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Ein umstrittener Immobilienkredit und die Frage der Vorfälligkeitsentschädigung

Eine Kontroverse um eine vorzeitig zurückgezahlte Immobilienfinanzierung und die daran geknüpfte Vorfälligkeitsentschädigung bildet den Kern eines Rechtsstreits, der kürzlich beim Landgericht Stralsund entschieden wurde. Auf den ersten Blick mag das Thema technisch erscheinen, doch es berührt eine alltägliche Situation, die viele Menschen betrifft: den Kauf eines Eigenheims und die damit verbundenen Kreditvereinbarungen. Im Fokus dieses speziellen Falls stand eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung, die eine Bank verlangt, wenn ein Kreditnehmer sein Darlehen vor Ende der vereinbarten Laufzeit zurückzahlt.

Direkt zum Urteil Az: 6 O 3/22 springen.

Die umstrittene Vorfälligkeitsentschädigung

Die Geschichte beginnt im Februar 2017, als die beteiligten Parteien einen Immobilien-Verbraucherdarlehensvertrag über 85.000 Euro abschließen. Dieser Vertrag, der für die nächsten zehn Jahre eine Zinsbindung von 2,6% vorsieht, enthält auch eine Klausel zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung im Falle einer vorzeitigen Rückzahlung des Kredits. Die Bank verpflichtet sich, diese Entschädigung nach den geltenden gesetzlichen Vorschriften und der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu berechnen.

Der Streitpunkt: Methoden der Berechnung

Die Berechnung der Entschädigung erfolgt nach der Aktiv-Passivmethode, die von der Bank so interpretiert wird, dass sie in einer finanziellen Position bleibt, als ob der Kreditvertrag bis zum Ende der Zinsbindung fortgeführt worden wäre. Verschiedene Aspekte fließen in diese Berechnung ein, darunter die Berücksichtigung einer Anlage der vorzeitig zurückgezahlten Darlehen in sicheren Kapitalmarkttiteln und der vereinbarten Zahlungen aus dem Kreditvertrag. Ebenso berücksichtigt die Bank in ihrer Berechnung etwaige vereinbarte Disagios und die zukünftig entfallenden Risiko- und Verwaltungskosten.

Spannungen und das Ende des Streits

Doch was passiert, wenn der Kreditnehmer und die Bank nicht übereinstimmen? Genau das ist in diesem Fall geschehen, und so landeten die Parteien vor Gericht. Das endgültige Urteil fiel am 26. Mai 2023: Die Klage wurde abgewiesen, die Kläger müssen die Kosten des Rechtsstreits tragen und das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Insgesamt wirft dieser Fall ein Schlaglicht auf die komplexe Welt der Immobilienfinanzierung und die damit verbundenen rechtlichen Fragen. Letztendlich unterstreicht er die Bedeutung einer sorgfältigen Vertragsprüfung und eines umfassenden Verständnisses aller beteiligten Aspekte.


Das vorliegende Urteil

LG Stralsund – Az.: 6 O 3/22 – Urteil vom 26.05.2023

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rückzahlung einer geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung.

Am 28.02.2017 schlossen die Parteien einen Immobilien-Verbraucherdarlehensvertrag zu einem Darlehensnennbetrag in Höhe von 85.000,00 €. Der Vertrag sah eine Zinsbindungsdauer von 10 Jahren mit einem Zinssatz in Höhe von 2,6 % p.a. vor.

