Skip to content

LAG-Urteil: Arbeitgeber muss Kündigung klar und unmissverständlich erklären – Einseitige Druckkündigung unwirksam

Kündigungen sind ein häufiger Streitpunkt vor Gericht, besonders wenn Kollegen oder Kunden Druck auf den Arbeitgeber ausüben, einen bestimmten Mitarbeiter zu entlassen. Doch darf ein Arbeitgeber diesem Druck einfach nachgeben?

Genau diese Frage musste das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg in einem wichtigen Urteil (Az.: 6 Sa 47/08) beantworten. In dem Fall hatte ein langjähriger Drucker geklagt, nachdem er gekündigt wurde – mit der Begründung, dass seine Kollegen nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten wollten.

Das Gericht entschied zugunsten des Arbeitnehmers und erklärte die Kündigung für unwirksam. Das Urteil ist besonders relevant, weil es klärt, unter welchen Bedingungen eine sogenannte „Druckkündigung“ rechtmäßig sein kann – und wann nicht.

In diesem Artikel erfahren Sie, worauf Sie im Falle einer Druckkündigung achten sollten. Sollten Sie selbst von einer solchen Situation betroffen sein, finden Sie hier wertvolle Tipps und Kontaktmöglichkeiten zu unserem erfahrenen Arbeitsrechtler Dr. Kotz.
ntschlossen gegen Druckkündigung: Mit der richtigen Unterstützung und Vorbereitung können Arbeitnehmer selbstbewusst ihre Rechte wahrnehmen und sich gegen ungerechtfertigte Kündigungen wehren (Grafik: Midjourney KI).
Entschlossen gegen Druckkündigung: Mit der richtigen Unterstützung und Vorbereitung können Arbeitnehmer selbstbewusst ihre Rechte wahrnehmen und sich gegen ungerechtfertigte Kündigungen wehren (Symbolbild: Midjourney KI).

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Druckkündigung bedeutet, dass ein Arbeitgeber einen Mitarbeiter auf Druck von Kollegen oder Kunden entlässt.
  • Urteil des LAG Hamburg (Az.: 6 Sa 47/08): Eine solche Kündigung ist nur wirksam, wenn der Arbeitgeber alle Alternativen geprüft hat.
  • Arbeitgeber müssen sich schützend vor den Arbeitnehmer stellen und versuchen, Konflikte im Betrieb zu lösen.
  • Bloße Beschwerden oder vage Drohungen von Kollegen reichen nicht aus, um eine Kündigung zu rechtfertigen.
  • Arbeitnehmer können sich wehren: Eine Kündigungsschutzklage kann erfolgreich sein, wenn der Arbeitgeber den Kündigungsdruck nicht ausreichend nachweisen kann.
  • Wichtig für Arbeitgeber: Ohne konkrete wirtschaftliche Schäden oder ernsthafte Störungen im Betrieb ist eine Druckkündigung unwirksam.
  • Tipp für Betroffene: Kündigungsschutzklage innerhalb von drei Wochen einreichen, um gegen eine unrechtmäßige Kündigung vorzugehen!

Was ist eine Druckkündigung? (Erklärung für Laien)

Eine Druckkündigung liegt vor, wenn ein Arbeitgeber einen Mitarbeiter entlässt, weil er dazu von Kollegen, Kunden oder Geschäftspartnern gedrängt wird. Der Druck kann sich in Form von Beschwerden, Drohungen oder Kündigungsandrohungen äußern. Im Gegensatz zu personen- oder verhaltensbedingten Kündigungen beruht die Druckkündigung also nicht direkt auf dem Verhalten oder der Leistung des Arbeitnehmers, sondern darauf, dass andere dessen Entlassung fordern.

Typische Fälle einer Druckkündigung:

  • Kollegen drohen mit Kündigung, wenn der betroffene Mitarbeiter weiterbeschäftigt wird.
  • Kunden setzen das Unternehmen unter Druck, indem sie die Zusammenarbeit beenden wollen, falls der Mitarbeiter nicht entlassen wird.
  • Betriebsrat oder Gewerkschaft fordert eine Entlassung, weil der Arbeitnehmer angeblich nicht ins Team passt oder für Spannungen sorgt.

In solchen Fällen muss der Arbeitgeber aber nachweisen, dass er sich ernsthaft bemüht hat, die Situation anders zu lösen – etwa durch Gespräche, Mediation oder eine Versetzung. Eine Kündigung darf nur das letzte Mittel sein. Zudem reicht es nicht aus, wenn sich Kollegen oder Kunden einfach nur über jemanden beschweren.

Erst wenn ernsthafte wirtschaftliche Schäden oder eine unzumutbare Störung des Betriebs drohen und alle anderen Maßnahmen gescheitert sind, könnte eine Druckkündigung unter Umständen gerechtfertigt sein. Die Hürden dafür sind jedoch sehr hoch.

Der Fall vor dem LAG Hamburg: Worum ging es?

Im vorliegenden Fall klagte ein langjähriger Mitarbeiter einer Druckerei gegen seine Kündigung. Der Arbeitnehmer war seit 1986 im Unternehmen tätig, hatte jedoch in den letzten Jahren mehrere Abmahnungen wegen angeblicher schlechter Arbeitsleistung erhalten. Schließlich spitzte sich der Konflikt zu, als Kollegen sich über ihn beschwerten und der Arbeitgeber ihm daraufhin kündigte.

Die zentrale Frage des Rechtsstreits war: War die Kündigung rechtlich zulässig, weil die Belegschaft sich gegen den Arbeitnehmer stellte? Oder hätte der Arbeitgeber mehr tun müssen, um eine andere Lösung zu finden?

