BUNDESGERICHTSHOF
Az: XII ZR 238/03
Urteil vom 12.01.2005
Leitsatz:
Zur Wirksamkeit von Eheverträgen in Fällen, in denen die berufstätigen Partner schon bei Vertragsschluß nicht damit rechnen, daß aus ihrer Ehe noch Kinder hervorgehen werden (im Anschluß an Senatsurteil vom 11. Februar 2004 – XII ZR 265/02 – FamRZ 2004, 601).
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Januar 2005 für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe – 18. Zivilsenat in Freiburg – vom 11. November 2003 wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Parteien sind geschiedene Ehegatten; sie streiten über die Wirksamkeit eines von ihnen geschlossenen Ehevertrags.
Der 1942 geborene Antragsteller und die 1944 geborene Antragsgegnerin schlossen am 25. Mai 1988 miteinander die Ehe. Für beide Ehegatten war es die zweite Ehe.
Der Antragsteller war niedergelassener Zahnarzt; er praktiziert seit 1996 nicht mehr und bezieht seither eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Die Antragsgegnerin ist gelernte Rechtsanwaltsgehilfin, hat diesen Beruf aber bereits lange Zeit vor der Ehe mit dem Antragsteller nicht mehr ausgeübt. Sie betrieb ein Bekleidungsgeschäft, das sie nicht lange Zeit vor Beginn ihrer Beziehung zum Antragsteller mit ihrem damaligen Ehemann begründet hatte. Nach Beginn ihrer Beziehung zum Antragsteller – ab 1985 – übernahm sie in dessen Praxis kaufmännische Arbeiten.
Am 11. Mai 1988 schlossen die Parteien einen Ehevertrag, in dem sie Gütertrennung vereinbarten, den Versorgungsausgleich ausschlossen und wechselseitig auf nachehelichen Unterhalt verzichteten. Der Antragsteller verpflichtete sich für den Fall der Scheidung, an die Antragsgegnerin für jedes vollendete Ehejahr eine „Unterhaltsabfindung“ in Höhe von 10.000 DM, insgesamt jedoch nicht mehr als 80.000 DM, zu zahlen. Außerdem verpflichtete er sich, ab Rechtskraft der Scheidung bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres der Antragsgegnerin für diese Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile nach einem monatlichen Bruttoentgelt von 2.000 DM zu entrichten; diese Verpflichtung sollte nur eintreten, soweit die Antragsgegnerin unverschuldet keine Erwerbstätigkeit ausüben kann.
Das Amtsgericht – Familiengericht – hat die Ehe der Parteien geschieden und festgestellt, daß ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet; den hilfsweise gestellten Antrag der Antragsgegnerin festzustellen, daß der Ehevertrag wegen Sittenwidrigkeit nichtig ist, hat es abgewiesen. Die Berufung der Antragsgegnerin hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Antragsgegnerin nur noch ihr Begehren auf Feststellung der Nichtigkeit des Ehevertrages und auf Durchführung des Versorgungsausgleichs weiter.
Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
I.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist das Feststellungsbegehren der Antragsgegnerin als Zwischenfeststellungswiderklage zulässig, aber nicht begründet. Der von den Parteien geschlossene Ehevertrag sei nicht sittenwidrig. Ein Versorgungsausgleich sei nicht durchzuführen, weil er im Ehevertrag wirksam ausgeschlossen worden sei.