In dem Vertrag heißt es unter 10.2:

„Die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung (Ablösung Entschädigung) durch die Sparkasse erfolgt nach den gesetzlichen Vorgaben und der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Dies ist derzeit die sogenannte Aktiv- Passivmethode. Durch diese Berechnungsmethode wird die Sparkasse so gestellt, als ob der Kredit bis zum Ablauf der Zinsbindung planmäßig fortgeführt worden wäre. Für die Ermittlung der Vorfälligkeitsentschädigung wird von einer Anlage der vorzeitig zurückgezahlten Darlehnsmittel in sicheren Kapitalmarkttitel (Pfandbriefrenditen der Deutschen Bundesbank) ausgegangen. Zunächst wird der Betrag ermittelt, der zum Ablösestichtag erforderlich ist, um sämtliche ursprünglich vereinbarten Zahlungen aus dem Kreditvertrag ( Zinsen, Tilgung) sowie das rechnerische Restkapital am Ende der Zinsfestschreibung zu erzielen. Die anfallenden Zinsen sind in diese Berechnung einbezogen. Zusätzlich wird das auf den restlichen Zinsbindungszeitraum entfallende und somit – auf Basis des effektiven Jahreszinssatzes – zu erstattende Disagio in die Berechnung einbezogen, sofern ein Disagio vereinbart wurde.

Die Sparkasse ermittelt ferner die zukünftig entfallenden Risiko- und Verwaltungskosten und reduziert die Vorfälligkeitsentschädigung entsprechend.

Durch die vorzeitige Ablösung des Darlehens entsteht ein Institutsaufwand, der Ihnen in Rechnung gestellt wird.

Bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wird zusätzlich von Folgendem ausgegangen:

  • Berücksichtigung der sich durch die Tilgung verringernden Darlehensschuld;
  • Schadensmindernde Berücksichtigung vereinbarter Sondertilgungselemente;
  • Abzinsung der ermittelten Schadensbeträge auf den Rückzahlungszeitpunkt.

Sofern der Darlehensnehmer der Sparkasse die Absicht mitteilt, das Darlehen vorzeitig zurückzuzahlen, übermittelt die Sparkasse dem Darlehensnehmer in Textform unverzüglich Informationen zur Zulässigkeit der vorzeitigen Rückzahlung, im Fall der Zulässigkeit die Höhe des zurückzuzahlenden Betrags und gegebenenfalls die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung. “

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Immobilien-Verbraucherdarlehensvertrag vom 28.02.2017 (Anlage K1) Bezug genommen.

Zur Absicherung dieses Darlehens wurde eine erstrangige Grundschuld zugunsten der Beklagten in Höhe von 85.000,00 € an dem Grundstück der Kläger, G.-Straße 7 in G.-B. eingetragen.

Im Rahmen einer späteren Veräußerung des Grundstücks sollte das Darlehen vorzeitig abgelöst werden. Nach dem die Parteien eine Aufhebungsvereinbarung unterzeichneten zahlten die Kläger neben dem noch ausstehenden Restdarlehen in Höhe von 78.147,42 € auch eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 11.108,46 € an die Beklagte.

In der Aufhebungsvereinbarung heißt es:

„Unter dem Vorbehalt der Rückforderung und der Überprüfung der Berechtigung der Forderung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach“.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Aufhebungsvereinbarung (Anlage K3) Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 19.10.2021 forderten die Kläger von der Beklagten die Rückzahlung des geleisteten Vorfälligkeitsentgeltes bis zum 10.11.2021. Mit Schriftsatz vom 08.11.2021 wies die Beklagte den Anspruch zurück.

Die Kläger meinen, sie hätten die Vorfälligkeitsentschädigung ohne Rechtsgrund geleistet. Die Vertragsangaben über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung seien unzureichend im Sinne von § 502 Abs.2 Nr.12 BGB. Nach den Angaben der Beklagten sei die Vorfälligkeitsentschädigung der finanzielle Nachteil der Differenz zwischen den Zinsen, die der Darlehensnehmer bei Abnahme des Darlehens tatsächlich gezahlt hätte und der Rendite, die sich aus einer Laufzeit kongruenten Wiederanlage des freigewordenen Restkapitals ergeben hätte. Die Berechnung der Differenz ergeben sich jedoch nicht aus den Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nach Ziffer 10.2 der AGB der Beklagten. Zwar teile dort die Beklagte mit, dass „zunächst“ der Betrag ermittelt werde, der zum Ablösestichtag erforderlich wäre, um sämtliche ursprünglich vereinbarten Zahlungen aus dem Kreditvertrag zu erzielen. Durch das Wort „zunächst“ würde der Darlehensnehmer jedoch davon ausgehen, dass sie nun die Berechnungsmethode in den einzelnen Schritten dargelegt werden würde. Hier bricht aber die Erläuterung einfach ab ohne dass der weitere maßgebliche Rechenschritt mitgeteilt werde.

