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Dingliches Vorkaufsrecht hat Vorrang vor Mieter-Vorkaufsrecht

Im Kampf um eine Wohnung in Meißen stehen sich eine Ex-Ehefrau und der Mieter gegenüber – beide beanspruchen das Vorkaufsrecht. Der Bundesgerichtshof stärkt die Position der Ex-Frau und räumt ihrem dinglichen Vorkaufsrecht Vorrang vor dem gesetzlichen Vorkaufsrecht des Mieters ein. Nun muss das Oberlandesgericht Dresden prüfen, ob die Frau die Wohnung tatsächlich erhält.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Bundesgerichtshof (BGH)
  • Datum: 27.09.2024
  • Aktenzeichen: V ZR 48/23
  • Verfahrensart: Revisionsverfahren
  • Rechtsbereiche: Immobilienrecht, Vertragsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Klägerin: Die ehemalige Ehefrau, die im Rahmen der Trennung ein Vorkaufsrecht an einer der Wohnungen erhalten hat. Sie möchte die Auflassung der Wohnung Zug um Zug gegen Zahlung von 27.000 EUR, sowie weitere Zahlungen vom Beklagten einfordern.
  • Beklagter: Der ehemalige Ehemann, der nach der Trennung die Wohnungen verkaufte, von denen eine durch ein Vorkaufsrecht der Klägerin geschützt war.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Die Parteien, geschiedene Eheleute, hatten ihre gemeinsam erworbene Immobilie in Wohnungseigentum aufgeteilt und sich gegenseitig Vorkaufsrechte eingeräumt. Der Beklagte verkaufte seine zwei Wohnungen, darunter die streitgegenständliche Wohnung, aus der auch der Mieter sein Vorkaufsrecht ausübte. Die Klägerin hatte ebenfalls ihr Vorkaufsrecht geltend gemacht, was zu rechtlichen Auseinandersetzungen führte, da ihr Vorkaufsrecht im Grundbuch gelöscht wurde.
  • Kern des Rechtsstreits: Der Kern der Auseinandersetzung ist die Frage, ob das dingliche Vorkaufsrecht der Klägerin Vorrang vor dem gesetzlichen Vorkaufsrecht des Mieters hat, obwohl letzteres bei der Mietüberlassung noch nicht bestand.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Berufungsurteil wurde aufgehoben und zur neuen Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  • Begründung: Der BGH entschied, dass das dingliche Vorkaufsrecht der Klägerin Vorrang hat, sofern es zugunsten eines Familienangehörigen, hier der geschiedenen Ehefrau, bestellt wurde. Die zeitliche Reihenfolge zwischen Mieter- und dinglichem Vorkaufsrecht spielt hierbei keine Rolle.
  • Folgen: Das Berufungsgericht muss nun die Ansprüche der Klägerin neu prüfen. Dies könnte zur Folge haben, dass die Wohnung letztlich an die Klägerin übertragen wird und sie ihre weiteren Ansprüche geltend machen kann.

Vorkaufsrecht im Immobilienrecht: Dingliches vs. Mieterrecht im Vergleich

Das Vorkaufsrecht spielt eine entscheidende Rolle im Immobilienrecht und bietet sowohl Käufern als auch Mietern spezielle Optionen. Während das dingliche Vorkaufsrecht einem Dritten das Recht einräumt, ein Grundstück zu erwerben, bevor es an einen anderen Käufer verkauft wird, schützt das Mieter-Vorkaufsrecht die Interessen von Mietern, indem es ihnen ermöglicht, die Immobilie zu kaufen, in der sie wohnen. Diese beiden Formen des Vorkaufsrechts stehen häufig im Spannungsverhältnis zueinander. Ein wesentlicher Punkt ist die Priorität des dinglichen Vorkaufsrechts, das in vielen Fällen Vorrang vor den Mieterrechten hat.

Dieser rechtliche Rahmen wirft wichtige Fragen auf, insbesondere wenn es um die rechtlichen Grundlagen des Vorkaufsrechts und die damit verbundenen Vorschriften geht. Im Folgenden wird ein konkreter Fall betrachtet, der die Unterschiede zwischen dinglichem und Mieter-Vorkaufsrecht veranschaulicht und die Auswirkungen auf die beteiligten Parteien analysiert.

