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Ersatzanspruch für entgangene Dienste bei Ehegattentötung


Bundesgerichtshof

Az: VI ZR 202/78

Urteil vom 20.05.1980


Tatbestand

Der Kläger erlitt am 24. April 1974 zusammen mit seiner (am 13. Juli 1929 geborenen) Ehefrau einen Verkehrsunfall, an dessen Folgen diese wenige Tage später verstarb. Die Haftung der Beklagten als Halter, Fahrer und Haftpflichtversicherer zu 9/10 ist außer Streit. Der Kläger, von Beruf Trainer des Deutschen Sportbundes für Volleyball, war zunächst über sechs Monate dienstunfähig; seit Mitte November 1974 hat ihn der Volleyball-Verband als hauptberuflichen Sportwart mit der organisatorisch-technischen Leitung des Verbandes betraut. Einen Verdienstausfall hat er nicht erlitten.

Der Streit der Parteien betrifft den Rentenanspruch des Klägers (von monatlich nunmehr 900 DM), den er, gestützt auf die Vorschriften der §§ 844, 845 BGB, – neben der wegen Verlust des Rechts auf Haushaltsführung von den Beklagten anerkannten Rente von monatlich 248 DM – dafür geltend macht, daß ihm die Dienste entgangen seien, die seine Ehefrau ihm in seinem Beruf geleistet habe. Er hat hierzu im einzelnen vorgetragen: Als er seine erste Frau – er ist seit dem 12. August 1977 wieder verheiratet – im Jahre 1953 geheiratet habe, sei sie als Dolmetscherin und Sekretärin berufstätig gewesen; sie habe diesen Beruf jedoch im Februar 1965 aufgegeben, um ihm bei der von ihm ab Januar 1965 übernommenen neuen Stellung als hauptberuflicher Trainer zu helfen. Ihm habe als Leiter der technischen Kommission des Volleyball-Verbandes obgelegen, den internationalen Spielverkehr zu organisieren; dazu sei er drei bis vier Tage in der Woche unterwegs gewesen; seine Ehefrau habe ihn mindestens fünf Stunden täglich unterstützt, insbesondere während seiner Abwesenheit die Korrespondenz (auch in Fremdsprachen) erledigt und Telefongespräche angenommen und geführt. 1967 habe sie zur besseren Erledigung der Korrespondenz Sprachkurse (in französisch und russisch) genommen. Nach dem Unfall habe sich zwar seine Tätigkeit verlagert, doch sei der Anfall schriftlicher Arbeiten nicht nennenswert zurückgegangen. Er müsse sie seitdem im wesentlichen durch Mehrarbeit selbst erledigen; nur notfalls werde ihm vom Verband nunmehr eine Hilfskraft zur Verfügung gestellt.

Das Landgericht hat dem Kläger – ausgehend von einer Mitarbeitspflicht der Ehefrau von täglich drei Stunden an fünf Tagen je Woche a 10 DM = monatlich 600 DM abzüglich 150 DM (wegen Verringerung des Umfangs der Schreibarbeiten) und unter Berücksichtigung einer Mithaftungsquote des Klägers von 10% – ab 1. Mai 1974 eine monatliche Rente von 405 DM zuerkannt, begrenzt bis zum Ende seiner Tätigkeit als Bundestrainer für Volleyball und längstens bis zum 13. Juli 1989, dem Tag, an dem seine Ehefrau ihr 60. Lebensjahr vollendet haben würde.

Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers, mit der er eine Erhöhung dieser Rente auf monatlich 1.000 DM begehrt, zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten den Rentenanspruch vollständig abgewiesen.

Mit der (insoweit angenommenen) Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter.


