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Entziehung einer Fahrerlaubnis und Drogenscreening

BVerfG

Az.: 1 BvR 2062/96

Beschluss vom 20.06.2002


In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde gegen

a) den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. August 1996 – BVerwG 11 B 48.96 -,

b) das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 2. April 1996 – 10 S 2683/95 -,

c) den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 21. August 1995 – 4 K 724/95 -,

d) den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 8. März 1995 – 14/50/1181/22/95 -,

e) den Bescheid der Stadt Freiburg im Breisgau vom 19. Juli 1994 – 32.27.10 –

hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts am 20. Juni 2002 einstimmig beschlossen:

Der Bescheid der Stadt Freiburg im Breisgau vom 19. Juli 1994 – 32.27.10 -, der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 8. März 1995 – 14/50/1181/22/95 -, der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 21. August 1995 – 4 K 724/95 -, das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 2. April 1996 – 10 S 2683/95 – und der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. August 1996 – BVerwG 11 B 48.96 – verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG. Die Entscheidungen werden aufgehoben. Das Verfahren wird an das Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung über die Kosten zurückverwiesen.

Das Land Baden-Württemberg und die Bundesrepublik Deutschland haben dem Beschwerdeführer jeweils die Hälfte der notwendigen Auslagen zu erstatten.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Verfassungsmäßigkeit der Entziehung einer Fahrerlaubnis wegen verweigerter Beibringung eines behördlich angeforderten Drogenscreenings nach festgestelltem Besitz einer geringen Menge Haschisch.

A.

I.

Die Entziehung einer Fahrerlaubnis wegen fehlender Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs bestimmt sich gegenwärtig nach § 3 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) und nach den Vorschriften der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV). Vor Einführung dieser Bestimmungen im Jahre 1998 waren die einschlägigen Ermächtigungsgrundlagen in den zwischenzeitlich geänderten beziehungsweise aufgehobenen Vorschriften des § 4 StVG und § 15 b der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) enthalten. Heute wie früher ist eine Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Erlaubnisinhaber zum Führen von Kraftfahrzeugen als ungeeignet erweist. Bei hinreichendem Verdacht des Vorliegens erheblicher Eignungsmängel ist die zuständige Behörde ermächtigt, dem Erlaubnisinhaber aufzugeben, bestimmte Gutachten über seine Kraftfahreignung beizubringen. Die Missachtung einer solchen Anordnung hat regelmäßig die Entziehung der Fahrerlaubnis zur Folge.

Die vorliegende Verfassungsbeschwerde betrifft einen Fall, in dem dem Beschwerdeführer in Anwendung von § 4 StVG und § 15 b StVZO in den vor 1998 geltenden Fassungen die Fahrerlaubnis entzogen worden ist, nachdem er einer verkehrsbehördlichen Anordnung nicht nachgekommen war, ein Drogenscreening vorzunehmen. Nach § 4 Abs. 1 StVG in dieser hier maßgeblichen Fassung musste die Fahrerlaubnis entzogen werden, wenn sich der Erlaubnisinhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hatte. Hierzu wurde in § 15 b Abs. 2 StVZO bestimmt:

Besteht Anlass zur Annahme, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder nur bedingt geeignet ist, so kann die Verwaltungsbehörde zur Vorbereitung der Entscheidung über die Entziehung oder die Einschränkung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Auflagen je nach den Umständen die Beibringung

1. eines amts- oder fachärztlichen Gutachtens oder

2. eines Gutachtens einer amtlich anerkannten medizinisch-psychologischen Untersuchungsstelle oder

3. eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr anordnen. Die Verwaltungsbehörde kann mehrere dieser Anordnungen treffen; sie kann die Begutachtung auch auf einen Teilbereich der Eignung beschränken, insbesondere darauf, ob der Inhaber der Fahrerlaubnis die nach § 11 Abs. 3 erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten noch besitzt.

II.

1. Dem Beschwerdeführer ist im Jahre 1975 eine Fahrerlaubnis der (nach damaligem Recht) Klasse 3 erteilt worden.

Im März 1994 wurde der Beschwerdeführer anlässlich einer Einreise aus den Niederlanden nach Deutschland einer polizeilichen Personenkontrolle unterzogen. Hierbei wurden bei ihm insgesamt fünf Gramm Haschisch aufgefunden. Das gegen den Beschwerdeführer eingeleitete strafrechtliche Ermittlungsverfahren ist Ende März 1994 durch die Staatsanwaltschaft eingestellt worden.

2. Mit Schreiben vom 29. April 1994 teilte die Stadt Freiburg i.Br. als zuständige Verkehrsbehörde dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf die ihr übermittelten Daten mit, dass erhebliche Bedenken hinsichtlich seiner Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bestünden. Es bestehe der Verdacht, dass seine körperlich-geistige Leistungsfähigkeit drogenkonsumbedingt ständig unter das erforderliche Maß herabgesetzt sei. Die Stadt forderte den Beschwerdeführer in Anwendung von § 15 b Abs. 2 StVZO auf, der Behörde ein so genanntes Drogenscreening vorzulegen. Hierzu habe der Beschwerdeführer innerhalb von drei Tagen ab Zugang des Schreibens eine Urinprobe beim Rechtsmedizinischen Institut der Universität Freiburg abzugeben und diese auf seine Kosten umfassend auf Drogenrückstände untersuchen zu lassen. Für den Fall der Weigerung oder nicht fristgerechten Abgabe der Urinprobe wurde dem Beschwerdeführer die Entziehung seiner Fahrerlaubnis angedroht.

Der Beschwerdeführer legte hiergegen Widerspruch ein. Die angeordnete Untersuchung ließ er nicht vornehmen.

3. Über den Widerspruch ist – soweit ersichtlich – bislang nicht entschieden worden. Stattdessen entzog die Stadt Freiburg i.Br. dem Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf die Weigerung mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 19. Juli 1994 die Fahrerlaubnis (§ 4 Abs. 1 StVG in Verbindung mit § 15 b Abs. 1 StVZO). Der Vorfall im März 1994 gebe Anlass zu erheblichen Bedenken gegen die Eignung des Beschwerdeführers zum Führen von Kraftfahrzeugen. Seine Weigerung, das von ihm geforderte fachärztliche Gutachten beizubringen, lasse darauf schließen, dass er Drogenkonsum verbergen wolle. Außerdem rechtfertige sie bereits für sich allein den Schluss auf die mangelnde Kraftfahreignung des Betroffenen.

4. Der Beschwerdeführer legte auch gegen diesen Bescheid Widerspruch ein und beantragte beim Verwaltungsgericht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung dieses Rechtsbehelfs. Die Behörde habe ihrer Entscheidung eine Art „Alltagswissen“ über den Konsum von Cannabisprodukten zu Grunde gelegt, das nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion als überholt angesehen werden müsse. Es sei zwar nicht zu bestreiten, dass ein akuter Cannabisrausch die Fahrtüchtigkeit beeinträchtige. Cannabiskonsumenten seien aber in der Lage, ihren Drogenkonsum nach Intensität und Häufigkeit frei und selbstbestimmt zu regulieren. Der Beschwerdeführer sei trotz insgesamt 19-jähriger Fahrpraxis noch kein einziges Mal verkehrsrechtlich in Erscheinung getreten. Insbesondere sei noch nie festgestellt worden, dass er unter dem Einfluss von Cannabiskonsum am Straßenverkehr teilgenommen habe. Solches habe er nie getan und beabsichtige auch nicht, es zu tun.