Der Fall vor Gericht


Dingliches Vorkaufsrecht geht bei Ex-Ehepartnern dem Mietervorkaufsrecht vor

Dingliches Vorkaufsrecht im Konflikt mit Mietrecht
Rangordnung von Vorkaufsrechten im Mietrecht (Symbolfoto: Ideogramm gen.)

Ein Rechtsstreit zwischen geschiedenen Eheleuten um das Vorkaufsrecht an einer Wohnung in Meißen beschäftigte den Bundesgerichtshof. Im Mittelpunkt stand die Frage der Rangfolge zwischen einem dinglichen Vorkaufsrecht der Ex-Ehefrau und dem gesetzlichen Vorkaufsrecht des Mieters.

Notarielle Vereinbarung zur Wohnungsteilung nach Scheidung

Die Ex-Ehepartner hatten 2016 ihr gemeinsames Haus in Meißen notariell in drei Wohnungseigentumseinheiten aufgeteilt. Der Ex-Mann erhielt zwei Wohnungen, die Ex-Frau eine Wohnung. Die Parteien räumten sich gegenseitig dingliche Vorkaufsrechte ein. Für die Ex-Frau wurde im Dezember 2016 ein Vorkaufsrecht an der Wohnung Nr. 3 im Grundbuch eingetragen. Als der Ex-Mann 2019 beide Wohnungen für jeweils 27.000 EUR an Dritte verkaufte, übten sowohl die Ex-Frau als auch der Bestandsmieter der Wohnung Nr. 3 ihre Vorkaufsrechte aus.

Streit um Vorrang der Vorkaufsrechte

Der Ex-Mann schloss einen notariellen Kaufvertrag mit dem Mieter, der daraufhin als Eigentümer im Grundbuch eingetragen wurde. Das Vorkaufsrecht der Ex-Frau wurde 2022 gelöscht. In ihrer Klage forderte die Ex-Frau die Übereignung der Wohnung gegen Zahlung von 27.000 EUR sowie Mietzahlungen und Nutzungsentschädigung. Das Landgericht und das Oberlandesgericht Dresden wiesen die Klage weitgehend ab.

BGH stärkt Position der Ex-Ehefrau

Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des OLG Dresden auf. Die Richter stellten klar, dass das dingliche Vorkaufsrecht der Ex-Frau Vorrang vor dem gesetzlichen Vorkaufsrecht des Mieters genießt. Dies gelte auch dann, wenn das dingliche Vorkaufsrecht erst nach der Vermietung der Wohnung bestellt wurde. Entscheidend sei das gesetzgeberische Regelungskonzept, wonach Ex-Ehepartner als Familienangehörige im Sinne des Gesetzes gelten. Die Bestellung eines Vorkaufsrechts für Familienangehörige sei wertungsmäßig einem direkten Verkauf gleichgestellt.

Rückverweisung zur weiteren Prüfung

Der Fall wurde zur erneuten Verhandlung an das OLG Dresden zurückverwiesen. Das Berufungsgericht muss nun prüfen, ob die Voraussetzungen für einen Übereignungsanspruch der Ex-Frau vorliegen. Dabei ist auch zu klären, ob die Ex-Frau ihr Vorkaufsrecht wirksam ausgeübt hat. Falls ein Kaufvertrag durch die Ausübung des Vorkaufsrechts zustande gekommen ist, muss das Gericht auch über die geltend gemachten Ansprüche auf Mietzahlungen und Nutzungsentschädigung entscheiden.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil stellt klar, dass ein Dingliches Vorkaufsrecht von geschiedenen Ehepartnern Vorrang vor dem gesetzlichen Vorkaufsrecht des Mieters genießt – auch wenn es erst nach der Vermietung bestellt wurde. Der BGH begründet dies mit dem gesetzgeberischen Regelungskonzept, wonach Ex-Ehepartner als Familienangehörige gelten und die Bestellung eines Vorkaufsrechts einem direkten Verkauf gleichgestellt ist. Die zeitliche Reihenfolge der Bestellung oder Ausübung der Vorkaufsrechte spielt dabei keine Rolle.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie als geschiedene Eheleute ein dingliches Vorkaufsrecht an einer vermieteten Immobilie vereinbart haben, können Sie dieses auch gegen den Mieter durchsetzen – selbst wenn dieser bereits vor der Scheidung in der Wohnung lebte. Ihr Vorkaufsrecht hat Vorrang vor dem gesetzlichen Vorkaufsrecht des Mieters und bleibt auch bei einer fälschlichen Löschung im Grundbuch wirksam. Bei einem Verkauf der Immobilie können Sie Ihr Vorkaufsrecht ausüben und die Übertragung des Eigentums verlangen, auch wenn der Mieter ebenfalls sein Vorkaufsrecht geltend macht.


