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Eigentumswohnung – Ersteigerung und Sonderumlagenzahlung

Landgericht Saarbrücken

Az: 5 S 26/08

Urteil vom 27.05.2009


In dem Rechtsstreit hat die Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken auf die mündliche Verhandlung vom 06.05.2009 für R e c h t erkannt:

1. Die Berufung wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

G R Ü N D E :

A.
Der Beklagte hat durch Zuschlagsbeschluss vom 19.05.2004 im Wege der Zwangsversteigerung die Eigentumswohnung Nr. 5 erworben und ist dadurch Mitglied der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft geworden.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft begehrt von dem Beklagten in diesem Rechtsstreit die Zahlung monatlicher Raten einer in der Wohnungseigentümerversammlung vom 16. Dezember 2003 unter Tagesordnungspunkt 8 beschlossenen Sonderumlage in Höhe von insgesamt 15.000,– Euro, die von den einzelnen Wohnungseigentümern in einzelnen Raten ab Januar 2004 geleistet werden sollte. Der auf den Beklagten für den Zeitraum Juni 2004 bis Dezember 2007 entfallende Anteil an dieser Sonderumlage beläuft sich auf 2.040,77 Euro.

Der Beklagte ist vor Klageerhebung durch Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 20.12.2007 zur Zahlung eines Betrages von 1.966,91 Euro aufgefordert worden.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

den Beklagten zur Zahlung von 2.040,77 Euro nebst Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 229,50 Euro zu verurteilen.

Das Amtsgericht hat den Beklagten durch sein am 05.11.2008 verkündetes Urteil antragsgemäß verurteilt.

Es hat ausgeführt, Beiträge aus einer Sonderumlage seien von denjenigen zu leisten, die im Zeitpunkt der Fälligkeit der Sonderumlage Eigentümer seien.

Gegen dieses am 20.11.2008 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 16.12.2008 Berufung eingelegt, die er innerhalb der verlängerten der Berufungsbegründungsfrist am 23.02.2009 begründet hat.

Der Beklagte ist der Auffassung, nicht zur Zahlung der vor seinem Eigentumserwerb von der Wohnungseigentümergemeinschaft beschlossenen Sonderumlage verpflichtet zu sein.

Er rügt, er werde mit Schulden der früheren Eigentümer belastet, die aus abgeschlossenen Sachverhalten stammten.

Die Beschlussfassung der Wohnungseigentümergemeinschaft ziele nicht auf das sofortige Bedienen der bestehenden Verbindlichkeiten, sondern auf die Überbürdung der bestehenden Schuld auf neue Eigentümer, die als „sichere“ Geldquelle bei der Tilgung der aufgehäuften Schulden mithelfen sollten.

Eine Fälligstellung für bereits bestehende Verbindlichkeiten in ferner Zukunft stelle keine ordnungsgemäße Bewirtschaftung dar. Ein solcher Wohnungseigentümerbeschluss könne gegenüber einem Wohnungserwerber keine Rechtswirkung entfalten.

Der Beklagte beantragt,

das am 05.11.2008 verkündete amtsgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und verweist auf ihre rechtlichen Ausführungen in erster Instanz.

B.

I. Die Berufung ist zulässig, der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 600,– Euro (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), die Berufungsfrist (§ 517 ZPO) ist ebenso eingehalten wie die von dem Vorsitzenden der erkennenden Kammer verlängerte Berufungsbegründungsfrist (vgl. § 520 Abs. 2 ZPO).

II. Die Berufung ist jedoch nicht begründet und war deshalb zurückzuweisen.

Das Amtsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben und zutreffend darauf abgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, die auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Beträge der in der Wohnungseigentümerversammlung am 16.12.2003 beschlossenen Sonderumlage insoweit zu zahlen, als die einzelnen Raten nach dem Erwerb des Wohnungseigentums fällig geworden sind.

1. Die Zahlungspflicht des Beklagten besteht auf Grund des bestandskräftigen Wohnungseigentümerbeschlusses vom 16.12.2003, der gemäß § 10 Abs. 4 WEG für ihn als Sondernachfolger des früheren Eigentümers der Wohnung Nr. 5 verbindlich ist, ohne dass es einer Eintragung des Wohnungseigentümerbeschlusses in das Grundbuch bedurft hätte.

Dieser Wohnungseigentümerbeschluss ist nicht nichtig und somit für den Beklagten verbindlich. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist grundsätzlich befugt, zur Beseitigung von Liquiditätsschwierigkeiten eine Sonderumlage zu beschließen (vgl. dazu Bärmann/Merle, WEG, 10.Auflage, § 21 Rn. 39), ein solcher Beschluss der Wohnungseigentümer entspricht auch ordnungsgemäßer Verwaltung (vgl. § 21 Abs. 3 WEG).

