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Ehegattenerbrecht – Ausschluss nach Scheidungsantrag

OLG Stuttgart

Az: 8 W 52/06

Beschluss vom 08.11.2006


Leitsatz:

Das Eingreifen des § 1933 BGB setzt lediglich voraus, dass ein rechshängiger Scheidungsantrag zur Zeit des Erbfalls begründet ist. Die erst spätere Rücknahme des Scheidungsantrags, die nicht mehr auf dem eigenen Willen des Erblassers (hier: Tod des Erblassers) beruht, bleibt demgegenüber unerheblich (so auch OLG Frankfurt NJW 1997, 3099).


In der Nachlasssache wegen Erbscheinsvorbescheid hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart beschlossen:

1. Die weitere Beschwerde der Beteiligten Ziffer 1 gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 17.1.2006 wird zurückgewiesen.

2. Die Beteiligte Ziffer 1 hat die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen und den Beteiligten Ziffer 2 und 3 deren außergerichtliche Kosten in diesem Rechtszug zu erstatten.

Gegenstandswert im Rechtsbeschwerdeverfahren: 50.000,00 EUR

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Erbscheinerteilungs- bzw. -vorbescheidsverfahren seit 1995 darüber, ob (gesetzliche) Erben des am 1.11.1994 verstorbenen Erblassers (nur) dessen Kinder aus erster Ehe – die Beteiligten Ziffer 2 und 3) geworden sind oder auch die Beteiligte Ziffer 1 als zweite Ehefrau des Erblassers, deren Ehe mit ihm bei seinem Ableben noch bestand. Der Erblasser hatte am 7.2.1994 beim Amtsgericht – Familiengericht – Bad Homburg die Scheidung seiner Ehe mit der Beteiligten Ziffer 1 mit der Begründung der Zerrüttung der Ehe bei zwischenzeitlich dreijährigem Getrenntleben beantragt und im Sommer 1994 die öffentliche Zustellung des Scheidungsantrags an die Beteiligte Ziffer 1 erwirkt (AZ: 9 F 64/94). Nach dem Ableben des Erblassers wurde der Scheidungsantrag von seinem Bevollmächtigten zurückgenommen.

Der Erblasser war deutscher Staatsangehöriger. Er hat in den letzten Jahren vor seinem Ableben überwiegend im Ausland gearbeitet. In Nigeria lernte er die in Russland geborene Beteiligte Ziffer 1 – eine ursprünglich sowjetische Staatsangehörige – kennen, die in erster Ehe mit einem Nigerianer verheiratet gewesen ist und Kinder in Nigeria hatte. In der Zeit seiner nachfolgenden beruflichen Tätigkeit in Paraguay hat der Erblasser am 5.1.1989 in Argentinien die dort an der Grenze zu Paraguay wohnhafte Beteiligte Ziffer 1 geheiratet. Im Anschluss an die Tätigkeit in Paraguay war der Erblasser jedenfalls seit 1990 bis etwa im Frühjahr 1994 in Spanien beruflich tätig, wo er auch eine Eigentumswohnung erworben hat. Eine weitere Eigentumswohnung in Bad Homburg war in dieser Zeit vermietet. Anlässlich von Aufenthalten des Erblassers in Deutschland wohnte dieser jedenfalls zeitweise in Bad Homburg bei seinem damals dort wohnhaften Bruder. Dort waren der Erblasser und bis Mai 1990 auch die Beteiligte Ziffer 1 polizeilich gemeldet.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das gesetzliche Erbrecht der Beteiligten Ziffer 1 als Ehefrau gemäß § 1933 BGB ausgeschlossen ist, weil der Scheidungsantrag des Erblassers begründet war. Dabei ist insbesondere auch streitig, ob sich der Erblasser von der Beteiligten Ziffer 1 bereits im Jahr 1990 getrennt hat, so dass die Vermutung des Scheiterns der Ehe nach dreijährigem Getrenntleben gemäß § 1566 Abs. 2 BGB eingreift.