Zwar werde die Antragsgegnerin durch den Ehevertrag erheblich benachteiligt, da die dort für den Verzicht auf nachehelichen Unterhalt und Versorgungsausgleich vorgesehenen Kompensationen – für den Verzicht auf Zugewinnausgleich sei überhaupt keine Kompensation vorgesehen – die gesetzlichen Ansprüche wohl deutlich unterschritten. Allerdings habe die Antragsgegnerin nicht vorgetragen, daß im Zeitpunkt des Vertragsschlusses angesichts einer nach ihrem eigenen Vortrag „überschuldeten“ Zahnarztpraxis einerseits und privilegierten Vermögens des Antragstellers anderseits ein erheblicher Zugewinn zu erwarten gewesen bzw. tatsächlich erzielt worden sei. Dasselbe gelte für den Versorgungsausgleich, zumal die Antragsgegnerin bis zur Aufgabe der Zahnarztpraxis durch den Antragsteller durch ihre dortige gut dotierte Stellung Rentenanwartschaften habe aufbauen können, während der Antragsteller seinerseits seit 1996 Erwerbsunfähigkeitsrente bezogen und deshalb auch keine weiteren Versorgungsanwartschaften mehr erworben habe. Von einer außerordentlichen Disparität der ehezeitlichen Versorgungsanwartschaften sei deshalb nicht ohne weiteres auszugehen.
Auch sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, daß die Antragsgegnerin bei Abschluß des Vertrags einem besonderen Druck ausgesetzt gewesen sei und der Antragsteller sich in einer übergeordneten Verhandlungsposition befunden hätte, aufgrund derer er faktisch den Vertragsinhalt einseitig hätte bestimmen können. Bei Vertragsschluß seien die Antragsgegnerin 44 und der Antragsteller 46 Jahre alt und Kinder nicht mehr zu erwarten gewesen. Die Antragsgegnerin, die vor der Aufnahme der Beziehung zum Antragsteller mit ihrem damaligen Ehemann ein nicht lange zuvor eröffnetes Bekleidungsgeschäft betrieben und später gegen recht hohe Vergütungen in der Praxis des Antragstellers mitgeholfen habe, habe durch die Ehe oder durch die Beziehung zum Antragsteller auch keine Einbuße ihrer früheren beruflichen Entwicklung erfahren; sie habe sich auch nicht in einer derartigen wirtschaftlichen Abhängigkeit von ihm befunden, daß ihr ein Einfluß auf Inhalt und Abschluß des Ehevertrags faktisch nicht mehr möglich gewesen sei. Ihre Behauptung, bei Abschluß des Vertrags „überrumpelt“ worden zu sein, sei unsubstantiiert.
Die Frage, ob es dem Antragsteller nach § 242 BGB verwehrt wäre, sich gegenüber einem Verlangen der Antragsgegnerin auf Zahlung nachehelichen Unterhalts auf den im Ehevertrag vereinbarten Unterhaltsverzicht zu berufen, sei derzeit nicht zu entscheiden, da ein solcher Anspruch im vorliegenden Verfahren nicht geltend gemacht sei.
II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Das Oberlandesgericht hat den Feststellungsantrag der Antragsgegnerin zu Recht für zulässig erachtet. Zwar schließt § 610 Abs. 2 Satz 1 ZPO Widerklagen aus, die auf andere als die in § 610 Abs. 1 ZPO genannten Ziele gerichtet sind. Die Möglichkeit, im Verbund Folgesachen geltend zu machen, bleibt jedoch nach § 610 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 623 ZPO unberührt. Dies schließt die Befugnis ein, im Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren – auch widerklagend – eine Zwischenfeststellungsklage zu erheben, sofern deren Voraussetzungen nach § 256 Abs. 2 ZPO erfüllt sind. Das ist hier der Fall. Im Verbund mit der Scheidung war über den Versorgungsausgleich zu befinden. Dieser war nur dann nicht durchzuführen, wenn die Parteien ihn wirksam ausgeschlossen haben. An einem wirksamen Ausschluß des Versorgungsausgleichs fehlt es, wenn – wie die Antragsgegnerin festzustellen begehrt – der von den Parteien geschlossene Ehevertrag nichtig ist. Die geltend gemachte Nichtigkeit des Ehevertrags betrifft damit einerseits ein Rechtsverhältnis, das für die Entscheidung über den Versorgungsausgleich vorgreiflich ist. Andererseits regelt die Entscheidung über den Versorgungsausgleich die Rechtsbeziehungen der Parteien im Hinblick auf den Ehevertrag nicht erschöpfend, da dessen Wirksamkeit auch für etwaige Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt oder Zugewinnausgleich von Bedeutung ist. Der Umstand, daß diese Ansprüche im vorliegenden Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, hindert die Zulässigkeit der Zwischenfeststellungswiderklage nicht.
