Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- OLG Bremen: Keine Einigungs- oder Terminsgebühr nach Erledigungserklärung – Korrekte Anrechnung der Geschäftsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren nach Verkehrsunfall
- Ausgangslage: Schadensersatzklage nach Verkehrsunfall und Zahlung durch die Versicherung
- Streit um die Anwaltskosten: Einigungsgebühr, Terminsgebühr und Anrechnung der Geschäftsgebühr
- Entscheidung des Landgerichts Bremen: Volle Kostenübernahme inklusive strittiger Gebühren
- Die Zulässigkeit der Beschwerde der Versicherung beim OLG Bremen
- OLG Bremen kippt Entscheidung: Keine Einigungsgebühr für bloße Erledigungserklärungen
- OLG Bremen verneint auch Anspruch auf Terminsgebühr
- Korrekte Anrechnung der Geschäftsgebühr: OLG korrigiert Fehler des Landgerichts
- Neuberechnung der Kosten durch das OLG Bremen: Deutlich geringere Erstattungspflicht
- Tenorierung und Kosten des Beschwerdeverfahrens
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was genau ist eine Einigungsgebühr und wann entsteht sie im Zusammenhang mit Schadensersatzforderungen nach einem Verkehrsunfall?
- Warum ist die Anrechnung der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr auf die gerichtliche Verfahrensgebühr von Bedeutung und wie wird sie berechnet?
- Was bedeutet eine „Erledigungserklärung“ im juristischen Sinne und welche Konsequenzen hat sie für die Verteilung der Prozesskosten?
- Unter welchen Voraussetzungen kann eine Partei im Rahmen einer Erledigungserklärung die Übernahme der Anwaltskosten der Gegenseite verlangen?
- Welche Möglichkeiten hat eine Partei, wenn sie mit der Höhe der vom Gericht festgesetzten Kosten nicht einverstanden ist?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 2 W 24/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
Hier ist die strukturierte Zusammenfassung des Urteilstextes:
- Gericht: OLG Bremen
- Datum: 11.03.2025
- Aktenzeichen: 2 W 24/24
- Verfahrensart: Sofortige Beschwerde
- Rechtsbereiche: Zivilverfahrensrecht, Kostenrecht, Anwaltsgebührenrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Die Partei, die ursprünglich Schadensersatz forderte und im Kostenfestsetzungsverfahren die Festsetzung der Anwaltskosten beantragte.
- Beklagte: Die beklagte Haftpflichtversicherung, die den Schadensersatz zahlte, die Kostenübernahme erklärte, dem Kostenfestsetzungsantrag widersprach und Beschwerde einlegte.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Nach einem Verkehrsunfall erhob der Kläger Klage auf Schadensersatz gegen die Beklagten (darunter eine Haftpflichtversicherung). Die beklagte Haftpflichtversicherung zahlte den geforderten Betrag und erklärte sich bereit, die Kosten zu übernehmen, falls der Kläger den Rechtsstreit für erledigt erkläre, was dieser daraufhin tat. Das Landgericht erlegte die Kosten den Beklagten auf. Im Kostenfestsetzungsverfahren beantragte der Klägervertreter die Festsetzung bestimmter Anwaltsgebühren (u.a. Einigungs- und Terminsgebühr) sowie die Anrechnung einer außergerichtlichen Gebühr. Die beklagte Haftpflichtversicherung widersprach dem Antrag. Das Landgericht setzte die Kosten fest, wogegen die beklagte Haftpflichtversicherung sofortige Beschwerde einlegte.
- Kern des Rechtsstreits: Ob bestimmte Anwaltsgebühren (Einigungs- und Terminsgebühr) nach übereinstimmender Erledigung des Rechtsstreits festgesetzt werden können und wie eine bereits gezahlte außergerichtliche Anwaltsgebühr auf die gerichtliche Gebühr angerechnet wird.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Oberlandesgericht hat den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts auf die Beschwerde der beklagten Haftpflichtversicherung abgeändert und die von dieser zu erstattenden Kosten auf 538,95 Euro nebst Zinsen festgesetzt. Der höhere Antrag des Klägers wurde abgewiesen.
- Begründung: Das Gericht sah die Beschwerde als zulässig an. Es begründete die Abänderung damit, dass keine Einigungsgebühr entstanden sei, da keine vertragliche Einigung der Parteien zur Streitbeilegung vorlag, sondern nur einseitige Erklärungen erfolgten. Auch eine Terminsgebühr sei nicht angefallen, da es keinen gerichtlichen Termin oder eine gleichgestellte Besprechung gab. Weiterhin sei die bereits gezahlte außergerichtliche Geschäftsgebühr in höherem Umfang auf die gerichtliche Verfahrensgebühr anzurechnen, als vom Kläger geltend gemacht und vom Landgericht festgesetzt. Aus diesen Gründen sei nur der geringere Betrag der Anwaltskosten festsetzbar.
- Folgen: Die beklagte Haftpflichtversicherung muss dem Kläger weniger Anwaltskosten erstatten als vom Landgericht festgesetzt. Der Kläger muss die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen.
Der Fall vor Gericht
OLG Bremen: Keine Einigungs- oder Terminsgebühr nach Erledigungserklärung – Korrekte Anrechnung der Geschäftsgebühr im Kostenfestsetzungsverfahren nach Verkehrsunfall
Nach einem Verkehrsunfall kommt es häufig zu gerichtlichen Auseinandersetzungen über Schadensersatzansprüche. Endet ein solcher Rechtsstreit jedoch nicht durch ein Urteil, sondern durch eine übereinstimmende Erklärung der Parteien, dass die Sache erledigt ist – oft weil die beklagte Seite die Forderung zwischenzeitlich beglichen hat –, stellt sich die Frage, welche Anwaltskosten die unterlegene Partei erstatten muss.