Entscheidungsgründe

Das Berufungsgericht meint, die Mithilfe der Ehefrau des Klägers in seinem Beruf sei weder als Erfüllung einer Unterhaltspflicht noch einer Mitarbeitspflicht im Sinne der familienrechtlichen Bestimmungen geleistet worden; vielmehr habe es sich um eine freiwillig erbrachte Arbeit gehandelt, mit der sie (wenn auch unentgeltlich) eine Aufgabe des Deutschen Volleyball-Verbandes erfüllt habe. Darum entfalle sowohl § 844 Abs 2 als auch § 845 BGB als Anspruchsgrundlage.

Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision nicht stand.

I.

Der Kläger kann Ersatz für ihm durch die Tötung seiner Ehefrau entgangene Mitarbeit in seinem Beruf oder Geschäft nur nach § 844 Abs 2 BGB, bzw hinsichtlich der als Halter in Anspruch genommenen Erstbeklagten nach § 10 Abs 2 StVG, dh nur dann verlangen, wenn ihm diese Mitarbeit als Unterhalt geschuldet war. Ersatzansprüche wegen darüber hinausgehender „Dienste“ der getöteten Ehefrau sieht das Straßenverkehrsgesetz ohnehin nicht vor. Sie stehen ihm aber auch im Rahmen der Deliktshaftung nicht zu; die Vorschrift des § 845 BGB ist heute für sie keine Rechtsgrundlage mehr.

1. Ob und inwieweit § 845 BGB bei Tötung der Ehefrau heute noch anzuwenden ist, ist seit langem im Hinblick auf die spätestens mit dem Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgesetzes am 1. Juli 1958 auch im Gesetz zum Ausdruck gekommenen Wandlung in der Sicht der Mitarbeit einer Ehefrau umstritten (vgl ua Kropholler FamRZ 1969, 241 und Kilian AcP 1969, 443). Bis zum Inkrafttreten des 1. Eherechtsreformgesetzes vom 14. Juni 1976 am 1. Juli 1977, das die für diese Frage erhebliche Bestimmung des § 1356 Abs 2 BGB hat wegfallen lassen, hat sich die Rechtsprechung vorwiegend mit der Frage befaßt, ob dann, wenn die Ehefrau (lediglich) verletzt worden war, dieser selbst ein Ersatzanspruch aus den §§ 842, 843 BGB zustand oder ob (auch) ihr Ehemann nach § 845 BGB anspruchsberechtigt sei; letzteres hat der Große Senat für Zivilsachen in der Entscheidung BGHZ 50, 304, in der es um die Tätigkeit der Ehefrau im Haushalt, also um ihre Unterhaltspflicht (§ 1360 BGB) ging, verneint; daran anschließend hat der erkennende Senat in BGHZ 59, 172 die Anspruchsberechtigung des Ehemannes auch für den Fall verneint, daß es um die Mitarbeit der Frau im Beruf oder Geschäft des Mannes (§ 1356 Abs 2 BGB aF) geht. Er hat in BGHZ 51, 109 zwar einen Fall entschieden, in welchem die Ehefrau getötet worden war, insofern also einen Rechtsstreit, der dem hier zu entscheidenden Fall gleich liegt; indes nur für den Ersatzanspruch des Mannes wegen Ausfalls seiner Frau in der Haushaltsführung; insoweit hat er ausgesprochen, daß die Ersatzpflicht des Schädigers nicht (mehr) aus § 845, sondern aus § 844 Abs 2 BGB zu folgern ist. Die Beantwortung der sich im Streitfall stellenden Frage, ob dies auch für Ansprüche wegen Entgang der dem Ehegatten in seinem Beruf oder Geschäft geschuldeten Mitarbeit gilt, blieb in BGHZ 59, 172, 174 und im Senatsurteil vom 24. Juni 1969 – VI ZR 53/67 (VersR 1969, 952, 953) offen; indes deutete schon das Senatsurteil vom 24. Juni 1969 – VI ZR 60/67 (VersR 1969, 997, 998) an, daß ein derartiger Anspruch wohl „richtiger“ auf § 844 Abs 2 BGB zu stützen sei.