1.) Die Beteiligten Ziffer 2 und 3 haben die Erteilung eines Erbscheins – zunächst beim für zuständig gehaltenen Amtsgericht / Nachlassgericht Bad Homburg – beantragt, der sie als gesetzliche Erben des Erblassers zu je 1/2 ausweisen sollte. Die Beteiligte Ziffer 1 hat ihrerseits später ebenfalls die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie als Ehefrau als Miterbin ausweisen soll.

a) Für die Beteiligten Ziffer 2 und 3 wurde als gesetzlichen Erben zu je 1/2 auf ihren im November 1994 gestellten Antrag vom Rechtspfleger des Amtsgerichts Bad Homburg – Nachlassgericht – am 8.2.1995 ein Erbschein erteilt. Auf der Grundlage dieses Erbscheins wurde die Beteiligte Ziffer 2 im Grundbuch der Wohnung des Erblassers in Bad Homburg als neue Alleineigentümerin eingetragen, nachdem sich die Beteiligten Ziffer 2 und 3 im Innenverhältnis entsprechend geeinigt hatten. Die Eigentumswohnung in Spanien wurde von den Beteiligten Ziffer 2 und 3 veräußert.

Auf Rechtsmittel der Beteiligten Ziffer 1 hat der Richter des Amtsgerichts Bad Homburg mit Beschluss vom 16.4.1996 den Erbschein vom 8.2.1995 als unrichtig eingezogen und mit weiterem Beschluss vom 29.5.1996 für kraftlos erklärt, weil der Erbschein trotz Aufforderung nicht zurückgegeben worden war.

Die Beteiligte Ziffer 1 hat im Wege der einstweiligen Verfügung auch die Eintragung eines Widerspruchs im Grundbuch der früher dem Erblasser gehörenden Eigentumswohnung in Bad Homburg erreicht.

b) Auf die eingelegte Beschwerde der Beteiligten Ziffer 2 und 3, die der Richter des Amtsgerichts als Antrag auf Neuerteilung eines Erbscheins für diese Antragsteller zu je 1/2 ausgelegt hat, hat der Richter des Amtsgerichts Bad Homburg umfangreiche Ermittlungen vorgenommen und insbesondere die beiderseits benannten Zeugen zu den Lebensumständen des Erblassers vernommen bzw. – teilweise in Spanien – vernehmen lassen.

Mit Beschluss vom 4.7.2000 hat der Richter des Amtsgerichts Bad Homburg im Rahmen seiner Abhilfeprüfung angekündigt, dass er den Beteiligten Ziffer 2 und 3 (erneut) einen Erbschein erteilen werde, der sie als Erben des Erblasser zu je 1/2 ausweisen werde. Nach den erfolgten Ermittlungen sei für das anhängig gewesene Scheidungsverfahren von der Maßgeblichkeit deutschen Scheidungs- und Eherechts auszugehen. Der Scheidungsantrag des Erblassers sei begründet gewesen, so dass ein Erbrecht der Beteiligten Ziffer 1 als Ehefrau des Erblassers gemäß § 1933 BGB ausscheide. Nach den erfolgten Ermittlungen sei von der Maßgeblichkeit deutschen Scheidungsrechts auszugehen. Die öffentliche Zustellung des Scheidungsantrags des Erblassers habe zur Rechtshängigkeit im Sinn von § 1933 BGB geführt. Von einer Zerrüttung der Ehe sei als Vermutung gemäß § 1566 Abs. 2 BGB auszugehen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere den Angaben der mit dem Erblasser näher bekannten Zeugen, habe der Erblasser bereits seit über drei Jahren vor Stellung des Scheidungsantrags von der Beteiligten Ziffer 1 getrennt gelebt und jeweils länger dauernde Beziehungen mit anderen Frauen gehabt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 4.7.2000 (Bl. 359 ff. d. A.) Bezug genommen.

c) Die Beteiligte Ziffer 1 hat gegen den Beschluss vom 4.7.2000 Beschwerde eingelegt. Sie hat geltend gemacht, nicht vom Erblasser getrennt gelebt zu haben. Sie sei mit diesem von 1990 bis im Sommer 1994 in Deutschland und Spanien immer wieder zusammen getroffen. Über daneben bestehende Beziehungen des Erblassers zu anderen Frauen habe dieser sie nicht zutreffend informiert. Das Landgericht Frankfurt hat als Beschwerdegericht mit Beschluss vom 3.1.2001 die Entscheidung des Richters des Amtsgerichts aufgehoben und die Sache zur Entscheidung einschließlich der Kosten an das Amtsgericht Stuttgart als örtlich zuständiges Nachlassgericht verwiesen (AZ: 2 / 13 T 169/00).

