie den besonderen gesundheitlichen Anforderungen für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr genügen und nicht zu erwarten ist, dass sie ihre volle Dienstfähigkeit innerhalb zweier Jahre wiedererlangen (Polizeidienstunfähigkeit), es sei denn, die auszuübende Funktion erfordert bei Beamten auf Lebenszeit diese besonderen gesundheitlichen Anforderungen auf Dauer nicht mehr uneingeschränkt. Anders als die allgemeine Dienstunfähigkeit nach § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG (BVerwG, Urt. v. 23. September 2004, BVerwGE 122, 53) orientiert sich die Polizeidienst(un)fähigkeit nicht an den Anforderungen des innegehabten abstrakt-funktionellen Amtes; Bezugspunkt sind vielmehr die besonderen gesundheitlichen Anforderungen für sämtliche Ämter der Laufbahn „Polizeivollzugsdienst“. Die Polizeidienstfähigkeit setzt danach voraus, dass der Polizeivollzugsbeamte zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder seinem statusrechtlichen Amt entsprechenden Stellung einsetzbar ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 3. März 2005, ZBR 2005, 308).

Die Polizeidienstunfähigkeit wird nach § 26 Abs. 1 Satz 4 i. V. m. § 150 Abs. 2 SächsBG aufgrund des Gutachtens eines Amts- bzw. Polizeiarztes festgestellt, wobei sich die Rechtmäßigkeit der Zurruhesetzung eines Beamten allein danach beurteilt, ob die zuständige Behörde im Zeitpunkt ihrer letzten Entscheidung nach den ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnissen annehmen durfte, dass der Betroffene dienstunfähig ist. Aufgrund des polizeiärztlichen Gutachtens vom 30. Juli 2008 ist mit dem Beklagten davon auszugehen, dass der Kläger polizeidienstunfähig ist.

Ausweislich dieses Gutachtens leidet der Kläger an einer chronischen Durchblutungsstörung im linken Bein und daraus resultierend an einem chronischen Kniebinnenschaden. Diese Erkrankungen führen zu erheblichen Einschränkungen der gesundheitlichen Eignung für den Polizeivollzugsdienst, da der Kläger nach den Feststellungen des Polizeiärztlichen Dienstes nicht über längere Zeit gehen und stehen kann, mehrfach am Tag das Bein höher legen und Spezialschuhwerk tragen muss. Daraus ableitend ist es dem Kläger nicht möglich, an Einsätzen in geschlossenen Formationen teilzunehmen, unmittelbaren Zwang anzuwenden, ein Dienst-Kfz mit Sonderrechten zu führen und am Dienstsport sowie allen Einsätzen, die mit längerem Gehen oder Stehen verbunden sind, teilzunehmen. Es liegt auf der Hand, dass ein Polizeivollzugsbeamter mit diesen Einschränkungen nicht uneingeschränkt polizeidienstfähig ist. Angesichts der Feststellungen des Gutachters, dass das Krankheitsbild chronisch und eine Verbesserung des Gesundheitszustandes aus medizinischer Sicht ausgeschlossen ist, ist mit dem Beklagten davon auszugehen, dass die Polizeidienstfähigkeit auch nicht innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren wiedererlangt werden wird.