2. Im Streitfall hat sich der Senat mit dieser Frage auseinanderzusetzen. Sie ist dahin zu beantworten, daß in solchen Fällen die hergebrachte haftungsrechtliche Unterscheidung zwischen der zur Unterhaltssicherung geleisteten Mitarbeit (§ 844 Abs 2 BGB, § 10 Abs 2 StVG) und als „Dienste“ iS von § 845 BGB erbrachten Mitarbeit ihren Sinn verloren hat. Entschädigungsaufgaben, die früher dem § 845 BGB auch für die Fälle zugewiesen waren, werden heute von § 844 Abs 2 BGB unter dem Gesichtspunkt des entgangenen Unterhalts übernommen und sind unter diesem Gesichtspunkt entsprechend auch dem § 10 Abs 2 StVG zugewachsen (vgl BGHZ 51, 109, 112). Folgerichtig ist in diesen Fällen der Anwendungsbereich des § 845 BGB sinnentleert; entgangene Mitarbeit des getöteten Ehegatten, die nicht als entzogener Unterhalt nach § 844 Abs 2 BGB zu entschädigen ist, ist heute auch nicht mehr nach § 845 BGB als „entgangene Dienste“ zu entschädigen. Die ausschließliche Anwendung des § 844 Abs 2 BGB bzw des § 10 Abs 2 StVG für den Verlust entgangener Mitarbeit eines Ehegatten folgt aus der gewandelten Sicht in der Bewertung der „Dienstleistungen“, die Ehegatten nach dem Gesetz in Ehe und Familie zu erbringen haben. Was § 845 BGB früher als entgangene Dienste des Ehegatten entschädigen sollte, wird heute von diesem als Unterhalt geschuldet. Dadurch sind insoweit die für die Schaffung des § 845 BGB maßgebenden Gründe nicht nur hinsichtlich der Führung des Haushalts, sondern auch insoweit überholt, als es sich um gesetzlich geschuldete Mitarbeit im Geschäft oder Beruf des anderen Ehegatten handelt (so schon die Senatsurteile vom 19. April 1963 – VI ZR 120/62 = VersR 1963, 733 und vom 15. April 1969 – VI ZR 278/67 = VersR 1969, 736, 737; vgl auch Wussow, Unfallhaftpflichtrecht 12. Aufl TZ 1072 und in WI 1968, 194 u 1969, 96 und 144; Schwab JZ 1976, 1, 6ff). Solche Mitarbeit ist – wie der Senat in dem oben erwähnten Urteil (BGHZ 59, 172, 174) schon für Ansprüche der verletzten Ehefrau wegen der durch ihren Unfall gestörten Mitarbeit dargelegt hat – nicht mehr eine Hilfstätigkeit in fremdem wirtschaftlichen Herrschaftsbereich des anderen Ehegatten, sondern eine Verkörperung der allgemeinen Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft, die eine für den im Familienverband Lebenden wirtschaftlich sinnvolle Verwertung der eigenen Arbeitskraft darstellt, durch die sie gemäß § 1360 Satz 1 BGB zum Unterhalt der Familie beiträgt. Auch im Falle der Tötung besteht nach neuem Eheverständnis weder ein schützenswertes Bedürfnis noch eine rechtliche Möglichkeit, dem überlebenden Ehemann das Recht zuzusprechen, den Verlust derartiger unterhaltswerter Mitarbeit nach § 845 BGB geltend zu machen; vielmehr kann er insoweit den Schädiger nur noch nach § 844 Abs 2 BGB zum Ersatz heranziehen (ebenso Urteil des III. Zivilsenats vom 16. Februar 1970 – III ZR 183/68 = VersR 1970, 522, 524; OLG Bamberg DAR 1977, 300; s auch Boehmer FamRZ 1960, 173ff, 178, 179).

