LG Stuttgart, Az.: 19 O 181/16, Beschluss vom 15.01.2018
1. Die Dolmetschervergütung für die Wahrnehmung des Termins am 07.07.2017 wird für die Dolmetscherin auf 184,50 € festgesetzt.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Die Dolmetscherin wurde durch das Landgericht Stuttgart mit Schreiben vom 06.07.2017 als Dolmetscherin für die mündliche Verhandlung vom 07.07.2017 bestellt. Sie nahm den Termin war.

Mit Schreiben vom 13.10.2017 beantragte die Dolmetscherin Wiedereinsetzung in die Frist des § 2 Abs. 1 S. 1 JVEG. Zur Begründung führt sie aus, dass sie krankheitsbedingt die Frist versäumt habe. Durch Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 24.10.2017 wurde der Dolmetscherin Wiedereinsetzung in die Frist des § 2 Abs. 1 S. 1 JVEG gewährt. In der Folge rechnete die Dolmetscherin für ihre Tätigkeit am 07.07.2017 einen Betrag i.H.v. 184,50 € inklusive Mehrwertsteuer ab.
Am 05.12.2017 beantragte die zuständige Bezirksrevisor für die Staatskasse die Entschädigung der Dolmetscherin für die Teilnahme am Termin vom 07.07.2017 auf 0,00 € festzusetzen. Zur Begründung führt sie aus, dass die Frist des § 2 Abs. 1 Nr. 2 JVEG am 09.10.2017 geendet habe und der Dolmetscherin Wiedereinsetzung in diese Frist nicht zu gewähren war.
Mit Verfügung vom 12.12.2017 erhielt die Dolmetscherin die Möglichkeit zur Stellungnahme bis zum 29.12.2017. Eine Stellungnahme erfolgte nicht.
II.
1.
Der Antrag vom 05.12.2017 ist nach § 4 Abs. 1 JVEG zulässig.
Zuständig für die gerichtliche Festsetzung der Dolmetscherentschädigung ist das Gericht, von dem der Dolmetscher herangezogen worden ist. Die Entscheidung ergeht grundsätzlich als Einzelrichterentscheidung (§ 4 Abs. 7 JVEG). Aufgrund des Antrags der Antragstellerin vom 05.12.2017 war die Vergütung der Dolmetscherin gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 JVEG somit gerichtlich festzusetzen.
2.
Die von der Dolmetscherin beantragten Zeiten, Stundensätze und weitern Kosten weisen keine Fehler auf. Rügen hinsichtlich der von der Dolmetscherin in Ansatz gebrachten Beträge wurden von Seiten der Antragstellerin nicht vorgetragen. Anhaltpunkte für eine Schlechtleistung oder übersetzte Positionen sind ebenfalls weder ersichtlich noch vorgetragen.
Der Dolmetscherin steht daher für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vom 07.07.2017 eine Entschädigung in Höhe von 184,50 € zu.
3.
Soweit die Antragstellerin in ihren Antrag auf eine Versäumnis der Frist des § 2 Abs. 1 S. 1, S. 2 Z. 2 JVEG abstellt und die durch das Gericht durch Beschluss vom 24.10.2017 gewährte Wiedereinsetzung rügt, ist klarstellend auszuführen, dass auch dieser Einwand nicht zu einer – von Seiten der Staatskasse beantragten – Festsetzung der Dolmetschervergütung auf 0,00 € führt.
a.
Der Wiedereinsetzungsantrag der Dolmetscherin vom 13.10.2017 war begründet.
Gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 JVEG ist dem Berechtigten auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn dieser ohne Verschulden an der Einhaltung einer Frist nach § 2 Abs. 1 JVEG gehindert war und die Tatsachen glaubhaft macht, welche die Wiedereinsetzung begründen.