Die Kläger beantragen,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 11.108,46 € nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 11.11.2021 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilt, an die Kläger weitere 1.054,10 € als Nebenforderung nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

die Beklagte ist der Auffassung dass die Vertragsangaben über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung ausreichend seien. Es komme auf die Sicht eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers an. Die Darstellung einer finanzmathematischen Berechnungsformel sei nicht erforderlich. Ausreichend sei dass der Darlehensgeber die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wesentlichen Parameter benennt. Das sei hier der Fall.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze und deren Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.04.2023 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig. Das Landgericht Stralsund ist sachlich gemäß §§ 71, Abs.1, 23 Nr.1 GVG und örtlich gemäß § 17 Abs.1 ZPO zuständig.

II.

Die Klage ist aber unbegründet. Der Anspruch des Klägers ergibt sich insbesondere nicht aus § 812 Abs.1 S.1 Alt.1 BGB. Rechtsgrund der geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung ist § 502 Abs.1 BGB. Der Anspruch der Beklagten ist auch nicht nach § 502 Abs.2 Nr.2 BGB ausgeschlossen. Die Angaben über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung sind ausreichend.

1.

Bei den Angaben über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung ist „aus systematischer Sicht der Verbraucherkreditrichtlinie entscheidend, dass der Darlehensnehmer die Berechnung der Entschädigung nachvollziehen und seine Belastung, falls er sich zur vorzeitigen Rückzahlung entschließt, zuverlässig abschätzen kann“ (BT-Drucks. 16/11643, S. 87). Die Darlegung einer finanzmathematischen Berechnungsformel bedarf es nicht. Ausreichend ist im Hinblick auf eine hinreichende Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Berechnungsmethode, dass der Darlehensgeber die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wesentlichen Parameter in groben Zügen benennt (BGH, Urteil vom 05.11.2019, Az. XI ZR 650/18; OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.06.2019, Az. 17 U 158/18). Entscheidend ist, dass aus Sicht eines informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers, der Darlehensnehmer die Berechnung der Entschädigung nachvollziehen kann und seine Belastung zuverlässig abschätzen kann (BGH, Urteil vom 05.11.2019, Az. XI ZR 650/18).

2.

Diesen Anforderungen werden die Angaben der Beklagten gerecht.

Der Darlehensvertrag gibt als Berechnungsmethode die Aktiv/Passiv Methode an, bei der die Differenz zwischen den Zinsen, die der Darlehensnehmer bei gewöhnlichem Vertragsverlauf gezahlt hätte und der Rendite, die sich aus einer laufzeit-kongruenten Wiederanlage der freigewordenen Beträge mit sicheren Kapitalmarktmitteln ergeben hätte, gebildet wird. Dieser Differenzbetrag wird um ersparte Risiko- und Verwaltungskosten gemindert und ist auf den Zeitpunkt der Leistung der Nichtabnahmeentschädigung abzuzinsen (BGH, Urteil vom 07.11.2000, Az. XI ZR 27/00).

Soweit der Kläger ausführt, die Berechnung des Differenzbetrages ergäbe sich nicht aus den Angaben der Beklagten, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. In den Berechnungsangaben der Beklagten heißt es, dass zunächst der Betrag ermittelt wird, der zum Ablösestichtag erforderlich ist, um die vertraglich geschuldeten Tilgungsraten und Zinsen sowie das rechnerische Restkapital zu erzielen. Zudem wird das zu erstattende Disagio einbezogen, sofern ein solches vereinbart wurde. Weiter werden die zukünftig anfallenden Verwaltungs- und Risikokosten ermittelt und vom berechneten Betrag abgezogen. Ein entstehender Institutsaufwand wird hinzugerechnet. Die Beklagte hat somit, den Anforderungen des BGH gerecht werden, in ausreichendem Umfang angegeben, wie die Berechnung des Differenzbetrages erfolgt.