Die Durchsetzung von Vorkaufsrechten, insbesondere im Verhältnis zwischen geschiedenen Ehepartnern und Mietern, gestaltet sich oft komplex. Gerade bei Unstimmigkeiten über die Rangfolge der Vorkaufsrechte ist es wichtig, Ihre rechtlichen Möglichkeiten zu kennen und Ihre Interessen effektiv zu vertreten. Unklarheiten über die Gültigkeit und den Vorrang Ihres Vorkaufsrechts können zu langwierigen Streitigkeiten und finanziellen Verlusten führen. Wir unterstützen Sie gerne dabei, Ihre Rechte in solchen Situationen zu wahren und die für Sie bestmögliche Lösung zu erzielen.
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FAQ - Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Arten von Vorkaufsrechten gibt es und wie unterscheiden sie sich?

Es gibt vier Hauptarten von Vorkaufsrechten, die sich in ihrer rechtlichen Grundlage und Anwendung unterscheiden:

Dingliches Vorkaufsrecht

Das dingliche Vorkaufsrecht ist im Grundbuch eingetragen und bezieht sich ausschließlich auf Immobilien und grundstücksgleiche Rechte. Es ist in den §§ 1094 bis 1104 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt. Wenn Sie ein dingliches Vorkaufsrecht besitzen, haben Sie einen starken Rechtsschutz, da es als Verfügungssperre im Grundbuch wirkt. Das bedeutet, dass selbst wenn ein Kaufvertrag mit einem Dritten bereits notariell beurkundet wurde, Sie als Vorkaufsberechtigter die Immobilie unter den gleichen Bedingungen erwerben können.

Schuldrechtliches Vorkaufsrecht

Im Gegensatz zum dinglichen Vorkaufsrecht wird das schuldrechtliche Vorkaufsrecht nicht im Grundbuch eingetragen. Es basiert auf den §§ 463 bis 473 BGB und kann sich sowohl auf bewegliche als auch unbewegliche Sachen beziehen. Wenn Sie ein schuldrechtliches Vorkaufsrecht haben, beruht dies auf einer vertraglichen Vereinbarung zwischen Ihnen und dem Eigentümer. Allerdings bietet es einen geringeren Schutz als das dingliche Vorkaufsrecht, da es nur zwischen den Vertragsparteien wirkt und einen Verkauf an Dritte nicht verhindert.

Gesetzliches Vorkaufsrecht

Das gesetzliche Vorkaufsrecht entsteht kraft Gesetzes und bedarf keiner vertraglichen Vereinbarung. Ein wichtiges Beispiel hierfür ist das Vorkaufsrecht des Mieters nach § 577 BGB. Wenn Sie Mieter einer Wohnung sind, die in Eigentumswohnungen umgewandelt und verkauft werden soll, steht Ihnen dieses Vorkaufsrecht zu. Es dient dem Schutz von Mietern vor Verdrängung durch Eigenbedarfskündigungen neuer Eigentümer.

Öffentlich-rechtliches Vorkaufsrecht

Dieses Vorkaufsrecht steht in der Regel Gemeinden zu und ist im Baugesetzbuch (§§ 24 bis 28 BauGB) geregelt. Wenn Sie ein Grundstück in einem Gebiet verkaufen möchten, für das die Gemeinde ein Vorkaufsrecht hat, muss die Gemeinde innerhalb von zwei Monaten entscheiden, ob sie davon Gebrauch macht. Dieses Recht dient dem Allgemeinwohl und ermöglicht es Gemeinden, städtebauliche Ziele umzusetzen.