Auf die Beschwerde der Beteiligten Ziffer 2 und 3 hat das Oberlandesgericht Frankfurt mit Beschluss vom 31.5.2001 die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt wieder aufgehoben und die Sache zu weiteren ergänzenden Ermittlungen an das Landgericht Frankfurt zurückverwiesen (AZ: 20 W 75/01 und 20 W 105/01).

Das Landgericht Frankfurt hat nach ergänzender Zeugenvernehmung und Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 10.6.2002 den Beschluss des Richters des Amtsgerichts Bad Homburg vom 4.7.2000 (erneut) aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht Bad Homburg zurückverwiesen. Es hat hierbei seine Auffassung aufrecht erhalten, das zuständige Nachlassgericht für den Erblasser sei das für Stuttgart – Hofen zuständige Nachlassgericht, weil der Erblasser bei seinem Ableben bereits dort – bei seiner dortigen Freundin, der Zeugin F… – einen neuen Wohnsitz begründet gehabt habe.

Das Amtsgericht Bad Homburg hat die Sache hierauf an das Notariat – Nachlassgericht – Stuttgart – Mühlhausen abgegeben. Auf den Antrag dieses Gerichts, wegen der von ihm verneinten eigenen Zuständigkeit das zuständige Gericht zu bestimmen, hat das Oberlandesgericht Frankfurt mit Beschluss vom 4.10.2002 das Notariat Stuttgart – Mühlhausen als zuständiges Nachlassgericht bestimmt (AZ: 20 W 324/02).

d) Das Notariat Stuttgart-Mühlhausen hat unter dem obigen AZ AB 2002/220 mit Beschluss vom 15.6.2004 wiederum einen Erbscheinsvorbescheid mit der Ankündigung erlassen, den Beteiligten Ziffer 2 und 3 den von ihnen beantragten Erbschein zu erteilen.

Das Notariat ist hierbei im wesentlichen der Begründung des Richters des Amtsgerichts Bad Homburg vom 4.7.2000 gefolgt. Auf den Beschluss des Nachlassgerichts (Bl. 538 d.A.) wird Bezug genommen.

2.) Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte Ziffer 1 Beschwerde eingelegt.

Sie hat hierbei geltend gemacht, der Scheidungsantrag des Erblassers beim Amtsgericht – Familiengericht – Bad Homburg sei nicht begründet gewesen. Maßgebliches Scheidungsrecht sei argentinisches Recht gewesen, das eine streitige Scheidung nicht kenne. Jedenfalls habe der Erblasser die öffentliche Zustellung seines Scheidungsantrags aber erschlichen, da ihm der damalige Aufenthaltsort der Beteiligten Ziffer 1 im Jahr 1994 bekannt gewesen sei. Zumindest sei die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags dadurch rückwirkend (ex tunc) wieder entfallen, dass der Antrag nach dem Ableben des Erblassers wieder zurückgenommen worden sei. Schließlich hätten der Erblasser und die Beteiligte Ziffer 1 auch nicht schon vor Stellung des Scheidungsantrags des Erblassers drei Jahre lang getrennt gelebt. Sie, die Beteiligte Ziffer 1, habe zwar nicht ständig beim Erblasser gelebt. Sie habe unter anderem auch ihre Mutter in Russland in der Nähe von St. Petersburg besucht. Auch bei Besuchen bei ihren Kindern in Nigeria sei dem Erblasser jedoch ihr dortiger Aufenthalt bekannt gewesen. Der Erblasser und sie hätten sich teilweise in Deutschland gesehen. Außerdem habe sie den Erblasser immer wieder in Spanien besucht.

Das Landgericht Stuttgart hat im Verfahren 2 T 493/04 mit Beschluss vom 17.1.2006 die Beschwerde der Beteiligten Ziffer 1 gegen den Beschluss des Notariats – Nachlassgerichts – vom 15.6.2004 zurückgewiesen.

Es hat die Wirksamkeit des Scheidungsantrags des Erblassers und den deswegen bestehenden Ausschluss der Beteiligten Ziffer 1 von der Erbfolge gemäß § 1933 BGB bestätigt. In Übereinstimmung mit dem Nachlassgericht ist es von der Maßgeblichkeit deutschen Scheidungsrechts, der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags und der Unerheblichkeit der Rücknahme des Scheidungsantrags erst nach dem Ableben des Erblassers ausgegangen. Unter näherer Auseinandersetzung mit den vorliegenden Zeugenaussagen hat es schließlich auch die Würdigung des Notariats geteilt, dass der Erblasser und Beteiligte Ziffer 1 vor Stellung des Scheidugnsantrags bereits drei Jahre lang getrennt gelebt hätten, so dass die Begründetheit des Scheidungsantrags gemäß § 1566 Abs. 2 BGB unwiderlegbar zu vermuten gewesen sei. Wegen weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss des Landgerichts (Bl. 585 d. A.) Bezug genommen.