Das Oberlandesgericht (OLG) Bremen hat sich in einem Beschluss vom 11. März 2025 (Az.: 2 W 24/24) intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, ob in einem solchen Fall eine Einigungsgebühr und eine Terminsgebühr für den Anwalt des Klägers anfallen und wie die vorgerichtliche Geschäftsgebühr korrekt auf die gerichtliche Verfahrensgebühr anzurechnen ist.
Ausgangslage: Schadensersatzklage nach Verkehrsunfall und Zahlung durch die Versicherung
Ein Geschädigter hatte nach einem Verkehrsunfall Klage gegen den Unfallverursacher und dessen Haftpflichtversicherung erhoben. Er forderte Schadensersatz in Höhe von 11.854,36 Euro zuzüglich Zinsen und der Kosten für die Einschaltung seines Anwalts bereits vor dem Gerichtsverfahren. Nachdem die Klage der Haftpflichtversicherung zugestellt worden war, reagierte diese prompt. Obwohl sie zu diesem Zeitpunkt noch keinen eigenen Anwalt beauftragt hatte, erklärte die Versicherung schriftlich am 15. Dezember 2022, dass sie den geforderten Betrag nebst Zinsen bezahlt habe und davon ausgehe, dass der Kläger die Klage nun zurücknehmen oder den Rechtsstreit für erledigt erklären werde. Entscheidend war die Zusage der Kostenübernahme: Die Versicherung sicherte zu, für den Fall einer Klagerücknahme keinen eigenen Kostenantrag zu stellen. Für den Fall, dass der Kläger den Rechtsstreit für erledigt erklären würde, stimmte sie dem ausdrücklich zu und versicherte, die festsetzbaren Anwaltsgebühren sowie die angefallenen Gerichtskosten zu übernehmen. Sie betonte für beide Szenarien „ausdrücklich die Kostenübernahme“. Daraufhin erklärte der Geschädigte, nachdem die Zahlung eingegangen war, den Rechtsstreit für erledigt.
Streit um die Anwaltskosten: Einigungsgebühr, Terminsgebühr und Anrechnung der Geschäftsgebühr
Das Landgericht Bremen legte daraufhin mit Beschluss vom 27. Oktober 2023 die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91a Zivilprozessordnung (ZPO) den Beklagten (Unfallverursacher und Versicherung) auf. Es folgte dabei der eindeutigen Kostenübernahmeerklärung der Versicherung. Im Anschluss beantragte der Anwalt des Geschädigten am 6. November 2023 die Festsetzung der zu erstattenden Kosten. Seine Berechnung umfasste eine 1,3-Verfahrensgebühr für das gerichtliche Verfahren, eine 1,2-Terminsgebühr und eine 1,0-Einigungsgebühr. Bei der Verfahrensgebühr zog er allerdings nur einen kleinen Betrag von 210,60 Euro für die bereits vorgerichtlich entstandene Geschäftsgebühr ab. Insgesamt forderte er, inklusive Auslagenpauschale und Umsatzsteuer, Anwaltskosten in Höhe von 2.547,08 Euro (später im Beschluss des Landgerichts mit Gerichtskosten auf 2.842,08 Euro beziffert).
Die Haftpflichtversicherung widersprach diesem Kostenfestsetzungsantrag entschieden. Sie monierte zum einen die Höhe der Verfahrensgebühr, da ihrer Meinung nach ein größerer Teil der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr hätte angerechnet werden müssen. Zum anderen bestritt sie grundsätzlich den Anspruch auf eine Einigungs- und eine Terminsgebühr. Ihrer Ansicht nach war keine Einigung im Rechtssinne zustande gekommen; es seien lediglich einseitige Erklärungen zum Prozess abgegeben worden.
Entscheidung des Landgerichts Bremen: Volle Kostenübernahme inklusive strittiger Gebühren
Das Landgericht Bremen folgte zunächst der Argumentation des Anwalts des Geschädigten und setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 16. Januar 2024 die zu erstattenden Kosten auf die beantragten 2.842,08 Euro nebst Zinsen fest. Das Gericht war der Auffassung, dass sowohl die Einigungsgebühr als auch die Terminsgebühr erstattungsfähig seien. Gegen diesen Beschluss legte die Haftpflichtversicherung umgehend sofortige Beschwerde ein. Das Landgericht half der Beschwerde nicht ab und legte die Angelegenheit dem Oberlandesgericht Bremen zur Entscheidung vor.
Die Zulässigkeit der Beschwerde der Versicherung beim OLG Bremen
Das OLG Bremen prüfte zunächst, ob die sofortige Beschwerde der Versicherung überhaupt zulässig war. Es bejahte dies: Die Beschwerde war nach §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 104 Abs. 3 ZPO statthaft, der notwendige Beschwerdewert von über 200 Euro (§ 567 Abs. 2 ZPO) war erreicht, und die Beschwerde wurde frist- und formgerecht eingelegt (§ 569 Abs. 1-3 ZPO). Interessanterweise stellte das OLG klar, dass für eine sofortige Beschwerde im Kostenfestsetzungsverfahren kein Anwaltszwang besteht. Dies gilt auch dann, wenn im ursprünglichen Hauptverfahren vor dem Landgericht Anwaltszwang herrschte. Der Grund liegt darin, dass das Kostenfestsetzungsverfahren vor dem Rechtspfleger stattfindet (§ 3 Nr. 3 Buchst. b, § 21 Nr. 1 Rechtspflegergesetz – RpflG), und für Verfahren vor dem Rechtspfleger generell keine Anwaltspflicht vorgesehen ist (§ 13 RpflG). Das OLG verwies hierbei auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 26.01.2006 – III ZB 63/05).
