VG Bremen – Az.: 5 V 1672/20 – Beschluss vom 27.08.2020
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die vorläufige Feststellung, dass die von ihr beabsichtigte Durchführung einer Karrieremesse durch die aktuell geltende Coronaverordnung nicht untersagt ist.
Sie veranstaltet seit 2004 marktführend sogenannte Recruitingmessen, auf denen ausstellende Unternehmen und Institutionen die Besucher über Arbeits-, Aus- und Weiterbildungs- sowie Studienangebote informieren und Kontakt zu potentiellen Bewerbern knüpfen. Einer der 22 Standorte der „… tour“ ist Bremen. Dort möchte die Antragstellerin am …09.2020 (10.00 bis 16.00 Uhr) und am …09.2020 (11.00 bis 17.00 Uhr) die … 2020″ durchführen. Für die … 2020″, die im Foyer sowie in der Halle 4 der … stattfinden soll, haben sich bislang 44 Unternehmen und Institutionen angemeldet. Im Vorjahr waren 100 Aussteller vertreten und informierten am gesamten Wochenende ca. 2.300 Besucher über mögliche Bildungs- und Studiengänge, Arbeitgeber und Karrierechancen. Die Antragstellerin kalkuliert, dass für die Aussteller 116 Personen und maximal 24 ihrer eigenen Mitarbeiter durchgehend anwesend sein werden, und geht von weniger Besuchern als im Vorjahr aus. Während der Eintritt für Schüler, Auszubildende, Studierende, Rentner, Menschen mit Behinderungen und deren Begleitung, Erwerbslose, Bezieher von Transferleistungen und Kinder bis 14 Jahre frei ist, zahlen die übrigen Besucher einen Eintritt in Höhe von drei Euro.
Unter § 2 der Vierzehnten Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vom 25.08.2020 (Brem.GBl. 2020, 819; im Folgenden Coronaverordnung) heißt es:
„(1) Außerhalb der eigenen Wohnung nebst dem umfriedeten Besitztum sind Veranstaltungen sowie sonstige Zusammenkünfte und Menschenansammlungen mit mehr als zehn Personen verboten, soweit in dieser Verordnung nichts Anderes geregelt ist. Satz 1 gilt nicht für Zusammenkünfte von Personen nach § 1 Absatz 2 und 3.
(2) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind Veranstaltungen und sonstige Zusammenkünfte in geschlossenen Räumen mit bis 250 gleichzeitig anwesenden Personen erlaubt, soweit zwischen den Besucherinnen und Besuchern ein Abstand von mindestens 1,5 Metern eingehalten wird; dies gilt nicht für Personen nach § 1 Absatz 2, die eine Veranstaltung gemeinsam besuchen. Die Veranstalterin oder der Veranstalter hat ein Schutz- und Hygienekonzept nach § 7 Absatz 1 zu erstellen; bei Veranstaltungen in einem Betrieb muss ein betriebliches Schutz- und Hygienekonzept nach § 7 Absatz 2 vorliegen. Eine Namensliste der teilnehmenden Personen zur Kontaktverfolgung nach § 8 ist zu führen. Für eine ausreichende Lüftung ist zu sorgen.
[…]
(4) In jedem Fall bleiben mindestens bis zum Ablauf des 31. Oktober 2020 verboten: Veranstaltungen, Versammlungen, Zusammenkünfte und ähnliche Ansammlungen von Menschen mit 1 000 oder mehr Teilnehmenden, Zuschauenden und Zuhörenden. Auch der Besuch der in Satz 1 genannten Veranstaltungen ist verboten.
[…]
(6) Ansammlungen und Zusammenkünfte von Menschen sind abweichend von Absatz 1 Satz 1 zulässig:
1. für die Berufsausübung im Sinne des Artikel 12 Absatz 1 des Grundgesetzes,
2. bei der Wahrnehmung von Aufgaben im öffentlichen Dienst oder als Organ der Rechtspflege,
3. bei der Benutzung des öffentlichen Personenverkehrs,
4. im Zusammenhang mit dem Besuch von Verkaufsstellen, Dienstleistungsbetrieben und sonstigen geöffneten privaten und öffentlichen Einrichtungen,
5. im Rahmen des Besuchs der im 2. und 3. Teil geregelten Einrichtungen.“
In § 4 Coronaverordnung sind Einrichtungen aufgeführt, die nicht für den Publikumsverkehr geöffnet werden dürfen, darunter Clubs, Diskotheken, Amüsierbetriebe, Prostitutionsstätten und Saunen. Verkaufsstellen, Dienstleistungsbetriebe und sonstige private und öffentliche Einrichtungen, die nicht von § 4 Coronaverordnung erfasst sind, dürfen nach Maßgabe näher beschriebener Vorgaben für den Publikumsverkehr öffnen. Dabei hat die verantwortliche Person sicherzustellen, dass die vorgeschriebenen Abstandsregeln eingehalten werden, ein Schutz- und Hygienekonzept erstellt wird und in geschlossenen Räumen Namenslisten zum Zwecke der Infektionskettenverfolgung geführt werden; letzteres gilt nicht für Verkaufsstätten, § 5 Coronaverordnung.
Das von der Antragstellerin erarbeitete Schutz- und Hygienekonzept sieht vor, dass bei der zur Verfügung stehenden Fläche von 4.114,75 qm im Foyer und in Halle 4 sowie bei kalkulierten 10 qm pro Person zeitgleich 411 Besucher zugelassen werden. Über eine Registrierung mittels QR-Code soll die genaue Anzahl der Messeteilnehmer in Echtzeit erfasst werden. Das Schutz- und Hygienekonzept enthält weitere Regelungen zur Einhaltung der Abstandsregeln durch Abstandsmarkierungen, zur Wegführung und zu mobilen Trennungsmöglichkeiten. Die Messegänge sollen von drei auf vier bzw. fünf Meter Breite erweitert werden.
