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Bank haftet nicht bei doppeltem Überweisungsauftrag

OLG Bamberg

Az.: 6 U 14/01

Verkündet am 27.06.2001

Vorinstanz:  LG Coburg Az.: 13 O 411/00


Leitsatz (vom Verfasser – nicht amtlich!):

Legt ein Kunde denselben Überweisungsauftrag zwei verschiedenen Niederlassungen seiner Bank vor (einmal als Fax, einmal im Original), haftet die Bank für eine anschließende Doppelüberweisung nicht.


Sachverhalt:

Der Kläger wollte einen Geldtransfer in Höhe von 100.000 DM besonders schnell erledigen. Er ließ daher einen seiner Mitarbeiter die Hausbank telefonisch beauftragen, eine entsprechende telegrafische Überweisung vorzunehmen. Da die Bank eine schriftliche Bestätigung verlangte, wurde eine Kopie des ausgefüllten Überweisungsformulars der Bankfiliale zugefaxt. Um sicher zu gehen, dass die Überweisung auch getätigt würde, warfen Mitarbeiter des Klägers am folgenden Tag das Original bei einer anderen Niederlassung ein. Dadurch erfolgte von dort aus eine zweite Überweisung der 100.000 DM. Weil der Kläger von dem insolvent gewordenen Geldempfänger keine Rückzahlung mehr erhielt, klagte er gegen seine Bank.

Entscheidungsgründe: Nach Ansicht des OLG Bamberg ist es nicht Aufgabe der Bank, den Kunden vor Fehlern bei der Überweisung von Geldern zu warnen oder zu schützen. Die Bank schuldet nur eine unverzügliche Durchführung der Überweisung. Ferner war für die Bankmitarbeiter eine „Doppelüberweisung“ auch aus den Überweisungsträgern nicht erkennbar. Zudem war auch nicht damit zu rechnen, dass nach der Bestätigung per Fax nochmals – noch dazu bei einer anderen Niederlassung – mit dem Original ein weiterer Überweisungsauftrag erteilt werden würde.


Urteil:

Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Bamberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. Juli 2001 für Recht erkannt:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Coburg vom 14. Februar 2001 wird zu­rückgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 17.000,– DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Das Urteil beschwert den Kläger mit 100.000,– DM.

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen einer Doppelüberweisung auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger und seine zwischenzeitlich verstorbene Ehefrau unterhielten bei der  Bank, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist, ein Girokonto mit der Nr. XXX, das bei der Niederlassung L geführt wurde. Das Konto wies am 16. Juni 1997 ein Guthaben von 16.229,19. DM  auf. An diesem Tag telefonierte ein Mitarbeiter des  Klägers,  der Zeuge mit  einem Mitarbeiter der Beklagten und bat um telegrafische Überweisung  eines Betrages  von 100.000 DM  an die Firma XY GmbH bzw. deren Geschäftsführer Herrn X. Der Kläger war damals Mitgesellschafter der Firma GmbH. Die Beklagte führte den Überwei­sungsauftrag unter dem Buchungstag 17. Juni 1997 aus. Weiterhin gelangte das Original des Überweisungsauftrages in den Geschäfts­bereich der Beklagten, die unter dem Buchungstag 17. Juni 1997 nochmals eine telegrafische Überweisung durchführte.

Mit Schreiben vom 17.09.1999 (Anlage K 4) erklärte sich die Beklagte ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zunächst bereit, den zuviel überwiesenen Betrag von 100.000,– DM zurück zu vergüten. Sie machte allerdings zur Voraussetzung, dass die Ehe­leute ihre Ansprüche gegen den Empfänger der Überweisung, Herrn auf Herausgabe des zuviel überwiesenen Betrages abtreten. Mit Schreiben vom 22.09.1999 erwiderten die Kläger und baten unter anderem um Übersendung der vorbereiteten Abtretungserklärung. Die Beklagte wiederum schrieb den Eheleuten mit Schreiben vom 27.09.1999 (Anlage K 6): „Den Vorbehalt/ dass wir Ihnen den zuviel überwiesenen Betrag von 100.000,– DM ohne Anerkennung zurückvergüten, halten wir ausdrücklich auf­recht, zumal sie nicht nachweisen- können, dass der Überweisung von 100.000,– DM tatsächlich eine darlehensweise Hingabe dieses Betrages zugrundeliegt. Wir werden uns zunächst mit dem von jedoch dann die Überweisung zweimal ausgeführt worden. Im übrigen habe die  Beklagte  durch die nachfolgende  Korrespondenz  ihre Einstandspflicht anerkannt.

Der  Kläger und seine Rechtsvorgängerin haben im ersten Rechtszug beantragt, die  Beklagte zu verurteilen, an sie – die Kläger – 100.000,– DM zuzüglich  10,25 %  Zinsen hieraus  seit  dem  18. Juni 1997  zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, aus dem Überweisungsträger sei entgegen der entsprechenden Anweisung ihres Mitarbeiters nicht ersichtlich gewesen, dass es sich um die Bestätigung einer bereits getätigten Buchung handele. Der ersten Überweisung habe ein Faxauftrag vom 16. Juni 1997, 15.01 Uhr, eingegangen bei der Niederlassung Coburg, zugrundegelegen. Am Morgen des 17. Juni 1997 sei dann das Original des Überweisungsauftrages bei der Niederlassung in Lichtenfels abgegeben worden. Die hierdurch bedingte Verwirrung habe ausschließlich der Kläger herbeigeführt. Dieser habe durch Untätigkeit auch einen Regress der Beklagten verhindert. Wegen Insolvenz der Zahlungsempfängerin sei ein eventueller Regressanspruch inzwischen wertlos. Als Gesellschafter der Empfängerin hätte der Kläger das Nötige veranlassen können. Zu einem Anerkenntnisvertrag sei es nicht gekommen, weil die entsprechen­den Bedingungen nicht eingetreten seien.

