Zusammenfassung:
In einer Diskothek kam es regelmäßig zu Verstößen der Gäste gegen das Betäubungsmittelgesetz. In letzter Konsequenz erließ die zuständige Behörde eine Gewerbeuntersagungsverfügung gegenüber dem Betreiber der Diskothek. Konnte die Behörde die Diskothek rechtmäßig schließen lassen? Kann der Betreiber der Diskothek für die Verstöße der Gäste gegen das BtmG „belangt“ werden, indem ihm die Ausübung des Gewerbes wegen Unzuverlässigkeit untersagt wird?
Oberverwaltungsgericht Lüneburg
Az: 7 ME 32/15
Beschluss vom 29.06.2015
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover – 11. Kammer (Einzelrichter) – vom 25. März 2015 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10.000,00 € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover vom 25. März 2015 hat keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers abgelehnt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage (Az.: 11 A 13403/14) gegen die für sofort vollziehbar erklärte Gewerbeuntersagungsverfügung der Antragsgegnerin vom 03. November 2014 wiederherzustellen. Mit dieser Verfügung ist dem Antragsteller die selbständige Ausübung des Betriebes der Gaststätte (Diskothek) „B.“ in der C. D. in E. sowie die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes Beauftragter für diese Gaststätte untersagt worden.
Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antrag bereits unzulässig sei, da dem Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Die Untersagungsverfügung habe sich erledigt. Der Antragsteller habe mit seiner Gewerbeabmeldung dem Weiterbetrieb der Diskothek, welche allein in Rede stehe, die Grundlage entzogen. Die ihm untersagte selbständige Ausübung des Betriebes der Gaststätte (Diskothek) „B.“ wolle er danach nicht mehr ausüben. Mit der darüber hinausgehenden Betriebsübergabe habe er den Betrieb endgültig aufgegeben. Er habe gegenüber der Antragsgegnerin erklärt, dass er ab sofort mit dem Betrieb der Gaststätte „B.“ nichts mehr zu tun habe. Ein rechtlich geschütztes Interesse an einer Sachentscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren bestehe nicht.
Die Beschwerdebegründung, auf deren Prüfung das Beschwerdegericht – hinsichtlich der gegen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung sprechenden Gründe (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.11.2004 – 8 S 1870/04 -, NVwZ-RR 2006, 75) – nach § 146 Abs. 4 Satz 6 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) beschränkt ist, rechtfertigt es nicht, den angefochtenen Beschluss im Ergebnis zu ändern. Denn das Beschwerdegericht kann – über die Beschwerdebegründung hinaus – zu Lasten des Beschwerdeführers auch Gründe berücksichtigen, auf welche sich das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung nicht gestützt hat, die diese aber zu rechtfertigen in der Lage wären (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 21.05.2003 – 1 CS 03.60 -, NVwZ 2004, 251; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.08.2002 – 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390).
Das Verwaltungsgericht hat vorliegend im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ohne Erfolg bleibt.
Allerdings ist der Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht unzulässig. Insbesondere fehlt dem Antragsteller nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Zwar hat er am 04. Dezember 2014 gegenüber der Antragsgegnerin in der Gewerbeabmeldung die Betriebsaufgabe der Gaststätte zum 30. November 2014 angezeigt. Jedoch hat er am 16. Dezember 2014 – ohne dass dies dem Verwaltungsgericht zur Kenntnis gebracht worden wäre – rückwirkend zum 10. Dezember 2014 eine erneute Gewerbeanmeldung für die Gaststätte vorgenommen. Er hat damit wieder ein rechtlich geschütztes Interesse an einer Sachentscheidung. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist eine Erledigungssituation auch nicht durch die Erteilung einer „Gewerbeerlaubnis“ durch die Antragsgegnerin am 16. Dezember 2014 eingetreten. Eine solche „Erlaubnis“ ist dem Antragsteller nicht erteilt worden. Vielmehr hat der Antragsteller am 16. Dezember 2014 lediglich eine Gewerbeanmeldung vorgenommen. Soweit die Antragsgegnerin erklärt hat, bis zur endgültigen Entscheidung des Gerichts im Eilverfahren von Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen, handelt es sich um eine gängige Verwaltungspraxis; ein Eingeständnis der Antragsgegnerin bzw. ein Aufheben der Untersagungsverfügung ist darin nicht zu erblicken.