Es ist wichtig zu wissen, dass das dingliche Vorkaufsrecht Vorrang vor dem Mietervorkaufsrecht hat. Wenn Sie also eine Immobilie kaufen möchten, für die sowohl ein dingliches Vorkaufsrecht im Grundbuch eingetragen ist als auch ein Mietervorkaufsrecht besteht, hat der Inhaber des dinglichen Vorkaufsrechts den Vorrang.

Die Unterscheidung dieser Vorkaufsrechte ist besonders relevant für die Durchsetzbarkeit. Während das dingliche und das gesetzliche Vorkaufsrecht starke Rechtspositionen darstellen, bietet das schuldrechtliche Vorkaufsrecht weniger Schutz. Wenn Sie ein Vorkaufsrecht vereinbaren oder ausüben möchten, sollten Sie genau prüfen, welche Art für Ihre Situation am besten geeignet ist.


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Wie wird ein dingliches Vorkaufsrecht im Grundbuch eingetragen?

Die Eintragung eines dinglichen Vorkaufsrechts erfolgt in Abteilung II des Grundbuchs. Für die wirksame Bestellung sind zwei zentrale Schritte erforderlich:

Vertragliche Grundlage

Ein Vorkaufsrechtsvertrag zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Vorkaufsberechtigten bildet die Basis. Nach aktueller Rechtsprechung des BGH vom 8. April 2016 muss die dingliche Einigung zur Bestellung des Vorkaufsrechts nicht mehr notariell beurkundet werden.

Eintragungsprozess

Der Vertrag wird beim Grundbuchamt eingereicht, das daraufhin die Eintragung vornimmt. Das Vorkaufsrecht muss mit seinem gesamten Inhalt ins Grundbuch eingetragen werden. Dabei ist insbesondere zu vermerken:

  • ob es sich um ein subjektiv-dingliches oder subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht handelt
  • ob das Recht vererblich ist
  • ob es für den ersten oder alle Verkaufsfälle gilt

Rechtswirkung

Mit der Eintragung wird das Vorkaufsrecht unmittelbar wirksam und bindet alle künftigen Eigentümer. Die Eintragung fungiert zugleich als Vormerkung und verhindert eine Eigentumsübertragung ohne Berücksichtigung des Vorkaufsberechtigten. Selbst wenn ein Dritter bereits als neuer Eigentümer eingetragen wurde, kann der Vorkaufsberechtigte das Grundstück noch für sich beanspruchen.

Kosten

Die Grundbucheintragung ist mit Kosten verbunden. Die Verteilung dieser Kosten müssen Eigentümer und Vorkaufsberechtigter untereinander vereinbaren. Die neue BGH-Rechtsprechung zur nicht erforderlichen notariellen Beurkundung führt zu einer erheblichen Kostenersparnis bei der Bestellung des Vorkaufsrechts.


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Welche Fristen gelten bei der Ausübung eines Vorkaufsrechts?

Bei der Ausübung eines Vorkaufsrechts müssen Sie zwei zentrale Fristen beachten: Die Mitteilungsfrist des Verkäufers und die Ausübungsfrist für den Vorkaufsberechtigten.

Mitteilungsfrist für den Verkäufer

Der Verkäufer muss den Vorkaufsberechtigten unverzüglich über den Inhalt des mit einem Dritten geschlossenen Kaufvertrags informieren. Diese Mitteilung kann auch durch den Dritten (den potenziellen Käufer) erfolgen.

Ausübungsfrist für den Vorkaufsberechtigten

Wenn Sie als Vorkaufsberechtigter die Mitteilung über den Kaufvertrag erhalten, haben Sie folgende Fristen zur Ausübung Ihres Rechts:

  • Bei Grundstücken und Immobilien: zwei Monate nach Erhalt der Mitteilung
  • Bei anderen Gegenständen: eine Woche nach Erhalt der Mitteilung

Besondere Fristvereinbarungen

Die gesetzlichen Fristen können durch vertragliche Vereinbarungen ersetzt werden. Wenn Sie und der Verkäufer eine andere Frist vereinbart haben, gilt diese anstelle der gesetzlichen Frist. Die Frist beginnt jedoch erst zu laufen, wenn ein rechtswirksamer Kaufvertrag mit einem Dritten vorliegt.

