Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Az: 15 Sa 25/09
Urteil vom 27.07.2009
In dem Rechtsstreit hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg – 15. Kammer – auf die mündliche Verhandlung vom 27.07.2009 für Recht erkannt:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart – Kammern Ludwigsburg – vom 25.02.2009 – 20 Ca 1933/08 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Für den Kläger wird die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf Nutzungsausfallentschädigung, weil seine beklagte Arbeitgeberin nach Ablauf der Entgeltfortzahlungsverpflichtung im Krankheitsfall den dem Kläger auch zur Privatnutzung überlassenen Dienstwagen herausverlangt hat.
Der am 09.08.1953 geborene, verheiratete Kläger ist seit 01.08.1990 als Bauleiter bei der Beklagten, die zirka 210 Arbeitnehmer beschäftigt, tätig. Er ist Mitglied des im Betrieb der Beklagten gebildeten Betriebsrats und mit einem Grad der Behinderung von 100 als schwerbehindert anerkannt.
Der zwischen den Parteien unter dem Datum 24.10.1994 abgeschlossene Angestelltenvertrag (Kopie Bl. 6-11 d. erstinstanzl. Akte) lautet auszugsweise wie folgt:
„§ 1 – Tarifbindung
Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für die technischen und kaufmännischen Angestellten des Baugewerbes in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. ………….
…………
§ 6 – Gehalt und sonstige Zuwendungen
Das aufgeschlüsselte Gehalt mit allen Leistungen und Sonderleistungen wird gesondert schriftlich bekanntgegeben.
Die Gewährung aller Sonderleistungen außerhalb des Tarifgehaltes, soweit diese nicht durch Betriebsvereinbarungen geregelt sind, liegt im freien Ermessen der Firma und begründet keinen Rechtsanspruch, auch wenn die Zahlung wiederholt ohne ausdrücklichen Vorbehalt der Freiwilligkeit erfolgte; ein Widerruf ist also jederzeit möglich.
………….
§ 10 – Krankheit
In Krankheitsfällen ist der Angestellte ohne Rücksicht auf die Dauer der Krankheit verpflichtet, der Geschäftsleitung oder seinem unmittelbaren Vorgesetzten unverzüglich hiervon Kenntnis zu geben. Darüber hinaus muss der Geschäftsleitung vor Ablauf des 3. Kalendertages eine ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit vorgelegt werden.
………
§ 12 – Vertragsänderungen
Mündliche Nebenabreden bestehen nicht. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.
…………“
In der „Anlage 3 zum Vertrag vom 24.10.1994“ (Kopie Bl. 11 d. erstinstanzl. Akte) haben die Parteien folgendes geregelt:
„Die Firma L. stellt Herrn B. einen PKW auch zur privaten Nutzung in angemessenem Umfang zur Verfügung.
Die durch den geldwerten Vorteil und sonstige steuerrechtliche Bestimmungen anfallenden Steuern übernimmt Herr B. . Die Benzinkosten für Privatfahrten außerhalb von Baden-Württemberg sind von Herrn B. zu tragen.
Die Firma L. behält sich vor, den Gegenwert des geldwerten Vorteils nach Abstimmung mit Herrn B. an ihn zu berechnen.
Herr B. wird das Fahrzeug im Falle einer Freistellung an die Firma L. zurückgeben.“
Dem Kläger war zunächst ein VW Passat Kombi auch zur Privatnutzung überlassen worden. In den Gehaltsabrechnungen ist der geldwerte Vorteil für die Privatnutzung des Dienstwagens mit 284,65 EUR monatlich angegeben. Der Kläger besitzt kein Privatfahrzeug.
Der Kläger war seit dem 03.03.2008 bis einschließlich 15.12.2008 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Ab dem 14.04.2008 bezog der nicht gesetzlich krankenversicherte Kläger Krankentagegeld von seiner privaten Krankenversicherung. Unter dem Datum vom 07.11.2008 richtete die Beklagte ein Schreiben an den Kläger (Kopie Bl. 15 d. erstinstanzl. Akte), das auszugsweise wie folgt lautet:
„Sie sind seit dem 03.03.2008 arbeitsunfähig. Entgegenkommender Weise haben wir bisher von unserem Recht, den PKW nach Ablauf der Lohnfortzahlung zurück zu fordern, keinen Gebrauch gemacht.
