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Doppelnamen – EU: Deutsche Behörden müssen Doppelnamen anerkennen

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)

Az.: C-353/06

14. Oktober 2008

„Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten – Internationales Privatrecht im Bereich der Nachnamen − Bestimmung des anwendbaren Rechts unter Anknüpfung allein an die Staatsangehörigkeit − In einem Mitgliedstaat geborenes und wohnhaftes minderjähriges Kind, das die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats besitzt – Nichtanerkennung des im Geburts- und Wohnsitzmitgliedstaat erworbenen Namens in dem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehöriger das Kind ist“

In der Rechtssache betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Amtsgericht Flensburg (Deutschland) mit Entscheidung vom 16. August 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 28. August 2006, in dem Verfahren…………aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. Dezember 2007, unter Berücksichtigung der Erklärungen ……….nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 24. April 2008

folgendes Urteil

1. Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 12 EG und 18 EG.

2. Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits, den Herr G… und Frau P… gegen das Standesamt Niebüll führen, weil dieses es ablehnt, den in Dänemark bestimmten und eingetragenen Nachnamen ihres Sohnes Leonhard Matthias anzuerkennen und in das für sie bei diesem Standesamt angelegte Familienbuch einzutragen.

Deutsches Recht

Internationales Privatrecht

Art. 10 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) bestimmt:

„Der Name einer Person unterliegt dem Recht des Staates, dem die Person angehört.“

Bürgerliches Recht

Zur Bestimmung des Nachnamens eines Kindes, dessen Eltern unterschiedliche Namen führen, heißt es in § 1617 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB):

„(1)  Führen die Eltern keinen Ehenamen und steht ihnen die Sorge gemeinsam zu, so bestimmen sie durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten den Namen, den der Vater oder die Mutter zur Zeit der Erklärung führt, zum Geburtsnamen des Kindes. …

(2)  Treffen die Eltern binnen eines Monats nach der Geburt des Kindes keine Bestimmung, überträgt das Familiengericht das Bestimmungsrecht einem Elternteil. Absatz 1 gilt entsprechend. Das Gericht kann dem Elternteil für die Ausübung des Bestimmungsrechts eine Frist setzen. Ist nach Ablauf der Frist das Bestimmungsrecht nicht ausgeübt worden, so erhält das Kind den Namen des Elternteils, dem das Bestimmungsrecht übertragen ist.

(3)  Ist ein Kind nicht im Inland geboren, so überträgt das Gericht einem Elternteil das Bestimmungsrecht nach Absatz 2 nur dann, wenn ein Elternteil oder das Kind dies beantragt oder die Eintragung des Namens des Kindes in ein deutsches Personenstandsbuch oder in ein amtliches deutsches Identitätspapier erforderlich wird.“

Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

Am 27. Juni 1998 wurde in Dänemark Leonhard Matthias G…-P… als Kind von Frau P… und Herrn G… geboren, die damals miteinander verheiratet waren und beide die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Das Kind besitzt ebenfalls die deutsche Staatsangehörigkeit und lebt seit seiner Geburt in Dänemark.

Ausweislich einer von der zuständigen dänischen Behörde ausgestellten Namensurkunde („navnebevis“) erhielt das Kind nach dänischem Recht den Namen G…-P…, der auch in die dänische Geburtsurkunde eingetragen wurde.

Die deutschen Standesämter lehnten die Anerkennung des in Dänemark für das Kind bestimmten Namens mit der Begründung ab, nach Art. 10 EGBGB unterliege der Nachname einer Person dem Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit sie besitze, und nach deutschem Recht dürfe ein Kind keinen Doppelnamen, bestehend aus den Namen seines Vaters und seiner Mutter, führen. Die von den Eltern des Kindes Leonhard Matthias gegen diese ablehnende Entscheidung eingelegten Rechtsbehelfe blieben ohne Erfolg

Die Eltern des Kindes, deren Ehe zwischenzeitlich geschieden wurde, hatten keinen gemeinsamen Familiennamen geführt und hatten es abgelehnt, eine Geburtsnamensbestimmung für das Kind nach § 1617 Abs. 1 BGB zu treffen.