a) Inhalt und Umfang der Pflicht, im Beruf oder Geschäft des anderen Ehegatten mitzuarbeiten, bestimmte sich, was für den im Streitfall eingeklagten Ersatzanspruch noch von Bedeutung ist, für die Zeit bis zum Inkrafttreten des 1. Eherechtsreformgesetzes (1. Juli 1977) nach § 1356 Abs 2 BGB aF. Seitdem ist, da diese Vorschrift ersatzlos gestrichen worden ist, auf die allgemeine Bestimmung des § 1353 Abs 1 Satz 2 BGB zurückzugreifen, wie dies die Rechtsprechung für die Zeit, als die in Art 117 GG zur Durchführung der Gleichberechtigung von Mann und Frau gesetzte Frist abgelaufen war, angenommen hat (s Senatsurteil vom 10. November 1959 – VI ZR 201/58 = VersR 1960, 147 unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 16. Dezember 1953 – VI ZR 87/52 = VersR 1954, 96, 98). Dies entspricht allgemeiner Meinung (für viele: Wacke im Münchener Kommentar zum BGB § 1356 Rz 20 und § 1360 Rz 26; Erman/Heckelmann, BGB 6. Aufl § 1356 nF – im Anhang Rz 13 – 15 und Palandt/Diederichsen, BGB 39. Aufl § 1356 nF Anm 4, 4a – alle mit weiteren Nachweisen; s auch BAG JZ 1977, 607). Eine grundlegende Änderung hat sich durch die Streichung des § 1356 Abs 2 BGB aF nicht vollzogen; anstelle des für diese Vorschrift maßgeblichen Kriteriums der Sozialüblichkeit ist seit dem 1. Juli 1977 die besondere Ausgestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Einzelfall getreten (so die Begründung zum 1. Eherechtsreformgesetz BT-Drucks 7/650 vom 14.6.1976 S 98).

b) Diese allgemeine Rechtsgrundlage der Mitarbeitspflicht der Ehegatten weist sie als Ausfluß der ehelichen Lebensgemeinschaft aus. Im Verständnis der Ehe als einer Lebensgemeinschaft gleichberechtigter Partner, wie dies das 1. Eherechtsreformgesetz zusätzlich unterstrichen hat, wird die Mitarbeit nicht mehr als Dienste für den anderen, sondern als Beitrag zur gemeinschaftlichen Lebensführung geschuldet. Als solche ist sie zumindest in einem weitgefaßten Kernbereich seit Bestehen der Gleichberechtigung der Eheleute als Leistung des Unterhalts zu erbringen, zu der die Ehegatten nach § 1360 BGB einander verpflichtet sind.

Zwar mögen die Mitarbeitspflicht und die Unterhaltspflicht nicht notwendigerweise zwei sich deckende Pflichtenkreise bilden. Dies hat die höchstrichterliche Rechtsprechung schon für das bis zum 1. Juli 1977 geltende Recht entschieden (BVerfG 13, 290, 312 = FamRZ 1962, 100, 105; BGH Urt v 22. Mai 1963 – IV ZR 229/62 = FamRZ 1963, 429, 430). So konnte eine Mitarbeit unter Umständen auch dann „üblich“ sein, wenn sie angesichts der günstigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Eheleute zur Sicherung ihres Unterhalts nicht erforderlich war, so daß zwar nicht nach § 1360 BGB, wohl aber nach § 1356 Abs 2 BGB aF eine Pflicht zur Mitarbeit bestand (Soergel/Lange, BGB 10. Aufl § 1356 Rz 16); umgekehrt konnte die unterhaltsrechtlich geschuldete Mitarbeit nach Art und Umfang über die sich aus § 1356 Abs 2 BGB aF ergebende Pflicht zur „üblichen“ Mitarbeit hinausgehen (für viele: Lieb, Ehegattenmitarbeit 1970 S 145, 146). Daran dürfte sich durch das 1. Eherechtsreformgesetz nichts geändert haben. Auch heute sind Fälle denkbar, in denen die Mitarbeit im Beruf oder Geschäft des anderen Ehegatten für den Finanzbedarf der Familie nicht erforderlich ist, sich aber gleichwohl aus der ehelichen Lebensgemeinschaft ergeben kann, beispielsweise um dem anderen Ehegatten die Ausübung eines wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Berufs zu ermöglichen, dem er nicht zur Erzielung und Sicherung des Unterhalts, sondern aus Neigung und zur Entfaltung seiner Persönlichkeit nachgeht; auch kann ein (nicht finanzielles) Interesse an der Erhaltung und Weiterentwicklung eines Familienbetriebes (in Landwirtschaft, Handwerk oder industriellen Unternehmen) bestehen, die ohne den Einsatz beider Ehegatten nicht zu verwirklichen wäre.

