Oberlandesgericht Schleswig-Holstein – Az.: 5 W 4/14 – Beschluss vom 03.02.2014
Auf die Beschwerde des Verfügungsbeklagten 7. Januar 2014 wird der Streitwertbeschluss der Einzelrichterin der 12. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 30. Dezember 2013 teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 60.000,00 € festgesetzt
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Sachverhalt:
Der Verfügungskläger beansprucht im Wege einer einstweiligen Verfügung von dem Beklagten die Unterlassung der Eigentumsumschreibung im Grundbuch sowie die Eintragung von Widersprüchen gegen die in Abt. II eingetragenen Auflassungsvormerkungen. Damit will er die Heilung eines Grundstückkaufvertrages wegen Formmangels verhindern. Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss gemäß §§ 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, 3 ZPO den Streitwert des einstweiligen Verfügungsverfahrens nach dem vollen Verkehrswert des streitgegenständlichen Grundstücks (180.000,00 €) bemessen. Dagegen richtet sich die Streitwertbeschwerde des Verfügungsbeklagten.
Der Senat hat den angefochtenen Streitwertbeschluss des Landgerichts teilweise geändert und den Wert auf 60.000,00 € festgesetzt
Gründe:
Die Streitwertbeschwerde des Verfügungsbeklagten ist gemäß §§ 63 Abs. 2, 68 Abs. 1 GKG zulässig.
Die Streitwertbeschwerde ist auch begründet.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss gemäß §§ 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, 3 ZPO den Streitwert nach dem vollen Verkehrswert des streitgegenständlichen Grundstücks (180.000,00 €) bemessen.
Im Allgemeinen liegt bei einer einstweiligen Verfügung jedoch der Streitwert unter dem der Hauptsache, weil das für das Eilverfahren bezüglich des Streitwerts maßgebende Interesse des Verfügungsklägers an der Sicherung im Regelfall das Befriedigungsinteresse nicht erreicht. Es bleibt deshalb bei den meisten einstweiligen Verfügungen bei einer Bruchteilsbewertung im Rahmen der unteren Hälfte des Hauptsachewerts, am Häufigsten wohl bei einem Drittel (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 30. Aufl., § 3 RdNr. 16 Stichwort „Einstweilige Verfügung“ m. w. N.).
Im Rahmen dieses einstweiligen Verfügungsverfahrens ging es lediglich um die Unterlassung der Eigentumsumschreibung im Grundbuch sowie die Eintragung von Widersprüchen gegen die in Abt. II eingetragenen Auflassungsvormerkungen. Diese nur vorläufigen Maßnahmen sollten den Vollzug der Eigentumsübertragung (§§ 925 BGB, 13 ff. GBO) und den Gutglaubensschutz ausschließen. Damit ist das Interesse des Verfügungsklägers noch nicht auf die komplette Rückabwicklung (Kondiktion) eines gemäß §§ 125, 311 b BGB formunwirksamen notariellen Grundstückskaufvertrages gerichtet gewesen. Deshalb ist das Interesse der Verfügungsklägerin am Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung zwangsläufig geringer zu schätzen als das der Hauptsache (vgl. Landgericht Köln, Beschluss vom 21. Juli 1976, NJW 1977, 255-256; OLG Koblenz, Beschluss vom 28. Juni 2006, 5 W 379/06, JurBüro 2006, 537-537). Zwar diente die einstweilige Verfügung auch dem Ziel, den vollständigen Rechtsverlust der Verfügungsklägerin gemäß § 311 b Abs. 1 S. 2 BGB und damit die Heilung des Formmangels zu verhindern, gleichwohl ist damit jedoch das wirtschaftliche Ziel, nämlich die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung eines formunwirksamen Grundstückskaufvertrages, noch nicht erreicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG.
Der Senat hat ferner mit Beschluss vom 12. Juni 2014 die Gegenvorstellung des Verfügungsklägers gegen die Streitwertfestsetzung des Senats mit folgender Begründung zurückgewiesen:
…..Der Streitwert in einstweiligen Verfügungsverfahren wird gemäß §§ 53 Abs. 1 GKG, 3 ZPO durch das Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt. Eine allgemeine feste Übung hinsichtlich der vorzunehmenden Bruchteilsbewertung bei einstweiligen Verfügungsverfahren hat sich noch nicht herausgebildet. Meist wird 1/3 des Wertes der zu sichernden Forderung angenommen (Schneider/ Herget-Onderka, Streitwertkommentar, 13. Aufl., RdNr. 1978, S. 348 m. w. N.). Eine Bemessung auf die volle Höhe der zu sichernden Forderung oder – wie hier von der Verfügungsklägerin gefordert – auf mindestens 2/3 des Verkehrswertes muss die Ausnahme bleiben, denn im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist Streitgegenstand eben nicht der im Hauptsacheprozess zu klärende materielle Anspruch, sondern lediglich der auf dem Prozessrecht beruhende Anspruch auf einstweilige Regelung oder Sicherung (Schneider/Herget-Onderka, a. a. O., RdNr. 1981). Eine höhere Streitwertbemessung ist nur ausnahmsweise möglich, wenn z.B. der Antragsteller mit dem Erlass einer einstweiligen Verfügung eine endgültige Regelung anstrebt oder ihm bereits durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung volle Befriedigung verschafft wird. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor.
Die einstweilige Verfügung auf Eintragung von Widersprüchen gegen die in Abteilung II eingetragene Auflassungsvormerkung diente lediglich dem Ziel, den vollständigen Rechtsverlust der Verfügungsklägerin gemäß § 311 b Abs. 1 S. 2 BGB und damit die Heilung des Formmangels zu verhindern. Eine unmittelbar drohende Gefahr eines Rechtsverlusts bestand gleichwohl nicht, denn es ist nicht dargelegt, dass der Antragsgegner die Weiterveräußerung der beiden verkauften Gewerbeeinheiten beabsichtigte…..