OLG Bremen kippt Entscheidung: Keine Einigungsgebühr für bloße Erledigungserklärungen
In der Sache selbst gab das OLG Bremen der Beschwerde der Versicherung jedoch vollumfänglich statt und änderte den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts grundlegend ab. Der zentrale Punkt war die Einigungsgebühr. Das OLG stellte klar, dass das Landgericht diese Gebühr zu Unrecht festgesetzt hatte. Gemäß Ziffer 1003, 1000 Abs. 1 Satz 1 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) entsteht eine Einigungsgebühr nur dann, wenn der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis durch einen Vertrag unter Mitwirkung des Anwalts beigelegt wird. Dieser Vertrag darf jedoch nicht ausschließlich ein Anerkenntnis oder einen Verzicht beinhalten.
Im Gegensatz zur früheren Regelung der Vergleichsgebühr nach der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) ist für die heutige Einigungsgebühr zwar kein gegenseitiges Nachgeben mehr erforderlich. Jede vertragliche Streitbeilegung wird honoriert. Aber, so betonte das OLG unter Verweis auf den BGH (Urteil vom 10.10.2006 – VI ZR 280/05), ein bloßes Anerkenntnis oder ein Verzicht reichen eben nicht aus.
Im vorliegenden Fall habe der Anwalt des Geschädigten nicht dargelegt, dass ein solcher Vertrag zur Streitbeilegung geschlossen wurde. Zwar könne eine Einigung auch in einem abgesprochenen Prozessverhalten liegen. Bloße einseitige Erklärungen, wie die Erledigungserklärungen beider Seiten, genügen jedoch nicht, um eine Einigungsgebühr auszulösen, selbst wenn sie den Rechtsstreit beenden. Die Erklärung des Geschädigten, den Rechtsstreit nach Zahlung für erledigt zu erklären, sei eine einseitige Prozesshandlung ohne vertraglichen Charakter. Auch die vorherige Zustimmung der Versicherung zu einer solchen Erklärung ändere daran nichts; auch sie sei nur eine einseitige prozessuale Erklärung.
Das OLG prüfte weiter, ob die Kostenübernahmeerklärung der Versicherung als Teil einer Einigung gewertet werden könne. Zwar könne eine Einigung über die Kosten dann eine Gebühr auslösen, wenn dadurch eine Unsicherheit über die Kostenfolge nach einer übereinstimmenden Erledigungserklärung beseitigt wird. Eine solche Unsicherheit habe hier aber nicht bestanden. Die Versicherung hatte durch die Zahlung und die Ankündigung, von einer weiteren Prozessführung Abstand zu nehmen, klar signalisiert, dass sie den Anspruch des Geschädigten anerkennt. In solchen Fällen, so das OLG unter Berufung auf ständige Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 27.07.2010 – VI ZR 154/08), seien die Kosten ohnehin typischerweise der zahlenden Versicherung aufzuerlegen. Es sei daher nicht erkennbar, dass der Geschädigte seine Erledigungserklärung nur wegen der Kostenzusage der Versicherung abgegeben hätte.
Vielmehr verfolgte die Versicherung mit ihrer Zusage zur Kostenübernahme offensichtlich den Zweck, eine gerichtliche Kostenentscheidung überflüssig zu machen und so die Gerichtsgebühren zu reduzieren (gemäß Ziffer 1211 Nr. 4 des Gerichtskostengesetzes – GKG – ermäßigt sich die Gerichtsgebühr bei Erledigung vor einer streitigen Verhandlung). Dieses Verhalten komme einem reinen Anerkenntnis der Forderung, verbunden mit einem Kostenanerkenntnis, sehr nahe. Selbst wenn man eine Art Vereinbarung annehmen wollte, beschränke sich diese auf das Anerkenntnis und reiche daher nach dem RVG nicht für eine Einigungsgebühr aus. Zudem hatte der Geschädigte nach der vollständigen Zahlung durch die Versicherung kaum eine andere sinnvolle Möglichkeit, als den Rechtsstreit für erledigt zu erklären. Hätte er dies nicht getan, wäre seine Klage als unbegründet abgewiesen worden, da die Forderung ja erfüllt war. Auch dies spreche dagegen, dass die Erledigungserklärung nur aufgrund der Kostenzusage erfolgte. Folglich ist keine Einigungsgebühr entstanden.
OLG Bremen verneint auch Anspruch auf Terminsgebühr
Auch die vom Landgericht festgesetzte Terminsgebühr hielt der Prüfung durch das OLG Bremen nicht stand. Eine Terminsgebühr nach Ziffer 3104 VV RVG entsteht grundsätzlich für die Teilnahme an einem gerichtlichen Verhandlungstermin. Nach Vorbemerkung 3 Absatz 3 VV RVG kann sie ausnahmsweise auch ohne Termin anfallen, etwa wenn eine Besprechung zur Erledigung des Verfahrens stattfindet oder wenn – unter bestimmten Voraussetzungen – eine Einigung erzielt wird. Da im vorliegenden Fall aber weder dargelegt noch ersichtlich war, dass der Anwalt des Geschädigten an einem gerichtlichen Termin oder einer vergleichbaren Besprechung teilgenommen hatte, und da – wie zuvor festgestellt – auch keine anrechenbare Einigung zustande gekommen war, bestand kein Anspruch auf eine Terminsgebühr.