3.

Nicht erforderlich ist, dass die Beklagte darüber hinaus Angaben dazu macht, wie sie den Betrag ermittelt, der erforderlich ist um die vertraglich geschuldeten Tilgungsraten und Zinsen sowie das rechnerische Restkapital zu erzielen. Weder dem Gesetzestext, noch der Gesetzesbegründung oder der Rechtsprechung des BGH lassen sich solche Anforderungen entnehmen. Gegenteilig führt der BGH sogar aus, dass eben keine finanzmathematische Berechnung und damit eben keine betragsmäßige Bestimmung der Entschädigung möglich sein muss (BGH, Urteil vom 05.11.2019, Az. XI ZR 650/1).

Etwas anderes gilt aber dann, wenn Angaben zur finanzmathematischen Berechnung gemacht werden. In einem solchen Fall müssen diese lückenlos und vor allem auch richtig sein (OLG Frankfurt, Urteil vom 01.07.2021, Az. 17 U 810/19). Die Beklagte macht in ihren Vertragsbedingungen aber keine Angaben zur finanzmathematischen Berechnung.

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Entgegen der Auffassung des Klägers und des Landgerichts Rostock, Urteil vom 10.02.2019, Az. 2 O 872/19, wird durch die Verwendung der Formulierung „zunächst“ auch nicht der Eindruck vermittelt, es würde eine Berechnungsmethode dargelegt. Durch die Verwendung des Begriffs „zunächst“ wird lediglich klargestellt, das als erster Schritt der Betrag ermittelt wird, der zur Auslösung des Darlehens nebst Zinsen und Restschuld erforderlich wäre, würde das Darlehen nicht vorzeitig abgelöst werden. Anschließend werden hiervon die weiter aufgeführten Kosten abgezogen oder hinzugerechnet werden.

Für den hier vorliegenden Fall kommt es daher auch nicht auf die Ausführungen des OLG Frankfurt, Urteil vom 01.07.2021, Az. 17 U 810/19, an. Das OLG Frankfurt hat ausgeführt, dass in den dort vorliegenden Angaben über die Berechnungsmethode ausgeführt wird, dass „zunächst“ der Betrag ermittelt wird, der erforderlich sei, um sämtliche Zahlungen aus dem Kreditvertrag sowie den Restbetrag zu erzielen. Anschließend wird ausgeführt, wie verfahren wird, wenn Pfandbriefe mit entsprechenden fristen-kongruenten Laufzeiten vorhanden sind. Es fehlt aber an Angaben dazu, was passiert wenn diese grade nicht vorhanden sind. Völlig zutreffend ist das OLG Frankfurt daher zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Angaben unvollständig seien, da sie dem Darlehensnehmer eben nicht ermöglichen die erforderliche Differenz zwischen den Rechnungsgrößen der zu zahlenden Vorfälligkeitsentschädigung zu bilden.

Der vorliegende Fall ist hier aber ein anderer, da die Angaben er Beklagten sehr wohl Ausführungen dazu machen, welche Beträge dem „zunächst“ gebildeten Ausgangsbetrag zu- oder abzuziehen sind. Eine Lücke, wie sie das OLG Frankfurt festgestellt hat, ist in den hier vorliegenden Angaben nicht gegeben.