Die Argumente beider Seiten im Überblick

Arbeitgeber (Druckerei)Arbeitnehmer (Kläger)
Kollegen weigerten sich, mit dem Kläger zusammenzuarbeiten.Es gab keine eindeutige Drohung von Kündigungen, sondern nur Beschwerden.
Die schlechte Arbeitsleistung des Klägers führte zu Mehrarbeit für andere Mitarbeiter.Der Kläger hätte eine Schulung erhalten können, um sich an neue Maschinen anzupassen.
Das Unternehmen hätte wirtschaftlichen Schaden erlitten, wenn es nicht gehandelt hätte.Der Arbeitgeber hat nicht ernsthaft versucht, eine Lösung ohne Kündigung zu finden.
Die Situation war untragbar, eine Weiterbeschäftigung nicht zumutbar.Ein Arbeitsplatzverlust nach über 20 Jahren ohne Versuch einer Versetzung sei unverhältnismäßig.

Der Arbeitgeber berief sich also darauf, dass eine Weiterbeschäftigung unzumutbar sei, während der Arbeitnehmer argumentierte, dass eine Kündigung nur das letzte Mittel hätte sein dürfen.

Letztlich musste das Gericht entscheiden, ob die Druckkündigung sozial gerechtfertigt war oder ob der Arbeitgeber mehr hätte tun müssen, um die Kündigung zu vermeiden.

Kündigung fair kommunizieren: Ein ruhiges, respektvolles Gespräch auf Augenhöhe ermöglicht es beiden Seiten, die Situation sachlich zu besprechen und nach angemessenen Lösungen zu suchen (Grafik: Midjourney KI).
Kündigung fair kommunizieren: Ein ruhiges, respektvolles Gespräch auf Augenhöhe ermöglicht es beiden Seiten, die Situation sachlich zu besprechen und nach angemessenen Lösungen zu suchen (Symbolbild: Midjourney KI).

Die Entscheidung des LAG Hamburg: Warum war die Druckkündigung unwirksam?

Das Landesarbeitsgericht Hamburg entschied, dass die Kündigung unwirksam war. Der Arbeitgeber konnte nicht nachweisen, dass die Kündigung wirklich das letzte Mittel war und dass ernsthafte betriebliche Störungen oder wirtschaftliche Schäden drohten.

Die zentralen Gründe für die Unwirksamkeit der Kündigung:

Kein konkreter Kündigungsdruck:

  • Die Kollegen hatten sich zwar schriftlich beschwert, aber nur vage angedeutet, dass sie „evtl.“ kündigen könnten.
  • Es gab keine eindeutige Drohung oder eine größere Anzahl an Kündigungsabsichten.

Arbeitgeber versuchte nicht, den Konflikt zu entschärfen:

  • Es gab keine nachweislichen Gespräche mit den Mitarbeitern, um eine Lösung ohne Kündigung zu finden.
  • Maßnahmen wie eine Schulung oder Versetzung des Klägers wurden nicht ernsthaft geprüft.

Keine schwerwiegende wirtschaftliche Bedrohung:

  • Der Arbeitgeber argumentierte, dass der Betrieb ohne die Kündigung nicht hätte fortgeführt werden können.
  • Das Gericht sah dafür keine ausreichenden Beweise.

Lange Betriebszugehörigkeit des Klägers:

  • Nach mehr als 20 Jahren im Unternehmen hätte der Arbeitgeber dem Kläger eine Chance zur Anpassung an neue Anforderungen geben müssen.

Praxistipp: Wann kann eine Druckkündigung wirksam sein?

Eine Druckkündigung kann nur dann sozial gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitgeber folgende Punkte nachweisen kann:

  • Ernsthafte und konkrete Drohungen von mehreren Mitarbeitern oder Kunden, die glaubhaft machen, dass ohne die Kündigung gravierende Schäden entstehen.
  • Nachweisbare Vermittlungsversuche und Alternativen, wie Versetzungen oder Schulungen, die gescheitert sind.
  • Eine unzumutbare Störung des Betriebsablaufs, die durch nichts anderes als eine Kündigung abwendbar ist.

Da diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht erfüllt waren, wies das Gericht die Kündigung als unwirksam zurück.

Welche Konsequenzen hat das Urteil?

Das Urteil des LAG Hamburg setzt klare Maßstäbe für Druckkündigungen und hat weitreichende Folgen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Für Arbeitnehmer bedeutet das Urteil:

  • Starker Schutz vor ungerechtfertigten Kündigungen: Arbeitgeber dürfen nicht einfach dem Druck von Kollegen oder Kunden nachgeben.
  • Möglichkeit zur Kündigungsschutzklage: Wer glaubt, dass seine Kündigung unrechtmäßig war, kann sie erfolgreich anfechten.
  • Anspruch auf alternative Lösungen: Statt einer Entlassung muss der Arbeitgeber prüfen, ob Schulungen, Versetzungen oder Mediation infrage kommen.

Für Arbeitgeber bedeutet das Urteil:

  • Druck allein reicht nicht aus: Beschwerden von Kollegen oder Kunden sind kein ausreichender Kündigungsgrund.
  • Dokumentationspflicht: Unternehmen müssen nachweisen, dass sie alles versucht haben, um eine Kündigung zu vermeiden.
  • Erhöhte rechtliche Hürden für Druckkündigungen: Ohne eine nachweisbare, existenzielle Bedrohung ist eine solche Kündigung unwirksam.