Mit dem vorliegenden Eilantrag macht die Antragstellerin geltend, ihre Veranstaltung erfülle die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung in § 2 Abs. 6 Nr. 1 Coronaverordnung, da es nach dem Wortlaut der Vorschrift allein darauf ankomme, dass der sachliche Schutzbereich der Berufsfreiheit eröffnet sei. Dies sei sowohl im Hinblick auf sie selbst als auch auf die Besucher der Veranstaltung und die Aussteller der Fall. Die Besucher könnten sich auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen, da die Arbeitsplatzwahl der Berufsausübung vorgeordnet sei und Art. 12 Abs. 1 GG zugleich ein Abwehrrecht gegen Freiheitsbeschränkungen im Ausbildungswesen darstelle. Auch die Aussteller machten von ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG Gebrauch. Da der Wortlaut der Vorschrift ohne jede Einschränkung auf die Berufsausübung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG verweise und dort ein einheitliches Grundrecht der Berufsfreiheit normiert sei, sei für eine Beschränkung auf Menschenansammlungen zur Ermöglichung der unmittelbaren Berufsausübung kein Raum. Falle ihre Veranstaltung nicht unter die Ausnahmevorschrift, sei sie durch § 2 Coronaverordnung in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG verletzt. Sie werde im Vergleich zu großflächigen Verkaufsstellen des Einzelhandels in willkürlicher und sachlich nicht gerechtfertigter Weise benachteiligt. Das Infektionsrisiko sei bei ihrer Veranstaltung wesentlich geringer als bei großflächigen Verkaufsstellen des Einzelhandels, wo der Besucherstrom die erwartete Besucherzahl der … 2020″ um ein Vielfaches überschreite. Eine Wiederzulassung von Messen und Kongressen habe geringeren Einfluss auf das Infektionsgeschehen als die bereits erfolgte Wiedergestattung großflächiger Verkaufsstellen des Einzelhandels. Auch dort komme es zu massenhaften Flüchtigkeitskontakten, während mangels Erfassung der Kontaktdaten eine Rückverfolgbarkeit der Kunden ausgeschlossen sei. Intensive Gespräche fänden nicht nur im Rahmen der Karrieremesse, sondern auch im Zuge von Verkaufs- und Beratungsgesprächen statt. Es sei wahrscheinlich, dass sie – die Antragstellerin – weitreichendere Hygienemaßnahmen realisieren könne. Ein Unterschied im Hinblick auf die Gewährleistung der Einhaltung des jeweiligen Schutz- und Hygienekonzeptes bestehe nicht; bei großflächigen Verkaufsstellen des Einzelhandels sei dies aufgrund der ungleich größeren Menschenansammlungen erst recht problematisch. Eine Überwachung von Zutrittsbeschränkungen finde bei Letzteren nicht statt. Während die Kunden von großflächigen Verkaufsstellen des Einzelhandels die Einrichtungen lediglich zum Zwecke der Zerstreuung und aus reinem Einkaufsinteresse aufsuchten, kämen die Besucher der Karrieremesse, um sich über berufsrelevante Angebote zu informieren. Auch die Gleichbehandlung mit reinen Event- und Freizeitveranstaltungen sowie mit nach § 4 Coronaverordnung verbotenen Einrichtungen könne sachlich nicht gerechtfertigt werden, da auch insoweit die Infektionsgefahr erheblich geringer sei. Im Gegensatz zu Letzteren finde ihre Veranstaltung nicht in engen Räumen statt. Eine erhöhte Atemfrequenz und eine alkoholbedingte verminderte Eigenkontrolle der Teilnehmer träten ebenfalls nicht auf.
Sie habe aufgrund der coronabedingten Einschränkungen ihrer Geschäftstätigkeit bereits Einnahmeausfälle zu verkraften und befinde sich in einer akuten wirtschaftlichen Existenzgefährdung. 40 ihrer 51 Mitarbeiter befänden sich inzwischen in Kurzarbeit. Da aufgrund der „situationsbedingten Zurückhaltung“ zahlreicher Unternehmen lediglich mit 50 Ausstellern gerechnet werde könne, habe sie bereits deutliche wirtschaftliche Verluste erlitten. Im Falle einer Durchführung der … 2020″ ohne vorherige gerichtliche Klärung der Zulässigkeit drohe ihr ein Ordnungswidrigkeitenverfahren. Die intensive und aufwändige Vorbereitung der Messe habe bereits lange vor dem Veranstaltungstermin zu enormen Kosten geführt. Könne sie die Veranstaltung nicht wie geplant durchführen, müsse sie den Ausstellern die vereinbarten Zahlungen zurückerstatten. Den Ausgang eines Hauptsacherechtsbehelfs könne sie nicht abwarten. Ihr könne aufgrund der dynamischen Entwicklung des Infektionsgeschehens und der sich ständig ändernden, zeitlich befristeten Coronaverordnungen auch nicht entgegengehalten werden, sie hätte einen solchen Hauptsacherechtsbehelf frühzeitig beim Gericht anhängig machen müssen. Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 20.08.2020 die vom Gericht gestellten Fragen beantwortet; darauf wird verwiesen.
Die Antragsgegnerin ist dem Eilantrag entgegengetreten. Bereits der Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht worden. Der Antragstellerin sei zuzumuten, eine Entscheidung gegen die aktuelle Coronaverordnung im Hauptsacheverfahren anzustrengen und abzuwarten. Sie habe bereits zu Beginn der Corona-Pandemie, als absehbar gewesen sei, dass Großveranstaltungen auf absehbare Zeit nicht durchgeführt werden dürfen, eine Klage erheben und das Hauptsacheverfahren betreiben können. Sie habe den Termin für die Veranstaltung zudem selbst gewählt und könne sie nachholen, sobald die pandemische Lage dies zulasse. Die geltend gemachten wirtschaftlichen Nachteile beträfen alle von den Restriktionen betroffenen Personen und könnten durch staatliche Maßnahmen abgefedert werden. Es fehle zudem an einem Anordnungsanspruch. Die Ausnahme aus § 2 Abs. 6 Nr. 1 Coronaverordnung erfasse nur Fälle der unmittelbaren Berufsausübung, bei denen sich nicht vermeiden lasse, dass es zu Ansammlungen von mehr als 250 Personen in geschlossenen Räumen und von mehr als 400 Personen unter freiem Himmel komme. Die Information über mögliche Berufsfelder stehe zwar im weitesten Sinne im Zusammenhang mit der Berufsausübung, sei jedoch keine Berufsausübung im maßgeblichen Sinne. Das Verbot von Großveranstaltungen sei auch verhältnismäßig. Die vorgenommenen Lockerungen, aber auch die steigende Sorglosigkeit der Menschen hätten zu einem erhöhten Infektionsgeschehen geführt. Es sei nicht von der Hand zu weisen, dass die Bereitschaft der Bevölkerung, sich wieder in großen Gruppen zu treffen und gemeinsam Zeit zu verbringen, einen nicht unerheblichen Beitrag dazu geleistet habe. Bei Veranstaltungen, die darauf angelegt seien, mit wechselnden Personen in Kontakt zu treten, und eine bestimmte Gruppengröße überschreiten, sei die Einhaltung von Hygienekonzepten aufgrund der Bewegungsfreiheit kaum kontrollierbar. Bis zum 31.10.2020 müsse verhindert werden, dass größere, nicht miteinander bekannte Gruppen von Menschen in Flüchtigkeitskontakten aufeinandertreffen und dadurch die Infektionsgefahr erhöhen. Bei der Karrieremesse sei der Kontakt zwischen Besuchern und Ausstellern gerade gewünscht; es komme zu längeren intensiven Gesprächen mit einer intensiven Aerosolausschüttung. Darin liege der Unterschied zu Verkaufsstätten des Einzelhandels, wo Menschen sich mit Dingen des täglichen Lebens eindeckten und in der Regel keinen näheren Kontakt zu Verkäufern und anderen Kunden hätten.
Die Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 19.08.2020 die vom Gericht aufgeworfenen Fragen zur Prüfung der vorgelegten Schutz- und Hygienekonzepte von Verkaufsstellen des Einzelhandels beantwortet: Betreiber müssten sich zunächst im Rahmen einer Selbstevaluation mit den Gegeben- und Besonderheiten vor Ort auseinandersetzen und geeignete Schutzmaßnahmen ergreifen. Liege ein Hygiene- und Schutzkonzept vor, werde durch die Überwachungsbehörden zunächst geprüft, ob dieses an den konkreten Gegebenheiten vor Ort orientiert sei und anschließend, ob die Maßnahmen auch umgesetzt würden. Nach dem Gesamteindruck der kontrollierenden Mitarbeiter vor Ort werde zuletzt geprüft, ob die Maßnahmen auch geeignet seien; dies erfolge stichprobenartig und anlass- bzw. hinweisbezogen. Vorgaben im Hinblick auf die Anzahl der Kunden, Nutzer oder Gäste pro qm in den Einrichtungen gebe es nicht. Auch Angaben zu der zur Verfügung stehenden Fläche und den sich ohne Kunden, Nutzer oder Gäste regelmäßig darin aufhaltenden Personen seien nicht obligatorisch. Es werde jedoch von den Betreibern erwartet, dass diese bemessen, wie viele Personen sich gleichzeitig in der Einrichtung aufhalten können, und die Einhaltung des Mindestabstandes sicherstellen. Den Betreibern werde durch die Coronaverordnung ein Gestaltungsspielraum eingeräumt, den diese mit hohem Maß an Verantwortungsbewusstsein und Kreativität ausfüllten.
