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Direktionsrecht Arbeitgeber – Zumutbarkeit Alternativbeschäftigung

Hessisches Landesarbeitsgericht

Az: 16 Sa 1280/09

Urteil vom 08.03.2010


Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 21. April 2009 – 5 Ca 496/08 – wird zurückgewiesen.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 21. April 2009 – 5 Ca 496/08 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 23. Dezember 2008 aufgelöst worden ist.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu einem Fünftel und die Beklagte zu vier Fünftel zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung sowie einer ordentlichen Änderungskündigung und die Weiterbeschäftigung der Klägerin.

Die am ………geborene, einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Klägerin, ist seit 1. Oktober 1997 bei der Beklagten, die regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt und bei der kein Betriebsrat gebildet ist, zu einer Bruttomonatsvergütung von zuletzt 2333,33 € als Krankenpflegehelferin tätig.

Der schriftliche Arbeitsvertrag der Parteien, wegen dessen Inhalt im Übrigen auf Blatt 64 und 65 der Akten verwiesen wird, enthält unter § 4 folgende Regelung:

„An Sonn- und Feiertagen ist im Wechsel Dienstpflicht, in der übrigen Wochenarbeitszeit fällt Früh- und Spätschicht an. Frau A verpflichtet sich bei Bedarf auch im Nachtdienst zu arbeiten.“

Seit 1999 wurde die Klägerin ausschließlich im Nachtdienst eingesetzt. Anfang November 2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie künftig im Tagdienst arbeiten solle. Unter Bezugnahme auf den Betreuungsbedarf ihres Kindes lehnte die Klägerin dies durch Schreiben Ihres Prozessbevollmächtigten vom 17. November 2008 ab. Ungeachtet dessen teilte die Beklagte ihr unter dem 19. November 2008 mit, dass sie aufgrund des Direktionsrechts künftig im Tagdienst eingesetzt wird. Seit dem 3. Dezember 2008 ist die Klägerin arbeitsunfähig krank. Mit Schreiben vom 10. Dezember 2008 wies die Beklagte die Klägerin an, am 25. Dezember 2008 pünktlich zum Dienstantritt im Frühdienstes zu erscheinen. Gegen diese Maßnahme wandte sich die Klägerin mit einer am 18. Dezember 2008 beim ArbGer eingegangenen Klage, die dort unter dem Aktenzeichen 5 Ca 477/08 geführt wurde und beim Hessischen Landesarbeitsgericht unter dem Aktenzeichen 16 Sa 1282/09 anhängig ist.

Unter dem 10. Dezember 2008 erklärte die Beklagte gegenüber der Klägerin eine ordentliche Änderungskündigung zum 30. April 2009, wonach sie künftig im Früh-, Spät- und Wochenenddienst mit 40 Stunden wöchentlich zu einer Grundvergütung von 1564 € zuzüglich Zuschlägen tätig sein soll (Blatt 4,5 der Akten). Dieses Änderungsangebot nahm die Klägerin nicht unter dem Vorbehalt des § 2 Kündigungsschutzgesetz an, sondern erhob mit einem am 30. Dezember 2008 beim ArbGer eingegangenen Schriftsatz Kündigungsschutzklage. Ferner wendet sich die Klägerin gegen eine fristlose, hilfsweise fristgemäße Kündigung zum 30. April 2009 (Blatt 6 der Akten). Schließlich begehrt die Klägerin für den Fall des Obsiegens mit den Feststellungsanträgen ihre Weiterbeschäftigung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Nachtdienst als Krankenpflegerin.

Die Klägerin hat behauptet, 1999 sei mündlich vereinbart worden, dass sie nur noch im Nachtdienst eingesetzt werde. Sie hat die Ansicht vertreten, eine Beschäftigung im Tagdienst sei nicht vom Direktionsrecht der Beklagten umfasst. Jedenfalls habe sich ihre Tätigkeit aufgrund der ausschließlichen Beschäftigung im Nachtdienst hierauf konkretisiert. Hinsichtlich der außerordentlichen Kündigung hat die Klägerin die Auffassung vertreten, die von der Beklagten angeführten Kündigungsgründe (Schlafen im Nachtdienst) stünden allenfalls einer künftigen Beschäftigung im Nachtdienst nicht jedoch im Tagdienst entgegen, weshalb im Hinblick auf das Ultima ratio Prinzip eine Änderungskündigung in Betracht zu ziehen gewesen wäre.