Das Verwaltungsgericht wies den Antrag des Beschwerdeführers auf vorläufigen Rechtsschutz zurück. Die Verkehrsbehörde habe den Beschwerdeführer zu Recht aufgefordert, ein Drogenscreening vorzulegen. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer mit einer kleinen Menge Haschisch ins Bundesgebiet eingereist sei, begründe die Vermutung, dass er selbst Haschisch konsumiere. Die Anordnung der Vorlage eines Drogenscreenings sei ein zulässiges Mittel, um festzustellen, ob er im Rauschzustand ein Kraftfahrzeug führen würde. Die Feststellung, ob lediglich ein einmaliger oder ein gewohnheitsmäßiger Cannabiskonsum vorliege, sei notwendig, damit beurteilt werden könne, ob weiterer Handlungsbedarf bestehe. Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen diesen Beschluss wurde vom Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen.

Das Regierungspräsidium Freiburg wies daraufhin durch Bescheid vom 8. März 1995 auch den Widerspruch des Beschwerdeführers gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis zurück.

5. Die vom Beschwerdeführer beim Verwaltungsgericht gegen die Bescheide der Stadt Freiburg i. Br. und des Regierungspräsidiums Freiburg erhobene Klage wurde mit Gerichtsbescheid vom 21. August 1995 abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung nahm das Verwaltungsgericht im Wesentlichen auf die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Entscheidungen Bezug.

6. Auf Berufung des Beschwerdeführers hielt der Verwaltungsgerichtshof in seinem – die Revision nicht zulassenden – Urteil vom 2. April 1996 an den im Eilrechtsschutzverfahren getroffenen Feststellungen zur Rechtmäßigkeit der behördlichen Anforderung des Drogenscreenings fest.

7. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gegen das Berufungsurteil des Verwaltungsgerichtshofs wies das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluss vom 23. August 1996 zurück (vgl. BVerwG, NJW 1997, S. 269). Anordnungen nach § 15 b Abs. 2 StVZO seien entscheidungsvorbereitende Maßnahmen der Aufklärung des maßgeblichen Sachverhalts im Interesse eines möglichst gefahrlosen Straßenverkehrs. Dass der Cannabisrausch die Fahrtüchtigkeit beeinträchtige, entspreche gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis. Deshalb könne jedenfalls regel- oder gar gewohnheitsmäßiger Cannabiskonsum zumindest berechtigte Zweifel an der Kraftfahreignung begründen, die weitere Aufklärung rechtfertigten. Allerdings sei der gelegentliche Konsument von Cannabisprodukten nicht ohne weiteres von einem regel- oder gewohnheitsmäßigen Konsumenten zu unterscheiden, zumal entsprechende Erklärungen des Betroffenen nicht stets als wahr unterstellt werden könnten. Bestünden deshalb nach den Umständen des konkreten Falles hinreichend aussagekräftige Anzeichen für den Verdacht, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis regelmäßig Haschisch konsumiere, so sei die Behörde berechtigt, dies durch Maßnahmen nach § 15 b Abs. 2 StVZO zu klären, um anschließend erforderlichenfalls weitere Aufklärungsmaßnahmen zu ergreifen. Durch diese abgestufte Vorgehensweise werde dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dem im Zusammenhang mit dem Schutz des Persönlichkeitsrechts besondere Bedeutung zukomme, entsprochen. Da § 15 b StVZO eine Maßnahme der Gefahrenabwehr im Interesse der Allgemeinheit und des Einzelnen darstelle, sei die Rechtmäßigkeit der Anforderung eines bestimmten Gutachtens nicht davon abhängig, dass die zuständigen Behörden bereits in diesem Zeitpunkt gewohnheitsmäßigen Drogenkonsum oder gar Drogenabhängigkeit nachweisen könnten. Deshalb könne aus einer bisherigen unauffälligen Teilnahme am Straßenverkehr als Kraftfahrer nicht auf die Unzulässigkeit einer der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dienenden Aufklärungsmaßnahme geschlossen werden.

8. In einem späteren, nicht die Person des Beschwerdeführers betreffenden Verfahren entwickelte das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsprechung zur Anwendung von § 15 b StVZO bei festgestelltem Cannabiskontakt mit Urteil vom 5. Juli 2001 fort (BVerwG, NJW 2002, S. 78 ff.). Es entschied, dass ein einmaliger oder gelegentlicher Cannabiskonsum ohne konkrete Verknüpfung mit der Teilnahme am Straßenverkehr für sich allein keinen nach § 15 b Abs. 2 StVZO ausreichenden Anlass zur Anforderung eines Drogenscreenings gebe.

B.

Der Beschwerdeführer hat Verfassungsbeschwerde gegen die Fahrerlaubnisentziehungsverfügung der Stadt Freiburg i.Br., den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums, den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts, das Berufungsurteil des Verwaltungsgerichtshofs sowie den Beschwerdebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts erhoben. Er rügt, durch die angegriffenen Entscheidungen in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verletzt worden zu sein. Mit der Anforderung des Drogenscreenings sei in unverhältnismäßiger Weise in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht eingegriffen worden. Es lägen keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte für einen Eignungsmangel in seiner Person vor. Darüber hinaus verstoße die Anforderung des Drogenscreenings auch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), da Drogenkonsumenten einer im Vergleich zu Alkoholkonsumenten deutlich strengeren verkehrsbehördlichen Überwachung unterlägen und hinreichende sachliche Gründe für diese Ungleichbehandlung nicht bestünden.

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C.

I.

Zu der Verfassungsbeschwerde beziehungsweise zu den durch sie aufgeworfenen Fragen der Wirkungen des Konsums von Cannabis, Alkohol und anderen bewusstseinsverändernden Mitteln haben im Jahre 2001 der Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen namens der Bundesregierung, die Mehrzahl der Landesregierungen, die Stadt Freiburg i.Br. sowie das Bundesverwaltungsgericht und der Bundesgerichtshof Stellung genommen. Ebenfalls im Jahre 2001 sind ferner Stellungnahmen der Bundesanstalt für Straßenwesen, der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, des Deutschen Verkehrssicherheitsrats, der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin, der Deutschen Hauptstelle gegen die Suchtgefahren, der Gesellschaft gegen Alkohol- und Drogengefahren und des Fachverbandes Drogen und Rauschmittel als sachkundigen Dritten eingeholt worden.

