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Einstehenmüssen für fehlende Bonität beim echten Factoring

Ein Urteil des Landgerichts Neuruppin rückt die Balance zwischen Risikoverteilung und Kundenrechten in den Mittelpunkt: Eine vereinbarte Klausel in einem Factoring-Vertrag, die dem Kunden eine unzumutbare Haftung aufbürdet, wurde als unwirksam erklärt. Der Fall enthüllt die Spannungen um die Anforderungen an mangelfreie Forderungen und setzt einen neuen Maßstab für den Zeitpunkt der Haftungsübernahme. Dieses richtungsweisende Urteil könnte weitreichende Auswirkungen auf die Faktorisierungsbranche haben und die Position der Kunden nachhaltig stärken.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: LG Neuruppin
  • Datum: 21.12.2023
  • Aktenzeichen: 1 O 92/23
  • Verfahrensart: Streit aus einem Factoring-Vertrag
  • Rechtsbereiche: Vertragsrecht, Handelsrecht
  • Beteiligte Parteien:
    • Partei: Klägerin:
      Schloss am 28.07.2021 einen Factoring-Vertrag ab und verlangt die Einhaltung vertraglicher Garantien.
    • Partei: Vertragspartnerin:
      Trat als Vertragspartnerin im Factoring-Vertrag auf und steht in der vertraglichen Auseinandersetzung mit der Klägerin.
    • Partei: Geschäftsführerin der Vertragspartnerin:
      Gab am 28.07.2021 eine Garantieerklärung ab, die im Vertrag zugesichert wurde.
  • Um was ging es?
    • Sachverhalt:
      Die Parteien schlossen einen Factoring-Vertrag ab, in dem geregelt wurde, dass der Faktor Forderungen übernimmt und dabei das Risiko der Zahlungsunfähigkeit der Debitoren trägt. Weiterhin wurde vereinbart, dass die abgekauften Forderungen mangelfrei sowie frei von Einreden und Rechten Dritter sein müssen – andernfalls ist eine Rückabwicklung des Forderungskaufs vorgesehen.
    • Kern des Rechtsstreits:
      Es ging um die Frage, ob die vertraglich abgegebene Garantieerklärung ausreicht, um bei etwaigen Mängeln an den Forderungen eine Rückabwicklung des Forderungskaufs zu rechtfertigen.
  • Was wurde entschieden?
    • Entscheidung:
      Die Klage der Klägerin wurde abgewiesen. Zudem trägt die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar. Der Streitwert wurde auf 53.910,00 € festgesetzt.
    • Folgen:
      Die Entscheidung führt dazu, dass die Klägerin mit den Kosten des Verfahrens belastet wird und sie trotz vorläufiger Vollstreckbarkeit des Urteils keine Ansprüche aus der Garantieerklärung durchsetzen kann.

Echte Factoring-Risiken: Ein Urteil klärt Bonitätsfragen für Unternehmen

Echtes Factoring bietet Unternehmen schnellen Liquiditätszufluss, birgt aber auch Risiken. Insbesondere das Einstehenmüssen für fehlende Bonität sorgt für Unsicherheiten und rechtliche Streitfragen.

Die vertraglichen Grundlagen und Pflichten werden so messbar, dass ein klarer Überblick über potenzielle Fallstricke entsteht. Dieser Hintergrund bereitet den Boden für eine eingehende Betrachtung eines konkreten Urteils, das neue Maßstäbe setzt.

Der Fall vor Gericht


Factoring-Vertrag: Landgericht Neuruppin stärkt Rechte von Factoringkunden

Person in Anzug signiert Vertrag in modernem Büro, kritische Klausel hervorgehoben.
Rechte von Factoringkunden und Risikoabwägung | Symbolbild: Flux gen.

