Landgericht Dortmund
Az: 36 Qs 112/09
Beschluss vom 16.12.2009
In der Strafsache wegen Computerbetruges hier: Auslagenerstattung hat die 36. große Strafkammer des Landgerichts Dortmund auf die Beschwerde des Antragstellers vom 7. Oktober 2009 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Dortmund vom 1. Oktober 2009 am 16. Dezember 2009 beschlossen:
Die Sache wird wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung der Kammer übertragen.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die vorn Antragsteller geltend gemachte Dokumentenpauschale ist dem Grunde nach erstattungsfähig. Zur Entscheidung über ihre Höhe wird die Sache an das Amtsgericht — Rechtspflegerin — zurückverwiesen.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Ein Anspruch auf Ersatz einer Dokumentenpauschale steht dem Antragsteller dem Grunde nach zu. Er gründet sich auf Nr. 7000 Nr. 1 lit. a VV RVG , wonach einem Verteidiger eine Pauschale für die Herstellung und Überlassung von Dokumenten für Ablichtungen und Ausdrucken aus Gerichtsakten zu erstatten ist, soweit deren Herstellung zur sachgemäßen Bearbeitung der Sache geboten war.
Vorliegend hat der Antragsteller einen Auszug aus dem zur Einsicht überlassenen Gerichtsakten dadurch gefertigt, dass er die Akten eingescannt und in einer PDF- Datei auf einem elektronischen Datenträger gespeichert hat. Auf Papier ausgedruckt hat er die Datei nicht. Das Amtsgericht ist im Anschluss an eine Entscheidung des SG Dortmund vom 10.06.2009 — S 26 R 245/06 (zitiert nach juris) der Auffassung dass ein Einscannen und Abspeichern von Akten in einer elektronischen Datei den Gebührentatbestand der Nr. 7000 der VV RVG nicht erfüllt. Dafür erforderlich sei vielmehr der Ausdruck der Datei in Papierform.
Die Kammer ist dagegen mit der richtungsweisenden Entscheidung des OLG Bamberg (NJVV 2006, 3504), dem sich die Mehrheit im Schrifttum angeschlossen hat (vgl. Schmidt in Burhoff (Hrsg) , Kommentar zum RVG, VV 7000 Nr. 13; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt , RVG, 18. Aufl. VV 7000, Rdn. 6) der Ansicht, dass der Anspruch auf eine Dokumentenpauschale mit dem Einscannen und elektronischen Abspeichern von Aktenauszügen entsteht. Das OLG Bamberg hat überzeugend dargelegt, dass es sich auch bei einer gespeicherten Datei um ein Dokument handele, weil diese dem Verteidiger den vollständigen Zugriff auf den Akteninhalt ermögliche und diesen damit dokumentiere. Bei dem Scanvorgang handele es sich im Wortsinne um eine Ablichtung, da ein Scanner ein Gerät zur optischen Datenerfassung sei, das mittels eines Lichtstrahls ein Dokument abtaste und die Informationen digitalisiere. Den Ausdruck des Dokuments in Papierform verlange das Gesetz nicht explizit. Die Pauschale entstehe für Ablichtungen und Ausdrucke; nicht notwendig müssten beide Merkmale kumulativ erfüllt sein (so aber das SG Dortmund a. a. O.).
Zwar hebt das SG Dortmund in seiner Entscheidung mit durchaus beachtlichen Gründen darauf ab, dass der Gesetzgeber bei der Festlegung der Höhe der Pauschale die Materialkosten für die Duplizierung der Akten in Papierform im Auge gehabt haben dürfte, die deutlich höher als beim bloßen Einscannen und elektronischen Abspeichern von Daten sein dürften. Gleichwohl sprechen Sinn und Zweck der Vorschrift für das Entstehen der Dokumentenpauschale. Die Pauschale soll den Aufwand von Arbeitszeit und Material für die Erstellung von Dokumenten abdecken. Der zeitliche Aufwand des Scannens ist mit dem des Kopierens gleichzusetzen. Für die Verfügbarkeit der Daten müssen entsprechende Datenspeicher vorgehalten werden, wobei allerdings der Materialaufwand für das Papier entfällt. Letztlich dienen sowohl das Kopieren als auch das Einscannen demselben Zweck. Beide ermöglichen den ständigen Zugriff des Rechtsanwaltes auf den Inhalt der Akte. Beide Methoden sind vom Ergebnis her gleichwertig und eine unterschiedliche Behandlung der Erstattung der Aufwendungen daher nur schwerlich nachvollziehbar. Geradezu kontraproduktiv und reine Papierverschwendung wäre, wenn der Anwalt eigens um die Voraussetzungen für die Erstattung seiner Aufwendungen zu schaffen, die Dateien ausdrucken musste, obwohl für ihre Vorhaltung in Papierform kein eigentlicher Bedarf besteht.
Über die Höhe der Dokumentenpauschale wird zunächst das Amtsgericht zu befinden haben, weshalb die Sache insoweit an das Amtsgericht zurückzuverweisen war.