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Verkehrsunfall – Kosten für Ohnarmlenkung

Landgericht Düsseldorf

Az: 11 O 526/00

Urteil vom 09.07.2004


Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.483,09 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 29.6.2000 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger ist von Geburt an körperbehindert, ihm fehlen beide Arme. Er ist gleichwohl im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis, kann jedoch nur Fahrzeuge mit einer entsprechend behindertengerechten Ausstattung, einer sogenannten „Ohnarmlenkung“ steuern.

Der Vater des Klägers, Herr X, schloss am 3.3.1997 mit der Beklagten einen Vollkaskoversicherungsvertrag, in dem diese Fahrzeugsonderausstattung mit einem Mehrwert von 12.782,30 Euro (entspricht 25.000,00 DM) berücksichtigt wurde. Der Vater des Klägers trat alle Ansprüche aus diesem Versicherungsvertrag an den Kläger ab (BI. 8 GA). Sodann trat der Kläger die Ansprüche an das Sozialamt der Stadt X ab, die aber wiederum die Ansprüche zurückabtrat.

Am 11 0.1999 kam es zu einem Verkehrsunfall mit dem klägerischen Fahrzeug, das dabei einen wirtschaftlichen Totalschaden erlitt. Im Rahmen der anschließenden Schadensregulierung zahlte die Beklagte für die Ohnarmlenkung des Pkws lediglich den 4.090,34 Euro (entspricht 8.000,00 DM) betragenden Zeitwert für diese Sonderausstattung. Der Kläger wünscht jedoch die Ausstattung eines Neuwagens mit einer Ohnarmlenkung, was ihm von der Firma X zum Preis von 9.573,43 Euro (entspricht 18.724,00 DM) angeboten wurde. Mit Schreiben vom 19.6.2000 lehnte die Beklagte jedoch weitere, über die 4.090,34 Euro hinausgehende Zahlungen endgültig ab.

Die Differenz in Höhe von 5.483,09 Euro (entspricht 10.724,00 DM) verlangt der Kläger deshalb mit der vorliegenden Klage.

Der KIäger behauptet, es gebe für Gebrauchtfahrzeuge mit Ohnarmlenkung weder einen Gebrauchtwagenmarkt, noch sei ein Aus- und Wiedereinbau dieser Sonderausstattung hier möglich gewesen. Auch ein Restwert bestehe nicht.

Der von der Firma X angebotene Preis für die erforderliche Ausrüstung eines Neuwagen mit der Ohnarmlenkung sei ortsüblich und angemessen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.483,09 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 29.6.2000 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, es sei dem Kläger lediglich der Zeitwert in Höhe von 4.090,34 Euro zu erstatten, da nur der Mehrwert versichert worden sei.

Das Gericht hat Beweis erhoben aufgrund des Beschlusses vom 17.7.2001 (BI. 43 – 45 GA) durch die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten (BI. 95-113 GA) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Der KIäger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 5.483,09 Euro aus § 13 Abs. 1, 3 AKB.

Zwischen dem Vater des Klägers und der Beklagten besteht ein wirksamer Kaskoversicherungsvertrag. Der Vater des Klägers hat seine Ansprüche aus diesem Vertrag an den Kläger abgetreten, § 398 BGB.

Soweit der Kläger seinerseits diese Ansprüche an das Sozialamt der Stadt X abgetreten hat, war damit kein gesetzlicher Forderungsübergang nach § 116 SGB X verbunden, so dass der Sozialleistungsträger diese Ansprüche am 4.4.2001 auch wirksam an den Kläger zurückabtreten konnte. Denn bei dem betroffenen Anspruch handelt es sich um einen Anspruch aus einem privaten Versicherungsvertrag, auf den § 116 SGB X keine Anwendung findet. Diese Vorschrift betrifft vielmehr nur Ansprüche aus Delikts-, Staats- oder Gefährdungshaftung.

Die Aktivlegitimation des Klägers liegt damit vor, was auch von der Beklagten zuletzt nicht mehr in Abrede gestellt worden ist.

Ein Versicherungsfall ist unstreitig durch den Verkehrsunfall eingetreten, bei dem der Pkw des Klägers einen wirtschaftlichen Totalschaden erlitten hat. Die Beklagte hat ihn in Folge dessen gemäß § 13 Abs. 1 und 3 AKB den Wiederbeschaffungswert für ein gleichwertiges Gebrauchtfahrzeug mit Ohnarmlenkung zu ersetzen.

Dieser beschränkt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht auf den Zeitwert dieser Sonderausstattung von 4.090,34 Euro.

Der Wiederbeschaffungswert beläuft sich nämlich hier auf die Kosten, die erforderlich sind, um in einen Neuwagen eine derartige – neue – Ohnarmlenkung einzubauen. Dies folgt daraus, dass es einen Gebrauchtmarkt für Fahrzeuge mit Ohnarmlenkung wie dasjenige des Klägers nicht gibt und der Einbau einer neuen Ohnarmlenkung In einen Neuwagen erforderlich war, wie es nur von der Firma X angeboten wird. Zudem Ist ein Restwert für die beschädigte Ohnarmlenkung des verunfalIten klägerischen Fahrzeugs nicht festzustellen.

All dies steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur hinreichenden Überzeugung des Gerichts fest.

Der Sachverständige X ist in seinem überzeugenden Gutachten zu dem Schluss gekommen, dass ein Gebrauchtwagenmarkt für fünfjährige Fahrzeuge praktisch nicht existent ist. Lediglich hin und wieder werde ein solches Fahrzeug angeboten. Ein Ausbau der alten Sonderausstattung und Wiedereinbau in einen Neu- oder Gebrauchtwagen ist nach den Feststellungen des Sachverständigen auch nicht möglich gewesen; der Einbau einer neuen Ohnarmlenkung in einen Neuwagen sei zudem einerseits wirtschaftlich nicht sinnvoll und werde andererseits von dem nahezu alleinigen Anbieter, der Firma X, nicht vorgenommen. Schließlich stellt der Sachverständige noch fest, dass der von der Firma X angebotene Preis für die Ausrüstung ortsüblich und angemessen ist und ein Restwert für die beschädigte Ohnarmlenkung nicht bestehe.

Das Gutachten des Sachverständigen ist dabei insgesamt überzeugend. Der Sachverständige ist erkennbar vom richtigen Sachverhalt ausgegangen, seine Folgerungen und Wertungen sind verständlich sowie plausibel und entsprechen allgemeinen Denkgesetzen und Erfahrungssätzen.

Danach bestand für den Kläger die Wiederbeschaffung eines gleichwertigen Fahrzeugs mit Ohnarmlenkung hier in dem Einbau einer neuen Ohnarmlenkung in einen neuen Pkw, wobei er die Kosten für die Lenkung von der Beklagten herausverlangen kann. Diese belaufen sich jedenfalls auf den geltend gemachten Klagebetrag, was sich aus den vorgelegten Rechnungen (BI. 61/62 GA) ergibt, wonach allein die Materialkosten sogar noch höher gelegen haben. Insofern kann es dahinstehen, ob der Kläger auch die Kosten für den Einbau der Ohnarmlenkung verlangen kann.

Der Klage war somit stattzugeben.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 284, 288 BGB a.F.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Streitwert: 5.483,09 Euro

 

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