Solchen Fallgestaltungen braucht der Senat jedoch nicht weiter nachzugehen. Mag in solchen (gewiß nicht zahlreichen) „Überhang“-Fällen, in denen die Pflicht zur Mitarbeit nicht, auch nicht im weitesten Sinne der wirtschaftlichen Grundlage der Familie dient, eine Pflicht zur Mitarbeit zu bejahen sein, so begründet sie aber nicht mehr Schadensersatzansprüche gegen den für den Tod des Ehegatten verantwortlichen Dritten, und zwar weder nach § 844 Abs 2 BGB, der sich nur auf den Verlust des Rechts auf Unterhalt bezieht, noch nach § 845 BGB.

Ohnehin scheidet all die Mitarbeit aus, die keinen vermögensrechtlichen Charakter hat, sondern den anderen Ehegatten nur seelisch unterstützen soll, ferner die Mitarbeit, die ihm nicht in seinem „Beruf oder Geschäft“ bzw „Gewerbe“ geleistet wird. Dasselbe gilt jetzt aber auch für andere Fälle der Mitarbeitspflicht, soweit sie nicht der Unterhaltssicherung, sondern der Verwirklichung der gemeinschaftlichen Lebensführung in Anhebung ihrer finanziellen Basis dient. Die Vorschrift des § 845 BGB zielte, soweit sie das Verhältnis der Ehegatten zueinander betrifft, darauf ab, den Ehemann für den Ausfall der ihm von seiner Frau im „Gewerbe“ geschuldeten Dienstleistungen zu entschädigen. Für diesen Regelungsbereich ist die Vorschrift durch die Wandlung des Eheverständnisses und die daraus zunächst gefolgerte Ablösung der einseitigen Dienstleistungspflicht der Ehefrau durch die gegenseitige Mitarbeitspflicht beider Ehegatten, heute unterstrichen durch das jetzt beiden Ehegatten im Gesetz ausdrücklich eingeräumte Recht auf Ausübung einer Erwerbstätigkeit seit der Einführung der Gleichberechtigung von Mann und Frau, im Verhältnis der Ehegatten zueinander gegenstandslos geworden (anders noch Hauß in seiner Anmerkung zu BGHZ 50, 304 in LM BGB Nr 15 zu § 845). Die gegenteilige, zudem nicht näher begründete Ansicht der Bundesregierung in ihrer Antwort vom 5. Juli 1977 auf eine Kleine Anfrage (BT-Drucks 8/650) in der BT-Drucks 8/743 S 3 vermag der Senat nicht zu teilen, vor allem nicht deren Ansicht, daß die Frage, ob dem überlebenden Ehegatten auch nach dem neuen Recht noch ein Ersatzanspruch gegen den Schädiger nach § 845 BGB wegen entgangener Mitarbeit zustehe, „nicht in Zweifel gezogen werden könne“. Die Bestimmung des § 845 BGB hat vielmehr nur noch Bedeutung für Ersatzansprüche, die Eltern wegen der ihnen nach § 1619 BGB geschuldeten Dienste ihrer im Haus lebenden Kinder zustehen können. Darüber hinaus diese Vorschrift heute noch auf die Mitarbeitspflicht der Ehegatten anzuwenden, also die Ersatzpflicht aus § 844 Abs 2 BGB um die Nachteile des entgangenen „Überhangs“ der nicht der Unterhaltssicherung dienenden Mitarbeitspflicht zu ergänzen, wäre mit Sinn und Zweck des § 845 BGB nicht zu vereinbaren. Diese Norm steht im Regelungszusammenhang