1. In den Stellungnahmen wird darauf hingewiesen, dass nach den auf Bundes- und Landesebene geführten Statistiken über den Konsum berauschender Mittel als festgestellte Ursache von Verkehrsunfällen und Verkehrsgefährdungen dem Konsum von Alkohol die bei Weitem größte Bedeutung zukomme. Der Konsum von Cannabis spiele im Vergleich dazu eine wesentlich geringere Rolle. Allerdings sei in den letzten Jahren ein deutlicher Anstieg der Zahl der Fälle zu verzeichnen, in denen der Konsum von Cannabis als Ursache eines Verkehrsunfalls oder einer Verkehrsgefährdung festzustellen war.

2. Die Frage, ob Fälle bekannt seien, in denen ein Unfall oder eine Verkehrsgefährdung auf den Eintritt eines so genannten Echorausches in Folge früheren Konsums von Cannabis zurückgeführt werden konnte, wurde in der Mehrzahl der abgegebenen Stellungnahmen verneint. In Bayern und Sachsen-Anhalt ist jeweils ein Fall verzeichnet, indem es sich bei der Unfallursache möglicherweise um einen Echorausch gehandelt haben könnte. In Bremen sind zwei Fälle registriert, in denen ein Unfall oder eine Verkehrsgefährdung auf den Eintritt eines Echorausches in Folge früheren Cannabiskonsums zurückgeführt worden ist.

3. Gesicherte aktuelle Erkenntnisse über den Anteil der Cannabiskonsumenten in Deutschland, die sich auf einen nur gelegentlichen Konsum beschränken, sowie über den Anteil derjenigen Konsumenten, die regelmäßig Cannabinoide aufnehmen, bestehen ausweislich der eingegangenen Stellungnahmen nicht. Soweit zu diesen Fragen Erhebungen durchgeführt worden sind, liegen diesen zum Teil erheblich voneinander abweichende Annahmen zu den Kennzeichen gelegentlichen beziehungsweise regelmäßigen Cannabiskonsums zu Grunde. Ungeachtet dieser Unterschiede wird durchgängig davon ausgegangen, dass die Mehrzahl der Cannabiskonsumenten den Konsum nach Durchlaufen einer Probierphase wieder einstellt. Mehrere Stellungnahmen berichten über Studien, in denen die Gruppe der aktuellen Cannabiskonsumenten (30-Tage-Prävalenz) mit der Gruppe derjenigen Personen verglichen wird, die Cannabis aktuell konsumieren oder früher konsumiert haben (Lebenszeit-Prävalenz). In der erstgenannten Gruppe sei die Zahl der starken Konsumenten wesentlich höher als in der zweitgenannten. In anderen Stellungnahmen wird über Studien berichtet, die bei Zugrundelegung einer Ein-Jahres-Prävalenz zu dem Ergebnis geführt haben, dass nur ein vergleichsweise kleiner Teil der Konsumenten Cannabis regelmäßig konsumiere.

4. Die fahrerlaubnisrelevanten Auswirkungen des Cannabiskonsums auf die Leistungsfähigkeit des Konsumenten wurden in den Stellungnahmen wie folgt beschrieben:

a) Während des Rausches seien Einschränkungen der Leistungsfähigkeit durch Euphorie, Antriebsminderung, Konzentrationsschwäche, Wahrnehmungsstörungen, Denkstörungen, Änderung des Zeiterlebens, Verminderung des Farbunterscheidungsvermögens und leichte Ablenkbarkeit möglich. Beeinträchtigungen der Fahrtüchtigkeit träten in erster Linie in Gestalt gestörter Aufmerksamkeit sowie verzögerter und unangemessener Reaktionen auf unvorhergesehene Ereignisse auf. Außerdem bestünde die Gefahr atypischer Rauschverläufe. Der Betroffene könne dann in Angst, Panik oder innere Unruhe verfallen, in Verwirrung geraten, Halluzinationen ausgesetzt sein oder seine Umgebung in verzerrten Größen wahrnehmen; außerdem könnten Kreislaufstörungen bis hin zum Kreislaufkollaps auftreten. Die Wahrscheinlichkeit des Eintritts und die Intensität der Beeinträchtigungen seien von zahlreichen Faktoren abhängig, insbesondere von der Menge des aufgenommenen Rauschmittels, von der körperlichen und geistigen Situation des Konsumenten, von seinem jeweiligen Umfeld sowie davon, ob der Drogenkonsum mit dem Konsum von Alkohol kombiniert werde.

b) In einzelnen Stellungnahmen wird davon ausgegangen, dass andauernder beziehungsweise gewohnheitsmäßiger Konsum von Cannabis zu dauerhaften nachteiligen Veränderungen des Leistungsvermögens führen könne. Möglich seien hier so genannte Hangover- beziehungsweise Residualeffekte, der Eintritt atypischer Rauschverläufe bei erneutem Cannabiskonsum, die Auslösung von Psychosen sowie Entzugserscheinungen. Hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit des Auftretens dieser Beeinträchtigungen, ihrer Intensität und ihres Einflusses auf die Fahrtüchtigkeit gehen die in Stellungnahmen abgegebenen Einschätzungen zum Teil deutlich auseinander.

c) Auch in Bezug auf die Frage, ob Cannabiskonsumenten in der Lage sind, drogenkonsumbedingte Einschränkungen ihrer Fahrtüchtigkeit zu erkennen und gegebenenfalls nach dieser Erkenntnis zu handeln, werden in den Stellungnahmen unterschiedliche Einschätzungen abgegeben. In mehreren Stellungnahmen wird unter Hinweis auf wissenschaftliche Studien ausgeführt, dass jedenfalls stärkere Konsumenten von Cannabis mitunter nicht in der Lage seien, drogenkonsumbedingte Beeinträchtigungen ihrer Leistungsfähigkeit zu erkennen. Darüber hinaus führe der Drogenkonsum zu einer Herabsetzung der Kritikfähigkeit und damit auch der Fähigkeit zur kritischen Auseinandersetzung mit dem eigenen Leistungsvermögen. Die Bereitschaft von Cannabiskonsumenten, zuverlässig zwischen dem Drogenkonsum und der Teilnahme am Straßenverkehr zu trennen, wird in den Stellungnahmen überwiegend als zumeist nur gering ausgebildet eingeschätzt.