Das Amtsgericht Niebüll wurde vom Standesamt Niebüll wegen der Übertragung des Rechts zur Bestimmung des Nachnamens des jungen Leonhard Matthias auf einen seiner Elternteile gemäß § 1617 Abs. 2 und 3 BGB angerufen. Das Amtsgericht setzte das Verfahren aus und ersuchte den Gerichtshof gemäß Art. 234 EG um Vorabentscheidung. In seinem Urteil vom 27. April 2006, Standesamt Stadt Niebüll (C-96/04, Slg. 2006, I-3561), stellte der Gerichtshof fest, dass das Amtsgericht Niebüll, welches in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit angerufen worden war, als Verwaltungsbehörde handelte, ohne dass es gleichzeitig einen Rechtsstreit zu entscheiden hatte, so dass nicht davon ausgegangen werden konnte, dass es eine Rechtsprechungstätigkeit ausübte. Aus diesem Grund erklärte sich der Gerichtshof für nicht zuständig, die gestellte Frage zu beantworten.

Am 30. April 2006 beantragten die Eltern des Kindes Leonhard Matthias bei der zuständigen Behörde, ihren Sohn unter dem Namen G…-P… in das in Niebüll geführte Familienbuch einzutragen. Mit Bescheid vom 4. Mai 2006 lehnte das Standesamt Niebüll diese Eintragung mit der Begründung ab, dass nach dem deutschen Recht zur Regelung der Nachnamen eine solche Eintragung nicht möglich sei.

Am 6. Mai 2006 ging beim Amtsgericht Flensburg ein Antrag der Eltern ein, das Standesamt Niebüll anzuweisen, den in Dänemark bestimmten und eingetragenen Nachnamen ihres Sohnes anzuerkennen und diesen unter dem Namen Leonhard Matthias G…-P… in das Familienbuch einzutragen.

Das vorlegende Gericht stellt fest, dass eine Anweisung des Standesamts Niebüll zur Eintragung eines nach deutschem Recht unzulässigen Namens nicht möglich sei, äußert jedoch Zweifel, ob es mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sei, einen Unionsbürger zu zwingen, in unterschiedlichen Mitgliedstaaten unterschiedliche Nachnamen zu führen.

Das Amtsgericht Flensburg hat deshalb das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Kann im Hinblick auf das in Art. 12 EG enthaltene Diskriminierungsverbot bzw. im Hinblick auf die in Art. 18 EG für jeden Unionsbürger verbürgte Freizügigkeit das in Art. 10 EGBGB verankerte deutsche Kollisionsrecht Bestand haben, soweit es hinsichtlich des Namensrechts allein eine Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit vornimmt?

Zur Vorlagefrage

Das vorlegende Gericht möchte mit seiner Frage im Wesentlichen wissen, ob die Art. 12 EG und 18 EG dem entgegenstehen, dass die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats es ablehnen, den Nachnamen eines Kindes anzuerkennen, der in einem anderen Mitgliedstaat bestimmt und eingetragen wurde, in dem das Kind – das wie seine Eltern nur die Staatsangehörigkeit des erstgenannten Mitgliedstaats besitzt – geboren wurde und seitdem wohnt.

 Anwendungsbereich des EG-Vertrags

Zunächst ist festzustellen, dass die Situation des Kindes Leonhard Matthias vom sachlichen Anwendungsbereich des EG-Vertrags erfasst wird.

Zwar fällt das Recht zur Regelung der Nachnamen beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, doch müssen diese bei der Ausübung dieser Zuständigkeit gleichwohl das Gemeinschaftsrecht beachten, sofern es sich nicht um einen internen Sachverhalt handelt, der keinerlei Bezug zum Gemeinschaftsrecht aufweist (vgl. Urteil vom 2. Oktober 2003, Garcia Avello, C-148/02, Slg. 2003, I-11613, Randnrn. 25 und 26 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass ein solcher Bezug zum Gemeinschaftsrecht bei Kindern besteht, die Angehörige eines Mitgliedstaats sind und sich zugleich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhalten (vgl. Urteil Garcia Avello, Randnr. 27).