Der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 2 VwGO statthafte Antrag ist danach zwar nicht unzulässig, aber unbegründet.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Verfügung durch die Antragsgegnerin (Ziffer 3. des Bescheides vom 03. November 2014) ist formell ordnungsgemäß erfolgt. Die Antragsgegnerin hat in ausreichender Weise schriftlich begründet, warum sie das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung als gegeben erachtet (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Das Begründungserfordernis dieser Vorschrift ist erfüllt, wenn die Behörde die Erwägungen offen legt, die sie im konkreten Fall veranlasst haben, von der Möglichkeit des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO Gebrauch zu machen. Das ist hier geschehen. Die Antragsgegnerin führt aus, dass das besondere öffentliche Interesse in der begründeten Besorgnis bestehe, dass im Betrieb des Antragstellers der Handel und der Konsum illegaler Betäubungsmittel auch in Zukunft nicht unterbunden bzw. sogar von seinem Personal gefördert oder selbst durchgeführt werde. Hinzuweisen sei auf die Veröffentlichung auf der facebook-Seite der Diskothek „B.“ vom 13. April 2014. Es sei zu erkennen, dass eine Einsicht in eigenes Fehlverhalten nicht vorhanden sei. Bei einem solchen Abstreiten und Verschleiern könne nicht davon ausgegangen werden, dass sich hinsichtlich der Drogenproblematik zukünftig an der Betriebsführung etwas Wesentliches ändern werde. Aus diesen Erwägungen der Antragsgegnerin ergibt sich, dass sie sich des Ausnahmecharakters der Vollziehungsanordnung bewusst war und eine entsprechende Abwägung getroffen hat.
Auch aus materiell-rechtlichen Gründen besteht keine Veranlassung, die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Gewerbeuntersagungsbescheid vom 03. November 2014 wiederherzustellen.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 2 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht hat im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen, deren Grundlage eine umfassende Interessenabwägung ist. Dabei ist zu prüfen, ob das Interesse des Antragstellers an der vorläufigen Aussetzung der Vollziehung des belastenden Verwaltungsaktes das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Durchsetzung überwiegt. Das Gewicht dieser gegenläufigen Interessen wird entweder durch die summarisch zu prüfenden Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache oder – insbesondere wenn die Erfolgsaussichten als offen erscheinen – durch eine Folgenabwägung bestimmt. Ist der Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig, überwiegt das Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung; ist er offensichtlich rechtmäßig, hat regelmäßig das öffentliche Interesse an der Vollziehung Vorrang. Im Rahmen der Folgenabwägung sind die voraussichtlichen Folgen der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs einerseits und der sofortigen Vollziehung andererseits zu gewichten. Maßgebend sind insoweit nicht nur die Dringlichkeit des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung sowie Natur und Schwere der mit dem Eingriff für den Antragsteller verbundenen Belastung, sondern auch die Möglichkeit, die jeweiligen Folgen der Maßnahme rückgängig zu machen.
Hier erscheinen die Erfolgsaussichten der von dem Antragsteller angestrengten Klage bei einer im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes allein anzustellenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage eher gering. Voraussichtlich ist die im Bescheid der Antragsgegnerin vom 03. November 2014 gegenüber dem Antragsteller verfügte Untersagung der selbständigen Ausübung des Betriebes der Gaststätte (Diskothek) „B.“ in der C. D. in E. sowie die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes Beauftragter für diese Gaststätte rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagung ist der Erlass der letzten Verwaltungsentscheidung (vgl. BVerwG, Urteile vom 02.02.1982 – 1 C 17.79 -, BVerwGE 65, 9, und – 1 C 146.80 -, BVerwGE 65, 1). § 35 Abs. 6 Gewerbeordnung (GewO) verbietet die Berücksichtigung einer späteren positiven Entwicklung im Anfechtungsstreit, wenn die Untersagungsvoraussetzungen zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung gegeben waren (vgl. BVerwG, Urteile vom 02.02.1982, a.a.O.).
Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist die Ausübung eines Gewerbes von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO kann die Untersagung auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist.