Die Klägerin hat beantragt, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die unter dem Datum des 10. Dezember 2008 ausgesprochene ordentliche Kündigung nicht aufgelöst worden ist,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die unter dem Datum des 23. Dezember 2008 ausgesprochene außerordentliche Kündigung nicht aufgelöst worden ist,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht,

für den Fall des Obsiegens mit den Feststellungsanträgen die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Feststellungsanträge im Nachtdienst als Krankenpflegerin weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, sie sei aufgrund des Direktionsrechts berechtigt, der Klägerin eine Tätigkeit im Tagdienst zuzuweisen. Wegen der Verschlechterung des Krankheitsbildes der Patienten habe die Beklagte die Dauernachtwachen abgeschafft und setze nachts nur noch examiniertes Personal ein. Daher könne die Klägerin im Nachtdienst nicht mehr beschäftigt werden. Die Änderungskündigung sei nur vorsorglich erfolgt. Zur Rechtfertigung der außerordentlichen Kündigung behauptet die Beklagte, die Klägerin habe während Ihres Nachtdienstes regelmäßig den Ton der Patientenklingel ausgeschaltet und sich, ohne sich um die Patienten zu kümmern, schlafen gelegt. Dies habe die Geschäftsleitung der Beklagten erst am 23. Dezember 2008 durch eine schriftliche Information der Pflegedienstleitung (Blatt 60 bis 63 der Akten) erfahren. Der Weiterbeschäftigungsantrag sei bereits Gegenstand des gesonderten Verfahrens vor dem ArbGer, Aktenzeichen 5 Ca 477/08.

Mit Urteil vom 21. April 2009, das der Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 10. Juli 2009 zugestellt wurde, hat das ArbGer festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 23. Dezember 2008 noch durch die ordentliche Kündigung vom 10. Dezember 2008 aufgelöst worden ist und die Klage im übrigen abgewiesen. Hiergegen haben beide Parteien Berufung eingelegt.

Die Klägerin bestreitet, dass die Beklagte aufgrund einer Verschlechterung des Krankheitsbildes der Patienten verbunden mit einem erhöhten Pflegebedarf die Dauernachtwachen abgeschafft hat und die Organisationsentscheidung getroffen hat nachts nur noch examiniertes Personal einzusetzen. Unstreitig werden seit Juni 2009 während der Sommermonate wieder Krankenpflegehelferinnen im Nachtdienst eingesetzt. Daraus ergebe sich, dass jedenfalls keine dauerhafte Organisationsentscheidung vorliege. Selbst wenn der Klägerin im Rahmen des Direktionsrechts eine Tätigkeit in der Tagschicht zugewiesen werden könne, entspreche dies nicht billigem Ermessen. Die Beklagte habe nicht vorgetragen, warum ein Einsatz examinierten Personals notwendig sei. Jedenfalls müsse ihr im Hinblick auf die Betreuung ihres minderjährigen Kindes eine lange Übergangszeit eingeräumt werden.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 21. April 2009 -5 Ca 496/08- teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Feststellungsanträge im Nachtdienst als Krankenpflegehelferin weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 21. April 2009-5 Ca 496/08-abzuändern und die Klage abzuweisen.

Das ArbGer sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass die Beklagte die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten habe. Die Entscheidung stehe in Widerspruch zur Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 23. Oktober 2008-2 AZR 388/07. Die fristlose Kündigung sei nach § 626 Abs. 1 BGB wirksam, weil die Klägerin ihre Pflichten im Nachtdienst gröblich verletzt habe, indem sie regelmäßig den Ton der Patienten Klingel ausgeschaltet und sich schlafen gelegt habe. Jedenfalls ende das Arbeitsverhältnis aufgrund der hilfsweise ordentlichen Kündigung. Die Änderungskündigung sei unter den Voraussetzungen einer Beendigungskündigung zu überprüfen, weil die Klägerin sie nicht unter Vorbehalt angenommen habe.

Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufungen sind statthaft, § 8 Abs. 2 ArbGG, § 511 Abs. 1 ZPO, § 64 Abs. 2 b und c Arbeitsgerichtsgesetz. Sie sind auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Abs. 1 ArbGG, § 519, § 520 ZPO und damit insgesamt zulässig.

II.

Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Der Antrag, die Klägerin bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Feststellungsanträge im Nachtdienst als Krankenpflegehelferin weiterzubeschäftigen, ist unzulässig, § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO. Die Klägerin hat bereits in dem Verfahren vor dem ArbGer Gießen -5 Ca 477/08- beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin über dem 24. Dezember 2008 hinaus im Nachtdienst als Krankenpflegerin zu beschäftigen. Dieser Klageantrag wurde der Beklagten am 23. Dezember 2008 zugestellt. Er war damit rechtshängig, bevor die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2008, zugestellt am 5. Januar 2009, für den Fall des Obsiegens mit den Feststellungsanträgen beantragte, die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Feststellungsanträge im Nachtdienst als Krankenpflegerin weiterzubeschäftigen. Diese Anträge sind inhaltsgleich, da jeweils die Beschäftigung im Nachtdienst als Krankenpflegerin geltend gemacht wird. Ein Unterschied besteht lediglich darin, dass in der am 18. Dezember 2008 erhobenen Klage die Beschäftigung ab 24. Dezember 2008 begehrt wird, während im vorliegenden Rechtsstreit die Beschäftigung nur hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag geltend gemacht wird. Der zuletzt gestellte Antrag ist daher voll umfänglich in dem zuerst gestellten Antrag enthalten.