Das Landgericht Neuruppin hat in einem wegweisenden Urteil die Rechte von Factoringkunden gestärkt. Im Zentrum des Falls stand ein am 28. Juli 2021 geschlossener Factoring-Vertrag zwischen einer GmbH und einem Factoring-Unternehmen. Das Gericht erklärte eine Klausel für unwirksam, die das Veritätsrisiko des Factoringkunden übermäßig ausdehnte.

Streit um Forderungen aus Werkleistungen

Der Factoring-Vertrag sah den Ankauf von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen vor, wobei der Factor das Delkredererisiko übernahm. Die Factoringkundin bot mehrere Forderungen gegen die TK Schlüsselfertigbau GmbH zum Kauf an, darunter vier Rechnungen mit einem Gesamtwert von 53.910 Euro. Als die Zahlungen ausblieben, forderte der Factor Rückzahlung und verklagte sowohl die GmbH als auch deren Geschäftsführerin, die eine persönliche Garantie abgegeben hatte.

Kernfrage der Rechtsmängelhaftung

Das Gericht setzte sich intensiv mit der Frage auseinander, zu welchem Zeitpunkt eine Forderung frei von Rechtsmängeln sein muss. Die strittige Vertragsklausel verlangte, dass die Forderungen bis zu ihrer Tilgung durch Zahlung frei von Einreden oder Einwendungen bleiben müssen. Bei Verstößen sollte eine Rückabwicklung des Forderungskaufs erfolgen.

Gerichtliche Bewertung der AGB-Klausel

Das Landgericht Neuruppin beurteilte die Klausel als unwirksam nach § 307 Abs. 1 BGB. Die Richter sahen darin eine unangemessene Benachteiligung des Factoringkunden, da die Klausel die Sicherungsrechte des Factors über sein anerkennenswertes Interesse hinaus ausdehnte. Bei einem echten Factoring müsse der Factoringkunde nur für die Verität und Mangelfreiheit der Forderung zum Zeitpunkt der Übertragung einstehen, nicht aber für die Bonität des Schuldners.

Das Gericht stellte klar, dass der maßgebliche Zeitpunkt für die Mangelfreiheit der Forderung grundsätzlich der Abschluss des Abtretungsvertrags sei. Die Verlagerung dieses Zeitpunkts bis zur Zahlung durch den Dritten stelle eine einseitige Risikoverteilung zu Lasten des Factoringkunden dar. Da zum Zeitpunkt der Abtretung keine Rechtsmängel vorlagen, wies das Gericht die Klage ab.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil verdeutlicht, dass beim Forderungsverkauf (Factoring) der Factor nicht automatisch Anspruch auf Rückabwicklung hat, nur weil der Schuldner nicht zahlt. Entscheidend ist, ob zum Zeitpunkt der Abtretung bereits Einwendungen gegen die Forderung bestanden. Die bloße Behauptung möglicher Einwendungen reicht nicht aus – der Factor muss das tatsächliche Bestehen von Einwendungen zum relevanten Zeitpunkt konkret nachweisen.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Unternehmen, das Forderungen verkauft oder kauft, müssen Sie besonders auf den Zeitpunkt möglicher Einwendungen achten. Wenn Sie als Factor eine Forderung erwerben, sollten Sie vor dem Kauf gründlich prüfen, ob bereits Einwendungen bestehen – denn spätere Einwendungen gehen zu Ihren Lasten. Als Forderungsverkäufer sind Sie hingegen nur dann zur Rückabwicklung verpflichtet, wenn zum Zeitpunkt des Verkaufs bereits Einwendungen vorlagen. Die bloße Zahlungsverweigerung des Schuldners berechtigt den Factor nicht automatisch zur Rückabwicklung des Forderungskaufs.

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Konfliktfälle im Zusammenhang mit Factoring-Verträgen zeigen schnell, wie schwierig die Bewertung von vertraglichen Risiken sein kann. Ungeklärte Zuständigkeiten und ungleiche Risikoverteilungen stellen Betroffene vor komplexe Herausforderungen, die eine präzise juristische Analyse erfordern.