5. Auf die Frage, ob der Konsum von Cannabis-Produkten beim Konsumenten zu typischen Veränderungen der äußeren Erscheinung oder des Verhaltens führt, die im Rahmen polizeilicher Verkehrskontrollen oder bei der polizeilichen Aufnahme von Unfällen und Verkehrsgefährdungen ohne größeren Aufwand festgestellt werden können, wurde in den Stellungnahmen insbesondere auf das Drogenerkennungsprogramm hingewiesen, das von der Bundesanstalt für Straßenwesen und dem Institut für Rechtsmedizin der Universität des Saarlandes gemeinsam entwickelt worden ist und seit 1998 eine Grundlage für die Schulung von Polizeibeamten bildet (vgl. Drogenerkennung im Straßenverkehr, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Heft M 96, 1998; Möller/Bregel, in: Krüger, Drogen im Straßenverkehr, 2000, S. 208 ff.). Bei der verkehrspolizeilichen Drogenerkennung könne von geschulten Polizeikräften an so genannte Ausfall- und Auffallerscheinungen angeknüpft werden, die typischerweise auf den Konsum von Drogen hindeuteten. Bei unter Cannabiseinfluss stehenden Kraftfahrern seien häufig die oben (vgl. 4.a) beschriebenen Ausfallerscheinungen festzustellen. Typische Auffallerscheinungen seien gerötete, glasig wirkende Augen des Kraftfahrers, Weitstellung seiner Pupillen trotz Lichteinfalls, Gangunsicherheiten, motivlose Heiterkeit, Müdigkeit, Apathie sowie Denk-, Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen. Die verkehrspolizeilichen Ermittlungen zielten zudem auf das Auffinden typischer Konsumrückstände im Fahrzeug ab (etwa Zigarettenpapier in Übergröße, Reste von „Joints“ im Aschenbecher, süßlicher Duft im Fahrzeuginnern).

Die Feststellung typischer Ausfall- und Auffallerscheinungen werde regelmäßig zum Anlass für weitere Ermittlungen genommen. In der polizeilichen Praxis finden hierbei zunehmend Drogenvortests Anwendung, mit denen orts- und zeitnah Urin-, Speichel- oder Schweißproben der betroffenen Kraftfahrer untersucht werden können.

II.

Das Gericht hat zudem bei Prof. Dr. Günter Berghaus (Institut für Rechtsmedizin der Universität Köln) und Prof. Dr. Hans-Peter Krüger (Interdisziplinäres Zentrum für Verkehrswissenschaften an der Universität Würzburg) gutachterliche Äußerungen zu Fragen im Zusammenhang mit dem Konsum von Cannabis eingeholt.

1. Prof. Dr. Berghaus weist in seinem Gutachten (abrufbar unter: www.medizin.uni-koeln.de/institute/rechtsmedizin/verk_1.html, „Gutachtliche Äußerung…“) unter anderem darauf hin, dass sehr unterschiedliche Vorstellungen über den Inhalt der Begriffe „gelegentlicher“ und „regelmäßiger Cannabiskonsum“ bestünden; dies könne für die Praxis der Fahreignungsüberprüfung erhebliche Bedeutung haben. Die verbreitete Annahme, der Konsum von Cannabis diene regelmäßig dem Zweck, sich in einen Rauschzustand zu versetzen, sei durch neuere Untersuchungen relativiert. Es bestehe Anlass zu der Annahme, dass die Gründe für den Konsum von Cannabis denen des Konsums von Alkohol (etwa Entspannung, Abschalten) sehr ähnelten. Außer Frage stehe heute, dass nach dem Konsum von Cannabis neben physiologischen Veränderungen auch fahrrelevante Leistungen und fahrrelevantes Verhalten beeinträchtigt sein könnten. Die Leistungs- und Verhaltenseinschränkungen könnten alle Aspekte der Informationsaufnahme und -verarbeitung, der Entscheidungsfindung und der Umsetzung der Entscheidung in der Reaktion umfassen. Der Eintritt dieser Wirkungen sei aber keineswegs zwangsläufig. Ob und in welchem Ausmaß sich die möglichen Einschränkungen im individuellen Falle realisierten, hänge wesentlich von der Erfahrung des Konsumenten, von der Art des Konsums, von der Dosis der aufgenommenen Wirkstoffe und der Zeitdauer seit Konsumende ab. Eine Metaanalyse von 66 experimentellen Studien zu den Wirkungen des gelegentlichen Konsums von Cannabis habe zu folgenden Ergebnissen geführt: Bei inhalativer Aufnahme von Cannabinoiden (vor allem Tetrahydrocannabinol – THC -) seien die deutlichsten Leistungseinbußen in der ersten Stunde nach Rauchbeginn festzustellen. In der zweiten und dritten Stunde gingen die Leistungsdefizite wieder zurück. Sie reduzierten sich auf nur noch wenige Leistungseinbußen. Lediglich bei höheren aufgenommenen Dosen seien auch noch nach Ablauf von drei Stunden relevante Leistungseinbußen festzustellen. Bei oraler Aufnahme, die jedoch selten praktiziert werde, steige das Leistungsdefizit nach der Aufnahme langsam an und erreiche in der dritten Stunde das Maximum. Deutliche Leistungseinbußen seien nur bei aufgenommenen Dosen von mehr als 20 mg THC festzustellen. Hangover- beziehungsweise Residual-Effekte seien weder bei inhalativer noch bei oraler Aufnahme von Cannabinoiden zu erwarten; ältere Studien, in denen der Eintritt solche Effekte als möglich angesehen werde, seien durch neuere Untersuchungen relativiert. Einer bekannten experimentellen Studie aus dem Jahre 1994 sei zu entnehmen, dass gelegentliche Cannabiskonsumenten in der Regel in der Lage seien, konsumbedingte Leistungseinbußen als solche zu erkennen und nach dieser Erkenntnis zu handeln. Eine Schwächung der Trennungsbereitschaft werde durch den Konsum von Cannabis im Allgemeinen nicht herbeigeführt. Mit zunehmender Konsumhäufigkeit – gegebenenfalls gepaart mit steigenden Dosen – sei eine kontinuierlich negative Entwicklung zu verzeichnen. Die rekreativen Phasen zwischen den einzelnen Konsumeinheiten würden kürzer, die Zeiten, in denen der Konsument unter der akuten Wirkung der Droge stehe, hingegen länger. Psychosomatische Folgen würden mit steigender Intensität des Konsums immer wahrscheinlicher. Der „stark gewohnheitsmäßige“ Konsument sei nicht mehr in der Lage, seine konsumbedingten Einschränkungen sicher zu beurteilen. Sein Trennungsvermögen sei deutlich vermindert. Im Vergleich der Gefährlichkeit des Konsums von Alkohol, Drogen und Medikamenten für die Sicherheit des Straßenverkehrs lasse sich auf Grund experimenteller und epidemiologischer Studien feststellen, dass es sich beim Alkohol um die weitaus gefährlichste Substanz handele. Benzodiazepine und Cannabis stellten demgegenüber eine deutlich geringere Gefahr dar.