Korrekte Anrechnung der Geschäftsgebühr: OLG korrigiert Fehler des Landgerichts
Schließlich bemängelte die Versicherung zu Recht die vom Landgericht akzeptierte geringe Anrechnung der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr auf die gerichtliche Verfahrensgebühr. Das OLG Bremen stellte klar, dass die Anrechnung gemäß Vorbemerkung 3 Absatz 4 Satz 1 und 4 VV RVG erfolgen muss. Diese Vorschrift besagt, dass eine vorgerichtlich entstandene Geschäftsgebühr, die denselben Gegenstand betrifft wie das spätere Gerichtsverfahren, zur Hälfte, höchstens jedoch mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die gerichtliche Verfahrensgebühr anzurechnen ist.
Im konkreten Fall bedeutete dies: Die Versicherung hatte unstreitig eine vorgerichtliche Geschäftsgebühr bezahlt. Diese war, wie üblich, nach dem Wert des Schadensersatzanspruchs berechnet worden. Für die Anrechnung ist nun die Hälfte dieser Gebühr relevant, berechnet auf den Wert, der auch Gegenstand des Gerichtsverfahrens war – hier also die 11.854,36 Euro. Eine 0,65-Geschäftsgebühr (die Hälfte einer üblichen 1,3-Geschäftsgebühr) auf diesen Wert beträgt 432,90 Euro. Genau dieser Betrag hätte von der 1,3-Verfahrensgebühr im gerichtlichen Verfahren abgezogen werden müssen. Der Anwalt des Geschädigten hatte jedoch nur 210,60 Euro angerechnet, und das Landgericht war dem gefolgt. Dies war nach Ansicht des OLG fehlerhaft. Die korrekte Anrechnung beträgt 432,90 Euro.
Neuberechnung der Kosten durch das OLG Bremen: Deutlich geringere Erstattungspflicht
Auf Basis dieser Korrekturen berechnete das OLG Bremen die erstattungsfähigen Kosten neu:
- Eine 1,3-Verfahrensgebühr auf den Streitwert von 11.854,36 Euro beträgt 865,80 Euro.
- Hiervon ist die korrekt berechnete anzurechnende 0,65-Geschäftsgebühr in Höhe von 432,90 Euro abzuziehen.
- Es verbleibt eine erstattungsfähige Verfahrensgebühr von 432,90 Euro.
- Hinzu kommt die Auslagenpauschale von 20,00 Euro.
- Darauf wird die Umsatzsteuer von 19 % (86,05 Euro) berechnet.
Somit ergibt sich ein Gesamtbetrag von nur noch 538,95 Euro, den die Haftpflichtversicherung an den Anwalt des Geschädigten erstatten muss. Der ursprüngliche Antrag auf Festsetzung von über 2.500 Euro Anwaltskosten (bzw. 2.842,08 Euro mit Gerichtskosten) wurde vom OLG weitgehend abgewiesen.
Tenorierung und Kosten des Beschwerdeverfahrens
Das OLG stellte in seiner Entscheidung klar, dass die Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses nur im Verhältnis zwischen dem Geschädigten und der beschwerdeführenden Haftpflichtversicherung wirkt. Da nur die Versicherung Beschwerde eingelegt hatte, blieb die ursprüngliche Kostenfestsetzung gegenüber dem mitverklagten Unfallverursacher (der nicht Beschwerde eingelegt hatte) unberührt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens musste gemäß § 91 ZPO der Geschädigte tragen, da er mit seinem ursprünglichen Kostenantrag im Ergebnis weitgehend unterlegen war und die Versicherung mit ihrer Beschwerde vollen Erfolg hatte.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das OLG Bremen entschied, dass bei übereinstimmenden Erledigungserklärungen nach Zahlung durch eine Versicherung weder eine Einigungsgebühr noch eine Terminsgebühr für den gegnerischen Anwalt entsteht, da bloße Prozesserklärungen keinen Vertragscharakter haben. Zudem muss die vorgerichtliche Geschäftsgebühr korrekt mit der Hälfte (maximal 0,75) auf die gerichtliche Verfahrensgebühr angerechnet werden. Diese Entscheidung kann erhebliche finanzielle Auswirkungen für Geschädigte nach Verkehrsunfällen haben, da sie die erstattungsfähigen Anwaltskosten deutlich reduziert, wenn die Versicherung vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung zahlt.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was genau ist eine Einigungsgebühr und wann entsteht sie im Zusammenhang mit Schadensersatzforderungen nach einem Verkehrsunfall?
Die Einigungsgebühr ist eine spezielle Gebühr, die ein Rechtsanwalt nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) erhält. Sie entsteht, wenn der Anwalt aktiv daran mitwirkt, dass sich streitende Parteien einigen und dadurch ein Rechtsstreit oder die Ungewissheit über ein Recht beigelegt wird, ohne dass ein Gerichtsurteil nötig ist. Sie soll die friedliche und außergerichtliche Beilegung von Konflikten fördern.
Entstehung der Einigungsgebühr nach einem Verkehrsunfall
Bei Schadensersatzforderungen nach einem Verkehrsunfall fällt die Einigungsgebühr typischerweise in diesen Situationen an:
- Außergerichtliche Einigung: Dies ist der häufigste Fall. Wenn Ihr Anwalt mit der gegnerischen Partei oder deren Versicherung verhandelt und eine verbindliche Vereinbarung über die Höhe des Schadensersatzes erzielt wird, entsteht die Einigungsgebühr. Es ist kein Gerichtsverfahren notwendig.
- Beispiel: Nach einem Unfall sind Sie sich mit der Versicherung des Unfallgegners uneinig über die Höhe der Reparaturkosten. Ihr Anwalt verhandelt und erreicht, dass die Versicherung einem Kompromissbetrag zustimmt, mit dem Sie einverstanden sind. Für die Mitwirkung an dieser Einigung fällt die Gebühr an.
