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Niederschlagswasser – Elementarschadensversicherung

Oberlandesgericht Karlsruhe

Az: 12 U 92/11

Urteil vom 20.09.2011


1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 17.03.2011 – 9 O 234/10 – im Kostenpunkt aufgehoben und im übrigen wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Wohngebäudeversicherung in Anspruch und macht einen Überschwemmungsschaden geltend.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks im…… Er hat bei der Beklagten eine Wohngebäudeversicherung, die Elementarschäden umfasst, abgeschlossen. Für die Versicherung gelten die VGB 2001. Diese bestimmen in § 9 Ziffer 1 :

Überschwemmung ist eine Überflutung des Versicherungsgrundstücks durch

a) Ausuferung von oberirdisch (stehenden oder fließenden) Binnengewässern;

b) Witterungsniederschläge.

Am 07. Juni 2008 ging über … ein Gewitter mit Starkregen nieder, das auch das Grundstück des Klägers traf. Am selben Tag zeigte der Kläger schriftlich an, dass Niederschlagswasser in einen als Wohnraum eingerichteten Kellerraum des versicherten Anwesens eingedrungen sei und Schaden angerichtet habe.

Nachdem ein Mitarbeiter der Beklagten das Versicherungsgrundstück in Augenschein genommen hatte, lehnte die Beklagte die Regulierung des Schadens ab.

Der Kläger hat behauptet, zu dem Schadensfall sei es dadurch gekommen, dass sich im Lichtschacht vor dem Fenster des im Kellergeschoß eingerichteten Wohnraumes als Folge der starken Niederschläge Regenwasser in erheblichem Umfang, nämlich bis zur Höhe von ungefähr 1/3 bis zur Hälfte der Fensterhöhe angestaut habe. Das angestaute Regenwasser sei sodann durch eine unterhalb der Fensterbank liegende Bauanschlussfuge in den Keller eingedrungen und an der Innenwand des Kellers heruntergelaufen, wobei die Innenwand des Kellers und der Bodenbereich des Kellers durchfeuchtet worden seien. Der Kellerboden sei überschwemmt worden und das Wasser sei dann über die Randfugen des schwimmenden Estrichs in die darunterliegende Dämmschicht eingedrungen. Für die Beseitigung der eingetretenen Schäden sei ein Aufwand von 6.601,64 € erforderlich.

Der Kläger hält die Beklagte für eintrittspflichtig, da der Schadensfall durch eine Überschwemmung, nämlich eine Wasseransammlung auf einem Teil des Versicherungsgrundstücks, nämlich im Lichtschacht vor dem Kellerfenster, eingetreten sei. Ein vernünftiger Versicherungsnehmer könne den von der Beklagten verwendeten Begriff der Überschwemmung nur so verstehen, dass auch eine partielle Überschwemmung des Versicherungsgrundstückes für den Versicherungsfall ausreichen müsse.

Die Beklagte hat geltend gemacht, ein Versicherungsfall liege nicht vor. Zum Einen sei nicht auszuschließen, dass es sich bei dem eingedrungenen Wasser um an die Kellerwand anstehendes Grundwasser gehandelt habe, das durch die Kellerwand und nicht durch die Bauanschlussfuge in die Kellerräume eingedrungen sei. Im Übrigen setze der Begriff einer Überschwemmung voraus, dass erhebliche Wassermengen erhebliche Teile des versicherten Grundstücks so unter Wasser gesetzt hätten, dass dieses Wasser nicht mehr erdgebunden sei. Die Wasseransammlung in einem Lichtschacht reiche für die Annahme einer Überschwemmung eines erheblichen Teiles des Grundstücks nicht aus.

Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger € 6.601,64 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 4.108,18 seit dem 06.08.2008 und aus € 2.493,46 seit dem 02.06.2010 zu bezahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass sich im Lichtschacht vor dem Fenster des Kellerraums wegen einer zögerlichen Versickerung rund 70 Liter Regenwasser angesammelt habe, das durch eine nicht abgedichtete Anschlussfuge ins Gebäude gelaufen sei. In Anbetracht der Größe des Lichtschachts von 1,25 x 3 m an der Oberkante sei davon auszugehen, dass damit ein erheblicher Teil des Grundstücks mit einer erheblichen Wassermenge überflutet worden sei.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die der Auffassung ist, der vom Landgericht festgestellte Sachverhalt stelle keine bedingungsgemäße Überschwemmung dar. Der Kläger meint, die Wasseransammlung habe sich nicht in einem Lichtschacht ereignet, sondern in einem Lichthof.