Ein Gewerbetreibender ist unzuverlässig, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 02.02.1982, a.a.O.). Ein Gastwirt ist u.a. dann unzuverlässig, wenn er im Rahmen seines Betriebes selbst strafbare Handlungen begeht oder strafbare Handlungen anderer duldet, also notwendige Maßnahmen gegen solche Handlungen unterlässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.1988 – 1 C 44.86 -, BVerwGE 81, 74; Urteil vom 28.07.1978 – I C 43.75 -, BVerwGE 56, 205). Auch ohne Beteiligung an strafbaren Handlungen und Ordnungswidrigkeiten verletzt der Gaststättenbetreiber die zur Annahme seiner gaststättenrechtlichen Unzuverlässigkeit führende Aufsichtspflicht, wenn solche Missstände eintreten, die bei gehöriger Aufsicht nicht hätten vorkommen können (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 22.03.1991 – 14 TH 369/91 -, NVwZ 1992, 192).
Zu den an den Betreiber einer Diskothek zu stellenden Anforderungen gehört es, die notwendigen Maßnahmen gegen die Begehung strafbarer Handlungen in seinen Räumen zu ergreifen. Er muss insbesondere alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um die in der von ihm betriebenen Diskothek aufgetretenen Verstöße gegen die Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes zu unterbinden. Er ist zur Zusammenarbeit mit der Polizei verpflichtet, um den Umgang mit Betäubungsmitteln und damit strafbare Handlungen in seiner Gaststätte zu unterbinden (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.07.1978, a.a.O.). Art und Umfang der zu treffenden Maßnahmen bestimmen sich nach der jeweiligen Gefahrenlage; sie können von der Verhängung von Lokalverboten oder der Intensivierung der Zusammenarbeit mit der Polizei über erhebliche Umgestaltung der Betriebsräume bis zur Schließung des Lokals reichen (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 23.01.2001 – 22 ZS 00.3666 -, GewArch 2001, 172). Das Ergreifen solcher Maßnahmen setzt allerdings voraus, dass der Gastwirt von den strafbaren Handlungen Kenntnis hat oder diese bei Beachtung der ihm obliegenden besonderen Aufsichtspflicht hätte haben müssen. Fehlt es daran, können die strafbaren Handlungen Dritter nicht die Unzuverlässigkeit des Gastwirts begründen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.1988, a.a.O.).
Die Frage, ob den Gastwirt gegebenenfalls ein persönliches Verschulden an einem mangelhaften Verhalten trifft, ist unerheblich (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 23.01.2001, a.a.O.). Die gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit ist stets unabhängig von einem etwaigen Verschulden des Gewerbetreibenden objektiv zu beurteilen (vgl. Hamburgisches OVG, Beschluss vom 18.11.1993 – Bs VI 99/93 -, GewArch 1994, 294). Den Gewerbetreibenden trifft ausschließlich der Vorwurf, die betreffende Gaststätte überhaupt noch zu betreiben. Von einem sein Gewerbe ordnungsgemäß ausübenden Gastwirt ist es im Hinblick auf die mit dem Drogenmissbrauch verbundenen Gefahren zu erwarten, dass er seinen Betrieb nicht nur etwa durch Änderung des Betriebskonzeptes so umgestaltet, dass er als Anlaufstelle für Drogenkonsumenten und Drogenhändler unattraktiv ist. Er muss ihn äußerstenfalls – wenn andere Maßnahmen nicht gegriffen haben – als ultima ratio sogar (vorübergehend) schließen und sein Gewerbe gegebenenfalls an anderer Stelle wieder aufnehmen, damit auf dieses Weise die „Szene“ ihr Interesse verliert (vgl. Hamburgisches OVG, Beschluss vom 18.11.1993, a.a.O., m. w. N.; Bayerischer VGH, Beschluss vom 23.01.2001, a.a.O.).
Nach diesen Maßstäben liegt nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit des Antragstellers vor, die die Untersagung der selbständigen Ausübung des Betriebes der Gaststätte (Diskothek) „B.“ in der Georgstraße 50b in 30159 Hannover sowie die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes Beauftragter für diese Gaststätte rechtfertigt.