3.) Die Beteiligte Ziffer 1 hat gegen den landgerichtlichen Beschluss mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 3.2.2006 weitere Beschwerde eingelegt. Sie hat zur Begründung mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 23.3.2006 ausgeführt, die rechtlichen Konsequenzen aus dem hinreichend bekannten Sachverhalt seien vom Landgericht falsch gezogen worden. Die erforderlichen Voraussetzungen für die Wirksamkeit des Scheidungsantrags hätten beim Ableben des Erblassers nicht vorgelegen. Eine dreijährige Trennung sei nicht erfolgt gewesen. Eine Zustimmung der Beteiligten Ziffer 1 zur Scheidung sei nicht erteilt gewesen.

Von einer Erschleichung der öffentlichen Zustellung des Scheidungsantrags durch den Erblasser hätte ausgegangen werden müssen. In diesem Fall sei die Berufung auf die öffentliche Zustellung als Tatbestand einer Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags treuwidrig. Es spreche nicht gegen eine Kenntnis des Erblasser vom damaligen Aufenthaltsort der Beteiligten Ziffer 1, dass der Erblasser durch die Mitteilung des Aufenthaltsorts als Zustellungsort eine Zustellung seines Scheidungsantrags wesentlich leichter hätte erreichen können. Er habe nämlich davon ausgehen müssen, dass die Beteiligte Ziffer 1 ihre Zustimmung zur Scheidung nicht erteilen werde. Mangels einer bereits dreijährigen Trennung, die nicht konkret dargelegt worden sei und auch nicht hätte dargelegt werden können, hätte dann keine Aussicht auf eine baldige Scheidung bestanden. Zumindest sei die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags jedoch durch die Rücknahme nach dem Ableben des Erblassers wieder rückwirkend entfallen. Dass die Rechtshängigkeit bei Antragsrücknahme rückwirkend entfällt, sei auch in der Kommentarliteratur allgemein anerkannt.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Rechtsbeschwerdebegründung (Bl. 597 d.A.) Bezug genommen.

II.

Das Rechtsmittel der Beteiligten Ziffer 1 ist als weitere Beschwerde im Verfahren wegen Erlass eines Erbscheinsvorbescheids gemäß § 27 Abs. 1 FGG statthaft und auch sonst zulässig; insbesondere formgerecht durch Anwaltsschriftsatz eingelegt. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.

Das Landgericht ist bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass das Erbrecht der Beteiligten Ziffer 1 als zur Zeit des Erbfalls nicht vom Erblasser geschiedene Ehefrau wegen Begründetheit des beim Erbfall rechtshängigen Scheidungsantrags des Erblassers gemäß § 1933 BGB ausgeschlossen ist, so dass allein die Beteiligten Ziffer 2 und 3 als Kinder des Erblassers zu seinen Erben zu je 1/2 geworden sind.

Eine Änderung der hierauf gründenden Entscheidung durch den Senat setzt nach §§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO voraus, dass die Entscheidung an einem Rechtsfehler leidet. Als ein Rechtsfehler wäre es anzusehen, wenn das Landgericht gesetzliche Bestimmungen nicht oder nicht richtig angewendet, den maßgeblichen Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt, sich bei der Beurteilung des Beweisstoffes nicht mit allen wesentlichen Umständen auseinandergesetzt oder hierbei gegen gesetzliche Beweisregeln und Verfahrensvorschriften oder gegen Denkgesetze oder zwingende Erfahrungssätze verstoßen hätte (vgl. KKW / Meyer-Holz, 15. Aufl., § 27 FGG, RN 21 und 42 m.w.N; BayObLG, FamRZ 2005, 1015 m.w.N.). An rechts- und verfahrensfehlerfrei zustande gekommene Feststellungen der Tatsacheninstanzen ist der Senat als Rechtsbeschwerdegericht gebunden, selbst wenn auch eine andere Entscheidung ebenso nahe oder auch näher gelegen hätte. Eine ergänzende Beweisaufnahme ist im Rechtbeschwerdeverfahren nicht mehr möglich.

Ein Rechtsfehler im dargelegten Sinn liegt jedoch nicht vor.