2. Prof. Dr. Krüger legt in seinem Gutachten (abrufbar unter: www.psychologie.uni-wuerzburg.de/methoden/methff.html, „Gutachten Fahreignung“) unter anderem dar, dass aus der Zahl und dem Anteil der festgestellten Unfälle und Verkehrsgefährdungen unter Beteiligung drogenbeeinflusster Fahrer keine aussagekräftigen Schlüsse auf die Gefährlichkeit des Drogenkonsums für die Sicherheit des Straßenverkehrs gezogen werden könnten. Über die tatsächliche Auftretensrate von Drogen im Straßenverkehr sei kaum etwas bekannt. Die vorliegenden Angaben seien wenig zuverlässig und könnten nur als sehr grobe Abschätzungen begriffen werden. Über klassische Risikoansätze, wie sie der Gesetzgebung und Rechtsprechung zur Problematik des Alkoholkonsums im Straßenverkehr zu Grunde lägen, sei die Gefährlichkeit (das Unfallrisiko) des Fahrens unter Drogen nicht zu bestimmen. Zu zuverlässigeren Ergebnissen führten hier Verursacheranalysen und die Übertragung von Laborbefunden auf das Fahren. Die Auswertung der hierzu bislang durchgeführten Studien ergebe hinsichtlich des Gefährdungspotenzials verschiedener bewusstseinsverändernder Substanzen folgende Rangordnung: Das dominante Problem im Straßenverkehr sei sowohl nach der Auftretensrate als auch nach der Gefährlichkeit der Alkohol. An zweiter Stelle folgten Medikamente, insbesondere die Benzodiazepine. Erst an dritter Stelle rangierten die Drogen, die aber hinsichtlich der Drogenarten jeweils unterschiedlich zu beurteilen seien. Der alleinige Konsum von Cannabis führe jedenfalls dann zu keiner Risikoerhöhung für den Verkehr, wenn die aufgenommene Menge THC eine Konzentration von 2 ng/ml im Blut nicht übersteige. Im Übrigen gelte auch für den Konsum von Cannabis, dass mit zunehmender Konzentration die konsumbedingten Beeinträchtigungen steil anwüchsen. Lege man einen „normalen“ Cannabiskonsum zu Grunde (ein bis zwei „Joints“, Wartezeit von etwa zwei Stunden bis zum Fahrtantritt), liege das drogenkonsumbedingte Unfallrisiko höchstens im Bereich des Risikos von Alkoholisierungen zwischen 0,5 und 0,8 Promille Blutalkoholkonzentration. Die Kombination von Alkohol und Drogen oder Medikamenten lasse das Unfallrisiko dramatisch ansteigen.

Einer aktuellen Studie sei zu entnehmen, dass in den Fällen der Teilnahme am Verkehr unter Einfluss der Wirkungen des Cannabiskonsums moderate Beeinträchtigungen den Regelfall in der Verkehrswirklichkeit darstellten; dies entspreche den Erkenntnissen, die für die Teilnahme am Verkehr unter Alkoholeinfluss gewonnen worden seien. Ein abgesichertes Wissen über die Bereitschaft von Drogenkonsumenten, den Drogenkonsum und die Teilnahme am Straßenverkehr zu trennen, liege nicht vor. Die Ergebnisse aus Konsumstudien seien nur sehr bedingt auf den Straßenverkehr zu übertragen. Jüngeren Studien lasse sich entnehmen, dass Drogenkonsumenten wesentlich weniger als Alkoholkonsumenten bereit seien, Konsum und Fahren zu trennen. Die generelle Unterstellung, dass Drogeneinnahme und Fahren nicht getrennt würden, könnte aber nicht aufrecht erhalten werden. Die Bereitschaft, unter Substanzeinfluss zu fahren, stehe in direktem Zusammenhang mit der eingenommenen Menge. Dies gelte gleichermaßen für den Drogen- wie auch für den Alkoholkonsum. Die hohe Bereitschaft, unter Drogeneinfluss zu fahren, erklärt der Gutachter unter Anwendung von Befragungsergebnissen als ein Produkt aus der subjektiv als gering empfundenen Gefährlichkeit des Drogenkonsums, aus dessen subjektiv nur als mäßig angesehenen Verwerflichkeit sowie einer von den Konsumenten extrem niedrig eingeschätzten Kontrolleffizienz der Polizei. Nach der gegebenen Datenlage lasse sich folgender Zusammenhang zwischen dem Besitz von Cannabis und der Möglichkeit einer Teilnahme am Verkehr unter Drogeneinfluss herstellen: Wer Cannabis besitze, zähle in der Regel auch zum Kreis der Cannabiskonsumenten. Lasse sich nachweisen, dass im Urin oder in den Haaren höhere Substanzkonzentrationen vorlägen, müsse ein erheblicher Konsum erfolgt sein. Je höher die festgestellten Werte seien, umso stärker müsse auch der Konsum sein. Mit zunehmendem Konsum wachse auch die Wahrscheinlichkeit einer Fahrt unter Drogeneinfluss.

D.

Die Voraussetzungen einer stattgebenden Kammerentscheidung sind gegeben (§ 93 c Abs. 1 BVerfGG). Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat in seinem Beschluss vom 24. Juni 1993 (BVerfGE 89, 69) die für den vorliegenden Fall maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen geklärt. Nach den in dieser Entscheidung niedergelegten Grundsätzen sowie der Senatsrechtsprechung zum grundrechtlichen Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 80, 137 <152 ff.>) ist die Verfassungsbeschwerde begründet.

I.

Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG. Ob darüber hinaus auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) verletzt worden ist, bedarf keiner Entscheidung.

Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet die allgemeine Handlungsfreiheit im umfassenden Sinne (vgl. BVerfGE 6, 32, <36>; 97, 332 <340>; stRspr). Von dieser Handlungsfreiheit ist auch das Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr erfasst. Die Handlungsfreiheit ist allerdings nicht unbegrenzt gewährleistet. Zum Schutz eines kollidierenden Rechtsguts dürfen unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Beschränkungen vorgenommen werden. Sie sind verfassungsmäßig, wenn sie zum Schutz des Rechtsguts nicht nur geeignet und erforderlich sind, sondern auch zur Art und Intensität der Rechtsgütergefährdung in einem angemessenen Verhältnis stehen (vgl. BVerfGE 16, 194 <201 f.>; 92, 277 <327 f.>; stRspr). Dies setzt eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe voraus (vgl. BVerfGE 94, 372 <390>; stRspr).

Die angegriffene Verfügung der Fahrerlaubnisentziehung und die darauf bezogenen Behörden- und Gerichtsentscheidungen enthalten einen Eingriff in den Schutzbereich des Grundrechts. Dieser Eingriff war verfassungswidrig, weil er in keinem angemessenen Verhältnis zu der Intensität der Rechtsgutgefährdung stand. Denn es fehlte als Grundlage der Überprüfung der Fahreignung des Beschwerdeführers nach § 15 b Abs. 2 StVZO ein hinreichender Gefahrenverdacht, der einen Eignungsmangel als nahe liegend erscheinen lässt (vgl. BVerfGE 89, 69 <85 f.>). Die Weigerung des Beschwerdeführers, sich der Begutachtung zu stellen, durfte im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren daher nicht zu seinen Lasten gewürdigt werden.

