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Abbuchungen vom Konto des Noch-Ehegatten ½-Jahr nach der Trennung


OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN

Az.: 8 U 186/99

Urteil vom 25.01.2000

Vorinstanz: Landgericht Hanau – Az.: 7 O 768/99


In dem Rechtsstreit hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main – 8. Zivilsenat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25. Januar 2000 für Recht erkannt:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 26.08.1999 verkündete Urteil des Landgerichts Hanau – Az.: 7 O 768199 – wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 77.500,00 abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Dem Beklagten wird gestattet, die Sicherheitsleistung durch unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Zoll und Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstitut zu erbringen.

Der Wert der Beschwer beträgt DM 90.000,00.

Tatbestand:

Die Klägerin macht gegen den Beklagten, ihren von ihr getrennt lebenden Ehemann, einen Anspruch auf Rückzahlung von DM 60.000,00 geltend, die dieser durch Online-Buchungen von ihrem Konto abbuchte.

Die Parteien sind sei 1986 verheiratet. Die häusliche Lebensgemeinschaft wurde von der Klägerin im Juli, wie sie behauptet, bzw. im September, wie der Beklagte behauptet, aufgelöst. Die zwei Konten, die allein auf ihren Namen lauteten. Sie erteilte dem Beklagten für beide Konten Vollmacht, wobei dieser das Konto mit der Nummer 11 ausschließlich für eigene Zwecke nutzte, weil er Unterhaltsansprüchen zweier Kinder aus erster Ehe entgehen wollte. Das andere Konto mit der Nummer 22 nutzte die Klägerin für ihre eigenen Bankgeschäfte.

Beide Konten wurden im Juni 1998 zum Elektronic-Banking zugelassen, wofür die Klägerin, eine PIN (Personal Identification Number) erhielt.

Diese PIN gab sie auch dem Beklagten bekannt. Mit Schreiben vom 30.03.1999 ließ die Klägerin dem Beklagten durch ihren damaligen Rechtsanwalt mitteilen, dass sie die Ehe für endgültig gescheitert halte und die Ehescheidung beantragen werde (BI. 9 d. A.). Der Beklagte ließ am gleichen Tage vom Konto-Nr. 11 der Klägerin online den Betrag von DM 20.000,00 abbuchen und auf ein eigenes Konto überweisen. Das gleiche veranlasste er auch am 31.03. und 01.04.1999. Als Betreff gab er an: „Rückgabe Darlehen“ oder „Schenkung zum Unterhalt„. Auf die Überweisungsbelege BI. 13 d. A. wird insoweit ergänzend verwiesen.

Diese insgesamt DM 60.000,00 sind Gegenstand der Klage.

Die Klägerin unterhielt außerdem ein Bankschließfach in welchem sich u. a. ein Barbetrag von DM 45.000,00, der aus Steuerrückzahlungen für die vergangenen Jahre stammte, und ein Sparbuch auf den Namen der Klägerin mit einem Guthaben von DM 30.000,00 befanden.

Der Barbetrag und das Sparbuch wurden von der Klägerin dem Bankschließfach entnommen. Den entsprechenden Mietvertrag kündigte sie in der Folgezeit.

Die Klägerin hat behauptet, die Bankvollmacht des Beklagten für das Konto 22 zwischenzeitlich gekündigt zu haben. Der Beklagte sei bereits zuvor nicht berechtigt gewesen, Online-Buchungen für dieses Konto vorzunehmen.

Sie hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 60.000,00 nebst 4 % Zinsen

seit dem 19.07.1999 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Ansicht vertreten, er sei sowohl im Außen- als auch im Innenverhältnis berechtigt gewesen, die Online-Buchungen vorzunehmen, da die Klägerin dem Bankschließfach eigenmächtig die DM 45.000,00 entnommen habe. Dieser Geldbetrag stamme aus Steuererstattungen für vergangene Jahre und sei vereinbarungsgemäß von beiden Ehegatten als „Finanzpolster“ gedacht gewesen, um Nachforderungen aus zukünftigen Einkommens- und Umsatzsteuerbescheiden für die Jahre 1997 und 1998 auszugleichen. Außerdem hat der Beklagte die Hilfsaufrechnung mit einer Forderung in Höhe von DM 30.000,00 erklärt und behauptet, das Guthaben auf dem Sparbuch der Klägerin in dieser Höhe, welches diese dem Bankschließfach entnommen habe, stamme aus einer Lebensversicherung seinerseits. Er habe den genannten Betrag im Juli 1998 persönlich in bar bei der Filiale X eingezahlt. Dabei hat sich der Beklagte auf das Schreiben der Sparkassen vom 12.03.1999 an die Klägerin berufen, in welchem eine Zinsgutschrift mitgeteilt wird (BI. 32 d. A.).