bewußter Beschränkung der Deliktshaftung auf Ansprüche des „unmittelbar“ Geschädigten. Das Gesetz wollte mit den §§ 844, 845 BGB eine Ausnahme zugunsten der mittelbar Geschädigten für Fälle einer Unterhaltsentziehung schaffen; für die Einführung des erst von der II. Kommission beschlossenen § 845 BGB war maßgebend, daß „durch Entziehung der Dienste in der Familie eine ähnliche Lücke gerissen werde wie durch Entziehung der Tätigkeit des zum Unterhalt verpflichteten Familiengliedes und es daher die Billigkeit verlange, daß auch dieser Schaden ausgeglichen werde“ (so Protokolle zum BGB II 631, 632; s auch Mot II 791, 795). Eine derartige Lücke, die mit solchen entgangenen „Diensten“ verglichen werden könnte, stellt aber der Entgang der Mitarbeit der getöteten Ehefrau insoweit, als sie diese nach dem zuvor Gesagten nicht dem Ehemann, sondern als ihren Beitrag zur Verwirklichung der gemeinsamen Lebensführung erbringt, nicht (mehr) dar. Soweit indes dieser Beitrag nicht zur Sicherung der finanziellen Grundlage der Gemeinschaft als Unterhalt, sondern ihren Inhalten gedient hat, bleibt der Verlust für den überlebenden Ehemann ersatzlos – nicht anders als der Verlust an ehelicher Fürsorge oder andere Nachteile, die er durch den Tod seiner Ehefrau erleidet, selbst wenn sie Vermögenswert haben. Insoweit wirkt sich auch hier die grundsätzliche Beschränkung des Gesetzes auf Ersatzansprüche des „unmittelbar“ Verletzten aus, die nur in den engen Grenzen der vom Gesetz gewährten Ausnahme zugunsten der „mittelbar“ Verletzten durchbrochen wird. Der Ausnahmecharakter des § 845 BGB verbietet seine entsprechende Anwendung auch auf diese Fälle. Ihr würde zudem der Umstand entgegenstehen, daß der Anwendungsbereich des § 844 Abs 2 BGB durch die Befugnis der Ehegatten, ihre „gesetzliche“ Unterhaltspflicht näher auszugestalten, was ebenfalls eine Folge der Wandlungen im Eheverständnis ist, erheblich erweitert worden ist. Die Gründe, die in § 844 Abs 2 BGB zur Ersatzberechtigung des mittelbar Geschädigten geführt haben, lassen sich nicht mehr für eine Ausdehnung des Ersatzanspruchs wegen Fortfalls der (gesetzlichen) Ehegattenmitarbeit anführen, soweit diese über das Maß des unterhaltsrechtlich Gebotenen hinausgeht. Diese Ansicht haben schon Gernhuber FamRZ 1958, 243, 251 und Kropholler aaO S 247 vertreten; zum selben Ergebnis der Verneinung einer Anwendung von § 845 BGB für von der Unterhaltspflicht nicht erfaßten Ehegattenmitarbeit war auch bereits Schwab aaO S 6 gekommen.

II.

Das angefochtene Urteil verneint daher zwar mit Recht einen Ersatzanspruch aus § 845 BGB. Jedoch wird es der nach § 844 Abs 2 BGB bzw § 10 Abs 2 StVG zu beurteilenden Mitarbeitspflicht der Ehefrau des Klägers unter dem Gesichtspunkt ihrer nach neuem Eheverständnis geschuldeten Unterhaltspflicht nicht gerecht.