Der entsprechende Antrag der Dolmetscherin ging beim Gericht am 13.10.2017 ein, mithin innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses. Die Dolmetscherin hat durch ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auch ausreichend dargelegt, dass sie aufgrund Krankheit – und damit ohne ein eigenes Verschulden – an der Einhaltung der Frist verhindert war. Die Beauftragung eines Vertreters, der anstelle der Dolmetscherin die Abrechnung hätte fertigen können, kann von dieser vorliegend indes nicht verlangt werden. So ist die Rechtsprechung des BGH zur Vertreterbestellung bei Rechtsanwälten (vgl. u.a. BGH NJW 2009, 3037) nicht auf eine allein-selbstständig tätige Dolmetscherin ohne entsprechende Büroorganisation und diesbezüglich besondere Pflichten übertragbar. An selbstständige – oder gar nur nebenberuflich tätige – Dolmetscher, können allein aus Gründen der wirtschaftlichen Verhältnismäßigkeit nicht die gleichen Anforderungen gestellt werden, wie an Rechtsanwälte als Organe der Rechtspflege mit entsprechenden berufsstandschaftlichen Organisationspflichten.
Hinzu kommt, dass vorliegend auch der Dolmetscherin das Recht, Fristen bis zum Ende auszureizen, zusteht. Kommt es am Ende einer Frist zu einer unvorhergesehenen Erkrankung, so stellt dies grundsätzlich einen Wiedereinsetzungsgrund dar. Hierbei muss gesehen werden, dass die Dolmetscherin, indem sie unverzüglich nach Genesung einen Antrag auf Wiedereinsetzung – nebst Abrechnung ihrer Entschädigung – bei Gericht eingereicht hat, alles ihr Zumutbare getan hat, um ihren Pflichten gerecht zu werden. Zu einem Tätigwerden während einer ärztlich diagnostizierten Erkrankung war die Dolmetscherin indes nicht verpflichtet; eine solche Verpflichtung wäre überdies selbst bei Rechtsanwälten nicht gegeben (vgl. u.a. BGH NJW 2009, 3037).
Aus diesem Grund wurde der Dolmetscherin durch das Gericht zu Recht Wiedereinsetzung in die Frist des § 2 Abs. 1 JVEG gewährt.
b.
Abschließend ist weiter auszuführen, dass das Festsetzungsverfahren nach § 4 Abs. 1 JVEG nicht der inzidenten Anfechtung einer gewährten Wiedereinsetzung nach § 2 Abs. 2 JVEG dient.
Aus § 2 Abs. 2 S. 4 JVEG folgt, dass lediglich vom Berechtigten – vorliegend der Dolmetscherin – eine ablehnende Wiedereinsetzungsentscheidung angefochten werden kann. Im Umkehrschluss steht der Staatskasse kein Beschwerderecht gegen eine gewährende Wiedereinsetzungsentscheidung zu (vgl. u.a. OLG Koblenz JB 2012, 320 OLG Schleswig BeckRS 2011, 17633). Aus diesem Grund kann von Seiten der Staatskasse im Rahmen eines Verfahrens nach § 4 Abs. 1 JVEG auch keine inzidente Beschwerde gegen eine Wiedereinsetzungsentscheidung nach § 2 Abs. 2 JVEG geführt werden.
Der von Seiten der Antragstellerin vorgebrachte Einwand geht daher fehl und führt nicht zu einer Festsetzung der Dolmetschervergütung auf weniger als 184,50 €.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 4 Abs. 8 JVEG.
Die Beschwerde war nicht zu zulassen, da die zur Entscheidung stehende Frage keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Beschwerdegerichts nicht erfordert (§ 4 Abs. 3 JVEG). Hinsichtlich der gewährten Wiedereinsetzung ist – unabhängig von der Statthaftigkeit des insoweit vorgebrachten Einwands im vorliegenden Verfahren nach § 4 JVEG – weiter auszuführen, dass auch diesbezüglich die Zulassung der Beschwerde nicht angezeigt ist. So sind die Rechtsfragen zur Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand durch eine gefestigte, obergerichtliche Rechtsprechung hinreichend geklärt (vgl. u.a. BGH NJW 2009, 3037; Beschluss vom 14. Juli 2015, II ZB 27/14; Beschluss vom 19.06.2017, AnwZ (Brfg) 13/17), weshalb eine Entscheidung des Beschwerdegerichts auch insoweit nicht erforderlich ist.