2. Das Feststellungsbegehren der Antragsgegnerin ist jedoch unbegründet.
a) Wie der Senat in seinem – nach Erlaß der hier angefochtenen Entscheidung – ergangenen Urteil vom 11. Februar 2004 (- XII ZR 265/02 – FamRZ 2004, 601) dargelegt hat, darf die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen nicht dazu führen, daß der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. Das wäre der Fall, wenn dadurch eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten – bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede – bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Die Belastungen des einen Ehegatten werden dabei um so schwerer wiegen und die Belange des anderen Ehegatten um so genauerer Prüfung bedürfen, je unmittelbarer die Vereinbarung der Ehegatten über die Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift.
Dabei hat der Tatrichter zunächst – im Rahmen einer Wirksamkeitskontrolle – zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, daß ihr – und zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse – wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, daß an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen treten (§ 138 Abs. 1 BGB). Erforderlich ist dabei eine Gesamtwürdigung, die auf die individuellen Verhältnisse beim Vertragsschluß abstellt, insbesondere also auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie auf die Auswirkungen auf die Ehegatten und auf die eventuell vorhandenen Kinder. Subjektiv sind die von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen, die den begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehevertraglichen Gestaltung veranlaßt und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen.
b) Das Oberlandesgericht geht zu Recht davon aus, daß Umstände, die eine Zwangslage der Antragsgegnerin begründet oder sie gehindert hätten, auf Abschluß und Inhalt des Ehevertrags Einfluß zu nehmen, weder von ihr vorgetragen noch sonst ersichtlich sind. Die Tatsache, daß die Antragsgegnerin bereits seit etwa 1985 – also vor Abschluß des Ehevertrags und vor Eingehung der Ehe mit dem Antragsteller – in dessen Praxis mitarbeitete, läßt noch nicht den Schluß auf eine derart ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Abhängigkeit der Antragsgegnerin vom Antragsteller zu, daß von einer gravierenden Störung der Vertragsparität ausgegangen und dem Ehevertrag der Parteien schon deshalb gemäß § 138 Abs. 1 BGB die Anerkennung der Rechtsordnung versagt werden müßte.
c) Auch der Inhalt der von den Parteien getroffenen Vereinbarung vermag den Vorwurf eines Verstoßes gegen die guten Sitten nicht zu begründen. Wie der Senat (aaO 605) dargelegt hat, ist bei der gebotenen Ausrichtung am Kernbereich der Scheidungsfolgen für deren Disponibilität eine Rangabstufung zu beachten, die sich in erster Linie danach bemißt, welche Bedeutung die einzelnen Scheidungsfolgenregelungen für den Berechtigten in seiner jeweiligen Lage haben.
aa) Zum Kernbereich der Scheidungsfolgen gehört in erster Linie der Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB). Dessen vertraglicher Ausschluß kann hier jedoch unberücksichtigt bleiben, da im – maßgebenden – Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit gemeinsamen Kindern der Parteien bereits nicht mehr zu rechnen war.
bb) Dem Unterhalt wegen Alters oder Krankheit (§§ 1571, 1572 BGB), den die Parteien hier ebenfalls ausgeschlossen haben, mißt das Gesetz zwar als Ausdruck nachehelicher Solidarität besondere Bedeutung bei. Das schließt, wie der Senat ausgeführt hat (aaO), eine vertragliche Disposition über diese Unterhaltsansprüche jedoch nicht schlechthin aus. Auch im vorliegenden Fall bestehen gegen den Ausschluß dieser Unterhaltsansprüche – unter dem Gesichtspunkt des § 138 Abs. 1 BGB – keine Bedenken. Das ergibt sich bereits daraus, daß im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für die Parteien noch gar nicht absehbar war, ob, wann und unter welchen wirtschaftlichen Gegebenheiten die Antragsgegnerin wegen Alters oder Krankheit unterhaltsbedürftig werden könnte; ein Anspruch auf Unterhalt wegen Alters oder Krankheit im Anschluß an die Betreuung gemeinsamer Kinder kam von vornherein nicht in Betracht.