Gemeindliches Vorkaufsrecht

Für Gemeinden gelten seit der BauGB-Novelle besondere Regelungen. Die Ausübungsfrist wurde von zwei auf drei Monate verlängert. Diese Verlängerung wurde eingeführt, da die bisherige Frist von zwei Monaten bei komplexeren Verfahren oft nicht ausreichte, um das Vorkaufsrecht rechtssicher ausüben zu können.

Wenn Sie Ihr Vorkaufsrecht nicht innerhalb der geltenden Frist ausüben, erlischt es für den konkreten Verkaufsfall. Eine nachträgliche Ausübung ist dann nicht mehr möglich.


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Was passiert bei konkurrierenden Vorkaufsrechten verschiedener Berechtigter?

Bei konkurrierenden Vorkaufsrechten entscheidet eine klare gesetzliche Rangfolge über den Vorrang der verschiedenen Ansprüche.

Vorrang des dinglichen Vorkaufsrechts für Familienangehörige

Ein dingliches Vorkaufsrecht zugunsten von Familienangehörigen genießt stets Vorrang vor dem gesetzlichen Mietervorkaufsrecht. Dies gilt auch dann, wenn das dingliche Vorkaufsrecht erst nach der Vermietung der Wohnung im Grundbuch eingetragen wurde.

Gleichrangige Vorkaufsrechte

Wenn Sie mehrere gleichrangige Vorkaufsrechte an einem Grundstück bestellen möchten, ist dies nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Eine wirksame Bestellung erfordert zwingend eine Vereinbarung zur Vermeidung von Kollisionen bei mehrfacher Ausübung der Vorkaufsrechte.

Rangverhältnisse im Detail

Der Gesetzgeber hat für verschiedene Konstellationen unterschiedliche Regelungen getroffen:

  • Familienangehörige: Wenn Sie als Eigentümer die Wohnung an Familienangehörige oder Haushaltsangehörige verkaufen möchten, geht dies dem Mietervorkaufsrecht vor.
  • Dingliche Vorkaufsrechte: Ein im Grundbuch eingetragenes Vorkaufsrecht für geschiedene Ehepartner behält seine Wirkung auch dann, wenn es unrechtmäßig gelöscht wurde.
  • Mehrere Berechtigte: Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts durch mehrere Berechtigte muss sich die Ausübung auf den gesamten Vorkaufsgegenstand beziehen.

Praktische Bedeutung

Wenn Sie als Eigentümer einer Immobilie verschiedene Vorkaufsrechte einräumen möchten, müssen Sie die Rangfolge sorgfältig beachten. Eine unrechtmäßige Missachtung der Rangfolge kann zur Unwirksamkeit des Verkaufs führen.


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Welche Kosten entstehen bei der Ausübung eines Vorkaufsrechts?

Bei der Ausübung eines Vorkaufsrechts fallen verschiedene Kosten an, die Sie als potenzieller Käufer berücksichtigen sollten:

Kaufpreis

Der Kaufpreis ist die größte Kostenposition. Wenn Sie Ihr Vorkaufsrecht ausüben, müssen Sie den Preis zahlen, den der Verkäufer mit einem Dritten vereinbart hat. Dies kann unter Umständen höher sein als der Marktwert der Immobilie.

Notarkosten und Grundbuchgebühren

Die Notarkosten für die Beurkundung des Kaufvertrags betragen in der Regel etwa 1-1,5% des Kaufpreises. Zusätzlich fallen Grundbuchgebühren für die Eigentumsumschreibung an, die sich auf etwa 0,5% des Kaufpreises belaufen. Bei einem Kaufpreis von 300.000 Euro würden die Notarkosten und Grundbuchgebühren zusammen etwa 4.500 Euro betragen.

Grunderwerbsteuer

Die Grunderwerbsteuer variiert je nach Bundesland zwischen 3,5% und 6,5% des Kaufpreises. In einem Bundesland mit einem Steuersatz von 5% würden bei einem Kaufpreis von 300.000 Euro 15.000 Euro Grunderwerbsteuer anfallen.

Kosten für die Eintragung des Vorkaufsrechts

Wenn Sie ein dingliches Vorkaufsrecht im Grundbuch eintragen lassen, fallen dafür ebenfalls Gebühren an. Bei einem Immobilienwert von 300.000 Euro betragen diese Kosten etwa 600 Euro.