Des weiteren hat der Beklagte wegen einer Gegenforderung in Höhe von DM 30.000,00 Widerklage erhoben, wobei unklar geblieben ist, ob es sich hierbei um die DM 30.000,00 von dem zuvor angegebenen Sparbuch handelt.

Der Beklagte hat im Wege der Widerklage beantragt, die Klägerin zu verurteilen, an ihn DM 30.000,00 nebst 4 % Zinsen seit dem 12.08.1999 zu zahlen.

Die Klägerin hat beantragt, die Widerklage abzuweisen. Sie ist dem geltend gemachten Anspruch entgegengetreten.

Das Landgericht hat der Klage durch ein am 26.08.1999 verkündeten Urteil in voller Höhe stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Klageforderung folge aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 a, 266, 52 StGB, 812 Abs. 1 BGB. Eine Aufrechnung des Beklagten sei gem. § 393 BGB unzulässig. Die Widerklage bleibe ohne Erfolg, weil der geltend gemachte Anspruch in Höhe von DM 45.000,00 nicht fällig sei, ehe die Ansprüche beider Parteien auf Steuererstattung nicht abgerechnet seien. Der Zahlungsanspruch in Höhe von DM 30.000,00 sei nicht ausreichend begründet worden. Im übrigen wird auf das erstinstanzliche Urteil BI. 64 –69 d. A. ergänzend Bezug genommen.

Gegen diese ihm am 24.09.1999 zugestellte Entscheidung hat der Beklagte am 18.10.1999 Berufung eingelegt und diese am 18.11.1999 begründet. Er hält sich nach wie vor für berechtigt, zum damaligen Zeitpunkt vom Konto der Klägerin Online-Abbuchungen vorzunehmen. Seinerzeit sei ihm die Scheidungsabsicht seiner Ehefrau nicht bekannt gewesen, denn das entsprechende Schreiben ihres Rechtsanwalts datiere vom 30.03.1999. Er habe die Überweisungen getätigt, um sicher zu stellen, dass seine Ehefrau das Geld nicht vereinbarungswidrig verwende. Außerdem hält der Beklagte es für möglich, dass ihm Ansprüche auf Barunterhalt gegen seine Ehefrau zugestanden hätten. Im übrigen trägt er diesbezüglich ausführlich zum Verfahren der Online-Buchungen vor.

Hinsichtlich der Aufrechnung wiederholt der Beklagte seinen Vortrag, die geltend gemachten DM 30.000,00 stammten aus einer Ablaufzahlung einer Lebensversicherung seinerseits, die er im Juni 1998 bar bei der Filiale eingezahlt habe. Er stellt nunmehr klar, dass seine Aufrechnung sich lediglich auf einen Betrag von DM 30.000,00 beziehe, der mit dem Guthaben auf dem Sparbuch der Klägerin, welches diese dem Bankschließfach entnommen habe, nichts zu tun habe. Die Widerklage verfolgt der Beklagte nicht weiter.

Er beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Weiter beantragt er, ihm zu gestatten, eine etwa erforderliche Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft zu erbringen:

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie wiederholt im wesentlichen ihren Vortrag erster Instanz und verteidigt das landgerichtliche Urteil. Sie hebt hervor, dass das Guthaben von DM 60.000,00 auf ihrem Girokonto ihr allein zugestanden habe. Sie sei auch alleinige Inhaberin des Sparbuchs gewesen, welches sich in einem Banksafe befunden habe, welcher auch nur von ihr allein angemietet worden sei.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung bleibt in der Sache erfolglos. Das Landgericht hat zutreffend entschieden, dass der Klägerin der geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz für unberechtigte Abbuchungen von ihrem Alleinkonto in Höhe von DM 60.000,00 gegen den Beklagten zusteht.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Beklagte mit den Online-Buchungen einen Straftatbestand – §§ 263 a oder 266 StGB – verwirklicht hat, denn jedenfalls schuldet er der Klägerin Schadensersatz nach § 826 BGB (sittenwidrige Schädigung).