1.) In verfahrensrechtlicher Hinsicht sind die Vorinstanzen nach der Einziehung und Kraftloserklärung des ursprünglich den Beteiligten Ziffer 2 und 3 erteilten Erbscheins zutreffend davon ausgegangen, dass die im Rahmen des hiergegen eingelegten Rechtsmittels der Beteiligten Ziffer 2 und 3 gestellten Anträge als Antrag auf Wiedererteilung eines Erbscheins zu behandeln sind. Gegen diese Würdigung und Behandlung der Anträge haben die Beteiligten auch keine Einwendugnen erhoben.

2.) Als Vorfrage, welches Recht bei der Würdigung der Wirksamkeit des Scheidungsantrags des Erblassers zugrunde zu legen ist, ist das Landgericht in Übereinstimmung mit dem Notariat rechtsfehlerfrei von der Anwendung deutschen Scheidungsrechts gemäß Art. 17, 14 Abs. 1 Nr. 2 und 3 EGBGB ausgegangen, weil die Ehegatten zuletzt in Deutschland ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten und der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort auch noch zur Zeit der Stellung des Scheidungsantrags sowie weiter bis zum Eintritt des Erbfalls hatte.

Gegen die Anwendung deutschen Scheidungsrechts erhebt die weitere Beschwerde auch keine substantiierte Rüge mehr. Rechtliche Bedenken insoweit sind auch sonst nicht ersichtlich.

Gegen die Anwendung argentinischen Scheidungsrechts, das die Beteiligte Ziffer 1 ursprünglich als maßgeblich angesehen hat, spricht deren eigene Einlassung anlässlich ihrer Anhörung beim Landgericht Frankfurt am 28.1.2002 (Bl. 468 d.A.), wonach der Erblasser und sie nach der Rückkehr aus Südamerika zunächst in Deutschland bei polizeilicher Meldung in der Wohnung des Bruders des Erblassers in Bad Homburg, tatsächlich in verschiedenen Hotels gelebt hätten. Soweit die Beteiligte Ziffer 1 im Verfahren geltend gemacht hat, sie sei mit dem Erblasser in der Folgezeit auch immer wieder in Spanien zusammen getroffen, wo dieser Arbeit gefunden hatte, hat das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass es sich insoweit nicht mehr um einen gewöhnlichen gemeinsamen Aufenthalt gehandelt hat. Insoweit wird auf die nachstehenden näheren Ausführungen unter Ziffer 5.) Bezug genommen.

3.) Weiter ist das Landgericht in rechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass der Scheidungsantrag des Erblassers aufgrund der vom Amtsgericht – Familiengericht – bewilligten und ausgeführten öffentlichen Zustellung des Scheidungsantrags an die Beteiligte Ziffer 1 rechtshängig im Sinn von § 1933 BGB war.

Wird die öffentliche Zustellung eines Antrags in einem gerichtlichen Verfahrens bewilligt, so tritt damit aus Gründen der Rechtssicherheit auch tatsächlich die Rechtshängigkeit in dem betreffenden Verfahren ein.

Ein Erschleichen der Zustellung, welche die Berufung – auch der Erbin – auf die Rechtshängigkeit als treuwidrig erscheinen lassen würde, hat das Landgericht ohne Rechtsfehler verneint. Die Beweis- bzw. Feststellungslast für ein Erschleichen trifft insoweit dennenigen der sich hierauf beruft (BGHZ 64, 5).