III.

Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

1. Es kann dahinstehen, ob -wie das ArbGer angenommen hat- die Kündigung nach § 626 Abs. 2 BGB unwirksam ist.

Die fristlose Kündigung ist bereits deshalb unwirksam, weil ein wichtiger Grund nicht vorliegt, § 626 Abs. 1 BGB. Eine außerordentliche Kündigung setzt nach § 626 Abs. 1 BGB voraus, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses den Kündigenden unzumutbar belastet. Sie ist nur zulässig, wenn sie die unausweichlich letzte Maßnahme (Ultima ratio) für den Kündigungsberechtigten ist. Es reicht nicht aus, wenn dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem bisherigen Inhalt zwar nicht mehr zuzumuten ist, aber eine Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz im Unternehmen zu anderen Bedingungen für den Arbeitgeber tragbar wäre (KR-Fischermeier, 8. Aufl., § 626 BGB Randnummer 251). Eine an sich mögliche Versetzung ist allerdings nur dann in Betracht zu ziehen, wenn der Grund, der einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem bisherigen Inhalt entgegensteht, es nicht zugleich ausschließt, den Arbeitnehmer auf einem anderen Arbeitsplatz oder zu anderen Bedingungen weiterzubeschäftigen. Die anderweitige Beschäftigung muss dem Arbeitgeber nicht nur möglich, sondern auch zumutbar sein. Hierbei ist in der Regel darauf abzustellen, ob ein Kündigungsgrund arbeitsplatzbezogen ist. In diesem Fall geht die mögliche Versetzung auf einen freien Arbeitsplatz der Kündigung vor, wenn die begründete Aussicht besteht, dass der Arbeitnehmer unter den veränderten Verhältnissen die Anforderungen vertragsgemäß erfüllen wird (KR-Fischermeier, § 626 BGB Randnummer 291). Bei verhaltensbedingten Gründen, die arbeitsplatzunabhängig sind, ist dagegen eine Versetzung regelmäßig kein geeignetes Mittel im Verhältnis zur Kündigung.

Die Beklagte stützt die fristlose Kündigung darauf, dass die Klägerin regelmäßig während des Nachtdienstes die Patientenklingel ausgeschaltet und geschlafen habe. Hierbei handelt es sich um eine sehr schwer wiegende Vertragsverletzung, die „an sich“ geeignet ist eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Gleichwohl ist diese Maßnahme hier unverhältnismäßig, weil die Beklagte die Klägerin im Tagdienst beschäftigen kann und sie selbst davon ausgeht, dass sich dort ein derartiges Fehlverhalten nicht wiederholen wird. Dies ergibt sich daraus, dass -wie der Klägervertreter im Schriftsatz vom 21. Januar 2009 (Blatt 32 der Akten) unwidersprochen vorgetragen hat- die Geschäftsführerin der Beklagten während der mündlichen Verhandlung am 30. Dezember 2008 -und damit in Kenntnis der für die Rechtfertigung der fristlosen Kündigung herangezogenen Gründe- erklärt hat, dass sie bereit ist, die Klägerin weiterzubeschäftigen, allerdings nur im Tagdienst. In ihrem Schriftsatz vom 20. Februar 2009 auf Seite 4 unten (Bl. 53 d.A.) führt die Beklagte aus, sie habe sich vorgestellt, dass im Tagdienst kein Schlafen der Klägerin während des Dienstes möglich sei und im Tagdienst mehrere Schwestern auf einer Station eingesetzt sind, sodass jedenfalls eine Gefährdung von Patienten ausgeschlossen ist. Dies zeigt, dass die Beklagte selbst davon ausgeht, dass sich das Fehlverhalten der Klägerin im Tagdienst nicht wiederholen wird. Hierfür spricht, dass die Klägerin sich tagsüber nicht alleine auf der Station aufhält, sondern im Team mit weiteren Kollegen arbeitet. Hinzu kommt, dass üblicherweise der Arbeitsanfall tagsüber auf der Station deutlich höher als nachts ist. Schließlich steht zu erwarten, dass die Klägerin bei einer Beschäftigung im Tagdienst während der Erbringung ihrer Arbeitsleistung weniger müde sein wird, als bei einer Beschäftigung im Nachtdienst.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es der Klägerin nicht entsprechend § 242 BGB verwehrt, sich auf die mögliche Änderung der Arbeitsbedingungen zu berufen. Die von der Beklagten herangezogene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 21.4.2005 – 2 AZR 244/04 – AP Nr. 80 zu § 2 KSchG 1969) ist bereits deshalb hier nicht einschlägig, weil für die Zuweisung einer Tätigkeit im Tagdienst keine Änderung der Arbeitsbedingungen erforderlich war. Das Arbeitsgericht hat zutreffend festgestellt und die Beklagte hat hiergegen auch keine Einwendungen erhoben, dass dies im Rahmen des Direktionsrechts erfolgen konnte. War die Beklagte damit berechtigt, der Klägerin einseitig eine Tätigkeit im Tagdienst zuzuweisen, was sie mit Schreiben vom 19. November 2008 auch getan hat, kam es auf die Herbeiführung eines Einverständnisses mit der Klägerin über die Ausübung dieser Tätigkeit nicht an. Die Beklagte war gehalten abzuwarten, ob die Klägerin nach Wiederherstellung ihrer Arbeitsfähigkeit die Tätigkeit im Tagdienst aufnimmt. Anderenfalls wäre nach erfolgter Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung möglich gewesen (BAG 6. September 2007 – 2 AZR 368/06- BB 2008, 896).