II.
Der zulässige Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1. Der Antrag ist zulässig.
a) Er ist nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO statthaft, weil die Antragstellerin ihr Begehren in der Hauptsache im Wege der Feststellungsklage nach § 43 VwGO verfolgen kann.
Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben, kraft deren einer der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht (BVerwG, Urt. v. 28.01.2010 – 8 C 19/09 –, juris Rn. 24 m.w.N.). Das Bestehen eines solchen Rechtsverhältnisses steht vorliegend in Streit. Die Antragstellerin begehrt die Feststellung, zu dem durch § 2 Abs. 1 und 2 Coronaverordnung untersagten Handeln – die Durchführung einer Messe in geschlossenen Räumen mit mehr als 250 gleichzeitig anwesenden Personen – weiterhin berechtigt zu sein.
Der Statthaftigkeit einer Feststellungsklage in der Hauptsache steht nicht entgegen, dass im Land Bremen nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. Art. 7 Abs. 1 BremAGVwGO die Möglichkeit besteht, im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts über die Gültigkeit der untergesetzlichen Rechtsnorm herbeizuführen. Denn die Rechtsbehelfe haben unterschiedliche Zielrichtungen und unterschiedliche Streitgegenstände. Während im Rahmen des objektiven Rechtsbeanstandungsverfahrens nach § 47 Abs. 1 VwGO (allein) die Gültigkeit einer untergesetzlichen Rechtsnorm Gegenstand des Verfahrens ist und das Oberverwaltungsgericht im Falle des Erfolges mit erga omnes-Wirkung die Rechtsnorm für unwirksam erklärt (vgl. § 47 Abs. 5 VwGO), ist die Feststellungsklage nach § 43 VwGO auf die Feststellung des (Nicht-)Bestehens eines Rechtsverhältnisses gerichtet; die Rechtskraft einer solchen Entscheidung erstreckt sich allein auf die an diesem Verfahren Beteiligten (vgl. § 121 VwGO). § 47 VwGO entfaltet gegenüber der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Rechtsverordnung im Wege der Feststellungsklage keine Sperrwirkung. Kommt es für den Ausgang eines Rechtsstreits auf die Gültigkeit einer Rechtsnorm an, so gehört es seit jeher zur richterlichen Prüfungskompetenz, ob diese Norm mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Eine Umgehung des § 47 VwGO liegt daher nur dann vor, wenn mit dem Feststellungsantrag lediglich die Klärung einer abstrakten Rechtsfrage aufgrund eines nur erdachten oder eines solchen Sachverhalts erreicht werden soll, dessen Eintritt noch ungewiss ist. Denn in einem solchen Fall würde der Rechtsstreit nicht der Durchsetzung von konkreten Rechten der Beteiligten, sondern dazu dienen, Rechtsfragen gleichsam um ihrer selbst willen rechtstheoretisch zu lösen. Anders liegt es dagegen, wenn die Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten, in der Wirklichkeit gegebenen Sachverhalt streitig ist, so dass die Rechtmäßigkeit der Norm lediglich als – wenn auch streitentscheidende – Vorfrage aufgeworfen wird; die Prüfung der Gültigkeit der Norm erfolgt danach in inzidenter Weise (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 12.09.2019 – 3 C 3/18 –, juris Rn. 20 ff.; BVerwG, Urt. v. 28.06.2000 – 11 C 13/99 –, juris Rn. 29; BVerfG, Beschl. v. 17.01.2006 – 1 BvR 541/02 –, juris Rn. 50; Happ, in: Eyermann, 15. Aufl. 2019, VwGO § 43 Rn. 9; Sodan; in: Sodan/Ziekow, 5. Aufl. 2018, VwGO § 43 Rn. 58, 58a).
Nach Ansicht der Kammer ist eine Feststellungsklage damit nicht nur dann statthaft, wenn die Feststellung begehrt wird, dass die beabsichtigte Tätigkeit von einer Regelung in der Rechtsverordnung bereits nicht erfasst ist. Sie ist auch dann statthaft, wenn dies nicht in Abrede gestellt wird, wegen Zweifeln an der Vereinbarkeit der untergesetzlichen Norm mit höherrangigem Recht aber von dem Nichtbestehen eines durch die Regelung der Rechtsverordnung begründeten Rechtsverhältnisses ausgegangen wird. Maßgeblich ist daher neben der konkreten Antragstellung auch, welche Feststellung der Betroffene begehrt: Geht es ihm um die Feststellung der Nichtigkeit der angegriffenen Norm, kann eine solche gerichtliche Feststellung nur im Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO getroffen werden. Eine Normverwerfungskompetenz steht dem Verwaltungsgericht nicht zu. Begehrt der Betroffene dagegen die Feststellung, dass wegen Ungültigkeit oder Unanwendbarkeit einer Rechtsnorm kein Rechtsverhältnis zu dem anderen Beteiligten begründet ist, kann dieses Begehren im Wege des § 43 Abs. 1 VwGO verfolgt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.08.2007 – 7 C 2/07 –, juris Rn. 20; BayVGH, Urt. v. 26.03.2001 – 9 B 96.1129 –, juris Rn. 30). Auch dann, wenn landesrechtlich die Möglichkeit eines Normenkontrollantrages nach § 47 Abs. 1 VwGO eröffnet ist, kann über einen Feststellungsantrag nach § 43 Abs. 1 VwGO vor dem Verwaltungsgericht eine Entscheidung über das Feststellungsbegehren herbeigeführt werden, zu dem durch eine Rechtsverordnung untersagten Handeln weiterhin berechtigt zu sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 01.03.1967 – IV C 74/66 –, juris Rn. 16; so wohl auch BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 31.03.2020 – 1 BvR 712/20 –, juris Rn. 15). So liegt es auch hier.