Der Kläger kann auch aus der Entscheidung des Saarländischen Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 26.01.2023, Az. 4 U 134/21, keine für sich günstige Rechtsposition herleiten. Das OLG Saarbrücken vertritt die Auffassung, dass aus der gewählten Formulierung der Wiederanlage in „kongruenten Kapitalmarkttiteln öffentlicher Schuldner“ nicht abgeleitet werden könne, ob die Wiederanlage in Hypothekenpfandbriefen erfolge. Die hier durch die Beklagte gewählte Formulierung ist aber eine gänzlich andere. So heißt es unter Ziff. 10.2, dass die Anlage in sichere Kapitalmarkttitel (Pfandbriefrenditen der Deutschen Bundesbank) erfolge. Der pauschalen Einwand des Klägervertreters, dass die Renditen der Kapitalmarkttitel öffentlicher Schuldner „deutlich“ geringer sei als bei Hypothekenpfandbriefen ist auch schlicht unzutreffend.

Die Angaben zur Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung waren somit ausreichend und Rechtsgrund für die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung.

4.

Ungeachtet des Nichtbestehens der Hauptforderung wäre die Beklagte auch sonst nicht zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verpflichtet gewesen. Voraussetzung für eine solche Erstattung im Wege des Schadensersatzes ist, dass dem Geschädigten überhaupt ein Schaden entstanden ist, Bei der Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ist das der Fall wenn der Geschädigte im Innenverhältnis zu seinem Rechtsanwalt zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist. Weiter ist zwischen dem Innenverhältnis des Geschädigten zu dem für ihn tätigen Rechtsanwalt und dem Außenverhältnis des Geschädigten zum Schädiger zu unterscheiden. Eine Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten kommt nämlich auch dann nicht in Betracht wenn die konkrete anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte nicht erforderlich oder nicht zweckmäßig war (BGH, Urteil vom 22.06.2021, VI ZR 353/20).

An der Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit der Inanspruchnahme anwaltliche Hilfe hat das Gericht keine Zweifel. Die Frage, ob Angaben zur Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend im Sinne des § 502 BGB sind, ist juristisch nicht einfach, was sich schon aus der Vielzahl sich teils widersprechender gerichtliche Entscheidungen ergibt.

Die Kläger wären aber zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nicht verpflichtet gewesen. Eine vorprozessuale anwaltliche Tätigkeit löst nämlich nur dann eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG aus wenn es sich dabei nicht um eine die Vorbereitung der Klage dienenden Tätigkeit nach § 19 Abs.1 S.2 Nr.1 RVG handelt. Das ist nur dann der Fall wenn der Geschädigte zunächst nur das Mandat für eine vorprozessuale Tätigkeit erteilt. Erteilt der Geschädigte den unbedingten Auftrag, im gerichtlichen Verfahren tätig zu werden, lösen Vorbereitungshandlungen die Gebühr für das gerichtliche Verfahren aus. Für das Entstehen der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG besteht dann kein Raum mehr (Urteil vom 24. Januar 2022 – VIa ZR 100/21).

Eine solche Beschränkung der anwaltlichen Tätigkeit auf eine zunächst rein vorgerichtliche Tätigkeit wurde schon nicht dargelegt.

III.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 Abs.1 S.1 ZPO und jene über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.


Die folgenden rechtlichen Bereiche sind u.a. in diesem Urteil relevant:

1. Verbraucherrecht: Im Mittelpunkt des Urteils steht ein Immobilien-Verbraucherdarlehensvertrag, was das Verbraucherrecht als wichtiges Rechtsgebiet definiert. In Deutschland sind solche Verträge stark reguliert und müssen bestimmten Anforderungen entsprechen, um die Verbraucher zu schützen. In diesem speziellen Fall wurde der Vertrag in Frage gestellt, weil die Kläger behaupteten, dass die Informationen zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend waren.

2. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – insbesondere § 502 Abs. 2 Nr. 12 BGB: Dieser spezielle Paragraph befasst sich mit den Anforderungen an die Vorfälligkeitsentschädigung in einem Verbraucherdarlehensvertrag. Nach dieser Norm hat der Darlehensgeber Anspruch auf eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung, wenn der Darlehensnehmer das Darlehen vorzeitig zurückzahlt. In diesem Fall argumentierten die Kläger, dass die Beklagte gegen diese Vorschrift verstoßen hat, indem sie unzureichende Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung gemacht hat.