„Der Arbeitgeber darf nicht ohne Weiteres dem Verlangen auf Entlassung eines Arbeitnehmers nachgeben, sondern muss sich schützend vor den Arbeitnehmer stellen und versuchen, die Belegschaft oder diejenige Seite, von der der Druck ausgeübt wird, von ihrer Drohung abzubringen.“

– LAG Hamburg, Az.: 6 Sa 47/08

Diese Entscheidung stellt klar, dass Arbeitnehmer nicht schutzlos sind, wenn Dritte ihre Kündigung fordern.
Gleichzeitig gibt sie Arbeitgebern eine klare Leitlinie, welche Schritte sie vor einer solchen Kündigung unternehmen müssen.

Fazit: Was lernen wir aus dem Urteil?

Das Urteil des LAG Hamburg zeigt: Eine Druckkündigung ist nur in seltenen Ausnahmefällen wirksam. Arbeitgeber müssen alles dafür tun, eine Kündigung zu vermeiden, und dürfen nicht einfach dem Druck von Kollegen oder Kunden nachgeben.

Für Arbeitnehmer bedeutet das, dass sie sich erfolgreich gegen eine unrechtmäßige Kündigung wehren können – vorausgesetzt, sie handeln schnell und kennen ihre Rechte.

Checkliste: So wehren Sie sich gegen eine Druckkündigung

✅ Ruhe bewahren & nichts unterschreiben!

Viele Arbeitgeber versuchen, den Druck mit einem Aufhebungsvertrag oder einer einvernehmlichen Lösung zu umgehen. Unterschreiben Sie nichts, bevor Sie sich rechtlich beraten lassen!

✅ Frist von 3 Wochen beachten!

Eine Kündigungsschutzklage muss spätestens drei Wochen nach Erhalt der Kündigung beim Arbeitsgericht eingereicht werden (§ 4 KSchG). Danach ist es oft zu spät, um gegen die Kündigung vorzugehen!

✅ Kündigung auf formale Fehler prüfen!

Häufig sind Kündigungen formell fehlerhaft und deshalb unwirksam. Prüfen Sie, ob:

  • die Kündigung schriftlich vorliegt (mündliche Kündigungen sind unwirksam!),
  • der Arbeitgeber einen Kündigungsgrund nennt (bei Betrieben mit mehr als 10 Mitarbeitern notwendig),
  • die Kündigungsfrist korrekt eingehalten wurde.

✅ Beweise sichern!

Falls die Kündigung wegen angeblicher Beschwerden von Kollegen oder Kunden erfolgt ist, sollten Sie möglichst viele Beweise sichern:

  • Schriftliche Abmahnungen, die der Kündigung vorausgingen
  • E-Mails oder interne Schreiben, die den Konflikt dokumentieren
  • Aussagen von Kollegen, die Sie unterstützen könnten
  • Gehaltsabrechnungen als Nachweis der Betriebszugehörigkeit

✅ Betriebsrat oder Gewerkschaft einschalten!

Falls es einen Betriebsrat gibt, muss dieser über die Kündigung informiert werden. Betriebsräte können oft helfen, eine Kündigung anzufechten. Auch Gewerkschaften bieten rechtlichen Beistand an.

✅ Fachanwalt für Arbeitsrecht kontaktieren!

Arbeitsrecht ist komplex – ein auf Kündigungsschutz spezialisierter Anwalt kann beurteilen, ob eine Klage Erfolg hat und ob eine Abfindung möglich ist. Viele Kündigungen sind unwirksam oder können mit einer Abfindung beendet werden.

Kostenlose Ersteinschätzung durch einen Anwalt

Lassen Sie Ihre Kündigung jetzt kostenlos prüfen! Die Kanzlei Rechtsanwalt Kotz ist auf Arbeitsrecht spezialisiert und hilft Ihnen, Ihre Rechte durchzusetzen. Rufen Sie an oder senden Sie Ihre Kündigung zur Prüfung ein:

» Jetzt unverbindlich prüfen lassen

Mann in Anzug läuft vor einem verspiegeltem Wolkenkratzer mit Unterlangen unter dem Arm
Arbeitnehmer können gegen unzulässige Druckkündigungen gerichtlich vorgehen. (Symbolbild: Midjourney KI)

✔ Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt

  • Was ist eine Druckkündigung?
    Eine Druckkündigung liegt vor, wenn Dritte, etwa Kollegen oder Kunden, den Arbeitgeber unter Druck setzen, einen Arbeitnehmer zu entlassen. Der Arbeitgeber gibt diesem Druck nach, um betriebliche Störungen zu vermeiden. Übt hingegen der Arbeitgeber selbst Druck auf den Arbeitnehmer aus, um ihn zur Eigenkündigung oder zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags zu bewegen, kann dies eine anfechtbare Zwangslage darstellen.
  • Ist eine Druckkündigung rechtswirksam?
    Eine Druckkündigung ist nicht automatisch unwirksam. Sie kann gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitgeber nachweislich keine andere Möglichkeit hat, den Betriebsfrieden aufrechtzuerhalten und die Kündigung verhältnismäßig ist. Ein unter Druck geschlossener Aufhebungsvertrag oder eine erzwungene Eigenkündigung kann hingegen nach § 123 BGB anfechtbar sein.
  • Wie erkenne ich eine Druckkündigung?
    Anzeichen für eine Druckkündigung sind Drohungen oder Beschwerden Dritter, die den Arbeitgeber zur Kündigung bewegen. Wird der Arbeitnehmer hingegen vom Arbeitgeber selbst zu einer Eigenkündigung oder einem Aufhebungsvertrag gedrängt, zeigen sich typische Merkmale wie mangelnde Bedenkzeit, Überrumpelungstaktik oder das Verhindern einer rechtlichen Beratung.
  • Was sollte ich tun, wenn ich eine Druckkündigung erhalte?
    Betroffene sollten nichts voreilig unterschreiben und eine schriftliche Kündigung verlangen. Bei einem Aufhebungsvertrag ist es ratsam, eine angemessene Bedenkzeit einzufordern. In jedem Fall sollte rechtlicher Beistand eingeholt werden, um die Erfolgsaussichten einer Anfechtung oder Kündigungsschutzklage zu prüfen.
  • Kann ich eine Druckkündigung anfechten?
    Eine Kündigung kann innerhalb von drei Wochen per Kündigungsschutzklage angefochten werden (§ 4 KSchG). Wurde ein Aufhebungsvertrag unter unzulässigem Druck geschlossen, kann eine Anfechtung nach § 123 BGB erfolgen, muss aber unverzüglich nach Wegfall des Drucks erklärt werden.