Das Kind Leonhard Matthias kann sich daher gegenüber dem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehöriger es ist, grundsätzlich auf das Recht aus Art. 12 EG, nicht aufgrund seiner Staatsangehörigkeit diskriminiert zu werden, sowie auf das Recht aus Art. 18 EG, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, berufen.

Art. 12 EG

Zu Art. 12 EG ist jedoch ohne Weiteres festzustellen, dass das Kind Leonhard Matthias – wie dies auch alle Mitgliedstaaten, die beim Gerichtshof Erklärungen eingereicht haben, und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften vorgetragen haben – in Deutschland nicht aufgrund seiner Staatsangehörigkeit diskriminiert wird.

Da das Kind und seine Eltern nämlich nur die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen und die deutsche Kollisionsnorm, die im Ausgangsverfahren in Frage steht, für die Erteilung des Nachnamens auf das deutsche Sachrecht zur Regelung der Namen verweist, kann darin, dass der Name dieses Kindes in Deutschland nach deutschem Recht bestimmt wird, keine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit liegen.

Art. 18 EG

Eine nationale Regelung, die bestimmte eigene Staatsangehörige allein deswegen benachteiligt, weil sie von ihrer Freiheit, sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben und sich dort aufzuhalten, Gebrauch gemacht haben, stellt eine Beschränkung der Freiheiten dar, die Art. 18 Abs. 1 EG jedem Unionsbürger verleiht (vgl. Urteile vom 18. Juli 2006, De Cuyper, C-406/04, Slg. 2006, I-6947, Randnr. 39, und vom 22. Mai 2008, Nerkowska, C-499/06, Slg. 2008, I-0000, Randnr. 32).

Die Verpflichtung, in dem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit der Betroffene besitzt, einen anderen Namen als den zu führen, der bereits im Geburts- und Wohnsitzmitgliedstaat erteilt und eingetragen wurde, kann aber die Ausübung des Rechts aus Art. 18 EG behindern, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten.

23      Wie der Gerichtshof in Bezug auf Kinder mit der Staatsangehörigkeit zweier Mitgliedstaaten bereits festgestellt hat, können unterschiedliche Familiennamen für die Betroffenen zu schwerwiegenden Nachteilen beruflicher wie auch privater Art führen, die insbesondere aus den Schwierigkeiten resultieren können, in dem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörige diese Kinder sind, rechtliche Wirkungen von Urkunden oder Schriftstücken in Anspruch zu nehmen, die auf den Namen ausgestellt wurden, der in einem anderen Mitgliedstaat anerkannt ist, dessen Staatsangehörigkeit sie ebenfalls besitzen (Urteil Garcia Avello, Randnr. 36).

Solch schwerwiegende Nachteile können sich in gleicher Weise in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens ergeben. Es kommt nämlich in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die Unterschiedlichkeit der Nachnamen aus der doppelten Staatsangehörigkeit der Betroffenen oder aus dem Umstand folgt, dass die Namensbestimmung im Geburts- und Wohnsitzstaat an den Wohnsitz geknüpft ist, während sie in dem Staat, dessen Staatsangehörigkeit die Betroffenen besitzen, an die Staatsangehörigkeit geknüpft ist.

Wie die Kommission ausführt, erfordern viele alltägliche Handlungen im öffentlichen wie im privaten Bereich den Nachweis der Identität, der in der Regel durch den Reisepass erbracht wird. Da das Kind Leonhard Matthias nur die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, liegt die Ausstellung dieses Dokuments allein in der Zuständigkeit der deutschen Behörden. Sollten diese es aber ablehnen, den in Dänemark bestimmten und eingetragenen Nachnamen anzuerkennen, werden sie dem Kind einen Reisepass ausstellen, der auf einen anderen Namen als den lautet, den es im letztgenannten Mitgliedstaat erhalten hat.