1. Die Auslegung des einfachen Rechts, die Beweiswürdigung und die Subsumtion des Sachverhalts im einzelnen Fall sind Sache der dafür zuständigen Fachgerichte. Haben sie ihre Rechtsprechung im Verlauf des Verfahrens fortentwickelt, ist der grundgesetzlichen Zuständigkeitsverteilung zwischen fachgerichtlicher und verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung dadurch Rechnung zu tragen, dass im Verfassungsbeschwerde-Verfahren auf die aktuelle fachgerichtliche Rechtsprechung abgestellt wird (vgl. auch BVerfG, Urteil vom 15. Januar 2002 – 1 BvR 1783/99 -, S. 25 ff. – BVerfGE 104, 337 ff.). Eine solche Fortentwicklung der Rechtsprechung ist vorliegend im Hinblick auf die Voraussetzungen von Gefahrerforschungseingriffen bei Cannabiskonsum erfolgt (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juli 2001, NJW 2002, S. 78 ff.).

a) Die fachrichterliche Rechtsprechung ist der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich entzogen (vgl. BVerfGE 18, 85 <92>; 89, 1 <10>; stRspr). Je nachhaltiger ein Akt hoheitlicher Gewalt in die Grundrechtssphäre des Bürgers eingreift, desto weiter reichen jedoch die Überprüfungsbefugnisse des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 42, 143 <148 f.>; 83, 130 <145>; stRspr). Die einem belastenden Hoheitsakt zu Grunde gelegten Sachverhaltswürdigungen und darauf aufbauenden Abwägungen sind insbesondere eingehender verfassungsgerichtlicher Prüfung zugänglich, wenn der Hoheitsakt den betroffenen Bürger dauerhaft an der Ausübung von Grundrechten hindert, denen für seine persönliche Lebensgestaltung Bedeutung zukommt. So liegt es bei der Entziehung einer Fahrerlaubnis.

b) Bei der Überprüfung der Tragfähigkeit der im Ausgangsverfahren angestellten Einschätzungen über die fehlende Fahreignung des Beschwerdeführers wird der aktuelle Stand des Wissens über die Wirkungen des Konsums bestimmter Drogen sowie über die in Deutschland vorwiegend festzustellenden Drogenkonsummuster bedeutsam. Beide Themenbereiche bildeten in den vergangenen Jahren den Gegenstand eingehender wissenschaftlicher Forschung unter Verarbeitung praktischer Erfahrungen und darauf aufbauender Erörterung (vgl. aus jüngerer Zeit etwa Grotenhermen, Cannabis und Cannabinoide, 2001; Pompidou Group/Council of Europe Publishing, Road traffic and drugs, 2000; Krüger, Drogen im Straßenverkehr, 2000; Brandt, Explorative Auswertung von Drogenbefunden auf spezifische Wirkungen von Cannabis, Ecstasy und Cocain bei Verkehrs- und Kriminaldelikten, 2000; Kannheiser, Mögliche verkehrsrelevante Auswirkungen von gewohnheitsmäßigem Cannabiskonsum, NZV 2000, S. 57 ff.; Freitag/Hurrelmann, Illegale Alltagsdrogen, 1999; Kleiber/Soellner, Cannabiskonsum, 1998; Berghaus/Krüger, Cannabis im Straßenverkehr, 1998; Kleiber/Kovar, Auswirkungen des Cannabiskonsums, 1997). Dadurch ist in Deutschland das Wissen über die Gefahren des Cannabiskonsums deutlich vergrößert worden. Das bestätigen auch die vom Bundesverfassungsgericht im Jahre 2001 eingeholten Gutachten und fachlichen Stellungnahmen. Danach ist davon auszugehen, dass aus dem Konsum von Cannabis zwar erhebliche Gefahren für die Sicherheit des Straßenverkehrs hervorgehen können, dass aber je nach der Art und Intensität des Konsums zu unterscheiden ist, so dass weder ein pauschaler Gefährdungsausschluss noch eine pauschale Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Die Gefahren sind in früheren Jahren zum Teil überschätzt worden. Auf einer solchen Gefahrenüberschätzung beruhen die angegriffenen Entscheidungen.

aa) Unstreitig kann Cannabiskonsum die Fahreignung im Sinne von § 15 b StVZO ausschließen. Hierbei spielt es keine Rolle, in welcher Verkehrsform (Haschisch, Marihuana, Haschisch-Öl) die in der Cannabispflanze enthaltenen Cannabinoide aufgenommen werden. Von unzureichender Kraftfahreignung in Folge drogenkonsumbedingter körperlich-geistiger Leistungsdefizite ist insbesondere auszugehen, wenn der Konsum von Drogen beim Betroffenen dazu geführt hat, dass seine Auffassungsgabe, seine Konzentrationsfähigkeit, sein Reaktionsvermögen oder seine Selbstkontrolle ständig unter dem für ein sicheres und verkehrsgerechtes Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr erforderlichen Maß liegen. Fahruntauglichkeit ist ferner anzunehmen, wenn der Betroffene grundsätzlich außer Stande ist, eine drogenkonsumbedingte zeitweilige Fahruntüchtigkeit rechtzeitig als solche zu erkennen oder trotz einer solchen Erkenntnis von der aktiven Teilnahme am Straßenverkehr abzusehen.

bb) Die vorliegenden Erkenntnisse ergeben, dass die Fahrtüchtigkeit einer Person im akuten Haschischrausch und während der Dauer einer mehrstündigen Abklingphase aufgehoben ist (vgl. etwa Kannheiser, NZV 2000, S. 57 <59>; Brandt, a.a.O., S. 121 ff.; Geschwinde, Rauschdrogen, 4. Aufl., 1998, Rn. 101; World Health Organization, Cannabis: a health perspective and research agenda, 1997, S. 15 f.; vgl. hierzu ferner BVerfGE 89, 69 <77 ff.>; 90, 145 <181>). Dies gilt jedenfalls dann, wenn relevante Mengen THC in den Körper des Konsumenten gelangen oder wenn der Konsum von Haschisch mit demjenigen anderer berauschender oder betäubender Mittel (insbesondere Alkohol und Medikamente) kombiniert wird (vgl. Krüger, Gutachten, a.a.O.). In Ausnahmefällen kann der Konsum von Cannabis auch eine dauerhafte fahreignungsrelevante Absenkung der körperlich-geistigen Leistungsfähigkeit des Konsumenten nach sich ziehen. Diese Fälle sind in der Regel dadurch gekennzeichnet, dass über einen längeren Zeitraum erheblicher Drogenmissbrauch geübt worden ist (vgl. etwa Grotenhermen, a.a.O., S. 259 <262 ff.>; Kleiber/Kovar, a.a.O., S. 241 ff.; Kleiber/Soellner, in: Berghaus/Krüger, a.a.O., S. 25 <33 ff.>; World Health Organization, a.a.O., S. 16 ff.; strenger im Hinblick auf gewohnheitsmäßigen Konsum, Kannheiser, NZV 2000, S. 57 <58 ff.>). Darüber hinaus wird der Eintritt chronischer Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit bei besonders gefährdeten Personengruppen – etwa bei Jugendlichen in der Entwicklungsphase oder bei Personen, die mit latent vorhandenen Psychosen belastet sind – als möglich angesehen (vgl. Geschwinde, a.a.O., Rd. 199 ff.; World Health Organization, a.a.O.). In den – zahlenmäßig überwiegenden – übrigen Fällen besteht nach heutiger Erkenntnis in aller Regel kein Anlass zu der Befürchtung, dass der Konsum von Haschisch bei den Betroffenen zu einer permanenten fahreignungsrelevanten Absenkung ihrer körperlich-geistigen Leistungsfähigkeit führt (vgl. etwa Berghaus, Gutachten, a.a.O.; Kleiber, in: Schneider/Buschkamp/Follmann, Cannabis – eine Pflanze mit vielen Facetten -, 2000, S. 11 <17>).