    Das vorliegende Urteil

    Landesarbeitsgericht Hamburg

    Az.: 6 Sa 47/08

    Urteil vom 03.04.2009


    Die Berufung der Beklagten gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 09. April 2008 – 11 Ca 488/07 – und ihr Auflösungsantrag werden zurückgewiesen.

    Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Tatbestand

    Die Parteien streiten im Berufungsverfahren um den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses, konkret um die Wirksamkeit einer Kündigung der Beklagten vom 30. Mai 2007.

    Der am 1960 geborene Kläger ist seit dem 29. Oktober 1986 bei der Beklagten/ihrer Rechtsvorgängerin als Drucker, zuletzt zu einem monatlichen Bruttoentgelt in Höhe von Euro 1.800,00 bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 18,75 Stunden beschäftigt. Bis zum 18. Juli 2006 arbeitete der Kläger jede zweite Woche 37,5 Stunden. Seit dem 18. Juli 2006 war der Kläger im Betrieb der Beklagten nicht mehr tatsächlich tätig.

    Die Beklagte betreibt eine industrielle Großdruckerei und beschäftigt regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden.

    Der Kläger arbeitete in den letzten drei Jahren seiner Tätigkeit für die Beklagte an einer Kleinformatdruckmaschine. Mit Schreiben vom 5. Juli 2004, 7. Dezember 2004 und 31. Januar 2005 mahnte die Beklagte den Kläger jeweils wegen unsorgfältiger Auftragsdurchführung ab. Bezüglich des Inhalts wird auf Bl. 31, 32, 34 d. A. 11 Ca 252/07 Bezug genommen. Über die Berechtigung dieser Abmahnungen besteht Streit zwischen den Parteien.

    Die Parteien führten bereits verschiedene Rechtsstreitigkeiten vor dem Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht Hamburg. Unter dem Az. 10 Ca 238/06 wandte sich der Kläger gegen eine Kündigung der Beklagten vom 26. April 2006 zum 31. Oktober 2006. Das Arbeitsgericht Hamburg stellte mit Urteil vom 29. November 2006 fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 26. April 2006 nicht beendet worden ist. Mit Urteil vom 13.Juni 2007 bestätigte das Landesarbeitsgericht Hamburg (6 Sa 10/07) die erstinstanzliche Entscheidung.

    Mit Schreiben vom 11. Dezember 2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger erneut ordentlich zum 30. Juni 2007. Gegen diese Kündigung wandte sich der Kläger im Kündigungsschutzverfahren 11 Ca 585/06. Mit Urteil vom 8. August 2007 stellte das Arbeitsgericht die Unwirksamkeit der Kündigung fest. Die Berufung der Beklagten wurde vom Landesarbeitsgericht unter 6 Sa 66/07 mit Urteil vom 3. April 2009 zurückgewiesen.

    Mit Schreiben vom 30. Mai 2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 30. November 2007, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin. Gegen diese Kündigung hat sich der Kläger mit der am 14. Juni 2007 beim Arbeitsgericht Hamburg eingegangenen Klage gewehrt, die zunächst zum Az. 11 Ca 252/07 geführt wurde und die sodann mit Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 11. Dezember 2007 mit dem Rechtsstreit 11 Ca 488/07, in dem sich der Kläger gegen eine weitere Kündigung der Beklagten vom 25. Oktober 2007 gewandt hatte, zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden wurde.

    In der mündlichen Verhandlung beim Arbeitsgericht am 9. April 2008 hat die Beklagte die auf Feststellung gerichtete Klage des Klägers, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche noch durch die ordentliche Kündigung vom 25. Oktober 2007 beendet worden ist, anerkannt. Aufgrund des Anerkenntnisses der Beklagten hat das Arbeitsgericht am 9. April 2008 ein Teilanerkenntnisurteil erlassen.

    Unter Berücksichtigung des Teilanerkenntnisurteils hat der Kläger beantragt,

    1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 30. Mai 2007 nicht beendet worden ist;

    2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern auf unbestimmte Zeit fortbesteht;

    3. im Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. und/oder 2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Drucker weiter zu beschäftigen; sowie hilfsweise festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht vor dem 31. Dezember 2007 seine Beendigung finden kann.

    Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise, das Arbeitsverhältnis zum 30 November 2007 aufzulösen und die Beklagte zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen.

    Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Kündigung vom 30. Mai 2007 sei zum einen aufgrund personenbedingter Gründe gerechtfertigt. Der Kläger sei nicht in der Lage, auch nur durchschnittliche Leistungen an den noch vorhandenen Maschinen zu erbringen. Ihm fehle die fachliche Fähigkeit, um an einer großen Druckmaschine arbeiten zu können. Die erforderliche fachliche Fähigkeit könne sich der Kläger auch nicht aneignen. Bereits die abgemahnten Vorfälle zeigten, dass der Kläger selbst eine einfache 6-FarbenKleinformatdruckmaschine nicht bedienen könne. An der nunmehr genutzten 10-Farben-Goßformatdruckmaschine werde nicht nur die 4-fache Menge an Papier gedruckt, sondern dieses im Vergleich zur 6-Farben-Kleinformatdruckmaschine auch doppelt so schnell. Die mangelnde fachliche Eignung des Klägers gehe auch aus der als Anlage B 3 (Bl. 35 d. A. 11 Ca 252/07) vorgelegten schriftlichen Beurteilung des unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers, des Betriebsleiters Knoll, hervor. Dieser habe gegenüber der Geschäftsleitung der Beklagten erklärt, der Kläger werde auch mit größtem Lernaufwand niemals in der Lage sein, die Maschinen der Beklagten in durchschnittlicher Art und Güte zu bedienen. Die 10-Farben-Großformatdruckmaschine sei erst seit Dezember 2006 vorhanden, weshalb der Kläger nicht bis 2002 an einer solchen Maschine tätig gewesen sein könne. Er sei vielmehr vormals an 4-, 6- und 8-Farbenmaschinen lediglich als Aushilfe und Druckhelfer eingesetzt worden.

    Die Kündigung sei jedenfalls als Druckkündigung gerechtfertigt. Es sei zu Differenzen zwischen dem Kläger und den weiteren Mitarbeitern der Beklagten gekommen. Diese Differenzen seien insbesondere darauf zurückzuführen, dass die Kollegen des Klägers aufgrund der fehlenden fachlichen Eignung die Arbeiten des Klägers hätten miterledigen müssen, wodurch erhebliche Mehrarbeit, Überstunden und Wochenendarbeit entstanden sei. Die Kollegen des Klägers weigerten sich deshalb, mit ihm zusammenzuarbeiten. Sie drohten für den Fall der Weiterbeschäftigung des Klägers mit eigenen Kündigungen.

    Die Beklagte hat insbesondere auf die Schreiben der Mitarbeiter vom 15. Februar 2007 (Bl. 28 d. A. 11 Ca 252/07) und vom 5. Juli 2007 (Bl. 27d. A. 11 Ca 252/07) verwiesen. Die Geschäftsleitung habe sich daraufhin an die Mitarbeiter gewandt und versucht, eine gütliche Einigung zu erzielen. Eine solche habe nicht gefunden werden können, da für den Kläger eine anderweitige Beschäftigung im Betrieb nicht vorhanden sei, er eine andere Tätigkeit auch nicht ausüben könne und nach Meinung sämtlicher Beteiligter nicht in der Lage sei, an den vorhandenen Druckmaschinen der Beklagten eigenverantwortlich zu arbeiten. Die Kündigung sei auch verhältnismäßig, da der Beklagten durch die Weigerung der Mitarbeiter, mit dem Kläger weiter zusammenzuarbeiten, ein schwerer wirtschaftlicher Schaden drohe.

    Selbst wenn die Kündigung sozial ungerechtfertigt sein sollte, sei eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Parteien nicht möglich. Die Weigerung der übrigen Mitarbeiter der Beklagten, mit dem Kläger zusammenzuarbeiten, stelle einen Auflösungsgrund gemäß § 9 KSchG dar.

    Zudem seien im Juli 2006 auf der M-Str. in H. Flyer verteilt worden, in denen behauptet worden sei, dem Kläger sei aus politischen Gründen gekündigt worden, um dem Protest gegen weitere Arbeitszeitflexibilisierung und Unterbesetzung an den Druckmaschinen die Spitze zu nehmen. Außerdem hätten Bekannte des Klägers vor dem Werksgelände demonstriert, weshalb es zu Nachfragen von Kunden der Beklagten gekommen sei.

    Ergänzend wird für das Vorbringen der Parteien in erster Instanz auf die dort gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokollerklärungen Bezug genommen.

    Das Arbeitsgericht Hamburg hat mit Schlussurteil vom 9. April 2006 – 11 Ca 488/07 – den allgemeinen Feststellungsantrag des Klägers als unzulässig abgewiesen und im Übrigen der Klage stattgegeben. Den Auflösungsantrag der Beklagten hat es zurückgewiesen. Wegen der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 69 – 80 d. A. Bezug genommen.

    Gegen das der Beklagten am 27. Mai 2008 zugestellte Schlussurteil wendet sich diese mit ihrer am 18. Juni 2008 bei Gericht eingegangenen und am 25. Juli 2008 begründeten Berufung.

    Sie macht geltend, die Kündigung vom 30. Mai 2007 sei als sogenannte Druckkündigung wirksam. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts seien die Voraussetzungen im vorliegenden Fall gegeben.

    Die vorgelegten Schreiben der Mitarbeiter stellten eine Zusammenfassung der Äußerungen und Weigerungen der Belegschaft gegenüber dem Kläger dar. Die Drohung mit Kündigungen sei auch mündlich verdeutlicht worden. Gerade der Entschluss der Belegschaft, sich auch schriftlich an ihren Arbeitgeber zu wenden und ihre Meinung zu erklären, mache die Ernsthaftigkeit der Drohung deutlich. Das Schreiben vom 15. Februar 2007 führe dabei den Grund der Differenzen auf. Der Kläger habe in den vergangenen 20 Jahren gezeigt, dass er fachlich nicht in der Lage sei, an größeren Maschinen im Schichtsystem mit seinen Kollegen zu arbeiten. Als „Gegenleistung“ für die durch die Leistungsmängel des Klägers entstehende Mehrarbeit der Kollegen arbeite dieser weder am Wochenende noch habe er zur Rettung des Betriebes auf Sonderleistungen verzichtet. Die Mitarbeiter seien verärgert, dass der Kläger sich auf ihre Kosten bereichere. Der im Schreiben der Belegschaft erklärte „Vorbehalt“ vermindere nicht die mündlichen Drohungen der Belegschaft.