Folglich läuft der Betroffene Gefahr, jedes Mal, wenn er in Dänemark – dem Mitgliedstaat, in dem er geboren wurde und seitdem wohnt – den Nachweis seiner Identität erbringen muss, Zweifel an dieser Identität und den Verdacht von Falschangaben ausräumen zu müssen, die durch die Divergenz zwischen dem Namen, den er schon immer im täglichen Leben benutzt hat und der sowohl in den Registern der dänischen Behörden als auch in allen in Dänemark in Bezug auf ihn ausgestellten amtlichen Dokumenten wie insbesondere der Geburtsurkunde steht, und dem Namen in seinem deutschen Reisepass hervorgerufen werden.

Zudem wird die Zahl der Dokumente, insbesondere der Bescheinigungen, Zeugnisse und Diplome, die eine Divergenz bezüglich des Nachnamens des Betroffenen erkennen lassen, im Laufe der Jahre vermutlich wachsen, da das Kind sowohl zu Dänemark als auch zu Deutschland einen engen Bezug hat. Nach den Verfahrensakten hält es sich nämlich, auch wenn es hauptsächlich bei seiner Mutter in Dänemark lebt, regelmäßig in Deutschland auf, um seinen Vater zu besuchen, der sich dort nach der Scheidung der Ehe niedergelassen hat.

Jedes Mal, wenn der in einer konkreten Situation benutzte Name nicht dem Namen entspricht, der in dem Dokument steht, das zum Nachweis der Identität einer Person vorgelegt wird, um insbesondere entweder eine Leistung oder ein Recht gleich welcher Art zu erlangen oder aber das Bestehen von Prüfungen bzw. den Erwerb von Fähigkeiten zu belegen, oder wenn in zwei zusammen vorgelegten Dokumenten nicht derselbe Name steht, kann eine solche Divergenz bezüglich des Nachnamens Zweifel an der Identität der Person und an der Echtheit der Dokumente oder der Wahrheitsgemäßheit der darin enthaltenen Angaben wecken.

Eine Beeinträchtigung der Freizügigkeit, wie sie aus den schwerwiegenden Nachteilen resultiert, die in den Randnrn. 23 bis 28 des vorliegenden Urteils beschrieben sind, wäre allenfalls dann gerechtfertigt, wenn sie auf objektiven Erwägungen beruhte und in einem angemessenen Verhältnis zum legitimerweise verfolgten Zweck stünde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. September 2007, Kommission/Deutschland, C-318/05, Slg. 2007, I-6957, Randnr. 133 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Um die ausschließliche Anknüpfung der Bestimmung des Nachnamens an die Staatsangehörigkeit zu rechtfertigen, machen die deutsche Regierung und einige der anderen Regierungen, die Erklärungen beim Gerichtshof eingereicht haben, insbesondere geltend, dass dieser Anknüpfungspunkt ein objektives Kriterium sei, das es erlaube, den Namen einer Person so zu bestimmen, dass Gewissheit und Kontinuität gegeben seien, die Namenseinheit unter Geschwistern zu gewährleisten und die Beziehungen zwischen den Mitgliedern der Familie im weiteren Sinne zu erhalten. Außerdem diene dieses Kriterium dazu, alle Personen mit einer bestimmten Staatsangehörigkeit gleich zu behandeln und sicherzustellen, dass die Namen von Personen mit derselben Staatsangehörigkeit auf dieselbe Weise bestimmt würden.

So berechtigt diese Gründe, die für die Anknüpfung der Bestimmung des Namens einer Person an deren Staatsangehörigkeit angeführt werden, als solche auch sein mögen, verdient es doch keiner von ihnen, dass ihm eine solche Bedeutung beigemessen wird, dass er unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens die Weigerung der zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats rechtfertigen könnte, den Nachnamen eines Kindes anzuerkennen, der bereits in einem anderen Mitgliedstaat bestimmt und eingetragen wurde, in dem das Kind geboren wurde und seitdem wohnt.

