BFH
Az: I R 20/05
Urteil vom 05.04.2006
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob eine von der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) geleistete Spende steuermindernd zu berücksichtigen ist.
Die Klägerin, eine GmbH, leistete im Dezember des Streitjahres (1995) an die Gemeinde G eine Scheckzahlung in Höhe von 10 000 DM. Der Scheck ist von einem der Gesellschafter der Klägerin (S) unterzeichnet und enthält den Zusatz „Spende zugunsten BSV G Sparte Fußball“. Die Gemeinde G reichte ihn nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) noch im Streitjahr an den begünstigten Sportverein (nachfolgend: Verein) weiter.
Die Klägerin behandelte die Scheckzahlung als gewinnmindernde Betriebsausgabe. Im Zusammenhang mit ihrer Steuererklärung für das Streitjahr legte sie eine vom 19. September 1996 datierende Bescheinigung der Gemeinde G vor, in der bestätigt wird, dass die Spende zu gemeinnützigen Zwecken i.S. des § 52 der Abgabenordnung (AO 1977) verwendet werde. Ferner heißt es dort, dass die Spende an die von der Klägerin bestimmte Körperschaft weitergeleitet werde, wenn diese vom FA „mit Bescheid vom ___/vorläufiger Bescheinigung vom 13.08.1996 als begünstigte Empfängerin anerkannt ist“. Die genannte Bescheinigung war erteilt worden, nachdem der Verein im Juni 1996 seine Satzung an die abgabenrechtlichen Bestimmungen über die Gemeinnützigkeit angepasst hatte.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) erkannte die Spendenzahlung nicht als gewinnmindernd an, da der Verein im Zeitpunkt des Erhalts der Spende noch nicht als gemeinnützig anerkannt gewesen sei. Die deshalb erhobene Klage hat das FG abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und den angefochtenen Bescheid in der Weise zu ändern, dass die Spende in Höhe von 10 000 DM gewinnmindernd berücksichtigt wird.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist unbegründet und deshalb gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Klägerin der begehrte Spendenabzug weder nach allgemeinen Grundsätzen noch aus Gründen des Vertrauensschutzes gewährt werden kann.
1. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) sind bei einer Körperschaft vorbehaltlich des § 8 Abs. 3 KStG Ausgaben zur Förderung der als besonders förderungswürdig anerkannten gemeinnützigen Zwecke bis zu bestimmten Höchstbeträgen einkommensmindernd abziehbar. Dabei beantwortet sich die Frage, welche Ausgaben den genannten begünstigten Zwecken dienen, in Ermangelung einer körperschaftsteuerrechtlichen Spezialregelung nach den einschlägigen Vorschriften der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV). Diese sind, obwohl § 8 Abs. 1 KStG nicht unmittelbar auf die EStDV verweist, auf den Spendenabzug von Körperschaften zumindest entsprechend anwendbar (Senatsurteile vom 12. September 1990 I R 65/86, BFHE 162, 407, BStBl II 1991, 258; vom 5. Februar 1992 I R 63/91, BFHE 168, 35, BStBl II 1992, 748; ebenso Abschn. 42 Abs. 1 der Körperschaftsteuer-Richtlinien –KStR– 1995 und R 47 Abs. 1 KStR 2004; Woitschell in Ernst & Young, KStG, § 9 Rz. 28; Hofmeister in Blümich, § 9 KStG Rz. 39 ff.; Heger in Gosch, KStG, § 9 Rz. 29 ff.). Ebenso können diejenigen Grundsätze, die in Rechtsprechung und Schrifttum zum Spendenabzug nach § 10b des Einkommensteuergesetzes (EStG) entwickelt worden sind, regelmäßig auf § 9 KStG übertragen werden.