Unsere Kanzlei unterstützt Sie dabei, Ihre vertraglichen Regelungen im Kontext von Factoring sorgfältig zu überprüfen. Dabei legen wir Wert auf eine fundierte und transparente Einschätzung, die Ihnen dabei hilft, Ihre rechtlichen Möglichkeiten klar zu erkennen und gezielt zu nutzen.

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FAQ - Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was unterscheidet echtes von unechtem Factoring und welche Risiken tragen die Beteiligten?

Beim Factoring verkauft ein Unternehmen seine Forderungen an einen Factor. Der zentrale Unterschied zwischen echtem und unechtem Factoring liegt in der Übernahme des Ausfallrisikos.

Echtes Factoring

Wenn Sie sich für echtes Factoring entscheiden, übernimmt der Factor das vollständige Ausfallrisiko der Forderung. Der Factor trägt zu 100% das Delkredererisiko, was bedeutet, dass Sie als Unternehmen bei Zahlungsausfall des Kunden keine Rückzahlungsverpflichtung haben.

Die Forderungen werden bei dieser Variante aus Ihrer Bilanz entfernt, was zu einer Verbesserung der Eigenkapitalquote führt. Sie profitieren von einer kontinuierlichen Liquidität und maximalem Ausfallschutz.

Unechtes Factoring

Bei unechtem Factoring bleibt das Ausfallrisiko vollständig bei Ihrem Unternehmen. Der Factor fungiert hier eher als Kreditgeber denn als Käufer der Forderung. Die Forderung verbleibt in Ihrer Bilanz, und Sie müssen ein Verbindlichkeitskonto gegenüber dem Factor einrichten.

Risikoverteilung und Kosten

Die unterschiedliche Risikoverteilung spiegelt sich in den Kosten wider:

  • Echtes Factoring: Höhere Gebühren wegen der Risikoübernahme durch den Factor
  • Unechtes Factoring: Geringere Kosten aufgrund des verbleibenden Risikos beim Unternehmen

Beim unechten Factoring müssen Sie besonders vorsichtig sein: Der Factor kann bei Überfälligkeit der Forderung die Bevorschussung wieder einziehen, was zu plötzlichen Liquiditätsengpässen führen kann.

Für beide Varianten gilt: Sie als Factoringkunde haften für die Garantie der Forderungsexistenz. Das bedeutet, Sie müssen gewährleisten, dass die verkaufte Forderung tatsächlich besteht und rechtlich durchsetzbar ist.


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Ab wann haftet der Factor für das Ausfallrisiko der Forderung?

Der Factor haftet für das Ausfallrisiko einer Forderung ab dem Zeitpunkt des wirksamen Forderungskaufs. Mit dem Kauf der Forderungen übernimmt der Factor gleichzeitig das Risiko, dass diese bei Fälligkeit nicht bezahlt werden.

Voraussetzungen für die Haftungsübernahme

Die Delkredere-Haftung des Factors tritt ein, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  • Die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners gilt nach einer vertraglich festgelegten Frist als eingetreten.
  • Der Schuldner hat keine Einwände gegen seine Zahlungspflicht erhoben.
  • Die Forderung liegt innerhalb des vereinbarten Debitorenlimits.

Besonderheiten beim echten Factoring

Wenn Sie sich für echtes Factoring entscheiden, übernimmt der Factor das Ausfallrisiko zu 100 Prozent regresslos. Dies bedeutet für Sie eine vollständige Absicherung gegen Forderungsausfälle. Der Factor trägt in diesem Fall das vollständige Insolvenzrisiko ohne besonderen Nachweis.

Einschränkungen der Haftung

Die Haftung des Factors kann in bestimmten Fällen eingeschränkt sein:

Bei negativen Bonitätsmerkmalen des Schuldners beschränkt sich die Tätigkeit des Factors meist auf das reine Inkasso, und der Delkredereschutz entfällt. In diesem Fall sprechen wir vom unechten Factoring, bei dem keine Delkredere-Übernahme stattfindet und Sie als Unternehmen selbst haften.