Die Antragstellerin beruft sich zunächst darauf, dass im Hinblick auf die von ihr geplante Veranstaltung die Ausnahmevorschrift des § 2 Abs. 6 Nr. 1 Coronaverordnung Anwendung finde und sie daher vom Verbot des § 2 Abs. 1 Satz 1 Coronaverordnung und den Einschränkungen des § 2 Abs. 2 Coronaverordnung nicht erfasst sei. Hilfsweise begründet sie ihren Antrag damit, dass im konkret vorliegenden Sachverhalt aufgrund eines Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1, 3 Abs. 1 GG kein Rechtsverhältnis zwischen ihr und der Antragsgegnerin begründet werde.
b) Die Antragstellerin ist auch entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt (vgl. Wahl/Schütz, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: 37. EL Juli 2019, § 42 Abs. 2 Rn. 23 ff. zur Anwendbarkeit des § 42 Abs. 2 VwGO auf Feststellungsbegehren im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO). Es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sie die begehrte Feststellung beanspruchen kann, da eine Verletzung in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 GG sowie Art. 3 Abs. 1 GG, die ihren Wesen nach auf sie anwendbar sind (Art. 19 Abs. 3 GG), zumindest möglich erscheint.
c) Die Antragstellerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der Klärung der aufgeworfenen Rechtsfragen vor der Durchführung der Karrieremesse. Die vorsätzliche oder fahrlässige Durchführung einer Veranstaltung in geschlossenen Räumen entgegen den Vorgaben des § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Coronaverordnung stellt nach § 73 Abs. 1a Nr. 24 IfSG i.V.m. § 23 Abs. 1 Nr. 1 Coronaverordnung eine Ordnungswidrigkeit dar. Die Neufassung der inzwischen Vierzehnten Coronaverordnung vom 25.08.2020 hat das Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin nicht entfallen lassen, da die Begrenzung der zulässigen Personenanzahl bei Veranstaltungen sowie sonstigen Zusammenkünften und Menschenansammlungen in § 2 Coronaverordnung inhaltsgleich übernommen wurde; einer Umstellung des Antrages durch die Antragstellerin, die in ihrer Antragsschrift auf die Dreizehnte Coronaverordnung abstellt, bedurfte es daher nicht.
d) Der Antrag richtet sich in zulässiger Weise gegen die Antragsgegnerin als Normgeberin.
Der Eilantrag ist bei Feststellungsbegehren gegen den Rechtsträger zu richten, demgegenüber das (Nicht-)Bestehen des Rechtsverhältnisses festgestellt werden soll, sodass regelmäßig der Normanwender, d.h. der Träger der Vollzugsbehörde, Antragsgegner ist (vgl. Happ, in: Eyermann, 15. Aufl. 2019, VwGO § 43 Rn. 44). Maßgeblich ist insoweit, zwischen wem das streitige Rechtsverhältnis besteht. In Fällen, in denen inzident die Gültigkeit bzw. Anwendbarkeit einer Rechtsverordnung zu prüfen ist, deren Regelung keines Vollzugsaktes bedarf (sog. self-executing-Norm), wird einerseits vertreten, der Rechtsbehelf sei gegen den Normgeber zu richten, wenn die Rechtsverordnung unmittelbar Rechte und Pflichten der Betroffenen begründet, ohne dass eine Konkretisierung oder Individualisierung durch Maßnahmen des Verwaltungsvollzuges vorgesehen oder möglich ist (so u.a. BVerwG, Urt. v. 28.01.2010 – 8 C 19/09 –, juris Rn. 30 zur Postmindestlohnverordnung). Andererseits wird darauf verwiesen, dass das Rechtsverhältnis im Regelfall nicht zwischen dem Normadressaten und dem Normgeber bestehe, da Letzterer – auch in Fällen sog. self-executing-Normen – an der Umsetzung der Norm gegenüber dem Adressaten nicht beteiligt sei (so u.a. BVerwG, Urt. v. 23.08.2007 – 7 C 13/06 –, juris Rn. 22 zur Rücknahme- und Pfandpflicht für Einweggetränkeverpackungen nach der Verpackungsverordnung; so auch VG Gießen, Beschl. v. 04.05.2020 – 4 L 1608/20.GI –, juris Rn. 5).
Vorliegend steht aus Sicht der Kammer das (Nicht-)Bestehen eines Rechtsverhältnisses der Antragstellerin zum Land Bremen als Normgeberin und nicht zum Rechtsträger des Ordnungsamtes Bremen in Streit. Dem Rechtsschutzsuchenden steht es korrespondierend zu obigen Ausführungen (II. 1. a)) dem Grunde nach frei, selbst zu entscheiden, wem gegenüber er das (Nicht-)Bestehen eines Rechtsverhältnisses festgestellt wissen möchte. Vorliegend ist das Bestehen eines Rechtsverhältnisses sowohl gegenüber dem Land Bremen als auch gegenüber dem Ordnungsamt Bremen denkbar.
Das Ordnungsamt Bremen ist für die Stadtgemeinde Bremen mit Ausnahme des Hafengebietes nach § 4 Abs. 1 der Verordnung über die zuständigen Behörden nach dem Infektionsschutzgesetz vom 11.09.2018 (Brem.GBl. 2018, 425), zuletzt geändert durch Verordnung vom 12.05.2020 (Brem.GBl. S. 292) zuständige Behörde im Sinne des Infektionsschutzgesetzes. Sie hat die Einhaltung der mit der Coronaverordnung einhergehenden Pflichten, d.h. auch die Befolgung von § 2 Coronaverordnung, zu überwachen. Sie ist auch die zuständige Überwachungsbehörde, der bei Veranstaltungen in geschlossenen Räumen das Schutz- und Hygienekonzept vorzulegen ist, §§ 2 Abs. 2 Satz 2, 7 Abs. 1 und 3 Coronaverordnung. Im Rahmen dieser Überwachungstätigkeit dürfte sie im Falle der Missachtung der Regelungen aus § 2 Coronaverordnung nicht auf die Androhung bzw. Einleitung eines Bußgeld- oder Strafverfahrens beschränkt sein, sondern durch ordnungsbehördliche Maßnahmen auch die bereits begonnene Durchführung einer nicht von § 2 Coronaverordnung gedeckten Veranstaltung vorzeitig beenden. Ein Feststellungsbegehren kann demnach darauf gerichtet sein, feststellen zu lassen, dass die zuständige Vollzugsbehörde nicht berechtigt ist, im Falle der Durchführung einer Veranstaltung gegen diese ordnungsbehördlich einzuschreiten. Andererseits werden durch die Regelungen in § 2 Coronaverordnung jedoch unmittelbar Rechte und Pflichten verwirklicht, ohne dass es einer vorherigen Konkretisierung oder Individualisierung durch Maßnahmen des Verwaltungsvollzuges bedarf. Die unter den Anwendungsbereich der Norm fallenden Veranstaltungen sowie sonstige Zusammenkünfte und Menschenansammlungen dürfen lediglich bis zu der dort angegebenen Begrenzung der Personenanzahl stattfinden; ein vorher durchzuführendes Genehmigungsverfahren, an dessen Ende eine Untersagung der Veranstaltung durch das Ordnungsamt Bremen stehen kann, ist nicht vorgesehen. Weder das Ordnungsamt Bremen noch andere Behörden im Land Bremen sind befugt, Veranstalter im Anwendungsbereich der Norm von der Einhaltung der Begrenzungen zu befreien (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.09.2019 – 3 C 3/18 –, juris Rn. 15 f. zur Klage gegen die Normgeberin der Arzneimittelverschreibungsverordnung). Umsetzungs- bzw. Vollzugsakte sieht § 2 Coronaverordnung nicht vor. Eine nach § 73 Abs. 1a Nr. 24 IfSG i.V.m. § 23 Abs. 1 Nr. 1 Coronaverordnung mögliche Verfolgung von Verstößen als Ordnungswidrigkeit ist nicht geeignet, ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO zu begründen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.01.2010 – 8 C 19/09 –, juris Rn. 34). Im Rahmen einer Feststellungsklage kann damit streitig sein, ob der Normgeber befugt war, die streitige Regelung in einer Rechtsverordnung zu erlassen und ob der Rechtsschutzsuchende nach wie vor berechtigt ist, abweichend davon zu handeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.01.2010 – 8 C 19/09 –, juris Rn. 26).