- Gerichtliche Einigung (Vergleich): Selbst wenn bereits ein Gerichtsverfahren begonnen hat, kann die Einigungsgebühr entstehen. Dies geschieht, wenn die Parteien während des laufenden Prozesses unter Mitwirkung des Anwalts einen gerichtlichen Vergleich schließen und den Rechtsstreit damit beenden.
Zweck und Bedeutung der Einigungsgebühr
Der Hauptzweck der Einigungsgebühr ist es, einen finanziellen Anreiz für Anwälte zu schaffen, auf eine gütliche Einigung hinzuwirken. Dies soll dazu beitragen, langwierige und oft kostspielige Gerichtsverfahren zu vermeiden. Eine erfolgreiche Einigung spart Zeit, Nerven und entlastet die Gerichte.
Wichtige Aspekte zur Einigungsgebühr:
- Sie fällt zusätzlich zu anderen Gebühren an, die für die anwaltliche Tätigkeit entstehen (z.B. die Geschäftsgebühr für die außergerichtliche Vertretung).
- Die Gebühr kann auch dann entstehen, wenn nur über einen Teil der strittigen Punkte eine Einigung erzielt wird.
- Die rechtliche Grundlage findet sich im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), insbesondere in der Nummer 1000 des Vergütungsverzeichnisses (VV RVG). Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem Wert des Gegenstands, über den die Einigung erzielt wurde.
Für Sie bedeutet das: Wenn Ihr Anwalt erfolgreich eine Einigung für Sie erzielt, ist dies oft ein effizienter Weg zur Schadensregulierung, für den jedoch diese spezielle Gebühr anfällt.
Warum ist die Anrechnung der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr auf die gerichtliche Verfahrensgebühr von Bedeutung und wie wird sie berechnet?
Die Anrechnung der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr auf die gerichtliche Verfahrensgebühr ist wichtig, um eine doppelte Bezahlung für die anwaltliche Tätigkeit zu vermeiden. Ihr Anwalt soll nicht für die gleiche Grundarbeit – einmal vor dem Prozess und einmal im Prozess – vollständig neu bezahlt werden. Wenn ein Anwalt Sie bereits vor einem Gerichtsverfahren vertritt (z.B. durch Schreiben an die Gegenseite, Verhandlungen), entsteht dafür eine sogenannte Geschäftsgebühr. Kommt es danach doch zu einem Gerichtsverfahren in derselben Angelegenheit, fällt für die Tätigkeit des Anwalts im Verfahren eine Verfahrensgebühr an.
Für Sie als Partei in einem Rechtsstreit bedeutet das: Die Gesamtkosten für den Anwalt können niedriger ausfallen, wenn bereits vorgerichtlich derselbe Anwalt in derselben Sache tätig war.
Wie funktioniert die Anrechnung?
Stellen Sie sich vor, Ihr Anwalt hat sich bereits vor dem Gerichtsverfahren intensiv mit Ihrem Fall beschäftigt, Informationen gesammelt und vielleicht versucht, eine Einigung zu erzielen. Diese Einarbeitung und Vorarbeit ist auch für das spätere Gerichtsverfahren nützlich. Um diese Überschneidung fair zu berücksichtigen, wird ein Teil der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr auf die spätere gerichtliche Verfahrensgebühr „angerechnet“, also von der Verfahrensgebühr abgezogen.
Wie wird der Anrechnungsbetrag berechnet?
Die genaue Berechnung ist im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) festgelegt. Die wichtigsten Punkte sind:
- Grundsatz: In der Regel wird die Hälfte der entstandenen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr angerechnet.
- Obergrenze: Die Anrechnung ist jedoch begrenzt. Es wird maximal ein bestimmter Betrag (ein Gebührensatz von 0,75) angerechnet. Dieser Höchstbetrag berechnet sich, wie alle Anwaltsgebühren, nach dem sogenannten Gegenstandswert (dem Wert, um den gestritten wird).
- Einflussfaktoren: Die Höhe der ursprünglichen Geschäftsgebühr (und damit auch der Anrechnungsbetrag) hängt vom Umfang und der Schwierigkeit der vorgerichtlichen Tätigkeit ab. Je höher die Geschäftsgebühr war, desto höher kann auch der Betrag sein, der später angerechnet wird (bis zur genannten Obergrenze).
Im Ergebnis sorgt die Anrechnung dafür, dass die Kostenbelastung fairer gestaltet ist, da bereits geleistete anwaltliche Vorarbeit bei den Kosten des Gerichtsverfahrens berücksichtigt wird. Sie zahlen also nicht doppelt für den Teil der Arbeit, der sowohl vorgerichtlich als auch gerichtlich relevant ist.
Was bedeutet eine „Erledigungserklärung“ im juristischen Sinne und welche Konsequenzen hat sie für die Verteilung der Prozesskosten?
Eine Erledigungserklärung ist eine Mitteilung an das Gericht, dass der ursprüngliche Grund für einen Rechtsstreit weggefallen ist. Das bedeutet, das Problem, über das gestritten wurde (der sogenannte Streitgegenstand), hat sich nach Beginn des Gerichtsverfahrens durch ein bestimmtes Ereignis aufgelöst. Eine solche Erklärung kann von einer Partei allein oder von beiden Parteien gemeinsam abgegeben werden.