Finanzierungskosten

Sollten Sie zur Finanzierung des Kaufpreises einen Kredit aufnehmen, kommen Zinsen und Gebühren für die Grundschuld hinzu. Die Höhe dieser Kosten hängt von Ihren individuellen Konditionen ab.

Bedenken Sie, dass die Gesamtkosten bei der Ausübung eines Vorkaufsrechts erheblich sein können. Wenn Sie beispielsweise eine Immobilie im Wert von 300.000 Euro erwerben, können die Nebenkosten leicht 25.000 Euro oder mehr betragen. Es ist daher ratsam, diese Kosten in Ihre finanzielle Planung einzubeziehen, bevor Sie sich für die Ausübung eines Vorkaufsrechts entscheiden.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Juristische Fachbegriffe kurz und knapp einfach erklärt

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Dingliches Vorkaufsrecht

Ein im Grundbuch eingetragenes Recht, das seinem Inhaber die Möglichkeit gibt, eine Immobilie vorrangig zu erwerben, wenn der Eigentümer diese verkaufen möchte. Es ist stärker als andere Vorkaufsrechte und wird durch Eintragung ins Grundbuch für jedermann ersichtlich (§ 873 BGB). Anders als beim gesetzlichen Vorkaufsrecht entsteht es nur durch vertragliche Vereinbarung. Ein typisches Beispiel ist die Einräumung eines dinglichen Vorkaufsrechts zwischen Ehepartnern bei der Vermögensaufteilung nach einer Scheidung.


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Gesetzliches Vorkaufsrecht

Ein kraft Gesetz bestehendes Recht, das bestimmten Personen oder Institutionen ermöglicht, bei einem Verkauf vorrangig als Käufer einzutreten. Es ist in verschiedenen Gesetzen geregelt, wie zum Beispiel im BGB für Mieter (§ 577 BGB) oder im Baugesetzbuch für Gemeinden. Im Gegensatz zum dinglichen Vorkaufsrecht muss es nicht im Grundbuch eingetragen werden. Ein wichtiger Fall ist das Vorkaufsrecht des Mieters beim Verkauf seiner Mietwohnung.


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Grundbuch

Das öffentliche Register für Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte, geführt vom Amtsgericht. Es dokumentiert alle wichtigen Rechtsverhältnisse an Immobilien wie Eigentum, Hypotheken und dingliche Rechte (§§ 873, 874 BGB). Das Grundbuch genießt öffentlichen Glauben, das heißt sein Inhalt wird als richtig vermutet. Relevante Rechtsänderungen an Grundstücken werden erst durch die Eintragung im Grundbuch wirksam. Zum Beispiel muss ein Eigentumsübergang oder ein dingliches Vorkaufsrecht eingetragen werden.


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Notarielle Vereinbarung

Eine rechtlich bindende Abmachung, die von einem Notar beurkundet wird. Der Notar prüft die Rechtmäßigkeit, belehrt die Beteiligten und dokumentiert den Vorgang in öffentlicher Form (§ 8 BeurkG). Bei Immobiliengeschäften ist die notarielle Beurkundung gesetzlich vorgeschrieben (§ 311b BGB). Beispielsweise müssen Kaufverträge für Grundstücke oder die Bestellung von dinglichen Rechten notariell beurkundet werden.


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Nutzungsentschädigung

Ein finanzieller Ausgleich für die Nutzung einer Immobilie ohne rechtliche Grundlage. Sie wird fällig, wenn jemand ein Grundstück oder eine Wohnung ohne Berechtigung nutzt (§ 546a BGB). Die Höhe orientiert sich meist an der ortsüblichen Miete. Ein typischer Fall ist die weitere Nutzung einer Wohnung durch einen Mieter nach Beendigung des Mietvertrags oder durch einen unrechtmäßigen Besitzer.