Der Leasingvertrag des Ihnen zur Verfügung gestellten PKW läuft aus. Aus diesem Grund fordern wir den zur Nutzung überlassenen PKW zurück.
Wir bitten um Rückgabe des Wagens am 13.11.2008 um 11.00 Uhr. Herr K.. wird den PKW in G. entgegen nehmen.“
Nach weiterem Schriftwechsel zwischen den nunmehrigen Prozessbevollmächtigten der Parteien (vgl. Bl. 16-19 d. erstinstanzl. Akte) kam der Kläger dem Rückgabeverlangen der Beklagten am 13.11.2008 unter dem Vorbehalt der Geltendmachung von Ansprüchen auf Nutzungsausfallentschädigung nach.
Am 16.12.2008 nahm der Kläger seine Arbeit bei der Beklagten wieder auf. Seit dem 18.12.2008 wird dem Kläger ein Ford Focus Kombi auch zur Privatnutzung zur Verfügung gestellt. Bereits am 17.12.2008 bot die Beklagte dem Kläger die zwischenzeitliche Nutzung des Pool-PKW’s (Marke Smart) an, was der Kläger mit der Begründung ablehnte, er leide unter Platzangst.
Der Kläger hat erstinstanzlich u.a. Nutzungsausfallentschädigung für den Zeitraum vom 13.11.2008 bis 17.12.2008 verlangt und hierfür pro Kalendertag 9,36 EUR in Ansatz gebracht. Er hat die Auffassung vertreten, dass der Entzug des Dienstwagens bzw. die nicht zur Verfügungstellung eines vergleichbaren Dienstwagens nach Ablauf des Leasingvertrages rechtsgrundlos erfolgt sei. Bei einer wie hier vereinbarten Privatnutzung, die Vergütungsbestandteil sei, könne jeder Arbeitnehmer, soweit keine entgegenstehende vertragliche Regelung bestehe, den Dienstwagen auch über den Entgeltfortzahlungszeitraum hinaus bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses nutzen. Ein Widerrufsrecht oder den Entzug des Dienstwagens habe sich die Beklagte nicht vorbehalten. Sachbezüge seien nicht ausschließlich unter finanziellen Gesichtspunkten, sondern auch im Hinblick auf die private Lebensführung zu betrachten, wie der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 11.10.2000 (Aktenzeichen 5 AZR 240/99) zu entnehmen sei, das einen Anspruch auf Weitergewährung eines Dienstwagens während der Mutterschutzfristen bejaht habe. Seine Ehefrau benötige ihren PKW selbst für den täglichen Weg zur Arbeitsstätte. Er sei während seiner Arbeitsunfähigkeit nicht bettlägerig und nicht zuletzt wegen einer Vielzahl von Arztterminen auf ein Fahrzeug angewiesen gewesen. Die private zur Verfügungstellung eines Dienstwagens unterscheide sich nicht von der zur Verfügungstellung einer Dienstwohnung. Ein Entzug der Dienstwohnung komme aber auch nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums unter dem Gesichtspunkt der privaten Lebensführung des Arbeitnehmers nicht in Betracht. Bei der Ermittlung der Höhe des Nutzungswertes sei auf die lohnsteuerrechtliche Vorteilsermittlung abzustellen.