Die Einschätzungen des Gutachters sind nachvollziehbar und frei von inneren Widersprüchen; sie nötigen weder zu weiterer Aufklärung noch zu Nachfragen. Die Einwendungen des Klägers gegen das Gutachten greifen nicht durch. Soweit der Kläger meint, es hätte einer erneuten Begutachtung bedurft, da er kurz nach einer Arthroskopie mit anschließender Entzündung begutachtet worden sei, überzeugt dieser Einwand deshalb nicht, weil der Gutachter die Arthroskopie in seinem Gutachten ausdrücklich erwähnt. Etwaige dadurch bedingte Einschränkungen hat der Gutachter mithin berücksichtigt, sie jedoch nicht für dergestalt erheblich gehalten, dass er eine spätere Begutachtung nach Genesung für sinnvoll gehalten hat. Es ist auch nicht erkennbar oder vom Kläger dargelegt, dass durch die Arthroskopie die bestehende chronische Durchblutungsstörung beseitigt werden könnte oder beseitigt wurde. Derartiges behauptet der Kläger zwar, belegt dies allerdings weder durch eine nachvollziehbare Begründung noch durch entsprechende ärztliche Befundberichte, so dass Zweifel an der medizinischen Feststellung der chronischen Durchblutungsstörung nicht bestehen. Soweit der Kläger meint, er sei deshalb polizeidienstfähig, weil er zum 27. Oktober 2008 wieder arbeitsfähig geschrieben worden sei, vermag auch dies Zweifel an den medizinischen Feststellungen des Gutachters nicht zu begründen. Denn mit der Arbeitsfähigkeit wird nicht festgestellt, dass der Kläger den besonderen Anforderungen an die Polizeidienstfähigkeit genügt. Schließlich wird den Feststellungen in polizeiärztlichen Gutachten besonderes Gewicht beigemessen. Der polizeiärztliche Dienst kann bei der gebotenen typisierenden und generalisierenden Betrachtungsweise aus der Kenntnis der Belange der Polizei und der Verwaltung, der von dem Untersuchten zu verrichtenden Tätigkeit und dessen bisherigen dienstlichen Verhaltens den erhobenen Befund zu den Auswirkungen auf den Dienstbetrieb und die konkreten Dienstpflichten des Beamten besonders gut in Beziehung setzen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31. Mai 1990 – 2 C 55.88 -, abgedruckt bei Schütz, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Entscheidungssammlung, A II 5.5 Nr. 15 S. 52 f, m. w. N.).

Der Beklagte ist daher im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides zu Recht von der Polizeidienstunfähigkeit des Klägers ausgegangen, so dass dieser in den Ruhestand zu versetzen war.

3.2. Der Versetzung in den Ruhestand steht § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Sätze 1 und 2 BeamtStG nicht entgegen.

Nach § 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG soll von einer Versetzung in den Ruhestand abgesehen werden, wenn eine anderweitige Verwendung des Beamten möglich ist. Eine anderweitige Verwendung ist möglich, wenn dem Beamten ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. Hierbei handelt es sich um eine Soll-Vorschrift, die die sie anwendende Behörde im Regelfall bindet und Abweichungen nur in atypischen Fällen ermöglicht, in denen die Behörde dann nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat.

Angesicht der Polizeidienstunfähigkeit des Klägers kann er in keinem Amt seiner Laufbahn, also der Laufbahn des Polizeivollzugsdienstes eingesetzt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 3. März 2005, a. a. O.). Auch eine Übertragung eines Amtes einer anderen Laufbahn – etwa des allgemeinen Verwaltungsdienstes – kommt nicht in Betracht.

Zum einen kann weder vom Kläger noch vom Dienstherrn acht Monate vor dem Eintritt des Klägers in den Altersruhestand ein Laufbahnwechsel, der mit einer entsprechenden Ausbildung, zumindest einer Unterweisung verbunden ist, verlangt werden. Angesichts der knappen Ressourcen (bezogen auf Unterweisungsplätze, die damit verbundenen finanziellen Aufwendungen und Dienstposten), des schrumpfenden Personals sowie der daraus resultierend nur sehr begrenzt für eine Verwendung nach einem Laufbahnwechsel zur Verfügung stehenden Dienstposten im inneren allgemeinen Verwaltungsdienst und angesichts des Umstandes, dass der Kläger nach einem Laufbahnwechsel wegen des unmittelbar bevorstehenden Altersruhestandes nur kurz, wenn überhaupt auf einem neuen Dienstposten einsetzbar ist, stehen Kosten und Nutzen des Laufbahnwechsels in keinem angemessenen Verhältnis. So ist anerkannt, dass der Dienstherr nur dann verpflichtet ist, einen dienstunfähig gewordenen Beamten für ein Amt einer anderen Laufbahn auszubilden, wenn die Gewissheit oder wenigstens die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass dieser ein solches Amt auch tatsächlich ausüben wird. Nicht in den Genuss solcher Ausbildungsmaßnahmen soll hingegen der dienstunfähig gewordene Beamte kommen, bei dem kein greifbarer Anhaltspunkt dafür besteht, dass er in seinem Berufsleben von der gewährten (Zweit-)Ausbildung jemals noch wird Gebrauch machen können, bei dem die Ausbildung mit anderen Worten letztlich nur die Folge hat, dass sich die Versetzung in den Ruhestand auf Kosten des Dienstherrn um die Zeit der Ausbildung verzögert (vgl. OVG NRW, Urt. v. 17. September 2003 – 1 A 1069/01 -, juris; NdsOVG, Beschl. v. 26. Oktober 2004 – 2 LA 413/03 -, juris).