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Welche AGB-Klauseln sind beim Factoring unwirksam?

Beim Factoring sind mehrere Arten von AGB-Klauseln rechtlich unwirksam, da sie gegen grundlegende gesetzliche Bestimmungen verstoßen oder den Factoringkunden unangemessen benachteiligen.

Garantieklauseln und Haftungserweiterungen

Eine Garantieklausel ist unwirksam, wenn sie nicht klar und verständlich formuliert ist oder gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstößt. Besonders problematisch sind Klauseln, die die Haftung des Factoringkunden über die gesetzlichen Grenzen hinaus erweitern.

Die Erweiterung der Veritätshaftung durch AGB-Klauseln ist unwirksam, wenn sie das Bonitätsrisiko auf den Factoringkunden überträgt. Beim echten Factoring muss der Factoringkunde nur für die Verität und Mangelfreiheit der Forderung einstehen, nicht aber für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners.

Abtretungsklauseln

Formularmäßige Abtretungsklauseln sind unwirksam, wenn sie den Zeitpunkt der Rückabtretung nicht klar erkennen lassen. Dies gilt insbesondere bei Konstellationen, in denen eine Rückabtretung einzelner Forderungen vom Factor an den Kunden erfolgen soll.

Zeitliche Beschränkungen

Klauseln sind unwirksam, die den Zeitpunkt für die Mangelfreiheit der Forderung über den Abtretungszeitpunkt hinaus festlegen. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Verschaffung des mangelfreien Rechts ist grundsätzlich der Abschluss des Abtretungsvertrags gemäß §§ 398, 413 BGB.

Aufrechnungsverbote

Klauseln, die die Aufrechnung nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen zulassen, sind unwirksam. Diese Einschränkung des Leistungsverweigerungsrechts aus gegenseitigen Verträgen verstößt gegen geltendes Recht.


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Was bedeutet das Veritätsrisiko beim Factoring?

Das Veritätsrisiko bezeichnet die Gefahr, dass eine im Rahmen des Factorings verkaufte Forderung rechtlich nicht besteht oder ihren rechtlichen Bestand verlieren könnte. Wenn Sie als Unternehmen Ihre Forderungen an einen Factor verkaufen, müssen Sie für deren rechtlichen Bestand einstehen.

Entstehung des Veritätsrisikos

Das Veritätsrisiko entsteht, weil der Factor als Käufer der Forderung keine direkte Geschäftsbeziehung zum Schuldner hat und daher die Rechtmäßigkeit der Forderung nicht unmittelbar beurteilen kann. Ein Veritätsrisiko kann sich aus verschiedenen Gründen ergeben:

  • Die Forderung wurde bereits beglichen
  • Die Forderung hat nie existiert
  • Es liegt ein Abtretungsverbot vor
  • Die Forderung ist verjährt
  • Der zugrundeliegende Vertrag wurde nur mündlich geschlossen

Haftung und Absicherung

Der ursprüngliche Gläubiger (Ihr Unternehmen) trägt das Veritätsrisiko – und zwar sowohl beim echten als auch beim unechten Factoring. Sie müssen dem Factor garantieren, dass die Forderung:

  • Frei von Reklamationen ist
  • Keine Rechte Dritter bestehen
  • Die Forderung abtretbar ist

Der Factor sichert sich typischerweise durch Garantieerklärungen ab. Sie müssen als Forderungsverkäufer den Bestand der Forderung durch Rechnungen und Verträge nachweisen.

Abgrenzung zum Bonitätsrisiko

Das Veritätsrisiko ist strikt vom Bonitätsrisiko zu unterscheiden. Während das Veritätsrisiko die rechtliche Existenz der Forderung betrifft, bezieht sich das Bonitätsrisiko auf die Zahlungsfähigkeit des Schuldners. Beim echten Factoring übernimmt der Factor das Bonitätsrisiko, während beim unechten Factoring dieses Risiko bei Ihrem Unternehmen verbleibt.