Nach Rücknahme eines zunächst zusätzlich angekündigten Feststellungsantrags hat der Kläger mit seiner am 24.11.2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen und am 12.02.2009 um die Ansprüche auf Nutzungsausfallentschädigung für den Monat Dezember 2008 erweiterten Klage erstinstanzlich beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 327,60 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 168,48 EUR seit dem 1. Dezember 2008 sowie aus 159,12 EUR seit dem 1. Januar 2009 zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen: Die vereinbarte Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung sei als Sachbezug Teil des Arbeitsentgelts. Der Sachbezugsanspruch erlösche zusammen mit dem Entgeltanspruch, weshalb der Dienstwagen nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums zurückzugeben sei. Es bedürfe weder eines Vorbehalts im Arbeitsvertrag noch eines Widerrufs oder einer Interessenabwägung. Da sich der Kläger nicht im Mutterschutz befinde, gehe der Hinweis auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 11.10.2000 – 5 AZR 240/99 – fehl. Das Arbeitsverhältnis als solches begründe kein Besitzrecht des Arbeitnehmers am privat nutzbaren Dienstwagen. Wenn sie dem Kläger kulanterweise den Dienstwagen bis zum Ablauf des zugrundeliegenden Leasingvertrags überlassen habe, schließe das ein Rückgabeverlangen zu einem späteren Zeitpunkt nicht aus.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 25.02.2009 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Schadensersatz wegen Entzugs der privaten Nutzungsmöglichkeit an seinem Dienstfahrzeug zu, weil die Beklagte keine aus dem Arbeitsvertrag resultierende Pflicht verletzt habe. Die Privatnutzungsbefugnis als Sachbezug stelle eine zusätzliche synallagmatische Gegenleistung zur vom Kläger geschuldeten Arbeitsleistung dar. Mit dem Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums ende damit auch der Anspruch auf die private Nutzungsüberlassung des Dienstfahrzeugs. Dem könne auch nicht mit allgemeinen Billigkeitserwägungen begegnet werden, wonach der Kläger in seiner privaten Lebensführung auf einen PKW angewiesen sei. Der Vergleich mit der Überlassung einer Werkmiet- oder Werkdienstwohnung verfange nicht. Die Nutzungsüberlassung einer Werkmietwohnung stehe nicht im Synallagma zur Arbeitsleistung, erfolge im Regelfall gegen Zahlung eines Mietzinses und könne von Gesetzes wegen nicht ohne Weiteres entzogen werden. Aus der vom Kläger zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur Fortgewährung der Privatnutzungsbefugnis während der gesetzlichen Mutterschutzfristen ergebe sich nichts anderes. In jenem Falle habe es mit § 14 Abs. 1 Satz 1 MuSchG noch eine Anspruchsgrundlage für eine Leistungsgewährung gegeben. Dem arbeitsunfähigen Arbeitnehmer stehe nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraumes ein Krankengeldanspruch gegen seine Krankenkasse zu, in dessen Berechnung nach § 47 Abs. 1 SGB V, § 14 SGB IV auch Sachbezüge als laufendes Arbeitsentgelt einflössen. Der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung verbiete es, dem betroffenen Arbeitnehmer die Privatnutzung auch noch in Natur und damit gewissermaßen doppelt zu gewähren. Auch eine konkludente vertragliche Abrede, dem Kläger die Privatnutzungsbefugnis auch in Arbeitsunfähigkeitszeiten außerhalb des Entgeltfortzahlungszeitraums zu belassen, sei zu verneinen.
Gegen das dem Kläger am 27.02.2009 zugestellte Urteil wendet sich dieser mit seiner beim Landesarbeitsgericht am 27.03.2009 eingegangenen und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 27.05.2009 am 25.05.2009 ausgeführten Berufung.
Der Kläger trägt vor:
Grundsätzlich sei mit dem Arbeitsgericht davon auszugehen, dass nach Ablauf des 6-wöchigen Entgeltfortzahlungszeitraums der Vergütungsanspruch des arbeitsunfähigen Arbeitnehmers und damit auch dessen Anspruch auf Privatnutzung des Dienstwagens entfalle. Indem die Beklagte es nach Wegfall des Überlassungsanspruchs nahezu sieben Monate unterlassen habe, den Dienstwagen herauszuverlangen, habe sie ein konkludentes Angebot auf Überlassung des Dienstwagens über den Entgeltfortzahlungszeitraum hinaus bis zur Genesung des Klägers abgegeben. Dieses Angebot habe der Kläger stillschweigend annehmen können. Da sich in der Anlage 3 zum Anstellungsvertrag keine Regelung zur Rückgabe des Dienstwagens im Krankheitsfall finde, habe er ein mögliches Rückgaberisiko im Krankheitsfall, das ihn zur Bildung entsprechender Rücklagen bewogen hätte, nicht erkennen können.