Zum anderen ergibt sich aus dem Gutachten des polizeiärztlichen Dienstes vom 30. Juli 2008 aber auch eine Dienstunfähigkeit im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz1 BeamtStG. Zwar wird in dem Gutachten ausgeführt, dass der Kläger grundsätzlich für eine leichte Bürotätigkeit geeignet ist, wobei Schichtdienst und Bildschirmarbeit möglich sind, jedoch das Hochlegen des Beines sowie das Tragen von Spezialschuhwerk ermöglicht werden müssen. Jedoch hat der Gutachter mehrfach festgestellt, dass akute Verschlechterungen zu erwarten sind, die dann eine intensive Behandlung mit zwangsläufiger Dienstunfähigkeit erfordern. Dienstfähigkeit ist aber dann zu verneinen, wenn der Beamte seine Dienstpflichten nicht mehr zuverlässig erfüllt, weil er auf absehbare Zeit regelmäßig wiederkehrend über kürzere oder längere Zeiträume keinen Dienst leisten und damit seine Dienstpflichten nicht mehr in ausreichendem Umfang erbringen kann (SächsOVG, Beschl. v. 20. Dezember 2010 – 2 B 90/10 -, juris).

3.3. Der Ruhestandsversetzung des Klägers steht auch § 26 Abs. 1 Satz 4 BeamtStG i. V. m. § 150 Abs. 1 letzter Halbsatz SächsBG nicht entgegen.

Zwar ermächtigt § 150 Abs. 1 letzter Halbsatz SächsBG den Dienstherrn, polizeidienstunfähige, aber nicht dienstunfähige Polizeivollzugsbeamte, sofern sie Lebenszeitbeamte sind, im Polizeidienst zu behalten und für Dienstposten im Polizeivollzugsdienst vorzusehen, auf denen die ansonsten für Polizeivollzugsbeamte erforderliche besondere gesundheitliche Belastbarkeit entbehrlich ist. Die Vorschrift vermittelt jedoch keinen Anspruch auf Verwendung auf einem solchen Dienstposten, sondern lediglich einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung (SächsOVG, Beschl. v. 31. Mai 2010 – 2 B 101/10 -, juris).

Eine solche Ermessensentscheidung ist aber nur dann zu treffen, wenn der Beamte dienstfähig im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG ist. Dies ist jedoch beim Kläger nach obigen Ausführungen nicht der Fall.

3.4. Eine Weiterverwendung des Klägers im Rahmen einer begrenzten Dienstfähigkeit scheidet ebenfalls aus.

Gemäß § 27 Abs. 1 BeamtStG soll von der Versetzung in den Ruhestand abgesehen werden, wenn der Beamte unter Beibehaltung des übertragenen Amtes die Dienstpflichten noch während mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen kann. Diesen Anforderungen wird der Kläger, der nach den gutachterlichen Feststellungen gänzlich außer Stande ist, den Aufgaben seines (abstrakt-funktionellen) Amtes nachzukommen, ersichtlich nicht gerecht.

3.5. Aus dem selben Grund kommt auch seine Weiterverwendung unter Übertragung einer geringerwertigen Tätigkeit gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 BeamtStG nicht in Betracht, denn auch diese Möglichkeit steht unter der Voraussetzung der „Beibehaltung seines Amtes“, was als abstrakt-funktionelles Amt zu verstehen ist.

Der Beklagte hat gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die hier bejahte Frage, ob die Personalvertretung vor Erlass der Ruhestandsversetzung zu beteiligen ist, wenn der Beamte seinen dahingehenden Antrag erst nach Ablauf einer durch die Behörde gesetzten angemessenen Frist, aber vor Erlass des Ausgangsbescheides gestellt hat, bedarf grundsätzlicher und einheitlicher Beantwortung.

BESCHLUSS vom 17. Juni 2011

Der Streitwert wird auf 35.048,52 € festgesetzt.

Gründe

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG i. V. m. § 52 Abs. 1 und Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG (SächsOVG, Beschl. v. 28. März 2011 – 2 B 326/10 -, juris m. w. N.).

 

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