Hinsichtlich des Altersunterhalts ist zusätzlich zu berücksichtigen, daß die Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits 44 und 46 Jahre alt, mithin in einem Alter waren, in dem ein nicht unwesentlicher Teil der Altersversorgung üblicherweise bereits erworben ist. Außerdem war die Antragsgegnerin vor wie auch nach der Eheschließung in der Praxis des Antragstellers gegen Entgelt beschäftigt und damit – von den Parteien bei Vertragsschluß vorherbedacht – auch während der Ehe in der Lage, für ihre eigene Alterversorgung Vorsorge zu treffen. Schließlich fällt ins Gewicht, daß sich der Antragsteller verpflichtet hatte, im Falle der Scheidung der Ehegatten und der Erwerbslosigkeit der Antragsgegnerin den weiteren Ausbau ihrer Altersversorgung im zugesagten Umfang durch Zahlung freiwilliger Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung sicherzustellen.
Hinsichtlich des Ausschlusses des Unterhalts wegen Krankheit ist ergänzend zu berücksichtigen, daß der Antragsteller mit dem Ehevertrag eine nacheheliche Verantwortung für die Antragsgegnerin nicht schlechthin abbedungen, sondern lediglich auf eine Kapitalzahlung von maximal 80.000 DM begrenzt hat.
cc) Auch gegen den Ausschluß des Unterhalts wegen Erwerbslosigkeit sind unter dem Gesichtspunkt des § 138 Abs. 1 BGB Bedenken nicht zu erheben. Zum einen erscheint, wie der Senat (aaO) ausgeführt hat, dieser Unterhaltstatbestand nachrangig, weil das Gesetz das Arbeitsplatzrisiko ohnehin auf den Berechtigten verlagert, sobald dieser einen nachhaltig gesicherten Arbeitsplatz gefunden hat (§ 1573 Abs. 4, vgl. auch § 1573 Abs. 5 BGB). Zum andern dient dieser Unterhaltsanspruch dem Ausgleich beruflicher Nachteile, die ein Ehegatte um der Ehe willen in Kauf genommen hat und die deshalb im Scheidungsfall auf beide Ehegatten verteilt werden sollen. Solche ehebedingten Nachteile mußte, worauf das Berufungsgericht mit Recht hinweist, die Antragsgegnerin, die für ihre Hilfstätigkeit in der Praxis des Antragstellers eine recht hohe Vergütung erhalten hat, aber gerade nicht auf sich nehmen. Soweit für den Fall des Scheiterns der Ehe mit dem Antragsteller auch die Tätigkeit der Antragsgegnerin in dessen Praxis ein Ende finden würde, war die Antragsgegnerin zudem für eine Übergangszeit durch die vom Antragsteller zu zahlende Unterhaltsabfindung hinlänglich gesichert, so daß auch insoweit der Vorwurf der Sittenwidrigkeit der getroffenen Abrede nicht greift.
dd) Der von den Parteien vereinbarte Verzicht auf Aufstockungsunterhalt und auf Billigkeitsunterhalt (§ 1573 Abs. 2, § 1576 BGB) rechtfertigt, wie der Senat dargelegt hat, schon nach der Bedeutung dieser Unterhaltstatbestände im System des Scheidungsfolgenrechts das Verdikt der Sittenwidrigkeit nicht (Senatsurteil aaO 607).
ee) Für die Vereinbarung des Wahlgüterstands der Gütertrennung gilt nichts anderes (Senatsurteil aaO).