Der Kläger beantragt:
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart – Kammern Ludwigsburg – vom 25. Februar 2009, Aktenzeichen 20 Ca 1933/08, wird abgeändert.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 327,60 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 168,48 EUR seit dem 1. Dezember 2008 sowie aus 159,12 EUR seit dem 1. Januar 2009 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und vertieft ihre erstinstanzlich vorgetragenen Argumente. Die tatsächliche Überlassung des Dienstwagens an den Kläger über den Entgeltfortzahlungszeitraum hinaus könne nicht als Willenserklärung ausgelegt werden. Es fehle auch an einer Annahme seitens des Klägers.
Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht einen Teil-Vergleich abgeschlossen, worin die Beklagte sich verpflichtet hat, 18,72 EUR brutto an den Kläger zu bezahlen, und damit Ansprüche des Klägers auf Nutzungsausfallentschädigung für den 16. und 17.12.2008 erledigt wurden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in beiden Rechtszügen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschriften verwiesen.
Entscheidungsgründe:
A.
Die Berufung ist zulässig. Das Arbeitsgericht hat die Berufung gegen sein Urteil im Tenor seiner Entscheidung gemäß § 64 Abs. 2 lit. a ArbGG zugelassen. Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden (§ 64 Abs. 4 ArbGG). Die Berufung ist auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 8 Abs. 2, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, §§ 519 Abs. 1 und 2, 520 Abs. 3 ZPO).
B.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage, soweit sie dem Berufungsgericht nach Abschluss des Teil-Vergleichs noch zur Entscheidung angefallen ist, zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen abgewiesen.
Dem Kläger steht kein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung für die nicht mögliche Privatnutzung des Dienstwagens im Zeitraum vom 13.11.2008 bis 15.12.2008 zu. Die Beklagte war berechtigt, dem Kläger nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums die Möglichkeit zu entziehen, den ihm zur Verfügung gestellten Dienstwagen für Privatfahrten zu nutzen.
I.
Die Beklagte hat sich in der Anlage 3 zum Angestelltenvertrag vom 24.10.1994 verpflichtet, dem Kläger einen PKW auch zur privaten Nutzung in angemessenem Umfang zur Verfügung zu stellen, wobei sich der Kläger wiederum verpflichtet hat, den steuerrechtlich anfallenden geldwerten Vorteil zu übernehmen.
Mit der vereinbarten Überlassung des Dienstwagens zur privaten Nutzung haben die Parteien die Hauptleistungspflicht der Beklagten erweitert. Die Überlassung des Dienstwagens zu privaten Zwecken ist eine zusätzliche Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung (BAG 24.03.2009 – 9 AZR 733/07 – juris; BAG 19.12.2006 – 9 AZR 294/06 – AP Nr. 21 zu § 611 BGB Sachbezüge = EzA § 307 BGB 2002 Nr. 17). Die Privatnutzung eines Dienstfahrzeugs ist ein typisches Mittel zur Gehaltsfindung. Mit ihr wird dem Arbeitnehmer ein geldwerter Vorteil zugewendet (BAG 09.09.2003 – 9 AZR 574/02 – BAGE 107, 256). Das Halten eines PKW’s ist heute allgemein üblich und stellt einen nicht unbedeutenden Geldwert dar; dementsprechend fließt nach der Verkehrsanschauung die – auch steuerpflichtige – PKW-Nutzung in die Gehaltsbemessung ein (BAG 16.11.1995 – 8 AZR 240/95 – BAGE 81, 294; BAG 23.06.1994 – 8 AZR 537/92 – AP Nr. 34 zu § 249 BGB = EzA § 249 BGB Nr. 20; LAG Sachsen 13.01.1999 – 2 Sa 742/98 – LAGE Nr. 4 zu § 4 EFZG).
II.