2. Nach der im Streitfall maßgeblichen Rechtslage (§ 48 Abs. 2 EStDV 1990 i.V.m. R 111 Abs. 1 Satz 1 der Einkommensteuer-Richtlinien –EStR– 1993) sind Spenden zur Förderung des Sports nur dann steuerlich abziehbar, wenn der Spendenempfänger eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine öffentliche Dienststelle ist (ausführlich dazu Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 24. November 1993 X R 5/91, BFHE 173, 519, BStBl II 1994, 683). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der gespendete Betrag in den Verfügungsbereich einer der genannten Stellen übergeht. Der Spendenabzug hängt nicht davon ab, dass die empfangende Stelle den erhaltenen Betrag unmittelbar für begünstigte Zwecke verwendet oder zumindest selbst über dessen Verwendung entscheiden kann; es ist vielmehr unschädlich, wenn ihr der Spender die Weiterleitung des Betrags an eine andere gemeinnützige Organisation aufgibt und sie dieser Vorgabe entsprechend verfährt. Hieraus hat sich in der Praxis die Rechtsfigur der „Durchlaufspende“ entwickelt (vgl. dazu BFH-Urteile in BFHE 162, 407, BStBl II 1991, 258, und in BFHE 173, 519, BStBl II 1994, 683; Hofmeister in Blümich, § 10b EStG Rz. 32), bei der Spenden an eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder an eine öffentliche Dienststelle mit der Maßgabe geleistet werden, dass der gespendete Betrag an eine nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreite Körperschaft weiterzuleiten sei. Von dieser Möglichkeit hat die Klägerin im Streitfall Gebrauch gemacht.
3. Das Vorgehen der Klägerin entspricht insoweit dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften, als die unmittelbare Empfängerin der Spende –die Gemeinde G– eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist. Das reicht jedoch für den Spendenabzug nicht aus. Vielmehr muss bei einer „Durchlaufspende“ zusätzlich der Letztempfänger für denjenigen Veranlagungszeitraum, in dem die Zuwendung beim Spender steuerlich begünstigt werden soll, tatsächlich von der Körperschaftsteuer befreit sein (BFH-Urteil vom 18. Juli 1980 VI R 167/77, BFHE 131, 345, BStBl II 1981, 52). Diese Einschränkung rechtfertigt sich daraus, dass eine Durchlaufspende zwar formal der Durchlaufstelle (juristische Person des öffentlichen Rechts oder öffentliche Dienststelle) zugewendet wird, wirtschaftlich aber von vornherein nur für den Letztempfänger bestimmt ist. Insbesondere hat in einer solchen Konstellation die Durchlaufstelle kein eigenes Entscheidungsrecht hinsichtlich der Verwendung des gespendeten Betrags; sie ist insoweit vielmehr an die vom Spender gemachte Vorgabe gebunden (Hofmeister in Blümich, § 10b EStG Rz. 34). Angesichts dessen wäre es nicht sachgerecht, eine Durchlaufspende zum Abzug zuzulassen, obwohl der durch sie begünstigte Letztempfänger im Zeitpunkt der Begebung der Spende die Anforderungen des Gemeinnützigkeitsrechts (noch) nicht erfüllt. Zudem würde ein solches Vorgehen Durchlaufspenden gegenüber Direktspenden (unmittelbar dem Begünstigten zugewandten Spenden) bevorzugen, bei denen der Abzug zweifelsfrei von der Gemeinnützigkeit des Begünstigten im Zeitpunkt der Spende abhängt; das wäre angesichts dessen, dass die –nach der hier maßgeblichen Rechtslage– auf bestimmte Spendenempfänger beschränkte Berechtigung zur eigenständigen Ausstellung von Spendenbescheinigungen eine Privilegierung jener Empfänger bedeutete, kaum interessengerecht.
Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob eine Körperschaft rückwirkend gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit werden kann und wie sich dies ggf. auf den Spendenabzug auswirkt, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Denn nach den Feststellungen des FG war der Verein in jenem Zeitpunkt, in dem der Spendenbetrag bei der Klägerin abfloss, nicht wegen Gemeinnützigkeit von der Körperschaftsteuer befreit. Eine solche Befreiung ist auch im weiteren Verlauf nicht rückwirkend auf einen im Streitjahr liegenden Zeitpunkt ausgesprochen worden. Vielmehr hat der Verein unstreitig erst im Folgejahr eine Freistellungsbescheinigung erhalten, und auch dies erst im Anschluss an eine Anpassung seiner Satzung an die Vorgaben des steuerlichen Gemeinnützigkeitsrechts. Angesichts dessen fehlt jeder Anknüpfungspunkt dafür, die Spende der Klägerin steuerrechtlich so zu behandeln, als wäre der begünstigte Verein im Zeitpunkt ihrer Hingabe gemeinnützig gewesen. Damit scheidet der von der Klägerin begehrte Abzug der Spende aus.