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Welche Pflichten hat ein Factoringkunde beim Verkauf seiner Forderungen?

Als Factoringkunde übernehmen Sie beim Verkauf Ihrer Forderungen eine verschuldensunabhängige Garantiehaftung für den rechtlichen Bestand der verkauften Forderungen.

Grundlegende Garantiepflichten

Sie müssen als Factoringkunde garantieren, dass die verkauften Forderungen tatsächlich existieren und rechtlich einwandfrei sind. Dies bedeutet konkret, dass Sie für die Verität (Echtheit und Bestand) der Forderungen einstehen müssen.

Spezifische Zusicherungspflichten

Im Rahmen des Factoringvertrags müssen Sie folgende Zusicherungen geben:

  • Die Forderung besteht in der angegebenen Höhe
  • Die zugrundeliegende Leistung wurde vollständig erbracht
  • Die Forderung ist frei von Einreden und Einwendungen des Schuldners
  • Es bestehen keine Aufrechnungsmöglichkeiten seitens des Schuldners

Informations- und Mitwirkungspflichten

Sie sind verpflichtet, Ihre Kunden (Debitoren) beim offenen Factoring über den Forderungsverkauf zu informieren. Darüber hinaus müssen Sie dem Factor laufend die Rechnungsdaten über die Forderungen zur Verfügung stellen.

Haftungsumfang

Die Garantiehaftung ist weitreichend und bedeutet für Sie als Factoringkunde:

  • Sie haften auch ohne Verschulden für die Existenz der Forderung
  • Bei Nichtbestand der Forderung müssen Sie den vollen Forderungsbetrag zurückzahlen
  • Sie tragen zusätzliche Kosten, die dem Factor entstanden sind

Die Validität der Forderungen muss durch Sie als Factoringkunde zu jedem Zeitpunkt gewährleistet sein. Dies ist eine zentrale vertragliche Verpflichtung, die sich durch den gesamten Factoringprozess zieht.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Juristische Fachbegriffe kurz und knapp einfach erklärt

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Factoring

Ein Finanzierungsinstrument, bei dem ein Unternehmen seine Forderungen aus Lieferungen und Leistungen an ein Factoring-Unternehmen (Factor) verkauft. Beim echten Factoring übernimmt der Factor auch das Risiko eines Zahlungsausfalls durch den Schuldner (Delkredererisiko). Dies verschafft dem Unternehmen sofortige Liquidität und entlastet die Bilanz.

Rechtliche Grundlage ist der Factoring-Vertrag, der als Kaufvertrag nach §§ 433 ff. BGB einzuordnen ist.

Beispiel: Ein Handwerksbetrieb verkauft seine Kundenrechnungen an einen Factor und erhält sofort 80% der Rechnungssumme ausgezahlt, statt auf die Zahlung des Kunden zu warten.


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Veritätsrisiko

Die Haftung des Factoring-Kunden für den rechtlichen Bestand der verkauften Forderung. Der Verkäufer garantiert, dass die Forderung tatsächlich existiert, rechtlich durchsetzbar ist und keine Mängel aufweist.

Gesetzlich basiert dies auf der Gewährleistungspflicht des Verkäufers nach § 437 BGB.

Beispiel: Ein Unternehmen haftet dafür, dass die an den Factor verkaufte Rechnung auf einer tatsächlich erbrachten Leistung basiert und nicht bereits bezahlt oder anderweitig abgetreten wurde.


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Delkredererisiko

Das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners (Bonitätsrisiko). Beim echten Factoring übernimmt der Factor dieses Risiko, das heißt er trägt den Verlust, wenn der Rechnungsempfänger nicht zahlen kann.

Geregelt wird die Risikoübernahme im Factoring-Vertrag in Verbindung mit § 276 BGB.

Beispiel: Wenn ein Kunde des Factoring-Kunden insolvent wird, muss der Factor den Ausfall tragen und kann nicht vom Factoring-Kunden die Rückzahlung verlangen.