Für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 13.11.2008 bis 15.12.2008, in dem der Kläger den Dienstwagen auf Aufforderung der Beklagten zurückgegeben hatte, ist der Beklagten die Erbringung dieser Leistung wegen Zeitablaufs unmöglich geworden (§ 275 Abs. 1 BGB). Der Kläger kann aber keine Nutzungsausfallentschädigung als Schadensersatz (vgl. BAG 19.12.2006 – 9 AZR 294/06 – AP Nr. 21 zu § 611 BGB Sachbezüge = EzA § 307 BGB 2002 Nr. 17; BAG 23.06.2004 – 7 AZR 514/03 – AP Nr. 139 zu § 37 BetrVG 1972 = EzA § 37 BetrVG 2001 Nr. 2; BAG 27.05.1999 – 8 AZR 415/98 – BAGE 91, 379) verlangen, weil die Beklagte in diesem Zeitraum nicht mehr arbeitsvertraglich verpflichtet war, dem Kläger den Dienstwagen zur Privatnutzung zu überlassen.
1. Liegt aufgrund der privaten Nutzungsmöglichkeit eine Arbeitsvergütung in Form einer Sachleistung vor, folgt aus dem Vergütungscharakter eines derartigen Sachbezugs, dass dem Arbeitnehmer grundsätzlich der Dienstwagen auch dann zur Nutzung verbleiben muss, wenn er aus persönlichen Gründen (Arbeitsverhinderung, Krankheit) an der Dienstleistung verhindert ist (ErfK/Preis 9. Aufl. § 611 BGB Rdnr. 523).
2. Als Teil der Arbeitsvergütung ist die Gebrauchsüberlassung allerdings nur so lange geschuldet, wie der Arbeitgeber überhaupt Arbeitsentgelt schuldet (BAG 11.10.2000 – 5 AZR 240/99 – BAGE 96, 34). Deshalb hat der Arbeitgeber das Recht, dem Arbeitnehmer im Fall der Krankheit mit dem Ende des Entgeltfortzahlungszeitraums den Dienstwagen entschädigungslos zu entziehen (LAG Köln 22.06.2001 – 11 (6) Sa 391/01 – NZA-RR 2001, 523; DFL/Kamanabrou 2. Aufl. § 611 BGB Rdnr. 118; DLW/Dörner 7. Aufl. C Rdnr. 958; ErfK/Preis 9. Aufl. § 611 BGB Rdnr. 523; Meier NZA 1997, 298, 299; MünchArbR/Hanau 2. Aufl. § 70 Rdnr. 12; Nägele NZA 1997, 1196, 1200; Preis/Lindemann, Der Arbeitsvertrag, 3. Aufl. II D 20 Rdnr. 10; Schaub/Linck Arbeitsrechtshandbuch 13. Aufl. § 68 Rdnr. 6c; Schmalenberg in Tschöpe, Arbeitsrecht, 3. Aufl. Teil 2 A Rdnr. 313 Fn. 4; Vogelsang Entgeltfortzahlung Rdnr. 510). Im BGB gilt der Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“. Dieser Grundsatz wird zu Gunsten des Arbeitnehmers zur Sicherung seiner Existenzgrundlage durchbrochen. Er behält in bestimmten Fällen trotz Nichterbringung der Arbeitsleistung seinen Vergütungsanspruch, insbesondere bei Urlaub und im Krankheitsfall für den Entgeltfortzahlungszeitraum (Lakies, AGB im Arbeitsrecht, Rdnr. 591). Im Umkehrschluss bedeutet dies allerdings auch, dass nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums der allgemeine Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“ wieder Anwendung findet. Der Privatnutzungsanspruch des Klägers entfiel somit mit Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums, ohne dass es eines Widerrufsvorbehalts bedurft hätte (a.A. möglicherweise Dahl, jurisPR-ArbR 29/2008, Anmerkung 4; Beckmann, jurisPR-ArbR 36/2007, Anmerkung 2). Dem stehen die Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 19.12.2006 (9 AZR 294/06 – AP Nr. 21 zu § 611 BGB Sachbezüge = EzA § 307 BGB 2002 Nr. 17) unter II. 2. c) der Entscheidungsgründe nicht entgegen. Wenn das Bundesarbeitsgericht dort ausführt, dass ein Arbeitgeber ohne Widerrufsvorbehalt verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer während des gesamten Bestandes des Arbeitsverhältnisses die Privatnutzung des Fahrzeugs zu ermöglichen, so wollte es, wie aus dem Zusammenhang ersichtlich, keine Aussage für den hier vorliegenden Fall des Ablaufs des Entgeltfortzahlungszeitraums treffen.