Nach aktuellem Erkenntnisstand ist es bei einmaligem oder gelegentlichem Haschischkonsum auch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Betroffene außer Stande ist, eine drogenkonsumbedingte zeitweilige Fahruntüchtigkeit rechtzeitig als solche zu erkennen oder trotz einer solchen Erkenntnis von der aktiven Teilnahme am Straßenverkehr abzusehen. In der einschlägigen Fachliteratur wird zwar darauf hingewiesen, dass der Verlauf eines Haschischrauschs und die Dauer seines Abklingens von zahlreichen Faktoren bestimmt werden, weshalb sie vom Konsumenten im Vorhinein kaum zuverlässig abgeschätzt werden können. Es gibt allerdings keine hinreichend verlässlichen Anhaltspunkte dafür, dass der einmalige oder gelegentliche Cannabiskonsument im Regelfall drogenkonsumbedingt außerstande ist, die seine Fahrtüchtigkeit ausschließenden Wirkungen des Haschischkonsums als solche zu erkennen oder besserer Erkenntnis zuwider eine Teilnahme am Straßenverkehr zu unterlassen (vgl. Berghaus, Gutachten, a.a.O.).

Ein bei jedem, auch dem einmaligen oder gelegentlichen Haschischkonsumenten bestehender Eignungsmangel lässt sich auch nicht mit einem relevanten Risiko des späteren Eintritts unvorhersehbarer Echoräusche (Flashbacks) begründen, wie sie bei Konsumenten mancher „harter“ Drogen verzeichnet werden können. Insofern bedarf die in der Literatur umstrittene Frage keiner Klärung, ob der Konsum von Haschisch überhaupt mit einem Flashbackrisiko verbunden ist. Denn selbst wenn dies der Fall sein sollte, so wäre das Risiko eines nicht vorhersehbaren plötzlichen Verlustes der Fahrtüchtigkeit als sehr gering einzuschätzen (vgl. etwa Krüger, Gutachten, a.a.O.; Geschwinde, a.a.O., Rd. 136; Kleiber/Kovar, a.a.O., S. 73 f. m.w.N.). Nach Mitteilung der hierzu um Stellungnahme gebetenen Bundesregierung und der Landesregierungen sowie sachkundiger Dritter sind bislang nur sehr wenige Fälle bekannt geworden, in denen Anlass zu der Annahme bestand, ein Unfall im Straßenverkehr oder eine Verkehrsgefährdung könnte möglicherweise auf den haschischkonsumbedingten Echorausch eines Verkehrsteilnehmers zurückgeführt werden; lediglich in einzelnen Fällen konnte die Möglichkeit eines Echorauschs nicht vollständig ausgeschlossen werden, der aber in keinem Fall nachweisbar war.

2. Die Abwägung der Schwere des durch die Fahrerlaubnisentziehung bewirkten Grundrechtseingriffs und des Gewichts sowie der Dringlichkeit der zu seiner Rechtfertigung benannten Gründe ergibt unter Berücksichtigung dieses allgemeinen Kenntnisstandes, dass der Beschwerdeführer in unverhältnismäßiger Weise in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit beschränkt worden ist.

a) Die Entziehung einer Fahrerlaubnis nach § 4 StVG und § 15 b Abs. 1 StVZO dient dem legitimen Zweck, den fahrungeeigneten Erlaubnisinhaber davon abzuhalten, aktiv mit einem Kraftfahrzeug am öffentlichen Straßenverkehr teilzunehmen. Dadurch sollen von ihm ausgehende Gefahren für die Sicherheit des Straßenverkehrs und damit verbundene Gefahren für Leben, Gesundheit und Eigentum anderer Bürger abgewendet werden.

Ein auch verfassungsrechtlich tragfähiger Anlass zur Entziehung einer Fahrerlaubnis besteht zum einen bei einem dauerhaften, generell die Fahreignung (und nicht lediglich situationsbedingt die Fahrtüchtigkeit) ausschließenden Eignungsmangel; der Gesetzgeber hat dem durch § 4 StVG und § 15 b Abs. 1 StVZO Rechnung getragen. In Betracht kommen hier die schon erwähnten körperlich-geistigen Mängel, also Defizite der körperlich-geistigen Leistungsfähigkeit oder Fehlfunktionen, die das Unvermögen des Betroffenen zur Folge haben, ein Kraftfahrzeug sicher und verkehrsgerecht im Straßenverkehr zu führen. Zum anderen können charakterlich-sittliche Mängel die Fahreignung ausschließen. Solche Mängel liegen vor, wenn der Betroffene bereit ist, das Interesse der Allgemeinheit an sicherer und verkehrsgerechter Fahrweise den jeweiligen eigenen Interessen unterzuordnen und hieraus resultierende Gefährdungen oder Beeinträchtigungen des Verkehrs in Kauf zu nehmen. Ausdruck eines Mangels dieser Art ist es, wenn ein Fahrerlaubnisinhaber ungeachtet einer im Einzelfall anzunehmenden oder jedenfalls nicht auszuschließenden drogenkonsumbedingten Fahruntüchtigkeit nicht bereit ist, vom Führen eines Kraftfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr abzusehen (unzureichende Trennungsbereitschaft).

b) Dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs steht das private Interesse eines Bürgers am Erwerb und Bestand einer Fahrerlaubnis gegenüber. Ihr Wegfall kann die persönliche Lebensführung und damit die Wahrnehmung grundrechtlicher Freiheiten des Erlaubnisinhabers und seiner Familie nachhaltig beeinflussen. Die Fahrerlaubnis hat für den Bürger nicht selten existenzsichernde Bedeutung (vgl. BVerwG, NJW 2002, S. 78 <79>). Ihre Entziehung kann insbesondere dazu führen, dass die Ausübung des Berufs eingeschränkt oder ganz aufgegeben werden muss.

c) Diese absehbaren Folgen einer Fahrerlaubnisentziehung muss der Betroffene hinnehmen, wenn hinreichender Anlass zu der Annahme besteht, dass aus seiner aktiven Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr eine Gefahr für dessen Sicherheit resultiert. Das Sicherheitsrisiko muss deutlich über demjenigen liegen, das allgemein mit der Zulassung von Personen zum Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr verbunden ist.

