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Eigentümerbeschluss – Ungültigkeit

BayObLG

Az: 2Z BR 233/03

Beschluss vom: 08.04.2004


Gründe:

I.
Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Anlage mit mehr als 200 Wohnungen in acht Häusern, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

Der Antragsteller unterhält auf dem Flachdach eines dieser Häuser eine Amateur-Funkantenne, deren Errichtung ihm durch Eigentümerbeschluss vom 1.12.1983 gestattet wurde. Der damalige Verwalter schloss zudem mit dem Antragsteller unter dem 26.5./5.6.1984 einen schriftlichen Antennenvertrag, der in § 3 Abs. 2 folgende Regelung enthält:

Sofern die äußeren, maximalen optischen Abmessungen (Drehkreis + Höhe) der Anlage nicht verändert werden, kann der Antenneninhaber ohne Rücksprache bei der Gemeinschaft, wohl aber bei der Hausverwaltung, die Antennenanlage technisch modifizieren.

Die im Grundbuch eingetragene Gemeinschaftsordnung enthält in § 4 Nr. 5 folgende Regelung:

Das Anbringen von Außenantennen ist untersagt. Das Anbringen von Reklameeinrichtungen, Schildern, Verkaufsautomaten u.ä. ist nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung des Verwalters und nur in der vom Verwalter zu bestimmenden Art und Form zulässig. …

Der Antragsteller möchte auf dem Flachdach neben seiner Funkantenne eine Satellitenempfangsanlage zu Zwecken des Amateurfunks aufstellen. Ein entsprechender Antrag auf Genehmigung wurde auf der Eigentümerversammlung am 9.4.2003 unter dem Tagesordnungspunkt (TOP) „Sonstiges“ erörtert und bei nur sieben Enthaltungen abgelehnt.

Der Antragsteller hat daraufhin beim Amtsgericht beantragt, diesen Eigentümerbeschluss für ungültig zu erklären und die Antragsgegner zu verpflichten, ihm zu gestatten, eine Satellitenempfangsanlage auf dem Flachdach auf eigene Kosten und unter Beachtung der einschlägigen Vorschriften anzubringen oder anbringen zu lassen.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 22.7.2003 beide Anträge abgewiesen, das Landgericht die sofortige Beschwerde des Antragstellers mit Beschluss vom 10.11.2003 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers. Die Antragsgegner haben gegen die Festsetzung des Geschäftswerts auf 3.000 EURO durch das Landgericht Beschwerde eingelegt.

II.
Das Rechtsmittel des Antragstellers ist teilweise begründet, die Geschäftswertbeschwerde der Antragsgegner unbegründet.

1. Das Landgericht hat, weitgehend unter Bezugnahme auf den Beschluss des Amtsgerichts, ausgeführt:

Der unter TOP 12 am 9.4.2003 gefasste Eigentümerbeschluss entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung. Die gewünschte Aufstellung einer zusätzlichen Satellitenempfangsanlage zu der bereits bestehenden Funkantenne stelle eine bauliche Veränderung im Sinn von § 22 WEG dar. Da die Gemeinschaftsordnung das Aufstellen von Außenantennen generell untersage, sei für eine Ausnahme die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich, ohne dass es darauf ankomme, ob damit Nachteile im Sinn von § 14 WEG verbunden seien. Eine Verpflichtung zur Zustimmung der Antragsgegner ergebe sich nicht aus dem Antennenvertrag von 1984. In diesem Vertrag werde das Anbringen lediglich einer Antenne für den Amateurfunk und eine technische Modifizierung dieser Anlage erlaubt. Das Anbringen einer Satellitenempfangsanlage sei etwas Anderes und Zusätzliches. Ein Recht auf Zustimmung ergebe sich auch nicht aus dem Grundrecht der Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG. Die hierzu ergangene Rechtsprechung betreffe andere Fallgestaltungen.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält nur teilweise der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Der Eigentümerbeschluss, mit dem die Zustimmung zur Errichtung einer zusätzlichen Satellitenempfangsanlage auf dem Dach des Hauses abgelehnt wurde, entspricht schon deshalb nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, weil er unter dem Tagesordnungspunkt „Sonstiges“ gefasst wurde.

Wirksame Beschlüsse können in einer Eigentümerversammlung, zu der nicht alle Wohnungseigentümer erschienen sind, nach § 23 Abs. 2 WEG nur dann gefasst werden, wenn der Gegenstand der Beschlussfassung in der Einladung ausreichend bezeichnet worden ist (vgl. Niedenführ/Schulze WEG 6. Aufl. § 23 Rn. 9 m.w.N.). Daraus wird allgemein gefolgert, dass unter dem Tagesordnungspunkt „Sonstiges“ allenfalls Beschlüsse über Gegenstände von untergeordneter Bedeutung wirksam gefasst werden können (BayObLG NJW-RR 1990, 784; OLG Hamm NJW-RR 93, 468; Wangemann/Drasdo, Die Eigentümerversammlung nach WEG, 2. Aufl. Rn. 169). Dazu gehört aber die Genehmigung zur Errichtung einer Satellitenempfangsanlage auf dem Flachdach des Hauses sicher nicht.

b) Zutreffend haben hingegen die Vorinstanzen den Verpflichtungsantrag des Antragstellers für unbegründet gehalten. Es ist keine Anspruchsgrundlage für die begehrte Zustimmung zur Errichtung einer Satellitenempfangsanlage auf dem Dach erkennbar.

Insbesondere § 3 Abs. 2 des Antennenvertrags gibt keinen solchen Anspruch. Wie das Landgericht überzeugend ausgeführt hat, kann die zusätzliche Anbringung einer Satellitenempfangsanlage nicht als technische Modifizierung der vorhandenen Antennenanlage bezeichnet werden. Der Antragsteller will offenkundig eine zusätzliche Anlage errichten. Damit liegt diese Maßnahme außerhalb des Geltungsbereichs des Antennenvertrags und muss am Maßstab von § 4 Nr. 5 der Gemeinschaftsordnung gemessen werden.

Diese Regelung schließt einen Zustimmungsanspruch auch unter dem Gesichtspunkt des Grundrechts auf Informationsfreiheit aus (vgl. BGH NJW 2004, 937 = WuM 2004, 165 unter III 2 b der Gründe). Denn die im Grundbuch eingetragene Gemeinschaftsordnung ist nach § 10 Abs. 2 WEG für jeden Wohnungseigentümer bindend. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Regelung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) unwirksam ist.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 47 WEG.

4. Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 3 WEG. Der Senat schätzt in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen das Interesse aller Beteiligten an der Errichtung oder Verhinderung der Satellitenempfangsanlage auf 3.000 EURO. Das Interesse an der Beibehaltung oder Beseitigung der vorhandenen Funkantenne ist nicht Verfahrensgegenstand und beeinflusst deshalb den Geschäftswert nicht.

Die Geschäftswertbeschwerde der Antragsgegner, die keine Gerichtskosten auslöst, ist deshalb unbegründet.

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