Es kann dahingestellt bleiben, ob das Privatnutzungsrecht des Klägers mit Ablauf des 13.04.2008 endete (vgl. § 1 Satz 1 des Anstellungsvertrages vom 24.10.1994 i.V.m. § 4 Ziffer 2.1 des Rahmentarifvertrags für die Angestellten und Poliere des Baugewerbes i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG) oder ob das Privatnutzungsrecht des Klägers noch fortbestand, solange er Anspruch auf den Zuschuss gemäß § 4 Ziffer 2.2 des Rahmentarifvertrags für die Angestellten und Poliere des Baugewerbes hatte. Denn dieser Zuschuss wäre angesichts der über 10-jährigen Betriebszugehörigkeit des Klägers für einen Zeitraum von 12 Wochen ab dem 14.04.2008 zu gewähren gewesen, so dass auch insofern zumindest im November 2008 kein entsprechender Anspruch des Klägers mehr bestanden hätte.
3. Zwar folgt daraus, dass der Arbeitgeber nicht weiter zur Leistung von Arbeitsentgelt verpflichtet ist, nicht notwendig, dass er zur Leistung von Sachbezügen auch aus anderen Gründen nicht mehr verpflichtet sein kann und deshalb einen Dienstwagen nicht weiter zum privaten Gebrauch überlassen muss (BAG 11.10.2000 – 5 AZR 240/99 – BAGE 96, 34). Für eine ausdrücklich oder konkludent vereinbarte Verpflichtung des Arbeitgebers, den Sachbezug auch dann weiterhin zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer wegen Ablaufs des Entgeltfortzahlungszeitraums nach längerer Arbeitsunfähigkeit kein Gehalt mehr beanspruchen kann, ist allerdings der Arbeitnehmer darlegungspflichtig (LAG Köln 29.11.1995 – 2 Sa 843/95 – LAGE Nr. 8 zu § 616 BGB). Ein solche Verpflichtung lässt sich dem Vortrag des Klägers nicht entnehmen.
a) Die Fälle der Überlassung einer Werkswohnung und der Gewährung von Sachbezügen an eine Arbeitnehmerin während der Mutterschutzfristen sind nach Auffassung der Kammer mit dem hier vorliegenden Fall eines über den Entgeltfortzahlungszeitraum hinaus erkrankten Arbeitnehmers nicht zu vergleichen.
aa) Der vom Kläger angeführte Gesichtspunkt, dass sich der Arbeitnehmer darauf verlässt, bei Bedarf einen PKW zur Verfügung zu haben, und diesen bei länger dauernder Arbeitsunfähigkeit möglicherweise wegen medizinischer Erfordernisse, zum Beispiel häufigeren Arztbesuchen, benötigt, führt nicht dazu, eine konkludente Vereinbarung dahingehend annehmen zu können, dass der Arbeitgeber nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums zur Gewährung der Privatnutzung des Dienstwagens verpflichtet bleibt (so auch LAG Köln 29.11.1995 – 2 Sa 843/95 – LAGE Nr. 8 zu § 616 BGB).
Die in der Literatur (Fischer FA 2003, 105) und im Anschluss an diesen in der Rechtsprechung (LAG Berlin-Brandenburg 19.02.2007 – 10 Sa 2171/06 – juris) gezogene Parallele zur Überlassung von Werkswohnungen trägt nicht. Im Falle der Überlassung von Werkswohnungen ist schon die vertragliche Ausgangslage eine andere. Bei der Werkmietwohnung besteht neben dem Arbeitsverhältnis ein selbständiger Mietvertrag, bei der Werkdienstwohnung ist die Überlassung des Wohnraums Bestandteil des Arbeitsvertrags; die Rechte und Pflichten daraus richten sich nach dem Arbeitsvertrag mit etwaiger Ergänzung durch die Mietvorschriften (Palandt/Weidenkaff BGB 68. Aufl. Vorbemerkung vor § 576 Rdnr. 9f.). Ist der Anspruch auf Überlassung einer Werkwohnung Teil der Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wird schon die Auslegung der Parteivereinbarungen regelmäßig ergeben, dass der Arbeitnehmer nicht nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums zum Auszug verpflichtet ist (LAG Köln 24.05.1995 – 2 Sa 843/95 – LAGE Nr. 8 zu § 616 BGB).