Vorliegend hat die Antragstellerin ihren einstweiligen Rechtsschutzantrag zwar gegen die Stadtgemeinde Bremen als Rechtsträgerin des Ordnungsamtes Bremen gerichtet und auch in der weiteren Antragsbegründung vom 14.08.2020 mitgeteilt, dass sie nicht davon ausgehe, dass die Normgeberin richtige Antragsgegnerin sei. Ihr Antrag ist indes auf die Feststellung gerichtet, dass die Durchführung der von ihr geplanten … durch § 2 Coronaverordnung nicht untersagt ist. Damit bringt sie gerade nicht zum Ausdruck, dass es ihr um die Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses zur zuständigen Ordnungsbehörde geht. Sie beruft sich vielmehr darauf, dass sich unmittelbar aus der Coronaverordnung ergebe, dass sie die von ihr geplante … durchführen dürfe. Im Falle eines Erfolges des Eilantrages wäre zudem die Normgeberin gehalten, die streitgegenständlichen Regelungen der Coronaverordnung zu ändern, und nicht die Rechtsträgerin des Ordnungsamtes.
2. Der Antrag ist unbegründet.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung notwendig erscheint, insbesondere auch, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Erforderlich ist danach ein Anordnungsgrund, d.h. die Eilbedürftigkeit der Sache, sowie ein Anordnungsanspruch, d.h. ein Anspruch auf die begehrte Maßnahme. Nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO sind die einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund begründenden Tatsachen glaubhaft zu machen. Da die von der Antragstellerin begehrte Feststellung in Anbetracht der unmittelbar bevorstehenden beabsichtigten Durchführung der … zu einer endgültigen Vorwegnahme der Hauptsache führt, das einstweilige Rechtsschutzverfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO grundsätzlich aber nur der vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses dient, bedarf es einer hohen Erfolgsaussicht des (noch zu erhebenden) Rechtsbehelfs in der Hauptsache. Es bedarf mithin einer weit überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Erfolges, und schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile im Falle eines Abwartens in der Hauptsache, um dem Eilantrag stattzugeben (vgl. HmbOVG, Beschl. v. 06.07.2018 – 3 Bs 97/18 –, juris Rn. 35 m.w.N.). Wenngleich eine Entscheidung im vorliegenden Verfahren anders als Eilanträge im Normenkontrollverfahren gemäß § 47 Abs. 6 VwGO – wie dargelegt – unmittelbar nur das Verhältnis zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin betrifft, könnten im Falle eines Erfolges des vorliegenden Eilantrages andere Veranstalter auf Gleichbehandlung drängen und so faktisch eine Außerkraftsetzung der beanstandeten Vorschrift herbeiführen. Dieser Umstand unterstreicht das Erfordernis sehr hoher Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren (vgl. HmbOVG, Beschl. v. 20.05.2020 – 5 Bs 77/20 –, juris Rn. 18).
Die vorgenannten Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Antragstellerin hat zwar einen Anordnungsanspruch (a), nicht jedoch das Vorliegen eines Anordnungsgrundes (b) glaubhaft gemacht.
a) Der Antragstellerin ist es gelungen, mit dem für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Maß an Wahrscheinlichkeit einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen. Ihr stünde aller Voraussicht nach im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens ein Anspruch auf Feststellung zu, dass die Durchführung der von ihr geplanten … nicht nach § 2 Coronaverordnung untersagt ist. Zwar kann sie sich nicht auf die Ausnahmeregelung in § 2 Abs. 6 Nr. 1 Coronaverordnung berufen (aa). Das pauschale Verbot von Veranstaltungen und sonstigen Zusammenkünften in geschlossenen Räumen mit über 250 gleichzeitig anwesenden Personen in § 2 Abs. 1 und 2 Coronaverordnung verletzt sie jedoch in ihrer Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG (bb).
aa) Die Antragstellerin kann sich nicht auf § 2 Abs. 6 Nr. 1 Coronaverordnung berufen.
Es handelt sich bei der … nicht um eine Ansammlung bzw. Zusammenkunft von Menschen „für die Berufsausübung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG“. Die Ausnahmevorschrift privilegiert nach einer am Wortlaut, Willen des Verordnungsgebers sowie Telos der Ausnahmevorschrift orientierten Auslegung lediglich Menschenansammlungen, bei denen sich die Mehrheit der Teilnehmer auf die Berufsausübungsfreiheit berufen kann. Daran fehlt es hier.
Gegen das weite Verständnis der Antragstellerin, die Ausnahmevorschrift sei bereits dann anwendbar, wenn der sachliche Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG eröffnet sei, spricht bereits der Wortlaut. Wenngleich Art. 12 Abs. 1 GG ein einheitliches Grundrecht der Berufsfreiheit enthält und neben der Berufsausübung zugleich die Berufs- und Arbeitsplatzwahl garantiert (siehe dazu BVerfG, Urt. v. 24.04.1991 – 1 BvR 1341/90 –, juris Rn. 60), hat der Verordnungsgeber den Begriff der „Berufsausübung“ und nicht den der „Berufsfreiheit“ gewählt. Die Besucher der… machen nicht von ihrem Grundrecht auf freie Berufsausübung Gebrauch, sondern beabsichtigen, sich über mögliche Bildungs- und Studiengänge, Arbeitgeber und Karrierechancen zu informieren.
Die Ausnahmeregelung aus § 2 Abs. 6 Nr. 1 Coronaverordnung ist auch nicht deshalb einschlägig, weil sich sowohl die Antragstellerin als auch die Aussteller auf ihr Grundrecht auf freie Ausübung des Berufes berufen können. Es muss sich – wie dargelegt – vielmehr um Menschenansammlungen handeln, bei denen nicht lediglich vereinzelt der Berufsausübung nachgegangen wird. Zu denken ist insbesondere an beruflich bedingte Menschenansammlungen in großen Produktionshallen oder Büroräumlichkeiten, aber auch an andere Zusammenkünfte, die in Ausübung des bereits gewählten Berufes stattfinden. Für dieses Verständnis spricht, dass der Verordnungsgeber nach Auffassung der Kammer erkennbar beabsichtigt hat, allein diese Menschenansammlungen zu privilegieren und nicht sämtliche Menschenansammlungen, bei denen lediglich ein Teil der anwesenden Personen ihrer Berufsausübung nachgehen. Bei der von der Antragstellerin geplanten … kann sich die überwiegende Anzahl der gleichzeitig anwesenden Personen – die Besucher – nicht auf die Berufsausübungsfreiheit berufen.
bb) Das pauschale Verbot von Veranstaltungen und sonstigen Zusammenkünften in geschlossenen Räumen mit über 250 gleichzeitig anwesenden Personen in § 2 Abs. 1 und 2 Coronaverordnung verletzt die Antragstellerin aufgrund einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG.
Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit sind nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung erlaubt, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt. Dies ist der Fall, wenn die eingreifende Norm kompetenzmäßig erlassen wurde, durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht (BVerfG, Beschl. v. 30.11.2010 – 1 BvL 3/07 –, juris Rn. 44).