Das Landgericht ist insoweit unter eingehender Würdigung der vorliegenden Zeugenaussagen zu dem Schluss gelangt, dass die vom Erblasser im Scheidungsantrag seiner bevollmächtigten Rechtsanwälte vorgetragene Unkenntnis vom genauen Aufenthaltsort der Beteiligten Ziffer 1 zutraf. Diese lebte seit Miite 1990 jedenfalls ganz überwiegend an anderen Orten als der Erblasser – teilweise in Deutschland, teilweise bei ihrer kranken Mutter im Raum Leningrad, teilweise bei ihren Kindern in Nigeria. Den Erblasser hat die Beteiligten Ziffer 1 nach den Feststellungen des Landgerichts überwiegend aufgesucht, um Geld für ihren eigenen Unterhalt zu erlangen. Die Führung von Telefonaten zwischen der Beteiligten Ziffer 1 und dem Erblasser ist nur in Form von Anrufen seitens der Beteiligten Ziffer 1 feststellbar. Der Erblasser hat auch gegenüber Zeugen in seinem Umfeld angegeben, er wisse nicht genau, wo die Beteiligte Ziffer 1 lebe. Unterkunftskosten anlässlich von Besuchen der Beteiligten Ziffer 1 bei ihren Kindern in Nigeria, die der Zeuge Weigl nach seiner von der Beteiligten Ziffer 1 im Beschwerdeverfahren vor dem Landgericht Stuttgart vorgelegten schriftlichen Aussage für diese vorgestreckt hatte, hat der Erblasser nur nachträglich wieder gegenüber dem Zeugen ausgeglichen, wobei die Beteiligte Ziffer 1 nach den Angaben des Zeugen Weigl in Nigeria lediglich in einem Gästehaus lebte. Schließlich hat die Beteiligte Ziffer 1 – worauf das Landgericht seine Entscheidung auch ausdrücklich gestützt hat – während des ganzen Verfahrens bis zur Entscheidung des Landgerichts auf Bl. 588 d. A. nie konkret vorgetragen, wann und wo sie sich im maßgeblichen Zeitraum zwischen 1990 bis zur Bewirkung der Zustellung des Scheidungsantrags im Juli 1994 aufgehalten hat und wie sie den Erblasser hierüber gegebenenfalls in Kenntnis gesetzt habe. Unter diesen Umständen bestand auch keine Veranlassung für das Notariat – Nachlassgericht – sowie im Beschwerdeverfahren für das Landgericht, insoweit von Amts wegen weiter zu ermitteln und insbesondere noch die Beteiligte Ziffer 1 hierzu persönlich anzuhören. Dies gilt auch insoweit, als die Beteiligte Ziffer 1 anlässlich ihrer Anhörung vor dem Landgericht Frankfurt am 28.1.2002 erklärt hat, sie sei „Ende Juli / Anfang September 1994 beim Erblasser in Spanien gewesen und habe sich mit ihm in der Wohnung getroffen; es könne auch „im August“ gewesen sein. Einen konkreten Zeitpunkt für ein Zusammentreffen der Beteiligten Ziffer 1 mit dem Erblasser noch vor der Bewirkung der öffentlichen Zustellung des Scheidungsantrags wurde von der Beteiligten Ziffer 1 insoweit schon selbst nicht hinreichend konkret mitgeteilt, so dass schon deshalb nicht festgestellt werden konnte, dass für den Erblasser vor Bewirkung der öffentlichen Zustellung noch eine Möglichkeit bestanden hätte, eine konkrete zustellfähige Adresse der Beteiligten Ziffer 1 in Erfahrung zu bringen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Berufung auf eine öffentliche Zustellung bei zunächst fehlender Kenntnis des Antragstellers von einer zustellfähigen Adresse des Antragsgegners nur dann treuwidrig, wenn der Antragsteller noch vor Bewirkung der öffentlichen Zustellung Kenntnis von einer Zustellmöglichkeit erlangt hat (BGHZ 64, 5 = NJW 75, 827). Gemäß § 206 ZPO in der im Jahr 1994 geltenden Fassung wurde eine öffentliche Zustellung spätestens einen Monat nach der letzten Einrückung in die öffentlichen Blätter bewirkt. Die am 27.6.1994 bewilligte öffentliche Zustellung des Scheidungsantrags in der Terminsladung der Beteiligten Ziffer 1 (Antragsgegnerin) wurde ausweislich der in Kopie in Bl. 525 befindlichen Scheidungsakten am 8.7.2006 im Bundesanzeiger eingerückt.

Ob der Erblasser nach dem 8.8.1994 noch anlässlich eines Besuchs der Beteiligten Ziffer 1 bei ihm in Spanien schuldhaft davon abgesehen hat, die Beteiligte Ziffer 1 vom laufenden Scheidungsverfahren zu unterrichten bzw. ihre ladungsfähige Anschrift noch in Erfahrung zu bringen, musste das Landgericht nicht näher klären. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (a.a.O.) änderte dies an der Wirksamkeit einer einmal bewilligten und ausgeführten öffentlichen Zustellung nichts mehr. Aus Pflichtverletzung des Erblassers insoweit konnten sich allenfalls Schadenersatzansprüche der Beteiligten Ziffer 1 gegen ihn und / oder die Erben ergeben – etwa, weil die Beteiligte Ziffer 1 in Unkenntnis des Scheidungsantrags ihrerseits davon abgesehen haben könnte, auch ihrerseits den Erblasser zu enterben oder anderweitig für eine eigene spätere finanzielle Absicherung zu sorgen. Über derartige Ansprüche, die die Beteiligte Ziffer 1 nicht näher substantiiert hat, ist im vorliegenden Verfahren auf Erteilung eines Erbscheins ohnehin nicht zu befinden.