Auf die vorbereitenden Schriftsätze wird Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung ist begründet. Dem Kläger steht wegen des Schadensereignisses vom 07. Juni 2008 kein Anspruch auf Versicherungsleistung aus der Wohngebäudeversicherung bei der Beklagten zu.

Das Landgericht geht im Ansatz richtig davon aus, dass ein versicherter Überschwemmungsschaden nicht voraussetzt, dass das gesamte versicherte Grundstück überflutet ist. Ein bestimmungsgemäßer Überschwemmungsschaden liegt gleichwohl nicht vor. § 9 Nr. 1 VGB 2001 verlangt für den Versicherungsfall „Überschwemmung“ eine Überflutung des Versicherungsgrundstücks und zwar entweder durch Ausuferung von oberirdischen Gewässern oder durch Witterungsniederschläge. Für die Auslegung des Begriffs „Überschwemmung“ kommt es auf das Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers an, das sich am Wortlaut der Klausel und deren Sinn und Zweck orientiert (BGHZ 123, 83, 85). Dieser wird erkennen, dass der Versicherungsvertrag ihn nicht absichert gegen jegliche durch Wasser verursachte Schäden an seinem Wohngebäude, sondern ihn nur schützen soll vor den nachteiligen Auswirkungen elementarer Schadensereignisse. Er wird daher die Klausel dahin verstehen, dass ihm das aus dem täglichen Leben bekannte Risiko eines Überschwemmungsschadens in Gestalt einer Überflutung des Versicherungsgrundstücks abgenommen werden soll. Vor diesem Hintergrund erschließt sich der Begriff der Überschwemmung für ihn unter Rückgriff auf den allgemeinen Sprachgebrauch (vgl. BGH Urt. v. 19.10.1983 – IVa ZR 51/82 – VersR 1984, 28). Danach liegt eine Überschwemmung im Sinne der Klausel vor, wenn Wasser in erheblichem Umfang meist mit schädlichen Wirkungen nicht auf normalem Wege abfließt, sondern auf sonst nicht in Anspruch genommenem Gelände in Erscheinung tritt und dieses überflutet (BGH Urt. v. 26.04.2006 – IV ZR 154/05 – VersR 2006, 966). Nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ist eine – in den Bedingungen nicht näher definierte – „Überflutung“ dann anzunehmen, wenn sich erhebliche Wassermengen auf der Geländeoberfläche ansammeln (BGH Urt. v. 20.4.2005 – IV ZR 252/03 – NJW-RR 2005, 1052; Dietz, Wohngebäudeversicherung, 2. Aufl., J 4.1).

Auch nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ist eine Überschwemmung ein Zustand, bei dem eine normalerweise trockenliegende Bodenfläche von Wasser bedeckt wird. Die Anstauung von Wassermassen auf Flachdächern, Terrassen oder Balkonen aufgrund mangelnder Entwässerung unterfällt daher in der Regel nicht dem Versicherungsschutz. Anderes mag gelten, wenn der Abfluss von diesen Gebäudeteilen durch eine Überflutung des Grundstücks beeinträchtigt wird. Ebenso wenig entspricht nach allgemeinem Sprachgebrach das bloße Aufstauen von Niederschlagswasser in einem Lichtschacht infolge dessen unzureichender Entwässerung dem Bild des Elementarschadens Überschwemmung. Vielmehr handelt es sich hier um das Ergebnis einer unzureichenden Errichtung oder Unterhaltung des Gebäudes, für welches der durchschnittliche Versicherungsnehmer keinen Versicherungsschutz aus der Elementarversicherung erwartet. Anderes ergibt sich auch nicht für den konkreten Ort der Wasseransammlung, den der Kläger nunmehr als Lichthof bezeichnet. Die bei den Akten befindlichen Lichtbilder belegen hinreichend, dass es sich hier nicht um ein zum Betreten und Verweilen vorgesehenes Gelände handelt, sondern um einen – wenn auch ansprechend angelegten – Schacht, der als bauliche Anlage einem Raum im Untergeschoss Licht und Luft verschaffen soll.

III. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

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