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Bonität

Die wirtschaftliche Fähigkeit eines Schuldners, seinen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Sie wird anhand verschiedener Kriterien wie Vermögen, Einkommen und Zahlungsverhalten beurteilt.

Die Prüfung der Bonität ist im Kreditwesengesetz (KWG) und der Bankenaufsicht verankert.

Beispiel: Ein Factor prüft vor Ankauf einer Forderung die Zahlungsfähigkeit des Rechnungsempfängers durch Einholung von Wirtschaftsauskünften.


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AGB-Klausel

Vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen stellt. Sie unterliegen einer strengen rechtlichen Kontrolle, besonders hinsichtlich der unangemessenen Benachteiligung einer Vertragspartei.

Die Wirksamkeit wird nach §§ 305 ff. BGB, insbesondere § 307 BGB geprüft.

Beispiel: Eine Klausel, die dem Factoring-Kunden unbegrenzt Risiken auferlegt, kann wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam sein.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 433 BGB (Vertragstypische Pflichten beim Kaufvertrag): Dieser Paragraph regelt die grundlegenden Pflichten von Käufer und Verkäufer bei einem Kaufvertrag. Der Verkäufer muss dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln übereignen, während der Käufer den vereinbarten Kaufpreis zahlen muss. In dem vorliegenden Fall ist der Factoring-Vertrag ein spezieller Kaufvertrag über Forderungen, bei dem die Beklagte zu 1 als Verkäufer fungiert und die Klägerin als Käufer die Forderungen übernimmt. Die Klägerin bemängelte, dass die übertragenen Forderungen möglicherweise nicht mangelfrei waren, was auf eine Verletzung der Pflichten nach § 433 BGB hinweisen könnte.
  • § 675 HGB (Besondere Vorschriften für das Factoring): Dieser Paragraph enthält spezielle Regelungen für das Factoring im Handelsgesetzbuch. Er definiert die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien beim Forderungskauf, einschließlich der Übernahme des Delkredererisikos durch den Factor. Im vorliegenden Fall basiert der Vertrag auf diesen Bestimmungen, insbesondere hinsichtlich der Verantwortlichkeit der Klägerin für das Forderungsausfallrisiko und das Management der Debitoren durch das Factoring-Unternehmen.
  • § 675a Abs. 3 HGB (Rückabwicklung bei Mängeln der Forderungen): Diese Vorschrift sieht vor, dass bei Mängeln der abgetretenen Forderungen, wie etwa der Belastung mit Rechten Dritter oder Einwendungen, der Kaufvertrag rückabgewickelt werden kann. Die Klägerin argumentierte, dass die Forderungen nicht mangelfrei waren und bestand auf die Rückabwicklung des Vertrags. Dies steht in direktem Zusammenhang mit den vertraglichen Vereinbarungen und den gesetzlichen Regelungen zur Mangelfreiheit der abgetretenen Forderungen.
  • § 286 BGB (Verzug des Schuldners): Dieser Paragraph behandelt die Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Zahlungsverzugs. Die Klägerin wies darauf hin, dass die Zahlungen der Firma TK Schlüsselfertigbau GmbH ausblieben, was einen Verzug gemäß § 286 BGB darstellen würde. Dadurch entstehen der Klägerin neben dem offenen Betrag auch Verzugszinsen und Mahnkosten, die sie geltend machte.
  • Zivilprozessordnung (ZPO) §§ 497, 503 (Klageabweisung und Kostentragung): Diese Vorschriften regeln die Folgen der Klageabweisung und die Verteilung der Prozesskosten. Im Urteil wurde die Klage abgewiesen und die Klägerin zur Kostentragung verurteilt. Dies entspricht den Regelungen der ZPO, die vorsehen, dass die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits tragen muss.

Das vorliegende Urteil


LG Neuruppin – Az.: 1 O 92/23 – Urteil vom 21.12.2023


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