4.) Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass die Rücknahme des Scheidungsantrags durch den Bevollmächtigten des Erblassers nach dessen Ableben im Fall der Wirksamkeit des Scheidungsantrags zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr am Ausschluss der Erbenstellung eines Ehegatten gemäß § 1933 BGB mehr ändert. Den diesbezüglichen Ausführungen des Oberlandesgerichts Frankfurt (NJW 97, 3099) tritt auch der Senat bei (so auch Soergel / Stein, 13. Aufl., RN 4 zu § 1933 BGB unter Berufung auf OLG Frankfurt). Das Eingreifen von § 1933 BGB setzt lediglich voraus, dass ein rechtshängiger Scheidungsantrag zur Zeit des Erbfalls begründet ist. Die erst spätere Rücknahme des Scheidungsantrags, die nicht mehr auf dem eigenen Willen des Erblassers beruhte, bleibt demgegenüber unerheblich.

Die demgegenüber von der Beteiligten Ziffer 1 angeführte Fallgestaltung, dass ein rechtshängiger Scheidungsantrag noch vor dem Tod des antragstellenden späteren Erblassers wieder zurückgenommen wird, lässt die Voraussetzung eines rechtshängigen Scheidungsantrags noch vor dem maßgeblichen Zeitpunkt des Todes wieder entfallen. In einem solchen Fall kommt es auf eine Rückwirkung der Antragsrücknahme nicht an.

5.) Schließlich ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Landgericht aufgrund der durchgeführten Ermittlungen und insbesondere aufgrund der erhobenen Beweise von einer bei Stellung des Scheidungsantrags durch den Erblasser bereits über drei Jahre andauernden Trennung des Erblassers von der Beteiligten Ziffer 1 ausgegangen ist.

Die Eheleute haben auch nach dem Vorbringen der Beteiligten Ziffer 1 seit der Aufnahme von Arbeit durch den Erblasser in Spanien ab 1990 nicht mehr ständig zusammen gewohnt, sondern sind lediglich noch gelegentlich anlässlich von Aufenthalten des Erblassers in Deutschland bzw. der Beteiligten Ziffer 1 in Spanien noch zusammen getroffen.

Bezüglich solcher Zusammentreffen hat das Landgericht aufgrund der Angaben insbesondere der dem Erblasser im alltäglichen Leben näher stehenden Zeugen – Bruder, Arbeitskollegen in Spanien und Freundin der Beteiligten Ziffer 2, die damals in der Wohnung des Erblassers in Spanien lebte – festgestellt, dass der Erblasser sich von der Beteiligten Ziffer 1 abgewandt hatte und ihr Geld nur auf massive Forderungen – wenn nicht sogar Drohungen (Angaben des Bruders des Erblassers) – überlassen hat. Dass die Trennung vom Erblasser gegenüber ihm weniger nahe stehenden Zeugen anlässlich von Zusammentreffen in Gegenwart der Beteiligten Ziffer 1 nicht deutlich offen gelegt wurde, hat das Landgericht nachvollziehbar damit erklärt, dass derartige persönliche Angelegenheiten nicht ohne weiteres jedem weniger nahe stehenden Bekannten offenbart werden, mit dem man nur selten und mehr oder weniger zufällig zusammen trifft. Anhaltspunkte dafür, dass der Erblasser mit der Beteiligten Ziffer 1 in seiner Wohnung in Spanien zusammen gelebt hat, waren für keinen der vernommenen Zeugen feststellbar.

Des weiteren lebte der Erblasser schon ab 1990 mit einer anderen Frau – zunächst nur an Wochenenden, später ständig – in Spanien zusammen und anschließend mit der Zeugin F…, wenn er diese in Stuttgart bzw. diese ihn in Spanien – auch länger, besuchte. Die Absicht, diese Zeugin zu heiraten hatte der Erblasser nicht nur gegenüber der Zeugin selbst sondern auch gegenüber Dritten bekundet.