Das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs und der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ableitbare Auftrag zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben (vgl. BVerfGE 46, 160 <164>) gebieten es, hohe Anforderungen an die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu stellen. Eine darauf bezogene präventive Kontrolle von Kraftfahrern, wie sie in § 4 Abs. 1 StVG, § 15 b Abs. 2 StVZO vorgesehen war, ist verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfGE 89, 69 <85>). Auch darf der Fortbestand der Voraussetzungen einer einmal erteilten Erlaubnis überprüft werden. Setzt die Überprüfung belastende, in Grundrechte eingreifende Maßnahmen voraus, ist bei der Prüfung ihrer Rechtmäßigkeit das Spannungsverhältnis zu berücksichtigen, das zwischen dem Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs einerseits und dem Interesse des Fahrerlaubnisinhabers andererseits besteht, von Gefahrerforschungseingriffen verschont zu bleiben, die mit erheblichen Belastungen für ihn verbunden sind (zu den Belastungen vgl. BVerwG, NJW 2002, S. 78 <79>).

Mit Blick auf dieses Spannungsverhältnis kann auf das Erfordernis eines hinreichenden Verdachts fehlender Fahreignung nicht schon allein deshalb verzichtet werden, weil es für die zuständigen Behörden schwer ist, verdachtsauslösende Momente zu entdecken, noch bevor es zu einem drogenkonsumbedingten Verkehrsunfall oder einer Verkehrsgefährdung gekommen ist. Vorangegangener Cannabiskonsum lässt sich am Verhalten des Konsumenten zwar regelhaft schwerer erkennen als Alkoholkonsum. Polizeibeamten ist es jedoch bei entsprechender Schulung in der Regel möglich, Anzeichen des Cannabiskonsums – etwa bei einer Fahrzeugkontrolle – anhand des Aussehens und Verhaltens des Konsumenten festzustellen und dies dann zum Anlass weiterer Aufklärungsmaßnahmen zu nehmen. Die entsprechenden Verdachtsmomente sind zwar andere als beim Alkoholkonsum und die Anforderungen an deren Feststellung dürfen auch unter Berücksichtigung der Schwierigkeit der Erkennbarkeit von Mängeln der Fahrtüchtigkeit und -eignung festgelegt werden. Ein gänzlicher Verzicht auf hinreichende Verdachtsindikatoren ist in einem Rechtsstaat jedenfalls bei einem für die persönliche Lebensführung gewichtigen Eingriff ausgeschlossen. Besteht ein hinreichender Verdacht und können mögliche Eignungsmängel nur unter aktiver Mitwirkung des Fahrerlaubnisinhabers aufgeklärt werden, ist es unbedenklich, diese Mitwirkung einzufordern und bei ihrer Verweigerung die dadurch bewirkte Vereitelung der abschließenden Aufklärung zum Nachteil des Betroffenen zu würdigen.

Die gesetzlichen Anforderungen an die Art und Intensität des Verdachts, der solche Folgen auslösen kann, müssen allgemein und ihre Rechtsanwendung muss im Einzelfall dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerecht werden. Die Beschränkungen sind nur angemessen, wenn die Behörde im Zuge der Ausübung der gesetzlichen Ermächtigung zur Fahreignungsüberprüfung hinreichend konkrete Verdachtsmomente feststellt, die einen Eignungsmangel als nahe liegend erscheinen lassen (vgl. BVerfGE 89, 69 <85 f.>). Es trägt dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Angemessenheit der eingreifenden Maßnahme im Verhältnis zum Anlass des Einschreitens Rechnung, wenn das Bundesverwaltungsgericht in seiner neueren Rechtsprechung davon ausgeht, dass der einmalige oder nur gelegentliche Cannabiskonsum ohne Bezug zum Straßenverkehr nicht als hinreichendes Verdachtselement zu bewerten ist (vgl. BVerwG, NJW 2002, S. 78 <80>).

d) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze durften der beim Beschwerdeführer einmalig festgestellte Haschischbesitz und die Weigerung der Teilnahme am Drogenscreening nicht als alleinige Grundlage der Entziehung der Fahrerlaubnis genommen werden.

Die Annahme der Verkehrsbehörde, dass die Feststellung des unerlaubten Besitzes einer kleinen Menge Haschisch als deutliches Indiz für beabsichtigten Eigenkonsum gewertet werden kann, stößt zwar auf keine Bedenken (vgl. Krüger, Gutachten, S. 23). Es fehlen jedoch Anhaltspunkte dafür, beim Beschwerdeführer aus der einmaligen Feststellung beabsichtigten Eigenkonsums einer kleinen Menge Haschisch auf das ständige Vorhandensein fahreignungsrelevanter körperlich-geistiger Leistungsdefizite zu schließen. Ebenso wenig wäre es tragfähig, aus dieser Feststellung den Schluss zu ziehen, dass der Beschwerdeführer entweder nicht in der Lage oder aber nicht Willens ist, zuverlässig zwischen dem Drogenkonsum und der aktiven Teilnahme am Straßenverkehr zu trennen. Ergänzende Anhaltspunkte etwa derart, dass der Beschwerdeführer unter Drogeneinfluss ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr geführt oder über einen längeren Zeitraum erheblichen Haschischmissbrauch geübt hat oder einer der besonders gefährdeten Personengruppen angehört, sind von der Verkehrsbehörde nicht ermittelt worden.

Es gibt auch keine Anzeichen für den Konsum „harter“ Drogen durch den Beschwerdeführer und darauf aufbauende Zweifel an der Fahreignung. Denn Feststellungen zum Umgang des Beschwerdeführers mit „harten“ Drogen sind im Ausgangsverfahren nicht getroffen worden. Der bloße Verdacht auf Haschischkonsum rechtfertigt für sich allein aber nicht den Schluss auf bereits erfolgten oder absehbaren Konsum „harter Drogen“ (vgl. hierzu bereits BVerfGE 90, 145 <180 f.>).

II.

Die angegriffene Fahrerlaubnisentziehungsverfügung der Stadt Freiburg i.Br., wie auch die diesen Bescheid im Widerspruchs- und nachfolgenden Verwaltungsstreitverfahren bestätigenden Behörden- und Gerichtsentscheidungen beruhen auf der festgestellten Grundrechtsverletzung. Die Entscheidungen sind daher aufzuheben (§ 95 Abs. 2 BVerfGG). Da die angegriffenen Entscheidungen keinen Bestand haben, braucht der Frage nicht nachgegangen zu werden, ob mit ihnen auch gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstoßen wurde, indem die behördliche Praxis beim bloßen Verdacht auf Haschischkonsum Ermittlungsmaßnahmen nach § 15 b Abs. 2 StVZO ergreift, bei Verdacht auf Alkoholkonsum hingegen von solchen Maßnahmen regelmäßig absieht.

Mit Blick auf die noch zu treffende Kostenentscheidung ist das Verfahren an das Bundesverwaltungsgericht zurück zu verweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34 a Abs. 2 BVerfGG, die Festsetzung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf § 113 Abs. 2 Satz 3 BRAGO in Verbindung mit den durch das Bundesverfassungsgericht hierzu entwickelten Grundsätzen (vgl. BVerfGE 79, 357 <361 ff.>; 79, 365 <366 ff.>).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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