1. Das Berufungsgericht meint, eine gesetzliche Pflicht zur Mitarbeit könne schon darum nicht bestanden haben, weil der Kläger die seinem Dienstherrn geschuldeten Dienste nur persönlich habe erfüllen dürfen. Dies trifft freilich für seine Arbeit als Trainer zu, nicht aber für die mit seiner Aufgabe verbundene Bürotätigkeit und Dolmetschertätigkeit, für die ihm – wie er behauptet hat – die Zeit und vor allem die Sprachkenntnisse fehlten. Im übrigen kommt es für den Ersatzanspruch des Klägers nicht auf sein Verhältnis zu seinem Dienstherrn, sondern darauf an, ob und in welcher Weise er und seine Ehefrau die Aufgaben zur Sicherung der finanziellen Grundlagen der ehelichen Gemeinschaft gestaltet haben und ob sich aus dieser Gestaltung der Ehe eine Pflicht seiner Ehefrau ergab, durch diese Tätigkeit zum Unterhalt beizutragen.

2. Das Berufungsgericht wird daher den Sachverhalt erneut würdigen müssen. Dabei muß es aber beachten, daß sich eine Pflichtenstellung der Ehefrau des Klägers von der Art, wie sie schon beschrieben worden ist, dann, wenn sie Ersatzansprüche aus § 844 Abs 2 BGB wegen entgangenen gesetzlich geschuldeten Unterhalts auslösen soll, aus der Gestaltung der Ehe erwachsen muß; nicht genügt, wenn sie sich aus arbeitsvertraglichen oder gesellschaftsrechtlichen Abmachungen ergibt (bedenklich dabei Gernhuber FamRZ 1979, 202). Ebensowenig genügt, daß durch die Mitarbeit der Ehefrau Aufwendungen für einen Übersetzer erspart worden sind und daß diese Ersparnis der finanziellen Basis der Ehe zugute gekommen ist. Freilich kann solche Ersparnis in begrenztem Umfang den Lebensstandard der ehelichen Gemeinschaft erhöht haben, nach dem sich der gesetzliche Unterhaltsbeitrag der Ehegatten bemißt, so daß mittelbar die Unterhaltspflicht der getöteten Ehefrau erweitert worden war. Allerdings wird bei der Höhe derartiger Ansprüche stets zu berücksichtigen sein, daß bei einem kinderlosen Ehepaar die Tätigkeit der Ehefrau in Haushalt und Beruf im Endergebnis auch ihr selbst zugute kommt, so daß dem Ehemann von dem gesamten Einkommen beider Ehegatten (einschließlich der mitzubewertenden Haushaltsführung) in der Regel nicht mehr als die Hälfte zusteht.

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III.

Das angefochtene Urteil kann somit hinsichtlich der Abweisung des Rentenanspruchs für entgangene Mitarbeit als eines weiteren Teils der dem Kläger gemäß § 844 Abs 2 BGB zustehenden Unterhalts-Ersatzanspruchs keinen Bestand haben.

Da über die tatsächlichen Behauptungen noch Beweise zu erheben sind, war die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen, daß ein Unterhalts-Ersatzanspruch wegen entgangener Mitarbeit an sich zu bejahen ist, wird weiter zu prüfen sein, inwieweit dem Kläger überhaupt ein Schaden entstanden ist. Insbesondere hat das Berufungsgericht dem Umstand nicht Rechnung getragen, daß der Kläger selbst in den ersten sechs Monaten nach dem Unfall dienstunfähig war und sich damit möglicherweise auch die Mitarbeit seiner Ehefrau erübrigte, jedenfalls aber reduzierte.

IV.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens, also einschließlich der durch die teilweise Nichtannahme der Revision (Beschluß des Senats vom 3. Juli 1979) dem Kläger zur Last fallenden Kosten, wird dem Berufungsgericht übertragen.


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