    Die damalige Stimmung im Betrieb werde durch das Schreiben vom 5. Juli 2007 nochmals verdeutlicht.

    Selbst wenn nach Auffassung des Gerichts keine schriftliche Androhung einer Kündigung gegeben sei, würde die Weigerung der Belegschaft, mit dem Kläger zusammenzuarbeiten, eine Druckkündigung rechtfertigen.

    Die Großformatdruckmaschinen würden mit zwei Druckern im Dreischichtbetrieb geführt. Jeder dieser Drucker müsse in der Lage sein, die Maschine auch alleine zu führen. Anderweitige Druckertätigkeiten seien nicht vorhanden. Soweit sich die Belegschaft weigere, mit dem Kläger zusammenzuarbeiten, müsste die Produktion eingestellt werden. Bemühungen der Beklagten, auf die Belegschaft einzuwirken und nach Lösungsansätzen zu suchen, seien gescheitert.

    Jedenfalls sei der Auflösungsantrag der Beklagten angesichts der Einstellung der übrigen Mitarbeiter zum Kläger begründet. Insoweit sei auch das Schreiben vom 5. Juli 2007 mit zu berücksichtigen.

    Die Differenzen zwischen der Belegschaft und dem Kläger dauerten schon seit Jahren an. Sie hätten vormals durch die Beschäftigung des Klägers an einer Einzelmaschine gelöst werden können, dieser Lösungsansatz sei nun nicht mehr gegeben. Die Mitarbeiter wollten nicht tolerieren, dass sie bei einer Beschäftigung des Klägers durch seine schlechte Arbeit und seine Verweigerung der Wochenendarbeit zur Mehrarbeit gezwungen würden und der Kläger hierfür auch noch durch Sonderzuwendungen belohnt werde.

    Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

    Er macht geltend, er sei zum einen sehr wohl bereit gewesen, auch am Wochenende zu arbeiten, um somit zum Erhalt des Betriebes beizutragen. Zum anderen habe er allerdings kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anspruch auf tarifliche Zuwendungen, auf die er gemäß § 4 Abs. 4 TVG nicht verzichten könne.

    Aus dem Schreiben vom 15. Februar 2005 lasse sich nicht die in der Berufungsbegründung enthaltene Behauptung ableiten, wonach der Kläger in den vergangenen 20 Jahren gezeigt habe, dass er fachlich nicht in der Lage sei, an größeren Maschinen im Schichtsystem mit seinen Kollegen zu arbeiten.

    Es wäre im Übrigen auch nicht mit § 612 a BGB vereinbar, wenn der Kläger durch sein Festhalten an tariflichen Ansprüchen kündigungsrelevante Nachteile hinnehmen müsse.

    Im Schreiben vom 15. Juli 2007 sei nicht erklärt worden, die Belegschaft weigere sich, weiter mit dem Kläger zusammenzuarbeiten. Der Wortlaut des Schreibens sei ein anderer, im Übrigen stellten die Unterzeichner nicht die Belegschaft dar, sondern lediglich einen Teil.

    Die Argumentation der Beklagten mit der Notwendigkeit der Einstellung der Produktion sei nicht nachvollziehbar.

    Dies betreffe auch den Vortrag hinsichtlich der (vermeintlichen) Bemühungen der Beklagten, die (vermeintlichen) Spannungen zwischen der Belegschaft und dem Kläger zu lösen.

    Ebensowenig seien Gründe für einen Auflösungsantrag der Beklagten gegeben. Die Beklagte habe diesbezüglich keine nachprüfbaren Fakten vorgetragen.

    Wegen des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird ergänzend auf die Berufungsbegründung vom 23. Juli 2008, die Berufungserwiderung vom 27. August 2008, den weiteren Schriftsatz der Beklagten vom 24. September 2008 und den des Klägers vom 3. November 2008 verwiesen.

    Entscheidungsgründe

    Die Berufung der Beklagten ist statthaft (§ 4 Abs. 1, Abs. 2 ArbGG) und, weil sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 64 Abs. 6 Satz 1, 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 517, 519, 520 ZPO), auch im Übrigen zulässig.

    Die Berufung der Beklagten gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 9. April 2008 – 11 Ca 488/07 – ist jedoch unbegründet.

    Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 30. Mai 2007 nicht beendet worden ist und Gründe für eine gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 9 KSchG nicht gegeben sind.

    Hieraus folgt der Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers.

    Anders als im Rechtsstreit 6 Sa 66/07 folgt die Unwirksamkeit der Kündigung nicht bereits aus einer rechtskräftigen Feststellung im Teilanerkenntnisurteil des Arbeitsgerichts vom 9. April 2008.

    Zwar ist auch die streitgegenständliche Kündigung vom 30. Mai 2007 vor der Kündigung vom 25. Oktober 2007 ausgesprochen worden, deren Unwirksamkeit das Arbeitsgericht mit dem Teilanerkenntnisurteil rechtskräftig festgestellt hat. Insofern ist die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom Ansatz her relevant, wonach ein klagstattgebendes Urteil in einem Kündigungsschutzverfahren nicht nur die Feststellung enthält, dass die – isoliert zu betrachtende – konkrete Kündigung unwirksam ist, sondern auch, dass zum Zeitpunkt des Zugangs dieser Kündigung ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Auch diese Feststellung wird vom Umfang der Rechtskraft des Kündigungsschutzurteils erfasst (BAG vom 26.6.2008 – 6 AZN 648/07 – NZA 2008, 1145; vom 16.6.2005 – 6 AZR 451/04 – EzA KSchG § 17 Nr. 15 zu II 3 der Gründe; vom 28.11.2007 – 5 AZR 952/06 – EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 4; vom 20.9.2000 – 5 AZR 271/99 – BAGE 95, 324).