3. Vertragsrecht: Der Immobilien-Verbraucherdarlehensvertrag und die darauf folgende Aufhebungsvereinbarung sind beide Verträge, die nach den Regeln des Vertragsrechts ausgestaltet und interpretiert werden. In diesem Fall behaupten die Kläger, dass sie die Vorfälligkeitsentschädigung ohne Rechtsgrund geleistet haben, was auf eine mögliche Anfechtung oder Nichtigkeit des Vertrages hindeutet.

4. Bankrecht: Da es sich bei der Beklagten um eine Sparkasse handelt und das Thema des Rechtsstreits die Vorfälligkeitsentschädigung bei einem Darlehensvertrag ist, ist auch das Bankrecht betroffen. Das Bankrecht regelt unter anderem die Geschäftsbeziehungen zwischen Banken und ihren Kunden und umfasst auch Themen wie Vorfälligkeitsentschädigungen.

5. Sachenrecht: Das Sachenrecht befasst sich mit den Rechtsverhältnissen an Sachen. In diesem Fall wurde zur Absicherung des Darlehens eine erstrangige Grundschuld auf das Grundstück der Kläger eingetragen. Das Sachenrecht regelt, wie solche Sicherheiten ausgestaltet und durchgesetzt werden können.

FAQ: Häufig gestellte Fragen

1. Was ist eine Vorfälligkeitsentschädigung?

Eine Vorfälligkeitsentschädigung ist eine Gebühr, die ein Kreditnehmer an seine Bank zahlen muss, wenn er sein Darlehen vor dem Ende der im Vertrag vereinbarten Laufzeit vollständig zurückzahlt. Diese Gebühr wird von der Bank erhoben, um den finanziellen Verlust auszugleichen, der ihr durch den entgangenen Zinsgewinn entsteht.

2. Wie wird die Vorfälligkeitsentschädigung berechnet?

Die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung kann komplex sein und hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter der ausstehende Darlehensbetrag, die verbleibende Laufzeit des Darlehens und der vereinbarte Zinssatz. Im Allgemeinen versucht die Bank, durch die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung den finanziellen Verlust auszugleichen, der ihr durch den entgangenen Zinsgewinn entsteht. Die konkreten Berechnungsmethoden und -parameter sollten im Darlehensvertrag klar definiert sein.

3. Was bedeutet es, wenn die Vorfälligkeitsentschädigung „ohne Rechtsgrund“ gezahlt wurde?

Wenn eine Vorfälligkeitsentschädigung „ohne Rechtsgrund“ gezahlt wurde, bedeutet dies, dass der Kreditnehmer die Zahlung vorgenommen hat, obwohl er dazu rechtlich nicht verpflichtet war. Dies könnte der Fall sein, wenn die Bank die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nicht korrekt durchgeführt hat oder wenn die Voraussetzungen für die Erhebung einer solchen Entschädigung nicht erfüllt waren.

4. Wie kann ich feststellen, ob die Vorfälligkeitsentschädigung korrekt berechnet wurde?

Es kann schwierig sein, die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nachzuvollziehen, insbesondere für Laien. Es kann daher ratsam sein, die Berechnung durch einen Experten überprüfen zu lassen, beispielsweise einen Rechtsanwalt oder einen unabhängigen Finanzberater. Sie können auch die Bank um eine ausführliche Erklärung der Berechnung bitten.

5. Was kann ich tun, wenn ich glaube, dass die Vorfälligkeitsentschädigung zu hoch ist?

Wenn Sie der Meinung sind, dass die Vorfälligkeitsentschädigung zu hoch ist, sollten Sie sich zunächst an Ihre Bank wenden und um eine Überprüfung bitten. Wenn die Bank Ihre Bedenken nicht ausräumt, können Sie sich an einen Rechtsanwalt wenden. In einigen Fällen kann es auch möglich sein, eine Beschwerde bei der Verbraucherschutzbehörde einzureichen.

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