Indem insbesondere Verkaufsstellen des Einzelhandels gleich welcher Größe unter Beachtung des vorgeschriebenen Mindestabstands und nach Vorlage eines Schutz- und Hygienekonzepts für den Publikumsverkehr öffnen dürfen, ohne einer § 2 Abs. 2 Coronaverordnung entsprechenden Begrenzung der zulässigen Personenanzahl zu unterliegen, liegt ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor. Während keine rechtlichen Bedenken bestehen, dass eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Coronaverordnung gegeben ist (§ 32 Satz 1 und 2 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG, siehe dazu OVG Bremen, Beschl. v. 09.04.2020 – 1 B 97/20 –, juris Rn. 21 ff.) und auch das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale aus § 28 Abs. 1 IfSG weiterhin zu konstatieren ist (siehe dazu zuletzt OVG Bremen, Beschl. v. 30.07.2020 – 1 B 221/20 –, juris Rn. 22, 23), ist die pauschalierte Begrenzung gleichzeitig anwesender Personen bei Veranstaltungen in geschlossenen Räumen bei gleichzeitig zugelassener Öffnung der Verkaufsstellen des Einzelhandels ohne derartige Einschränkungen nicht mit dem Gleichheitssatz vereinbar.
(1) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (BVerfG, Beschl. v. 07.02.2012 – 1 BvL 14/07 –, juris Rn.40; BVerfG, Beschl. v. 15.07.1998 – 1 BvR 1554/89 u.a. –, juris Rn. 63). Es sind nicht jegliche Differenzierungen verwehrt, allerdings bedürfen sie der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen reichen die Grenzen für die Normsetzung vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse. Insoweit gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.07.2012 – 1 BvL 16/11 –, juris Rn. 30; BVerfG, Beschl. v. 21.06.2011 – 1 BvR 2035/07 –, juris Rn. 65; BVerfG, Beschl. v. 21.07.2010 – 1 BvR 611/07 u.a. –, juris Rn. 79).
(2) Gemessen daran liegt ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor.
(a) Bei der Antragstellerin als Veranstalterin von Jobmessen und Betreibern von (großflächigen) Verkaufsstellen handelt es sich um wesentlich Gleiches im Sinne des Gleichheitssatzes. Sie sind Gewerbetreibende, die ihrer Berufsausübung dadurch nachgehen, dass sie ihre Waren bzw. Dienstleistungen Kunden und Besucher in geschlossenen Räumen anbieten und bei unbeschränkten Zugangsmöglichkeiten größtmöglichen Umsatz und Gewinn machen. Die Antragstellerin generiert ihre Einnahmen hauptsächlich durch die Akquise von Ausstellern, die wiederum im unmittelbaren Zusammenhang mit den erwarteten Besucherströmen steht. Sie werden durch die Coronaverordnung ungleich behandelt, indem Veranstalter von Messen in geschlossenen Räumen die Veranstaltung nach § 2 Abs. 1 und 2 Coronaverordnung so gestalten müssen, dass gleichzeitig maximal 250 Personen anwesend sind und Betreiber von Verkaufsstellen des Einzelhandels keinen derartigen Beschränkungen unterliegen. Zwar müssen auch Betreiber von Verkaufsstellen des Einzelhandels ein Schutz- und Hygienekonzept nach § 7 Coronaverordnung vorlegen, das durch die Überwachungsbehörden geprüft wird. Den Angaben der Antragsgegnerin zufolge werden den Betreibern insoweit aber keine Vorgaben zur maximal zulässigen Personenanzahl gemacht. Ein Schlüssel bzw. Richtwert, wie viele Quadratmeter pro Kunde zur Verfügung stehen muss, existiert ebenfalls nicht und Angaben der Betreiber dazu, wie viele Personen sich in den Räumlichkeiten ohne Kunden regelmäßig aufhalten, werden nicht gefordert.
(b) Diese Ungleichbehandlung ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.
Nach dem am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierten verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab sind die sich aus dem Gleichheitssatz ergebenden Grenzen für die Infektionsschutzbehörde weniger streng, auch kann die strikte Beachtung des Gebots innerer Folgerichtigkeit nicht eingefordert werden (vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 15.06.2020 – 1 B 176/20 –, juris Rn. 46 m.w.N.). Zudem ist die sachliche Rechtfertigung nicht allein anhand des infektionsschutzrechtlichen Gefahrengrades der betroffenen Tätigkeit zu beurteilen. Vielmehr sind auch alle sonstigen relevanten Belange zu berücksichtigen, etwa die Auswirkungen der Ge- und Verbote für die betroffenen Unternehmen und Dritte und auch öffentliche Interessen an der uneingeschränkten Aufrechterhaltung bestimmter unternehmerischer Tätigkeiten. Auch die Überprüfbarkeit der Einhaltung von Ge- und Verboten kann berücksichtigt werden (NdsOVG, Beschl. v. 17.07.2020 – 13 MN 261/20 –, juris Rn. 26 m.w.N.; OVG Bremen, Beschl. v. 30.07.2020 – 1 B 221/20 –, juris Rn. 35). Dem Verordnungsgeber ist im Hinblick auf das gewählte Mittel, solange eine epidemische Lage wie vorliegend durch erhebliche Ungewissheiten und sich ständig weiterentwickelnde fachliche Erkenntnisse geprägt ist, ein entsprechender Einschätzungsspielraum einzuräumen, soweit sich nicht andere Maßnahmen eindeutig als gleich geeignet und weniger belastend darstellen; der Einschätzungsspielraum umfasst notwendigerweise auch Pauschalierungen, Verallgemeinerungen und Generalisierungen (OVG Bremen, Beschl. v. 15.06.2020 – 1 B 176/20 –, juris Rn. 38 m.w.N.). Dies gilt insbesondere bei Massenerscheinungen, wo generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen getroffen werden können, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den Gleichheitsgrundsatz zu verstoßen; Unebenheiten, Friktionen und Mängel sowie gewisse Benachteiligungen in besonders gelagerten Einzelfällen, die sich im Zusammenhang mit Differenzierungen ergeben, müssen in Kauf genommen werden, solange sich für das insgesamt gefundene Regelungsergebnis ein plausibler, sachlich vertretbarer Grund anführen lässt (BayVGH, Entsch. v. 03.07.2020 – Vf. 34-VII-20 –, juris Rn. 19 m.w.N.). An Letzterem fehlt es hier.
Die pauschalierte Untersagung von Veranstaltungen in geschlossenen Räumen mit mehr als 250 gleichzeitig anwesenden Personen ist nicht mehr von der Einschätzungsprärogative der Normgeberin gedeckt. Die von ihr vorgenommene Generalisierung, die dem Grunde nach sämtliche (!) Veranstaltungen und Menschenansammlungen in geschlossenen Räumen erfasst, ist weder aus infektionsschutzrechtlicher Sicht noch aus anderen Gründen nachvollziehbar. Für die undifferenzierte Gleichbehandlung sämtlicher Veranstaltungen in geschlossen Räumen ohne Möglichkeit der Berücksichtigung besonderer Veranstaltungsformen lässt sich kein sachlicher Grund finden.
Dem Verordnungsgeber ist es nicht verwehrt, dort pauschalierte Regelungen zu treffen, wo aus infektionsschutzrechtlicher Sicht aufgrund der Vielzahl an Fällen eine generalisierende Betrachtung geboten und auch zumutbar erscheint. So dürfte es rechtlich nicht zu beanstanden sein, typisierende Ge- und Verbote für private Veranstaltungen geselliger Natur wie Hochzeiten, Geburtstage, Jubiläen und ähnliches zu treffen, die wöchentlich in nicht überschaubarer Anzahl im örtlichen Anwendungsbereich der Coronaverordnung stattfinden und bei denen eine pauschalierte Einschätzung des Infektionsrisikos aufgrund der Typik dieser Veranstaltungen gerechtfertigt sein dürfte. Diese Pauschalierung auf eine bestimmte Form von Veranstaltungen dürfte einen Regelungsbereich hinreichend eng umschließen und – auch angesichts der jüngsten Erfahrungen – eine typisierende Einschätzung der Infektionsgefahr nicht unbillig erscheinen lassen. Dass es auch dabei mitunter zu gewissen Härten kommen kann, die sich bei der Erfassung solcher Massenerscheinungen durch generalisierende Vorgaben nicht gänzlich vermeiden lassen, steht dem nicht entgegen. Insoweit läge ein nachvollziehbares Regelungsergebnis vor.