2.1. Der Beklagte hat die Eigentumswohnung Nr. 5 im Wege der Zwangsversteigerung durch den Zuschlagsbeschluss des Versteigerungsgerichts vom 19.05.2004 erworben, ohne dass es für den Zeitpunkt des Eigentumserwerbs auf die Eintragung des Beklagten im Grundbuch ankommt (vgl. § 90 ZVG).

Obwohl die streitgegenständliche Sonderumlage bereits am 16.12.2003 und damit vor dem Eigentumserwerb des Beklagten beschlossen worden ist, haftet der Beklagte dennoch für die nach seinem Eigentumserwerb fällig gewordenen Monatsraten des auf ihn entfallenden Anteils der Sonderumlage (vgl. ebenso: OLG Köln NZM 2002, 351; KG Berlin NZM 2003, 1116, zitiert nach juris Rn. 20; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17.11.2004, Az.: 14 WX 82/03, zitiert nach juris; OLG Hamm ZMR 1996, 337; Bärmann/Merle, WEG, 10.Auflage, § 28 Rn. 152; Palandt/Bassenge, BGB, 67. Auflage, § 16 WEG Rn. 39).

2.2. Dadurch wird der Beklagte auch nicht unbillig belastet. Er hatte die Möglichkeit, sich vor der Ersteigerung des Wohnungseigentums bei dem Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft nach den ihn bindenden Beschlüssen der Gemeinschaft zu erkundigen und sein Verhalten darauf einzurichten.

Im Übrigen sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft durch die Beschlussfassung rechtsmissbräuchlich (vgl. § 242 BGB) gehandelt und die Fälligkeit der einzelnen Raten der Sonderumlage deshalb hinausgeschoben hat, um sich mit einem künftigen Erwerber einen vielleicht finanzkräftigen Schuldner zu verschaffen (vgl. dazu BGH NJW 1988, 1910, zitiert nach juris, Rn. 22). Die beschlossene Ratenzahlung sollte vielmehr eine nicht tragbare finanzielle Belastung aller zur Zahlung verpflichteter Wohnungseigentümer vermeiden.

3. § 56 S. 2 ZVG, wonach der Ersteher von dem Zuschlag an die Lasten der im Wege der Zwangsversteigerung erworbenen Eigentumswohnung trägt, steht dem nicht entgegen. Bei den nach dem Eigentumserwerb des Beklagten fällig gewordenen Raten der Sonderumlage handelt es sich – entgegen der Auffassung des Beklagten – nicht um „Lasten“ aus der Vergangenheit. Ausweislich des Versammlungsprotokolls der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 16. Dezember 2003 (Bl. 6 f. d.A.) dient die Sonderumlage dem Zweck, noch offene und bereits fällige Verbindlichkeiten der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber verschiedenen Gläubigern zu tilgen. Es handelt sich dabei um Forderungen in Höhe von 46.000,– Euro, von denen ein Teilbetrag in Höhe von 15.000,– Euro innerhalb der nächsten 5 Wochen nach Beschlussfassung bezahlt werden musste. Dieser Teilbetrag, in dessen Höhe die Sonderumlage beschlossen worden ist, umfasst u.a. Rechtsanwaltskosten, Versicherungen, die Gebäudereinigung und den Kauf von Heizöl. Der Nutzen dieser von den einzelnen Gläubigern der Wohnungseigentümergemeinschaft erbrachten Leistungen – insbesondere hinsichtlich des gekauften Heizöls und der Versicherungsbeiträge – zieht auch der Beklagte als neuer Wohnungseigentümer (vgl. dazu BGH NJW 1988, 1910, zitiert nach juris, Rn. 21; OLG Celle ZMR 2004, 525, zitiert nach juris Rn. 12). Die Sachlage unterscheidet sich nicht wesentlich von der Beteiligung eines neuen Wohnungseigentümers an den Kosten notwendiger Reparaturmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum, wenn der Schaden bereits vor dem Eigentumserwerb eingetreten ist (vgl. OLG Celle a.a.O., juris Rn. 12).

4. Deshalb ist es gerechtfertigt, dass der Beklagte als Ersteigerer der Eigentumswohnung Nr. 5 für die Zahlung der vor dem Zuschlag beschlossenen Sonderumlage haftet, da die ihm gegenüber geltend gemachten Raten aus dieser Sonderumlage erst nach dem Zuschlagszeitpunkt fällig geworden sind.

5. Somit war die Berufung mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bezüglich der Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO.

Die Revision zum Bundesgerichtshof (vgl. dazu §§ 543 ZPO, 62 Abs. 2 WEG) wird nicht zugelassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Revision weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

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