bb) Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 11.10.2000 (- 5 AZR 240/99 – BAGE 96, 34), in dem es den Anspruch einer Arbeitnehmerin auf Weitergewährung des bisherigen Sachbezugs in Form der Privatnutzungsbefugnis eines Dienstwagens auch während der Schutzfristen der §§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 MuSchG bejaht hat, dies mit Sinn und Zweck der Vorschriften der §§ 11 und 14 MuSchG begründet. Die werdende bzw. die junge Mutter solle vor wirtschaftlichen Nachteilen bewahrt werden, um jeden finanziellen Anreiz für sie entfallen zu lassen, die Arbeit zu ihrem und des Kindes Nachteil entgegen des ihrem Schutz dienenden Verbotes fortzusetzen.
Zwar würde es im Krankheitsfall auch dem Schutz des erkrankten Arbeitnehmers zuwiderlaufen, wenn er sich nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums nur deshalb wieder arbeitsfähig melden würde, um die Privatnutzung des Dienstwagens nicht zu verlieren. Hier kann aber für die Dienstwagennutzung nichts anderes als für die übrige Vergütung gelten. Auch insofern könnte der Arbeitnehmer versucht sein, nach Ablauf der arbeitgeberseitigen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall trotz fortbestehender Arbeitsunfähigkeit wieder zur Arbeit zu erscheinen, um nicht auf das geringere Krankengeld verwiesen zu werden. Dennoch hat der Gesetzgeber die Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers auf sechs Wochen begrenzt.
cc) Für das hier gefundene Ergebnis spricht auch, dass der Geldwert des Sachbezugs über § 14 SGB IV bei der Berechnung der Krankengeldhöhe berücksichtigt wird (vgl. § 47 Abs. 1 SGB V).
b) Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers ist auch nicht deshalb von einem konkludenten Angebot der Beklagten auf Weitergewährung der Dienstwagennutzung auszugehen, weil diese ihn trotz Ablaufs des Entgeltfortzahlungszeitraums zunächst mehrere Monate lang nicht zurückgefordert hat. Auch eine konkludente Vereinbarung setzt voraus, dass dem Verhalten einer Partei ein entsprechender Erklärungswert zukommt: Wie bei verbalen Äußerungen ist erforderlich, dass der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte das Verhalten als Ausdruck des Willens verstehen durfte, sich in bestimmter Weise zu verpflichten (LAG Köln 22.06.2001 – 11 (6) Sa 391/01 – NZA-RR 2001, 523). Das bloße Schweigen ist aber in der Regel keine Willenserklärung, sondern das Gegenteil einer Erklärung (Palandt/Ellenberger BGB 68 Aufl. Einführung vor § 116 Rdnr. 7).
Der Kläger hat aber keine Umstände dafür vorgetragen, warum er aus der Tatsache, dass die Beklagte zunächst nicht von dem ihr eingeräumten Rückforderungsrecht Gebrauch gemacht hat, darauf schließen durfte, ein solches Rückgabeverlangen werde auch in Zukunft nicht erfolgen. Noch weniger konnte der Kläger aus der Bereitschaft der Beklagten, den Ablauf des ohnehin geschlossenen Leasingvertrags abzuwarten und darauf zu verzichten, in bestehende Zustände einzugreifen, auf den Willen der Beklagten schließen, durch die Neuanschaffung eines Nachfolgefahrzeugs für die Verlängerung dieses Zustands zu sorgen (so zutreffend LAG Köln 22.06.2001 – 11 (6) Sa 391/01 – a.a.O.).
C. Nebenentscheidungen
I.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
II.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.