    Es ist jedoch auch in der Rechtsprechung anerkannt, dass in einem Rechtsstreit über die Wirksamkeit einer bestimmten Kündigung die etwaige Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch eine andere Kündigung ausgeklammert sein kann (vgl. BAG vom 20.5.1999 – 2 AZR 278/98 – zu I der Gründe). Eine solche Konstellation ist im vorliegenden Fall gegeben.

    Das Arbeitsgericht hat durch den Erlass eines bloßen Teilurteils bezüglich der Kündigung vom 25. Oktober 2007 erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass über die Wirksamkeit der Kündigung vom 30. Mai 2007 gesondert in einem Schlussurteil entschieden werden sollte. Hätte sogleich mittelbar eine Entscheidung über die frühere Kündigung ergehen sollen, hätte es der Aufspaltung in ein Teilurteil und ein Schlussurteil nicht bedurft.

    Die Kündigung vom 30. Mai 2007 ist jedoch aus anderen Gründen rechtsunwirksam, nämlich wegen fehlender sozialer Rechtfertigung gemäß § 1 Abs. 2 KSchG.

    Beim Arbeitsgericht hatte die Beklagte die Kündigung sowohl auf personenbedingte Gründe gestützt als auch sich auf eine Druckkündigung bezogen.

    Angesichts der Argumentation der Beklagten in der Berufungsbegründung liegt es nahe, dass die Beklagte den personenbedingten Ansatz im Berufungsverfahren nicht mehr aufrecht erhalten wollte. Es heißt dort nämlich:

    „Die Kündigung vom 30.5.2007 ist als sogenannte Druckkündigung wirksam.“

    Jedenfalls ist die Beklagte in keiner Weise auf die Argumentation des Arbeitsgerichts im angefochtenen Urteil eingegangen, dass die Beklagte angesichts des betrieblichen Hintergrundes, der Anschaffung neuer Maschinen, zunächst den Versuch hätte unternehmen müssen, den Kläger an den neu angeschafften Maschinen zu schulen und ihm die Chance zu geben, seine fachliche Qualifikation zu verbessern, bevor sie dann im Fall der Erfolglosigkeit etwaiger Umschulungsmaßnahmen mit der Begründung, der Kläger könne an Großformatdruckmaschinen nicht eingesetzt werden, eine personenbedingte Kündigung ausspricht. Dies gelte jedenfalls angesichts des langjährigen Beschäftigungsverhältnisses.

    Die Berufungskammer schließt sich dieser Argumentation des Arbeitsgerichts, wonach der Kläger die Möglichkeit erhalten muss, modernere und komplexere Maschinen kennenzulernen, bevor ihm mit der Begründung gekündigt wird, er sei einfach nicht in der Lage, an diesen Maschinen seine Arbeitsleistungen zu erbringen, ausdrücklich an. Weiterer Ausführungen bedarf es hierzu nicht, zumal die Beklagte sich mit der Urteilsbegründung in dem Punkt nicht ernsthaft auseinandergesetzt hat.

    Die Kündigung vom 30. Mai 2007 ist auch nicht als „echte“ Druckkündigung mit betriebsbedingtem Hintergrund sozial gerechtfertigt gemäß § 1 Abs. 2 KSchG.

    Dies gilt auch dann, wenn man sich nicht der Meinung anschließt, wonach eine Druckkündigung nur als außerordentliche Kündigung zulässig ist (Insam, DB 2005, 2298).

    Von einer Druckkündigung spricht man, wenn von der Belegschaft, einer Gewerkschaft, dem Betriebsrat oder Geschäftspartnern des Arbeitgebers unter Androhung von Nachteilen für den Arbeitgeber (Androhung der Kündigung durch Mitarbeiter oder des Abbruchs der Geschäftsbeziehungen durch Kunden) vom Arbeitgeber die Entlassung eines bestimmten Arbeitnehmers verlangt wird (KR-Fischermeier, 8. Aufl., § 626 BGB Rdn. 204; BAG vom 31.1.1996 – 2 AZR 158/95 – AP Nr. 13 zu § 626 BGB Druckkündigung).

    Der Arbeitgeber darf dabei nicht ohne Weiteres dem Verlangen auf Entlassung eines Arbeitnehmers nachgeben, sondern muss sich schützend vor den Arbeitnehmer stellen und versuchen, die Belegschaft oder diejenige Seite, von der der Druck ausgeübt wird, von ihrer Drohung abzubringen. Nur dann, wenn alle Vermittlungsversuche des Arbeitgebers gescheitert sind und dem Arbeitgeber nur die Wahl bleibt, entweder den Arbeitnehmer zu entlassen oder schwere wirtschaftliche Nachteile hinzunehmen, kann ihm ein Kündigungsgrund zugebilligt werden (BAG vom 19.6.1986 – 2 AZR 563/85 – AP Nr. 33 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). An die Zulässigkeit einer betriebsbedingten Druckkündigung sind grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen (BAG vom 4.10.1990 – 2 AZR 201/90 – AP Nr. 12 zu § 626 BGB Druckkündigung).

    Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist von einer sozialen Rechtfertigung der Druckkündigung gemäß § 1 Abs. 2 KSchG im vorliegenden Fall nicht auszugehen.

    Aus dem Schreiben vom 15. Februar 2007 des Herrn Q., das von mehreren Kollegen mitunterzeichnet wurde, ergibt sich zwar ein gewisser Unmut eines Teils der Belegschaft über den Kläger. Zum einen geht es hier jedoch primär um eine so genannte gleichberechtigte Behandlung in den Arbeitsbedingungen, insbesondere was Samstags- und Mehrarbeit angeht. Es wird dagegen opponiert, dass der Kläger „zu den genannten Bedingungen“ eingestellt wird.