Stellen Sie sich vor, jemand wird auf Zahlung von 500 Euro verklagt. Wenn der Beklagte diese 500 Euro während des laufenden Prozesses bezahlt, ist die ursprüngliche Forderung erfüllt. Der Kläger kann dann erklären, dass sich die Sache „erledigt“ hat, weil der Grund für die Klage (die offene Forderung) nicht mehr besteht.
Was passiert nach einer Erledigungserklärung?
Wenn sich eine Sache erledigt hat und dies dem Gericht mitgeteilt wird (durch eine oder beide Parteien), entscheidet das Gericht nicht mehr über die ursprüngliche Klage selbst. Es prüft also nicht mehr, ob die Forderung von Anfang an berechtigt war oder nicht. Der Streit über die eigentliche Sache ist ja beendet.
Stattdessen konzentriert sich das Gericht nur noch auf die Frage, wer die Kosten des Gerichtsverfahrens tragen muss. Dazu gehören zum Beispiel die Gerichtskosten und die Anwaltskosten der beteiligten Parteien.
Wie entscheidet das Gericht über die Kosten?
Die Entscheidung über die Kosten trifft das Gericht in der Regel nach § 91a der Zivilprozessordnung (ZPO). Das Gericht prüft dabei vereinfacht, wie der Prozess wahrscheinlich ausgegangen wäre, wenn das erledigende Ereignis (z.B. die Zahlung) nicht stattgefunden hätte.
Es berücksichtigt den bisherigen Stand des Verfahrens, also die bis dahin vorgetragenen Argumente und Beweise. Das Gericht trifft diese Kostenentscheidung nach „billigem Ermessen“, das heißt, es wägt ab, was unter den gegebenen Umständen eine gerechte Kostenverteilung ist.
Wer trägt die Kosten nach einer Erledigungserklärung?
Die Kosten werden in der Regel der Partei auferlegt, die den Prozess voraussichtlich verloren hätte, wenn er bis zum Ende geführt worden wäre.
- Hätte der Kläger wahrscheinlich gewonnen (weil seine Klage ursprünglich berechtigt war, bevor z.B. gezahlt wurde), muss meist der Beklagte die Kosten tragen.
- Hätte der Beklagte wahrscheinlich gewonnen (weil die Klage von Anfang an unbegründet war), muss meist der Kläger die Kosten tragen.
Es ist auch möglich, dass das Gericht die Kosten zwischen den Parteien aufteilt, wenn zum Beispiel beide Seiten teilweise Recht bekommen hätten oder besondere Umstände dies rechtfertigen. Die Erledigungserklärung beendet also den Streit über die Hauptsache, führt aber zu einer gerichtlichen Entscheidung darüber, wer die bis dahin entstandenen Kosten des Verfahrens übernimmt.
Unter welchen Voraussetzungen kann eine Partei im Rahmen einer Erledigungserklärung die Übernahme der Anwaltskosten der Gegenseite verlangen?
Wenn sich ein Gerichtsverfahren während des laufenden Prozesses erledigt – weil zum Beispiel die Forderung bezahlt wurde oder der Grund für die Klage weggefallen ist – stellt sich die Frage, wer die Kosten des Verfahrens, einschließlich der Anwaltskosten, trägt.
Eine Erledigungserklärung allein führt nicht automatisch dazu, dass die Gegenseite Ihre Anwaltskosten übernehmen muss. Die Entscheidung darüber, wer die Kosten trägt, trifft das Gericht.
Entscheidung des Gerichts über die Kosten
Grundlage für die Kostenentscheidung nach einer Erledigungserklärung ist meist § 91a der Zivilprozessordnung (ZPO). Das Gericht entscheidet dann nach „billigem Ermessen“ über die Kosten. Das bedeutet, es trifft eine faire Entscheidung unter Berücksichtigung der Umstände des Falls.
Entscheidend ist dabei, wie der Rechtsstreit voraussichtlich ausgegangen wäre, wenn das erledigende Ereignis (also der Grund für die Erledigung) nicht eingetreten wäre. Das Gericht prüft also den bisherigen Sach- und Streitstand:
- Wer hätte wahrscheinlich Recht bekommen? Hätten Sie den Prozess nach Einschätzung des Gerichts wahrscheinlich gewonnen, ist es wahrscheinlich, dass das Gericht der Gegenseite die Kosten auferlegt. Das schließt dann auch Ihre notwendigen Anwaltskosten mit ein.
- Hätte aber voraussichtlich die Gegenseite gewonnen oder waren die Erfolgsaussichten völlig offen, kann es sein, dass Sie Ihre Anwaltskosten selbst tragen müssen oder die Kosten geteilt werden.
Bedeutung einer Kostenübernahmeerklärung der Gegenseite
Wenn die Gegenseite ausdrücklich erklärt, dass sie die Kosten übernimmt, ist das ein sehr wichtiger Faktor. Gibt die Gegenseite im Rahmen der Erledigung eine solche Kostenübernahmeerklärung ab, wird das Gericht dies bei seiner Entscheidung berücksichtigen. Stimmen beide Seiten der Erledigung zu und erklärt sich eine Seite bereit, die Kosten zu tragen, folgt das Gericht dem in der Regel.
Auch wenn nur eine Seite den Rechtsstreit für erledigt erklärt und die andere widerspricht, beeinflusst eine vorherige (freiwillige) Zusage der Gegenseite, die Kosten zu tragen, die gerichtliche Entscheidung nach § 91a ZPO stark zugunsten der Partei, die die Kostenerstattung verlangt.
Welche Möglichkeiten hat eine Partei, wenn sie mit der Höhe der vom Gericht festgesetzten Kosten nicht einverstanden ist?