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2. Das Arbeitsverhältnis endete nicht durch die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 23. Dezember 2008 zum 30. April 2009. Das Arbeitsgericht hat versehentlich hierüber nicht entschieden, obwohl die Klägerin auch diese Kündigung angegriffen hat. Zwar wird dieser Beendigungstatbestand im Antrag der Klägerin nicht ausdrücklich erwähnt. Der Klägervertreter hat in seinem Schriftsatz vom 8. Oktober 2009 (Blatt 127 der Akten) jedoch ausdrücklich erklärt, dass auch die vorsorglich ausgesprochene ordentliche Kündigung unwirksam sei. Er hat damit die Sozialwidrigkeit innerhalb der verlängerten Frist des § 6 Kündigungsschutzgesetz geltend gemacht (vgl. KR-Friedrich, 8. Aufl., § 6 KSchG Randnummer 17).

Die hilfsweise ordentliche Kündigung ist nicht nach § 1 Abs. 2 KSchG aus verhaltensbedingten Gründen gerechtfertigt. Auch für die ordentliche Kündigung gilt, dass eine Beschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz dem Arbeitgeber dann zumutbar ist, wenn ein freier Arbeitsplatz verfügbar ist, auf dem der Arbeitnehmer die verlangte Tätigkeit anforderungsgerecht ausführen kann und objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Arbeitnehmer bei einem Einsatz auf diesem Arbeitsplatz das beanstandete Verhalten nicht fortsetzen wird (KR-Griebeling, § 1 KSchG Rn. 407). Dies ist -wie oben ausgeführt- in Bezug auf eine Beschäftigung der Klägerin im Tagdienst der Fall.

3. Die Änderungskündigung vom 10. Dezember 2008 verstößt gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und ist deshalb unwirksam, § 2 Abs. 1, § 1 Abs. 2 KSchG. Kann der Arbeitgeber die beabsichtigte Änderung der Arbeitsbedingungen im Wege des Direktionsrechts einseitig durchsetzen, ist eine mit demselben Ziel ausgesprochene Änderungskündigung überflüssig und daher unverhältnismäßig, wenn der Arbeitnehmer einer vorherigen Versetzung widersprochen hatte und auch das anschließende Angebot zu geänderten Bedingungen weiterzuarbeiten vorbehaltlos ablehnte. Dem Arbeitgeber ist es zuzumuten, von seinem Direktionsrecht Gebrauch zu machen. Weigert sich der Arbeitnehmer die Tätigkeit auszuüben, ist der Arbeitgeber mangels Annahmeverzug nicht verpflichtet, die Vergütung zu zahlen. Zudem kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach erfolgter Abmahnung verhaltensbedingt kündigen (Bundesarbeitsgericht 6. September 2007-2 AZR 368/06- BB 2008, 896).

Das ArbGer hat in Ergebnis und Begründung zutreffend erkannt, dass die Beklagte bereits aufgrund des Direktionsrechts befugt war, der Klägerin eine Tätigkeit im Tagdienst zuzuweisen. Die Berufungskammer schließt sich dem an und nimmt auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts insoweit voll umfänglich Bezug. Soweit die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung rügt, das ArbGer habe verkannt, dass sich die Änderungskündigung in eine Beendigungskündigung umgewandelt hat, trifft dies nicht zu. Die oben wiedergegebene Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts betrifft gerade derartige Fälle, in denen -wie hier- der Arbeitnehmer das Änderungsangebot vorbehaltlos ablehnte.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

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