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Übereignungsanspruch

Das Recht, die Übertragung des Eigentums an einer Sache zu verlangen. Er entsteht beispielsweise aus einem Kaufvertrag (§ 433 BGB) oder durch Ausübung eines Vorkaufsrechts. Der Anspruch muss bei Grundstücken durch notarielle Auflassung und Eintragung im Grundbuch umgesetzt werden. Voraussetzung ist regelmäßig die Erfüllung der eigenen Verpflichtungen, wie die Kaufpreiszahlung.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 577 BGB (Vorkaufsrecht des Mieters):
    Das gesetzliche Vorkaufsrecht des Mieters nach § 577 BGB greift, wenn eine vermietete Wohnung in Wohnungseigentum umgewandelt und an einen Dritten verkauft wird. Es soll den Mieter vor einer Verdrängung durch den Verkauf der Immobilie schützen und ihm die Möglichkeit geben, die Wohnung zu den gleichen Bedingungen zu erwerben. Dieses Vorkaufsrecht besteht jedoch nicht, wenn der Verkauf an nahe Familienangehörige des Vermieters erfolgt (§ 577 Abs. 1 Satz 2 BGB).
    Im vorliegenden Fall hat der Mieter sein gesetzliches Vorkaufsrecht ausgeübt, obwohl ein dingliches Vorkaufsrecht der Klägerin bestand. Der BGH stellte jedoch fest, dass das dingliche Vorkaufsrecht Vorrang genießt, da es im familiären Zusammenhang eingerichtet wurde und der gesetzgeberische Schutz des Mieters hier zurücktritt.
  • § 433 BGB (Pflichten aus dem Kaufvertrag):
    Dieser Paragraph regelt die Hauptpflichten aus einem Kaufvertrag, insbesondere die Verpflichtung des Verkäufers, das Eigentum an der Kaufsache zu übertragen, und des Käufers, den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen.
    Im Fall argumentierte die Klägerin, dass durch die Ausübung ihres dinglichen Vorkaufsrechts ein Kaufvertrag zwischen ihr und dem Beklagten zustande gekommen sei. Der BGH erkannte an, dass dies unter den gegebenen Umständen rechtlich möglich wäre, sofern die Vorrangigkeit ihres Vorkaufsrechts bestätigt wird.
  • § 1098 Abs. 2 BGB i.V.m. § 883 BGB (Vormerkung zur Sicherung von Ansprüchen):
    Eine Vormerkung dient der Sicherung eines zukünftigen Anspruchs auf eine Rechtsänderung, wie beispielsweise die Übertragung von Eigentum. Gemäß § 1098 Abs. 2 BGB entfaltet ein eingetragenes dingliches Vorkaufsrecht eine solche Vormerkungswirkung.
    Im vorliegenden Fall war das dingliche Vorkaufsrecht der Klägerin im Grundbuch eingetragen. Die Vormerkung hätte ihren Anspruch auf Übereignung der Wohnung auch gegen die nachfolgende Veräußerung an den Mieter schützen können, jedoch wurde diese Vormerkung zu Unrecht gelöscht, was der BGH als fehlerhaft bewertete.
  • § 566 BGB (Kauf bricht nicht Miete):
    § 566 BGB schützt Mieter, indem er sicherstellt, dass bei einem Verkauf der vermieteten Immobilie der Käufer in den Mietvertrag eintritt. Dieses Prinzip dient dem Bestandsschutz des Mieters und kann mit dem Vorkaufsrecht nach § 577 BGB kombiniert auftreten.
    Im Fall war die Wohnung an den Mieter vermietet, und dieser berief sich sowohl auf sein Mietervorkaufsrecht als auch auf den Schutz seines Mietverhältnisses. Der Konflikt bestand jedoch in der konkurrierenden Priorität zwischen Mieterschutz und dem dinglichen Vorkaufsrecht der Klägerin.
  • § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO (Zurückverweisung):
    Nach dieser Vorschrift kann ein Urteil aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen werden, wenn noch weitere Tatsachen festgestellt werden müssen.
    Der BGH hob das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zurück, da die Vorinstanz die Vorrangigkeit des dinglichen Vorkaufsrechts der Klägerin und damit die Voraussetzungen eines Kaufvertrags zwischen ihr und dem Beklagten nicht ausreichend geprüft hatte. Dies ermöglicht eine erneute Entscheidung unter Berücksichtigung der BGH-Feststellungen.

Das vorliegende Urteil

BGH – Az.: V ZR 48/23 – Urteil vom 27.09.2024


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