4. Auf einen Vertrauensschutz kann sich die Klägerin nicht berufen. Zwar darf nach § 9 Abs. 3 Satz 1 KStG der Empfänger einer Spendenbescheinigung unter bestimmten Voraussetzungen auf deren Richtigkeit vertrauen. Die hier vorliegende Gestaltung wird aber von der genannten Vorschrift nicht erfasst.
a) § 9 Abs. 3 Satz 1 KStG betrifft –ebenso wie die gleich lautende Regelung in § 10b Abs. 4 Satz 1 EStG– diejenigen Fälle, in denen die Spendenbescheinigung zu Unrecht einen Sachverhalt ausweist, bei dessen Vorliegen die Spende steuerlich abziehbar wäre. Ist die Bescheinigung in diesem Sinne „unrichtig“ und hat der Empfänger ohne grobe Fahrlässigkeit auf sie vertraut, so ist er im Hinblick auf den Spendenabzug so zu behandeln, wie wenn die Bescheinigung inhaltlich zutreffend wäre. Die Vorschrift erfasst hingegen nicht Gestaltungen, in denen die Bescheinigung zwar inhaltlich unrichtig ist, der in ihr ausgewiesene Sachverhalt aber ohnehin keinen Spendenabzug rechtfertigt. Denn in einem solchen Fall ist die Richtigkeit der Bescheinigung, auf die der Empfänger ggf. vertraut hat, für dessen Besteuerung letztlich unerheblich. Ein Vertrauen auf einen Umstand, dessen Vorliegen nicht zu der begehrten Rechtsfolge führen würde, vermag indessen diese Rechtsfolge –hier: die Abzugsfähigkeit der Spende– nicht herbeizuführen.
b) Eine solche Gestaltung liegt im Streitfall vor. Die von der Gemeinde G ausgestellte Bescheinigung ist zwar insoweit unrichtig, als sie besagt, dass die Spende der Klägerin erst im Anschluss an die Erteilung einer Freistellungsbescheinigung an den Verein weitergeleitet worden ist; nach den Feststellungen des FG ist die Weiterleitung schon im Streitjahr erfolgt, während die Freistellungsbescheinigung erst im Verlauf des Folgejahres ausgestellt wurde. Selbst wenn der in der Spendenbescheinigung beschriebene Sachverhalt tatsächlich verwirklicht worden wäre, könnte sich hieraus aber nicht die Abziehbarkeit der Spende ergeben. Diese würde dann nach wie vor daran scheitern, dass der Verein weder im Zeitpunkt der Leistung der Spende durch die Klägerin von der Körperschaftsteuer befreit war noch im Nachhinein eine solche Befreiung rückwirkend ausgesprochen worden ist. Ein solcher Sachverhalt wird auch von der Spendenbescheinigung nicht dokumentiert; diese besagt vielmehr nach den Feststellungen des FG ausdrücklich, dass der Verein (erst) im August 1996 als begünstigter Empfänger anerkannt worden sei. Sofern die Klägerin trotz dieser zutreffenden Angabe angenommen hat, dass die von ihr geleistete Spende abziehbar sei, handelt es sich dabei nicht um ein durch die Spendenbescheinigung ausgelöstes Vertrauen. Vielmehr ist die Klägerin dann einem Rechtsirrtum erlegen, der keine Grundlage für einen Vertrauensschutz bietet.
c) Schließlich lässt sich eine der Klägerin günstige Entscheidung nicht auf das Verhalten der Gemeinde G im Zusammenhang mit der Entgegennahme der Spende stützen. Dazu muss nicht erörtert werden, ob über die schriftliche Spendenbescheinigung hinaus auch mündliche Erklärungen oder ein sonstiges Verhalten von Angehörigen einer Durchlaufstelle geeignet sind, einen Vertrauensschutz zu Gunsten des Spenders auszulösen. Jedenfalls ist weder vom FG festgestellt noch von der Klägerin behauptet worden, dass die Bediensteten der Gemeinde G seinerzeit den Eindruck erweckt hätten, der Verein sei bereits wegen Gemeinnützigkeit von der Körperschaftsteuer befreit. Allenfalls unter dieser Voraussetzung könnte aber bei der Klägerin ein schutzwürdiges Vertrauen geweckt worden sein.