Dagegen, dass eine – wenn auch im wesentlichen räumlich getrennte – eheliche Gemeinschaft mit der Beteiligten Ziffer 1 fortbestand, sprach schließlich auch der Umstand, dass der Erblasser nach den Angaben des Zeugen W… in dessen schriftlicher Aussage vom 20.9.1997 (Anlage zum Schriftsatz der Bevollmächtigten der Beteiligten Ziffer 1 im Erstbeschwerdeverfahren vom 1.10.2004 (Bl. 557 d.A.) Unterkunftskosten anlässlich von Besuchen der Beteiligten Ziffer 1 in Afrika nur nachträglich und unmittelbar gegenüber dem Zeugen ausglich, nachdem dieser die Kosten jeweils vorgestreckt hatte.

Dass das Landgericht die erfolgten Zusammentreffen nicht als Ausdruck einer fortbestehenden – wenn auch atypischen – ehelichen Lebensgemeinschaft sondern lediglich als Versuche der Beteiligten Ziffer 1 gewertet hat, vom Erblasser noch Leistungen zu erlangen, stellte unter den gegebenen Umständen eine nachvollziehbare und in sich schlüssige Würdigung dar, die die Beteiligte Ziffer 1 im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mehr mit Erfolg beanstanden kann. Insbesondere stellte es keine Aufklärungspflichtverletzung des Landgerichts dar, dass dieses die Beteiligte Ziffer 1 zu den näheren Umständen von Zusammentreffen mit dem Erblasser nicht noch persönlich anhörte. Die Beteiligte Ziffer 1 hatte insoweit trotz schon erstinstanzlich bestehender anwaltlicher Vertretung auch nach Zugang der Entscheidung des Notariats – Nachlassgerichts – mit für sie bereits ebenfalls nachteiligen Feststellungen keine substantiierten Angaben zu den näheren Umständen von Zusammentreffen mit dem Erblasser gemacht, die Anlass zu weiteren Aufklärungsmaßnahmen gegeben hätten.

Kein Rechtsfehler des Landgerichts liegt auch insoweit vor, als dieses nicht näher auf die Angaben des Zeugen Jack Nelemans in dessen am 11.5.1998 übersetzter schriftlicher Stellungnahme (Anlage zum Schriftsatz des Bevollmächtigten der Beteiligten Ziffer 1 vom 19.5.1998, Bl. 215 d.A.) eingegangen ist. In dieser Stellungnahme hatte der Zeuge zwar bekundet, er kenne den Erblasser und seine Frau seit 1990. Sie seien gute Nachbarn und Freunde gewesen, die sich oft gegenseitig besucht hätten. Das letzte Mal habe er den Erblasser und die Beteiligte Ziffer 1 im August 1994 bei einem Treffen zum Essen in einem Restaurant gesehen.

Mit Schreiben an das Generalkonsulat vom 3.6.1999 (Bl. 323) hat der Zeuge jedoch bekundet, dass er zu dem Fall nichts aussagen wolle. Er habe in einem unbedachten Augenblick eine Zusage gemacht. Nach reiflicher Überlegung sei er zu der Überzeugung gekommen, nicht mehr in der Lage zu sein, eine wahrheitsgemäße Aussage zu machen.

Selbst wenn der Zeuge damit noch keine unwahre frühere schriftliche Stellungnahme zum Ausdruck gebracht haben sollte, so musste seinen früheren Bekundungen damit ersichtlich nicht mehr weiter nachgegangen werden.

Das vom Zeugen W… in der eingereichten schriftlichen Bestätigung bekundete Zusammentreffen zwischen dem Erblasser und der Beteiligten Ziffer 1 im August 1994 ging seinem Charakter nach nicht über die vom Landgericht festgestellte Art von entsprechenden Zusammentreffen hinaus. Eine förmliche Vernehmung dieses Zeugen, dessen Anschrift erstinstanzlich nicht ermittelt werden konnte, musste danach auch vom Landgericht nicht mehr veranlasst werden.

6.) Die weitere Beschwerde der Beteiligten Ziffer 1 war danach zurückzuweisen.

Als im Rechtsbeschwerdeverfahren Unterlegener war der Beteiligten Ziffer 1 die gemäß § 130 Abs. 1 KostO anfallende Gerichtsgebühr aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 13a Abs. 1 Satz 2 FGG.

Die Festsetzung des Beschwerdewerts erfolgt in Übereinstimmung mit der Festsetzung des Landgerichts für das Erstbeschwerdeverfahren und beruht auf § 130 Abs. 2, 30 KostO.


 

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