Wenn Sie mit der Höhe der Kosten, die das Gericht in einem sogenannten Kostenfestsetzungsbeschluss festgelegt hat, nicht einverstanden sind, müssen Sie diese Entscheidung nicht einfach hinnehmen. Es gibt rechtliche Möglichkeiten, dagegen vorzugehen.
Der Kostenfestsetzungsbeschluss ist die formelle Entscheidung des Gerichts darüber, welche Partei der anderen Partei die Kosten des Rechtsstreits (wie Anwalts- oder Gerichtsgebühren) in welcher Höhe erstatten muss. Dies geschieht meist, nachdem das eigentliche Urteil im Verfahren gefallen ist.
Das Rechtsmittel: Die sofortige Beschwerde
Die wichtigste Möglichkeit, sich gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss zu wehren, ist die Einlegung einer sofortigen Beschwerde.
- Was ist das? Die sofortige Beschwerde ist ein offizieller Antrag an das Gericht, die Kostenentscheidung überprüfen zu lassen. Sie fechten damit den Beschluss an.
- Frist: Hier ist höchste Eile geboten. Die sofortige Beschwerde muss innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen eingereicht werden. Diese Frist beginnt an dem Tag, an dem Ihnen der Kostenfestsetzungsbeschluss zugestellt (also offiziell übermittelt) wurde. Wird diese Frist versäumt, ist die Beschwerde in der Regel unzulässig und der Kostenfestsetzungsbeschluss wird bestandskräftig.
- Form: Die Beschwerde muss schriftlich (also per Brief oder Fax) oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle bei dem Gericht eingereicht werden, das den Beschluss erlassen hat, oder bei dem Gericht, das über die Beschwerde entscheiden soll (Beschwerdegericht). In der Beschwerde sollten Sie genau angeben, gegen welchen Beschluss Sie sich wenden und warum Sie mit der Kostenfestsetzung nicht einverstanden sind (Begründung).
Alternative: Die Erinnerung
In bestimmten Fällen kann statt der sofortigen Beschwerde auch eine Erinnerung eingelegt werden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Streitwert der Beschwerde 200 Euro nicht übersteigt oder wenn es nur um die Art und Weise der Berechnung geht und der Beschluss von einem Rechtspfleger (einem Justizbeamten mit besonderen Aufgaben) erlassen wurde. Auch für die Erinnerung gilt die zweiwöchige Frist ab Zustellung des Beschlusses. Über die Erinnerung entscheidet dann der Richter des Gerichts, das den Beschluss erlassen hat.
Was passiert nach Einlegung?
Wenn Sie frist- und formgerecht sofortige Beschwerde eingelegt haben, prüft zunächst das Gericht, das den Kostenfestsetzungsbeschluss erlassen hat, ob es Ihrer Beschwerde abhilft, also seine Entscheidung ändert. Tut es das nicht, legt es die Beschwerde dem nächsthöheren Gericht (z.B. dem Landgericht bei einem Beschluss des Amtsgerichts) zur Entscheidung vor. Dieses prüft den Sachverhalt erneut und trifft eine endgültige Entscheidung über die Kostenhöhe. Das Ergebnis kann sein, dass der Beschluss zu Ihren Gunsten geändert wird, aber auch, dass die Beschwerde zurückgewiesen wird.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Einigungsgebühr
Die Einigungsgebühr ist eine besondere Anwaltsgebühr, die gemäß dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), insbesondere den Ziffern 1000 und 1003 des Vergütungsverzeichnisses (VV RVG), entsteht, wenn ein Rechtsstreit oder eine Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis durch eine vertragliche Einigung unter Mitwirkung eines Anwalts beigelegt wird. Wichtig ist, dass diese Einigung einen Vertrag darstellt, der mehr als ein bloßes Anerkenntnis oder einen Verzicht umfasst. Die Gebühr belohnt den Anwalt für seine Tätigkeit, die auf eine friedliche Streitbeilegung abzielt, und soll langwierige Gerichtsverfahren vermeiden. Im vorliegenden Fall wurde geklärt, dass bloße Erledigungserklärungen ohne vertraglichen Charakter keine Einigungsgebühr auslösen.
Beispiel: Ein Anwalt verhandelt erfolgreich zwischen zwei Parteien, die anschließend einen gemeinsamen Vertrag zur Schadensregulierung schließen. Für diese Mitwirkung erhält der Anwalt die Einigungsgebühr.
Terminsgebühr
Die Terminsgebühr ist eine zusätzliche Anwaltsvergütung nach Ziffer 3104 VV RVG, die anfällt, wenn der Anwalt an einem gerichtlichen Verhandlungstermin teilnimmt oder unter bestimmten Voraussetzungen an einer verfahrensabschließenden Besprechung zur Erledigung des Verfahrens beteiligt ist. Zudem kann sie in Ausnahmefällen auch ohne tatsächlichen Termin entstehen, wenn eine Einigung herbeigeführt wird. Im dargestellten Fall führte das Oberlandesgericht aus, dass keine Terminsgebühr entstanden ist, weil kein gerichtlicher Termin oder eine geeignete Besprechung stattfand und zudem keine einigungsrelevante Einigung geschlossen wurde.
Beispiel: Ein Anwalt nimmt an einer Gerichtsverhandlung teil und bespricht dort mit dem Gegner eine einvernehmliche Lösung des Rechtsstreits; dafür erhält der Anwalt die Terminsgebühr.