In der Diskothek „B.“ ist es nach den polizeilichen Ermittlungen zu nicht unerheblichen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz gekommen. Nach den Feststellungen der Polizeistation F. hat es seit der Betriebsübernahme durch den Antragsteller am 01. Januar 2014 bis zum Erlass des Gewerbeuntersagungsbescheides am 03. November 2014 – und darüber hinaus bis in die jüngste Vergangenheit hinein (vgl. den aktuellen Polizeibericht vom 16. Juni 2015) – eine Vielzahl von tatsächlichen Hinweisen auf Anbahnung und auch Abschluss von Drogengeschäften und Fälle von Drogenkonsum gegeben, welche zum Teil in den Räumen der Diskothek „B.“ selbst stattfanden oder jedenfalls dort ihren Ausgangspunkt hatten. Der Senat nimmt insoweit zunächst Bezug auf den Bericht der Polizeistation F. vom 28. April 2014 nebst ergänzendem Schreiben, in dem die Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz in der Zeit vom 01. Januar bis 02. März 2014, die Aufklärungsergebnisse im Objekt, die Erkenntnisse über den Sicherheitsdienst sowie die Ergebnisse der Razzia vom 13. April 2014 geschildert werden. Des Weiteren nimmt der Senat auf den in der Verwaltungsakte enthaltenen E-Mail-Verkehr der Polizeistation F. mit der Antragsgegnerin (vgl. insbesondere E-Mails vom 24. Juli 2014, 13. August 2014 und 16. Oktober 2014) Bezug, in dem die Entwicklung der Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz nach der Razzia bis zum Erlass der Untersagungsverfügung im November 2014 dargestellt wird.
Diese Umstände sind dem Antragsteller in einer die Annahme gewerberechtlicher Unzuverlässigkeit begründenden Weise zuzurechnen. Er hatte von den Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz in der Diskothek „B.“ bereits in einem frühen Stadium der polizeilichen Ermittlungen Kenntnis bzw. hätte bei Beachtung der ihm obliegenden Aufsichtspflichten hiervon Kenntnis haben müssen. Spätestens durch die Razzia vom 13. April 2014 ist der Antragsteller auf die Drogenproblematik in seiner Gaststätte hingewiesen worden. Er hat am Tag der Razzia überdies gegenüber der Polizei angegeben, dass er das Security-Personal ausgetauscht und angewiesen habe, schärfer zu kontrollieren und bei Betäubungsmittelfunden die Polizei zu verständigen. Die Drogenproblematik ist dem Antragsteller danach bewusst gewesen. Für die zutage getretenen Umstände hat der Antragsteller einzustehen, und zwar auch angesichts seiner – allerdings erfolglos gebliebenen – Anstrengungen, des Problems durch das Auswechseln von Personal Herr zu werden. In einer Diskothek wie dieser, in deren Umfeld es in der Vergangenheit wiederholt zu Auffälligkeiten im Bereich des Besitzes und Austausches von Betäubungsmitteln gekommen ist, sind besonders hohe Anforderungen an die Aufsichtspflicht des Betreibers zu stellen. Unter diesen Umständen muss der Diskothekenbetreiber seine Bediensteten sorgfältig auswählen und überwachen. Ferner muss sich der Diskothekenbetreiber selbst nachhaltig um eine Zusammenarbeit mit der Polizei bemühen. Insbesondere muss er zu eigenen konkreten Angaben zu Vorfällen in seiner Diskothek bereit sein (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 23.01.2001, a.a.O.). Anweisungen an die Türsteher, die Gäste zu durchsuchen, um das Hereinschmuggeln von Drogen zu verhindern, genügen nicht, wenn ihre Befolgung nicht effektiv überwacht wird. Wie die Berichte der Polizeistation F. nach der Razzia bis zum heutigen Tag belegen, ist die Attraktivität der Diskothek „B.“ für den Drogenhandel und -konsum unverändert groß. Eine Änderung dergestalt, dass das Lokal von der „Szene“ gemieden wird, ist auf der Grundlage der von dem Antragsteller getroffenen Maßnahmen nicht zu erwarten. Der Antragsteller ist offenbar nicht in der Lage, der von ihm betriebenen Diskothek „B.“ deren Attraktivität als Treffpunkt für Drogenhandel und -konsum nachhaltig zu nehmen.