Da nämlich die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit gewährleisten soll, dass der Name einer Person so bestimmt wird, dass Kontinuität und Stabilität gegeben sind, ist entsprechend dem Vorbringen der Kommission festzustellen, dass eine solche Anknüpfung unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens zum Gegenteil des angestrebten Ergebnisses führen wird. Denn das Kind wird jedes Mal, wenn es die Grenze zwischen Dänemark und Deutschland überquert, einen anderen Namen führen.

Zum Ziel, die Einheitlichkeit des Namens unter Geschwistern zu gewährleisten, genügt die Feststellung, dass sich dieses Problem im Ausgangsverfahren nicht stellt.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass das deutsche internationale Privatrecht für die Zwecke der Bestimmung des Nachnamens einer Person nicht ausnahmslos an deren Staatsangehörigkeit anknüpft. Die deutschen Kollisionsnormen über die Bestimmung des Namens eines Kindes erlauben nämlich eine Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt eines der Elternteile, wenn der Aufenthaltsort in Deutschland liegt. Ein Kind, das wie seine Eltern nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, kann daher in Deutschland dennoch einen nach deutschem Recht gebildeten Familiennamen erhalten, wenn einer seiner Elternteile dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Eine mit der Situation des Kindes Leonhard Matthias vergleichbare Situation könnte sich also auch in Deutschland ergeben.

Die deutsche Regierung trägt ferner vor, dass das deutsche Recht die Erteilung von zusammengesetzten Familiennamen aus praktischen Gründen nicht zulasse. Namen sollten nicht beliebig lang sein. Der deutsche Gesetzgeber habe Regelungen getroffen, die verhindern sollten, dass die nächste Generation gezwungen sei, auf einen Teil des Familiennamens zu verzichten. Was eine Generation an Gestaltungsspielraum bei der Zulassung von Doppelnamen gewänne, ginge der folgenden Generation verloren. Diese hätte nämlich nicht mehr die gleichen Kombinationsmöglichkeiten wie die vorherige Generation.

Derartige auf Verwaltungsvereinfachung ausgerichtete Erwägungen genügen jedoch nicht, um eine Beeinträchtigung der Freizügigkeit zu rechtfertigen, wie sie in den Randnrn. 22 bis 28 des vorliegenden Urteils festgestellt worden ist.

Aus der Vorlageentscheidung geht überdies hervor, dass das deutsche Recht die Möglichkeit, Kindern mit deutscher Staatsangehörigkeit zusammengesetzte Familiennamen zu geben, nicht völlig ausschließt. Wie die deutsche Regierung in der Sitzung bestätigt hat, können nämlich die Eltern, wenn einer der Elternteile die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates besitzt, dafür optieren, den Familiennamen des Kindes nach dem Recht dieses Staates zu bilden.

Ferner ist noch festzustellen, dass ein besonderer Grund, der der Anerkennung des in Dänemark erteilten und eingetragenen Nachnamens des Kindes Leonhard Matthias gegebenenfalls entgegenstehen könnte, etwa dass sein Name in Deutschland gegen den Ordre public verstoße, im Verfahren vor dem Gerichtshof nicht geltend gemacht worden ist.

Nach alledem ist auf die vorgelegte Frage zu antworten, dass Art. 18 EG unter Bedingungen wie denen des Ausgangsverfahrens dem entgegensteht, dass die Behörden eines Mitgliedstaats es unter Anwendung des nationalen Rechts ablehnen, den Nachnamen eines Kindes anzuerkennen, der in einem anderen Mitgliedstaat bestimmt und eingetragen wurde, in dem dieses Kind – das wie seine Eltern nur die Staatsangehörigkeit des erstgenannten Mitgliedstaats besitzt – geboren wurde und seitdem wohnt.

Kosten

Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:

Art. 18 EG steht unter Bedingungen wie denen des Ausgangsverfahrens dem entgegen, dass die Behörden eines Mitgliedstaats es unter Anwendung des nationalen Rechts ablehnen, den Nachnamen eines Kindes anzuerkennen, der in einem anderen Mitgliedstaat bestimmt und eingetragen wurde, in dem dieses Kind – das wie seine Eltern nur die Staatsangehörigkeit des erstgenannten Mitgliedstaats besitzt – geboren wurde und seitdem wohnt.

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