ff) Der Versorgungsausgleich ist – als gleichberechtigte Teilhabe beider Ehegatten am beiderseits erworbenen Versorgungsvermögen – einerseits dem Zugewinnausgleich verwandt und wie dieser ehevertraglicher Disposition grundsätzlich zugänglich (§ 1408 Abs. 2, § 1587 o BGB). Er ist jedoch andererseits als vorweggenommener Altersunterhalt zu verstehen; von daher steht er einer vertraglichen Abbedingung nicht schrankenlos offen. Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich müssen deshalb nach denselben Kriterien geprüft werden wie ein Verzicht auf Altersunterhalt (Senatsurteil aaO 605; Senatsbeschlüsse vom 6. Oktober 2004 – XII ZB 110/99 – FamRZ 2005, 26 f. und – XII ZB 57/03 – FamRZ 2005, 185 ff.). Nach diesen Maßstäben ist hier auch der Ausschluß des Versorgungsausgleichs nicht sittenwidrig. Denn der vereinbarte Verzicht auf Unterhalt wegen Alters läßt den Ehevertrag der Parteien – wie bereits ausgeführt -nicht als sittenwidrig erscheinen; die dort dargelegten Gründe (Alter der Ehegatten bei Vertragsschluß; Ausbau einer eigenen Altersversorgung der Antragsgegnerin durch deren entgeltliche Beschäftigung in der Praxis des Antragstellers und dessen Verpflichtung zur Beitragszahlung für die Zeit nach einer etwaigen Scheidung) gelten für den vereinbarten Ausschluß des Versorgungsausgleichs entsprechend.
gg) Auch aus dem Zusammenwirken der ehevertraglichen Regelungen läßt sich deren Sittenwidrigkeit nicht herleiten. Ehebedingte Nachteile, die einseitig nur die Antragsgegnerin belasten und von daher einen Ausgleich erfordern, waren hier im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht zu erwarten. Dem Gedanken nachehelicher Solidarität wird durch die im Ehevertrag getroffenen Regelungen in einer Weise Genüge getan, daß – unter Berücksichtigung der Rangabstufung der Scheidungsfolgen – jedenfalls der Vorwurf einer sittenwidrigen Benachteiligung der Antragsgegnerin nicht gerechtfertigt ist.
3. Das Oberlandesgericht hat von der Durchführung des ehevertraglich ausgeschlossenen Versorgungsausgleichs abgesehen. Dies hält auch der richterlichen Ausübungskontrolle stand.
Wie der Senat wiederholt dargelegt hat, muß der Tatrichter, wenn ein Ehevertrag – wie hier – Bestand hat, im Rahmen der Ausübungskontrolle prüfen, ob und inwieweit ein Ehegatte die ihm durch den Vertrag eingeräumte Rechtsmacht mißbraucht, wenn er sich im Scheidungsfall gegenüber einer vom anderen Ehegatten begehrten gesetzlichen Scheidungsfolge darauf beruft, daß diese durch den Vertrag wirksam abbedungen sei (§ 242 BGB; Senatsurteil aaO 606; Senatsbeschlüsse vom 6. Oktober 2004 aaO). Für diese Prüfung sind nicht nur die Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebend. Entscheidend ist vielmehr, ob sich nunmehr – im Zeitpunkt des Scheiterns der Lebensgemeinschaft – aus dem vereinbarten Ausschluß der Scheidungsfolge eine unzumutbare Lastenverteilung ergibt. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die tatsächliche einvernehmliche Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse von der ursprünglichen, dem Vertrag zugrundeliegenden Lebensplanung grundlegend abweicht.
Die vorgenannten Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht festgestellt. Die Antragsgegnerin hat, wie das Oberlandesgericht mit Recht hervorhebt, weder Umstände und übereinstimmende Vorstellungen der Parteien, die dem Abschluß des Ehevertrags zugrunde gelegen haben, dargelegt, noch hat sie Veränderungen vorgetragen, die seither in der Gestaltung und Entwicklung der Ehe eingetreten sind und die den Ausschluß des Versorgungsausgleichs aus jetziger Sicht als unbillig erscheinen lassen. Eines solchen Vortrags hätte es jedoch bedurft, um dem Antragsteller – im Rahmen der Ausübungskontrolle – die Berufung auf den Ausschluß des Versorgungsausgleichs nach § 242 BGB zu versagen.