Der Kläger hat gegen das ihm am 19. Februar 2001 zugestellte Urteil am 16.03.2001 Berufung eingelegt. Er hat gleichzeitig mitgeteilt, dass die Klägerin zu 2) verstorben ist und als ihr Alleinerbe die Erklärung abgegeben, den Rechtsstreit als Rechtsnachfolger fortzusetzen.

Der Kläger hat sein Rechtsmittel am 17.04.2001 begründet. Er wiederholt im wesentlichen sein Vorbringen aus dem ersten Rechtszug. Er meint, das Erstgericht habe entscheidungserhebliches Vorbringen der Beklagten als verspätet zurückweisen müssen. Das Landgericht habe das Ergebnis der Beweisaufnahme falsch gewürdigt. Ein Telefongespräch des Zeugen mit einem Mitarbeiter der Beklagten habe auf keinen Fall Grund für eine Überweisung in der streitgegenständlichen Höhe von dem Privatkonto des Klägers sein dürfen. Die Mitarbeiter der Beklagten hätten sich zunächst über eine Kontovollmacht des Zeu­gen vergewissern müssen. Der an die Niederlassung Coburg gefaxte Überweisungsträger habe kein Datum getragen, so dass auch deswegen eine Überweisung nicht hätte ausgelöst werden dürfen. Der Kläger habe seine .Überweisungen lediglich in der Niederlassung Lichtenfels durchgeführt, so dass dies Anlass für Rückfragen hätte geben müssen.

Der Kläger stellt den Antrag, das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn, den Kläger, 100.000,– DM zuzüglich 10,25 % Zinsen hieraus seit dem 18. Juni 1997 zu bezahlen. entsprechende Beweisantritte des Klägers im Berufungsverfahren hätte erfolgen können. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat gemäß § 543 Abs. l ZPO auf die Begründung der angefoch­tenen Entscheidung Bezug. Lediglich ergänzend ist noch auf folgende Gesichtspunkte hinzuweisen: Die mit einer Überweisung beauftragte Bank hat diese mit der Sorgfalt eines ordentlichen Bankiers durchzuführen (BGH WM 1978, 637). Dies bedeutet, dass die Bank alles erforderliche für eine unverzügliche Durchführung der Überweisung zu tun hat (BGH WM 1959, 1002, 1003 ff.). Indes hat sich die Bank bei der Durchführung des Auftrages grundsätzlich nicht um die zugrunde liegenden Rechtsbeziehungen zwischen Auftraggeber und Empfänger zu kümmern, sondern sich streng innerhalb der Grenzen des ihr erteilten formalen Auftrages zu halten. Dies gilt schon deshalb, weil die Bank in der Regel keinen hinreichend Einblick in die Absichten und Dispositionen des Auftraggebers hat, um aus eigenem Entschluss den Auftrag sachgerecht modifizieren und korrigieren zu können. Nach dem Prinzip der formalen Auftragsstrenge (BGH NJW 87, 317, 318) hat die Bank ausschließlich die im Überweisungsformular nie­dergelegten oder sonst; bei auch formloser Erteilung des Auftrages gegebenen Weisungen zu befolgen. Über das Valutaverhältnis oder sonstige mit der Überweisung verfolgten Interessen braucht sie sich keine Gedanken zu machen. Sie wird nämlich im Überweisungs­verkehr nur zum Zwecke eines technisch einwandfreien, einfachen und schnellen Zahlungsverkehrs tätig und ist deshalb weder verpflichtet, noch in der Lage, Kunden vor Fehlern zu warnen oder zu schützen (BGH NJW 87, 317, 318) falls nicht ausnahmsweise nach

Der Kläger kann sich nicht mehr darauf berufen, dass der entscheidungserhebliche Sachverhalt über die Einreichung des Auftrages bei zwei verschiedenen Niederlassungen der Beklagten im ersten Rechtszug verspätet vorgetragen worden sei. Dabei kann sogar offen bleiben, ob die Beklagte tatsächlich verspätet vor­getragen hat. Vorinstanzlich zu Unrecht zugelassenes Vorbringen kann nämlich den Rechtsstreit im zweiten Rechtszug nicht mehr verzögern (vgl. Deubner Anm. zu BGH NJW 81, 930; BGH NJW 90, 1302, 1304).

Schließlich führt auch der Hinweis des Klägers, die Beklagte sei verpflichtet gewesen, die Kontovollmacht des Zeugen zu über­prüfen, zu keiner anderen Beurteilung. Nach dem im ersten Rechtszug unstreitigen Vortrag, den der Kläger auf Befragen des Senats schließlich auch bestätigt hat, war der Zeuge mit der Durchführung der streitgegenständlichen Überweisung vom Privatkonto des Klägers beauftragt. Eine diesbezügliche Rückfrage der Beklagten, die nicht zur Vermeidung von Doppelüberweisungen geboten gewesen wäre, hätte nichts anderes ergeben.

Da sich die Berufung aus den zutreffenden Gründen der angefochte­nen Entscheidung mit den vorstehenden Ergänzungen als unbegründet erweist, war sie mit der sich aus § 97 Abs. l ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Festsetzung  des Wertes  der Beschwer beruht auf § 546 Abs. 2 ZPO.

 

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