Die Vollmacht des Beklagten für das Konto der Klägerin bei der X-Bank war mit der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft spätestens im September 1998 erloschen. Die Bankvollmacht über das Alleinkonto eines Ehegatten ist in der Regel ohnehin von vornherein auf Zwecke der ehelichen Lebensgemeinschaft beschränkt (OLG Düsseldorf, FamRZ 1992, 439) und gilt im Innenverhältnis jedenfalls nur bis zur Trennung der Eheleute (BGH NJW 1988, 1208; FamRZ 1989, 834; OLG Bamberg, FamRZ 1991, 1058). Der Beklagte nahm die streitgegenständlichen Buchungen mindestens ein halbes Jahr nach Trennung der Ehepartner und ohne den geringsten Anhaltspunkt für ein Einverständnis der Klägerin mit den konkreten Kontobewegungen vor. Die im Betreff der Buchungsbelege enthaltenen Angaben „Rückgabe Darlehen“ und „Schenkung zum Unterhalt“ sind ersichtlich unzutreffend. Der Beklagte hat jedenfalls auch nicht ansatzweise dargelegt, dass ihm seinerzeit Ansprüche auf Rückgewähr eines Darlehens oder auf Unterhalt gegen die Klägerin zustanden. Die Abbuchungen sind auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass die Klägerin zuvor Bargeld in Höhe von DM 45.000,00 und ein auf ihren Namenlautendes Sparbuch über DM 30.000,00 aus dem von ihr gemieteten Bankschließfach entfernt hat. Durch die einverständliche Deponierung dieser Vermögensgegenstände in dem von ihr gemieteten Safe waren diese innerhalb. der ehelichen Gemeinschaft ihr allein zugeordnet. Ob für den Beklagten durch die Maßnahmen der Klägerin irgend welche Ausgleichsansprüche entstanden, kann dahingestellt bleiben, denn er war jedenfalls nicht berechtigt, zur Sicherung solcher Ansprüche auf das Guthaben aus dem Girokonto der Klägerin zuzugreifen, weil es sich hierbei um ein Alleinkonto handelte; .der betreffende Vermögenswert also ausschließlich der Klägerin zustand. Die von ihr angeführte Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 27.01.1999, NJW-RR 1999, 1090 f. ist hier nicht einschlägig, da der zugrunde liegende Sachverhalt eine eigenmächtige Abhebung von einem Gemeinschaftskonto der Ehegatten betrifft. Im Streitfall handelt es sich dagegen um eine Verfügung eines Ehegatten über ein dem anderen Ehegatten allein zugeordnetes Konto. Das Gericht hielt allerdings auch dort einen Eingriff nicht für gerechtfertigt: Nach alledem ist festzustellen, dass der Beklagte unter Missbrauch der ihm bekannten PIN vorsätzlich und eigenmächtig in Vermögenswerte der Klägerin eingegriffen und diese dadurch sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB geschädigt hat. Daneben stehen der Klägerin Ansprüche aus angemaßter Eigengeschäftsführung, § 687 Abs. 2 BGB, pVV des Kontovollmachtvertrages und aus ungerechtfertigter Bereicherung in sonstiger Weise gem. § 812 Abs.1 Satz 1, 2. Teil BGB zu. Dies kann allerdings dahingestellt bleiben, denn der Anspruch aus § 826 BGB steht im Vordergrund, weil er die Aufrechnung des Beklagten gem. § 393 BGB ausschließt.

Ausführungen zu dem von ihm im Wege der Aufrechnung hilfsweise geltend gemachten Gegenanspruch erübrigen sich daher.

Da der Beklagte in der Berufungsinstanz von seiner Widerklage Abstand genommen hat, ist auch insoweit eine Stellungnahme nicht erforderlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Das Urteil ist gem. §§ 908 Nr. 10, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar. Der Wert der Beschwer wurde gem. § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO festgesetzt.

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