Geschäftsgebühr
Die Geschäftsgebühr ist eine Anwaltsvergütung, die für die außergerichtliche Tätigkeit des Anwalts entsteht, etwa das Schriftverkehr führen, Verhandeln oder die Vorbereitung eines Rechtsstreits, geregelt in Ziffer 2300 VV RVG. Sie bildet die Vorarbeit zum gerichtlichen Verfahren ab. In Fällen, in denen ein Gerichtsverfahren an dieselbe Streitigkeit anknüpft, wird ein Teil der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr auf die nachfolgende gerichtliche Verfahrensgebühr angerechnet, um doppelte Gebührenzahlung zu vermeiden. Die Höhe der Anrechnung bestimmt sich nach den Vorschriften in Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV RVG. Im vorliegenden Fall führte das OLG Bremen aus, dass die Hälfte der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr, jedoch maximal mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die Verfahrensgebühr anzurechnen ist.
Beispiel: Ein Anwalt setzt sich vor dem Gerichtstermin bereits mit der Gegenseite bezüglich des Unfallschadens auseinander und erhält dafür Geschäftsgebühren; später im Gerichtsverfahren wird ein Teil dieser Gebühren auf die anfallenden Verfahrensgebühren angerechnet.
Erledigungserklärung
Eine Erledigungserklärung ist eine Mitteilung an das Gericht, dass sich der Streitgegenstand während eines laufenden Rechtsstreits erledigt hat, typischerweise weil die Hauptforderung erfüllt oder der Streit durch Zahlung oder andere Umstände weggefallen ist. Sie beendet die Auseinandersetzung über die Hauptsache, nicht jedoch über die Kosten. Danach entscheidet das Gericht meist nach § 91a Zivilprozessordnung (ZPO) darüber, welche Partei die Verfahrenskosten tragen muss, wobei es den wahrscheinlichen Ausgang des Verfahrens ohne die Erledigungserklärung berücksichtigt. Im vorliegenden Fall war die Erklärung entscheidend, da der Rechtsstreit durch Zahlung der Haftpflichtversicherung beendet wurde.
Beispiel: Ein Unfallgeschädigter verklagt den Unfallverursacher, dieser bezahlt jedoch im laufenden Prozess die Forderung. Der Kläger erklärt daraufhin die Sache als erledigt, so dass das Gericht keine Entscheidung über die Hauptforderung mehr trifft.
Kostenfestsetzungsverfahren
Das Kostenfestsetzungsverfahren ist das gerichtliche Verfahren zur endgültigen Feststellung und Entscheidung darüber, welche Partei die Kosten des Rechtsstreits einschließlich Anwalts- und Gerichtskosten zu tragen hat und in welcher Höhe. Es folgt meist auf das Ende des Hauptverfahrens oder nach einer Erledigungserklärung, um die Kostenerstattung verbindlich zu regeln. Im Text wurde das Verfahren angesprochen, weil der Anwalt die Erstattung seiner Gebühren beantragte und die Gegenseite gegen die Festsetzung mit einer sofortigen Beschwerde vorgegangen ist. Die gesetzlichen Regelungen finden sich in den §§ 103 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).
Beispiel: Nach Abschluss eines Prozesses legt der unterlegenen Partei das Gericht im Kostenfestsetzungsverfahren verbindlich auf, die Anwalts- und Gerichtskosten zu zahlen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 91a Zivilprozessordnung (ZPO): Regelt die Kostenentscheidung bei Erledigung eines Prozesses vor Urteil. Es bestimmt, dass die Kosten dem unterliegen, der den Rechtsstreit verursacht hat, es sei denn, es wird abweichend entschieden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Landgericht hat die Kosten wegen Zahlung und Erledigung gemäß § 91a ZPO der Haftpflichtversicherung aufgebürdet und damit deren Kostenübernahmeerklärung berücksichtigt.
- Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG), Ziffer 1000, 1003: Bestimmt die Entstehung der Einigungsgebühr nur bei vertraglicher Beilegung eines Rechtsstreits ohne bloßes Anerkenntnis oder Verzicht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG Bremen hat festgestellt, dass die Einigungsgebühr nicht anfällt, da keine vertragliche Einigung, sondern lediglich eine einseitige Erledigungserklärung vorlag.
- Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG), Ziffer 3104 und Vorbemerkung 3 Absatz 3: Regeln die Terminsgebühr, die für die Teilnahme an einem Verhandlungstermin oder vergleichbarer Besprechung entsteht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da kein Termin oder Besprechung stattfand und keine Einigung geschlossen wurde, verneinte das OLG den Anspruch auf Terminsgebühr.
- Vorbemerkung 3 Absatz 4 Satz 1 und 4 VV RVG: Regelt die Anrechnung vorgerichtlicher Geschäftsgebühren auf die gerichtliche Verfahrensgebühr, wobei maximal 0,75 der Gebühr anzurechnen sind und nur die Hälfte der Geschäftsgebühr verrechnet wird. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG korrigierte die Anrechnung der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr, da das Landgericht nur einen niedrigeren Betrag anerkannt hatte, was zu einer überhöhten Kostenerstattung führte.
- §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 567 Abs. 2 und 569 ZPO: Regeln die Zulässigkeit und Voraussetzungen der sofortigen Beschwerde im Kostenfestsetzungsverfahren. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG bestätigte die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde der Haftpflichtversicherung gegen die Kostenfestsetzung des Landgerichts.
- [§ 3 Nr. 3 Buchst. b, § 21 Nr. 1, § 13 Rechtspflegergesetz (RpflG): Bestimmen den Verfahrensrahmen und das Fehlen einer Anwaltspflicht im Kostenfestsetzungsverfahren vor dem Rechtspfleger. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG wies darauf hin, dass im Kostenfestsetzungsverfahren kein Anwaltszwang besteht, was auch für die Beschwerde gilt.
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Das vorliegende Urteil
OLG Bremen – Az.: 2 W 24/24 – Beschluss vom 11.03.2025
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