    Zum anderen behalten sich die Unterzeichner nur vor, „evtl.“ ihr Arbeitsverhältnis zu kündigen. Ein unabweisbarer Druck ist diesem Schreiben nicht zu entnehmen.

    Das Schreiben vom 5. Juli 2007 ist erst nach Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung vom 30. Mai 2007 verfasst worden. Es kann die Beklagte mithin nicht zum Ausspruch der Druckkündigung veranlasst haben.

    Wenn die Beklagte argumentiert, das Schreiben stelle eine schriftliche Zusammenfassung der bereits zuvor abgegebenen mündlichen Erklärungen dar, so hätte sie im Einzelnen zeitlich substantiiert zu entsprechenden mündlichen Äußerungen konkreter Mitarbeiter vortragen müssen. Das Vorbringen der Beklagten ist in diesem Punkt zu vage.

    Im Übrigen hat die Beklagte nicht substantiiert dargelegt, welche Bemühungen sie unternommen hat, um gegen den Druck, „evtl.“ zu kündigen, anzugehen und die Spannungen zwischen dem Kläger und der Belegschaft zu lösen. Gesprächsdaten und Gesprächsinhalte sind nicht konkret benannt. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass die Beklagte die strengen Vorgaben für den Ausspruch einer Druckkündigung erfüllt hat.

    Eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 9 KSchG durch die Berufungskammer kam ebenso wenig in Betracht.

    Nach der Grundkonzeption des Kündigungsschutzgesetzes führt eine sozialwidrige Kündigung zu deren Rechtsunwirksamkeit und zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Das Kündigungsschutzgesetz ist vorrangig ein Bestandsschutz- und kein Abfindungsgesetz (BAG vom 23.6.2005 – 2 AZR 256/04 – AP Nr. 52 zu § 9 KSchG 1969). Bezogen auf den Auflösungsantrag des Arbeitgebers wird dieser Grundsatz durch § 9 KSchG unter der Voraussetzung durchbrochen, dass eine Vertrauensgrundlage für eine sinnvolle Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr besteht. Da hiernach eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nur ausnahmsweise in Betracht kommt, sind an die Auflösungsgründe strenge Anforderungen zu stellen (BAG vom 12.1.2006 – 2 AZR 21/05 – AP Nr. 53 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung; BAG vom 10.7.2008 – 2 AZR 1111/06, NZA 2009, 312).

    Eine Auflösung kommt vor allem in Betracht, wenn während eines Kündigungsschutzprozesses zusätzliche Spannungen zwischen den Parteien auftreten, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sinnlos erscheinen lassen (BAG vom 14.5

    Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen ausschließlich Informationszwecken und stellen keine Rechtsberatung dar. Sie können eine individuelle rechtliche Beratung, die die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls berücksichtigt, nicht ersetzen. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch neue Urteile und Gesetze geändert haben. Teile dieses Beitrags könnten mithilfe von KI-Unterstützung erstellt worden sein, um eine effiziente und präzise Darstellung der Informationen zu gewährleisten. Trotz umfassender Kontrolle können Irrtümer enthalten sein. Für eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung kontaktieren Sie uns bitte.

    Soforthilfe vom Anwalt!

    Jetzt Hilfe vom Anwalt!

    Rufen Sie uns an um einen Beratungstermin zu vereinbaren oder nutzen Sie unser Kontaktformular für eine unverbindliche Beratungsanfrage bzw. Ersteinschätzung.

    Ratgeber und hilfreiche Tipps unserer Experten.

    Lesen Sie weitere interessante Urteile.

    Unsere Kontaktinformationen.

    Rechtsanwälte Kotz GbR

    Siegener Str. 104 – 106
    D-57223 Kreuztal – Buschhütten
    (Kreis Siegen – Wittgenstein)

    Hier finden Sie uns!

    Telefon: 02732 791079
    (Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
    Telefax: 02732 791078

    E-Mail Anfragen:
    info@ra-kotz.de
    ra-kotz@web.de

    zum Kontaktformular

    Ersteinschätzungen nur auf schriftliche Anfrage per Anfrageformular.

    Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
    Fachanwalt für Arbeitsrecht

    Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
    Fachanwalt für Verkehrsrecht
    Fachanwalt für Versicherungsrecht
    Notar mit Amtssitz in Kreuztal

    Über uns

    Bürozeiten:
    MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
    SA & außerhalb der Bürozeiten:
    nach Vereinbarung

    Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!

    Das sagen Kunden über uns
    Unsere Social Media Kanäle

     

    Termin vereinbaren

    02732 791079

    Bürozeiten:
    Mo-Fr: 08:00 – 18:00 Uhr

    Kundenbewertungen & Erfahrungen zu Rechtsanwälte Kotz. Mehr Infos anzeigen.

    Ersteinschätzung

    Wir analysieren für Sie Ihre aktuelle rechtliche Situation und individuellen Bedürfnisse. Dabei zeigen wir Ihnen auf, wie in Ihren Fall sinnvoll, effizient und möglichst kostengünstig vorzugehen ist.

    Fragen Sie jetzt unverbindlich nach unsere Ersteinschätzung und erhalten Sie vorab eine Abschätzung der voraussichtlichen Kosten einer ausführlichen Beratung oder rechtssichere Auskunft.

    Jobangebote

    Jobangebote in der Kanzlei Kotz
    Rechtsanwaltsfach-angestellte(r) und Notarfachangestellte(r) (m/w/d)

     

    jetzt bewerben