Soweit der Antragsteller in seiner Antragsschrift gegenüber dem Verwaltungsgericht zum einen versucht, die Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz zu verharmlosen, indem er darauf hinweist, dass der Besitz und Konsum von Drogen ein weit verbreitetes gesellschaftliches Problem sei, dem aufgrund einer möglicherweise verfehlten Drogenpolitik nicht beizukommen sei, und er zum anderen die Feststellungen der Polizeistation F. in Zweifel zieht, nimmt der Senat auf die diesbezügliche Erwiderung des Polizeioberkommissars G. der Polizeistation F. vom 16. Dezember 2014 Bezug, die sich mit den Einwänden des Antragstellers nachvollziehbar auseinandersetzt. Soweit danach an einzelnen Geschehensabläufen noch Restzweifel bestehen, bedürfen diese jedenfalls im gerichtlichen Eilverfahren aufgrund der vorliegenden polizeilichen Erkenntnisse zu der Vielzahl von Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz keiner weiteren Aufklärung.
Soweit der Antragsteller mit seiner Beschwerdebegründung darauf hinweist, dass die Gaststätte seit der Aufhebung der Versiegelung im Dezember 2014 beanstandungsfrei geführt worden sei und es keine Polizeieinsätze gegeben habe, ist auf die aktuelle Stellungnahme der Polizeistation F. vom 16. Juni 2015 zu verweisen, wonach im Rahmen regelmäßiger polizeilicher Kontrollen am „H. B.“ und im unmittelbaren Nahbereich in der Zeit vom 11. Dezember 2014 bis zum 14. Juni 2015 insgesamt 33 Strafverfahren wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz mit Bezug zur Diskothek „H. B.“ eingeleitet worden seien. Allein 19 dieser Strafverfahren stammten aus einem zielgerichteten Sondereinsatz am 14. Mai 2015. Im Übrigen kommt es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagung auf den Zeitpunkt des Erlasses der letzten Verwaltungsentscheidung an. Dies ist hier der 03. November 2014.
Auch die erweiterte Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 GewO ist nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage voraussichtlich nicht zu beanstanden. Sie kommt in Betracht, wenn der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeit unzuverlässig, die Untersagung erforderlich und ein Ausweichen des Gewerbetreibenden in eine leitende unselbstständige Tätigkeit zu erwarten ist. Letzteres wird man insbesondere dann annehmen können, wenn sich die Ausübung einer leitenden unselbstständigen Tätigkeit für den Gewerbetreibenden auf Grund seines beruflichen Werdeganges und persönlichen Lebenszuschnitts, der Erstreckung der Untersagung auf einzelne andere oder sogar alle Gewerbe usw. als einzig akzeptable Alternative darstellt (vgl. Marcks in: Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, 68. Ergänzungslieferung August 2014, § 35 Rn. 94, beck-online). Vorliegend ist aufgrund des beruflichen Werdegangs des Antragstellers ein Ausweichen in eine leitende unselbständige Tätigkeit nicht fernliegend: Der Antragsteller war bereits im Jahr 2013 als Mitarbeiter der Diskothek „B.“ tätig. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin ihr Ermessen zugunsten des Antragstellers dahingehend ausgeübt, dass ihm lediglich die selbständige Ausübung des Betriebes der Diskothek „B.“ sowie die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes Beauftragter für diese konkrete Gaststätte – Diskothek „B.“ – untersagt worden ist. Die Antragsgegnerin richtet sich damit allein gegen den konkreten Gefahrenherd der Diskothek „B.“ und ermöglicht es dem Antragsteller, in einem anderen Betrieb gewerblich tätig zu werden.
Unabhängig von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache geht eine reine Folgenabwägung ebenfalls zu Lasten des Antragstellers aus. Den wirtschaftlichen Interessen des Antragstellers an der Fortführung des Betriebes der Diskothek „B.“ steht angesichts der mit dem Missbrauch von Betäubungsmitteln in einer Diskothek für junge Menschen verbundenen Gefahren das hohe Gewicht des Interesses der Allgemeinheit an einem Schutz von Leib und Leben sowie der Bekämpfung der Betäubungsmittelkriminalität gegenüber.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) in Verbindung mit den Ziffern 1.5, 54.2.1 und 54.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).