Anders liegt es jedoch dort, wo signifikante Unterschiede zu bereits erfolgten Lockerungen durch die Coronaverordnung nicht ersichtlich sind und es sich nicht um Massenerscheinungen im dargelegten Sinne handelt. Dies ist nach Auffassung der Kammer insbesondere bei Messen, die ebenfalls von der Pauschalierung in § 2 Abs. 1 und 2 Coronaverordnung erfasst sind, der Fall. Die Normgeberin hat ihren Einschätzungsspielraum überschritten, indem sie Veranstaltungen jeglicher Art und unabhängig von den konkreten Gegebenheiten und Örtlichkeiten ein gleichgelagertes Infektionsrisiko beimisst und dadurch Menschenansammlungen, die sich – wie die … der Antragstellerin – nicht von Einrichtungen unterscheiden, die ohne die Beschränkungen aus § 2 Coronaverordnung für den Publikumsverkehr öffnen dürfen, Letzteren gegenüber in sachlich nicht gerechtfertigter Weise benachteiligen. Insbesondere Messen, die im räumlichen Anwendungsbereich der Coronaverordnung in überschaubarer Anzahl stattfinden, unterscheiden sich insoweit aus Sicht der Kammer maßgeblich von Veranstaltungen, die aufgrund infektionsgefahrerhöhender Umstände wie Alkohol, lauter Musik, räumlicher Enge, persönlicher Bekanntschaft zwischen den Teilnehmern oder überdurchschnittlicher Aerosolausschüttung durch Bewegung ein besonderes Infektionsrisiko in sich tragen. Waren zu Beginn der Coronapandemie noch weitreichendere, pauschale Ge- und Verbote zur Eindämmung des Infektionsgeschehens angezeigt, ist auch die Antragsgegnerin durch diverse Lockerungen in der Coronaverordnung dazu übergegangen, Einschränkungen des öffentlichen Lebens wieder zurückzunehmen. Dies erfordert es auch, Feinjustierungen in konkreten Einzelfällen zu ermöglichen; dies jedenfalls dann, wenn es sich nicht um Massenerscheinungen handelt. Daran fehlt es hier.
Ein sachlicher Grund für die Differenzierung zwischen der von der Antragstellerin geplanten Veranstaltung einerseits und der Öffnung großflächiger Verkaufsstellen des Einzelhandels für den Publikumsverkehr andererseits ist nicht ersichtlich. Es ist nicht erkennbar, dass sich bei der Durchführung der … nach Maßgabe des vorgelegten Schutz- und Hygienekonzepts ein höheres Infektionsrisiko verwirklicht als bei der Öffnung großflächiger Verkaufsstellen des Einzelhandels wie Möbelhäuser oder Shopping-Center. Zutreffend weist die Antragstellerin darauf hin, dass es sowohl auf ihrer Messe als auch in Verkaufsstellen des Einzelhandels zu Flüchtigkeitskontakten mit der grundsätzlichen Gefahr einer Infektion kommt. Zwar ist die von ihr geplante Messe in der Tat darauf ausgelegt, dass Aussteller und Besucher ins Gespräch kommen. Zum einen kann auch dieser Gefahr beispielsweise durch eine Pflicht zum durchgehenden Tragen einer Mund- Nasen-Bedeckung (§ 3 Coronaverordnung) begegnet werden. Zum anderen ist nicht ersichtlich, dass sich die Anzahl der Kontakte mit nicht in einem Hausstand lebenden Personen bei der … signifikant von denen in Verkaufsstellen des Einzelhandels unterscheidet. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin angab, dass sich die Besucher regelmäßig (lediglich) eine Stunde auf der … aufhalten. Bei lebensnaher Betrachtung erscheint es ausgeschlossen, dass in dieser kurzen Zeit eine Kontaktaufnahme zu mehr als einer Handvoll Aussteller erfolgt. Auch in Verkaufsstellen des Einzelhandels, die zwar überwiegend als Selbstbedienungsläden ausgestaltet sind, kommt es im Rahmen von Beratungs- und Verkaufsstellen zu unter Umständen auch längeren Kontaktaufnahmen mit – mitunter mehreren – nicht in einem Hausstand lebenden Personen. Die von der Antragsgegnerin angesprochene steigende Sorglosigkeit der Menschen sowie die Bereitschaft, sich wieder vermehrt in Gruppen zu treffen und gemeinsam Zeit zu verbringen, rechtfertigt die Differenzierung ebenfalls nicht. Bei einer auf die Information über Bildungs- und Studiengänge, Arbeitgeber und Karrierechancen gerichteten Messe handelt es sich – anders als bei einer Verabredung zum gemeinsamen „Einkaufsbummel“ – gerade nicht um eine gesellige Veranstaltung, die ein Außerachtlassen der gebotenen Abstands- und Hygieneregeln erwarten lässt. Unklar bleibt zudem, weshalb die Einhaltung des vorgelegten Schutz- und Hygienekonzepts im Rahmen der … weniger effektiv überprüfbar sein sollte als in Verkaufsstellen des Einzelhandels. Mag dies auf private Veranstaltungen geselliger Natur zutreffen, ist im Vergleich der geplanten … zu Verkaufsstellen kein Unterschied erkennbar. Schwierigkeiten im Hinblick auf die Überprüfung der Einhaltung des Schutz- und Hygienekonzepts dürften von den konkreten (räumlichen) Gegebenheiten sowie den dargelegten infektionsgefahrerhöhenden Umständen abhängen; ein Unterschied zu den häufig mehrstöckigen Verkaufsstellen des Einzelhandels sind hier nicht ersichtlich. Die Ungleichbehandlung lässt sich zudem nicht durch ein vermeintlich größeres öffentliches Interesse an der Aufrechterhaltung der unternehmerischen Tätigkeiten von Betreibern der Verkaufsstellen rechtfertigen. Die Einschränkung der Öffnung dieser Einrichtungen allein zum Zwecke des Erwerbs der Dinge des täglichen Lebens ist bereits seit Monaten überholt. Zudem liegt im Hinblick auf die Veranstaltung der Antragstellerin ein gesamtgesellschaftliches Interesse vor, dass sich die Zielgruppe der … über Bildungs- und Studiengänge, Arbeitgeber und Karrierechancen informiert.
Danach drängt sich aus Sicht der Kammer auf, jedenfalls Messen aus der pauschalierenden Betrachtung von Veranstaltungen in § 2 Coronaverordnung herauszunehmen und insoweit eine gesonderte Regelung zu treffen. Ob diese in Gänze bei Einhaltung vorzulegender Schutz- und Hygienekonzepte unbeschränkt für den Publikumsverkehr öffnen dürfen (so ab dem 01.09.2020 die Regelungen in § 5 Abs. 3 der Niedersächsischen Coronaverordnung und in § 5 Satz 2 der Sächsischen Coronaverordnung) fällt in den Einschätzungsspielraum der Antragsgegnerin. Jedenfalls muss die Möglichkeit bestehen, in atypischen Fällen wie der Veranstaltung der Antragstellerin eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten.
b) Die Antragstellerin hat es indes nicht vermocht, auch das Vorliegen eines Anordnungsgrundes glaubhaft zu machen.
Aufgrund der mit der vorliegenden Entscheidung verbundenen Vorwegnahme der Hauptsache sind an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes hohe Anforderungen zu stellen. Zwar bestehen keine Zweifel daran, dass angesichts des bevorstehenden Termins der beabsichtigen Durchführung der … eine Dringlichkeit besteht und selbst im Falle der Erhebung eines Hauptsacherechtsbehelfs unmittelbar nach Ausbruch der Corona-Pandemie bis zum Zeitpunkt der geplanten Veranstaltung nicht mit einer Entscheidung hätte gerechnet werden können. Aufgrund der sich ständig ändernden Coronaverordnungen verfängt auch der Einwand der Antragsgegnerin, die Antragstellerin habe schon viel früher um Rechtsschutz nachsuchen müssen, nicht.
Die Antragstellerin hat jedoch nicht in dem für die Stattgabe des Eilantrages erforderlichen Maß glaubhaft gemacht, dass ihr im Falle der Durchführung der … mit lediglich 250 gleichzeitig anwesenden Personen ein schwerer und unzumutbarer, nachträglich nicht mehr zu beseitigender Nachteil entsteht. Dabei gilt es zunächst zu berücksichtigen, dass ihr die Durchführung der … nach der aktuell geltenden Coronaverordnung nicht in Gänze untersagt ist. Es steht ihr frei, diese unter Beachtung der Vorgaben des § 2 Abs. 2 Coronaverordnung stattfinden zu lassen. Die Antragstellerin hat nicht vorgetragen, dass und weshalb sie im Falle der auch an den Veranstaltungstagen geltenden Beschränkungen der zulässigen Personenanzahl von einer Durchführung der Veranstaltung absieht und den Ausstellern die entrichteten Entgelte zurückerstattet. Soweit die Antragstellerin in ihrer ergänzenden Antragsbegründung vom 19.08.2020 (Seite 3, 3. Absatz) darauf verweist, dass sie sämtliche vereinnahmten Zahlungen der vorgesehenen Aussteller an diese erstatten müsse, „könnte die Veranstaltung nicht wie geplant am … und … September 2020 stattfinden“, handelt es sich nach Auffassung der Kammer um etwaige Konsequenzen einer vollständigen Absage der Veranstaltung. Dies ergibt sich aus der vorangegangen Darlegung des Planungsaufwandes einer solchen … im Allgemeinen. Die Antragstellerin hat auch die Möglichkeit, durch Regelungen der Zugangsbeschränkungen einer Vielzahl an Besuchern – wenn auch nicht gleichzeitig – den Besuch der … zu ermöglichen. So ließen sich einstündige Zeitfenster einrichten, in denen eine bestimmte Anzahl an Besuchern gleichzeitig die … betreten dürfen. Bei kalkulierten 140 Personen, die ohne Besucher gleichzeitig und durchgehend anwesend seien werden, dürfen nach der bestehenden Rechtslage noch 110 Besucher gleichzeitig die … besuchen. Bei einer vollständigen Ausschöpfung dieser Zeitfenster käme die Antragstellerin, die ohnehin von weniger Besuchern als im Vorjahr ausgeht, am gesamten Wochenende auf immerhin ca. 1.300 Besucher.
Es ist zudem nicht glaubhaft gemacht worden, dass die Antragstellerin durch die Begrenzung der gleichzeitig anwesenden Personen unzumutbare wirtschaftliche Nachteile erleiden wird. Die Einnahmen der Antragstellerin generieren sich nach eigenem Vorbringen zum Großteil durch die ausstellenden Unternehmen und Institutionen, während der prozentuale Anteil, der auf die eingenommenen Eintrittsgelder entfällt, im niedrigen einstelligen Bereich liegt. Dies erklärt sich dadurch, dass der Zielgruppe der … freier Eintritt gewährt wird und nur wenige Besucher den Eintritt in Höhe von drei Euro zahlen müssen. Resultiert der weit überwiegende Anteil der Einnahmen der Antragstellerin somit aus den zu entrichteten Entgelten der ausstellenden Unternehmen und Institutionen, so hätte es der Antragstellerin oblegen, glaubhaft zu machen, dass im Falle der begehrten Zulassung von gleichzeitig 411 Besuchern mehr Aussteller ihr Kommen zusagen als die bislang 44 Unternehmen und Institutionen. Dies ist der Antragstellerin nicht gelungen. Sie hat vielmehr dargelegt, dass aktuell aufgrund der „situationsbedingten Zurückhaltung“ der Aussteller bislang lediglich 44 Unternehmen und Institutionen zugesagt hätten, während es im Vorjahr noch 100 Aussteller gewesen seien. Es ist weder glaubhaft vorgetragen worden noch ersichtlich, dass bei einer gleichzeitigen Zugangsermöglichung von 411 Besuchern tatsächlich weitere Aussteller ihr Kommen zusagen und ein entsprechendes Entgelt entrichten würden. Nicht plausibel ist es, wenn die Antragstellerin ausführt, dass viele potentielle Aussteller verunsichert seien, ob Veranstaltungen (legal) stattfinden könnten oder ob die Gefahr der Begehung einer Ordnungswidrigkeit drohe, und dies ein Grund für die geringeren Zusagen sei. Angesichts der nach der § 2 Coronaverordnung insoweit eindeutigen Rechtslage dürfen bei Messen wie der geplanten gleichzeitig 250 Personen anwesend sein. Für potentielle Aussteller besteht danach jedenfalls nach Rücksprache mit der Antragstellerin die Möglichkeit, zu beurteilen, ob für sie danach ein Kommen in Betracht kommt oder nicht. Maßgeblich dürfte vielmehr der – auch von der Antragstellerin angesprochene – Aspekt sein, dass viele Unternehmen im Zuge der Coronapandemie ihre Einstellungsaktivitäten stark eingeschränkt bzw. ganz ausgesetzt haben und abwarten, wie sich die Lage entwickelt, da sie selbst erhebliche wirtschaftliche Einbußen erlitten haben. Sind aktuell weniger oder sogar gar keine Einstellungen beabsichtigt, liegt es auf der Hand, dass Unternehmen von der Teilnahme an … absehen. Dass die Antragstellerin nach eigenen Angaben bislang keine Absagen erteilen musste, deutet darauf hin, dass jedes Unternehmen, das auf der … ausstellen wollen (und das entsprechende Entgelt entrichten) würde, aktuell auch die Möglichkeit dazu hätte. Zuletzt fehlt es auch an Angaben der Antragstellerin, wie hoch der wirtschaftliche Schaden wäre, würde die Veranstaltung lediglich mit 250 gleichzeitig anwesenden Personen im Vergleich zu den beabsichtigten ca. 550 gleichzeitig anwesenden Personen (411 Besucher und 140 Aussteller bzw. Mitarbeiter der Antragstellerin) stattfinden.
3. Die Kostenentscheidung resultiert aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG. Von einer Halbierung des Streitwertes nach Ziffer 1.5 Satz 1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 war vorliegend aufgrund der mit der Entscheidung verbundenen Vorwegnahme der Hauptsache abzusehen, Ziffer 1.5 Satz 2 des Streitwertkataloges 2013.