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Sorgerecht (elterliches) – Beachtung in der Kirche

OVG NRW

Az: 19 E 307/10

Beschluss vom 28.05.2010


Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt. Die im Wege der einstweiligen Anordnung beabsichtigte Rechtsverfolgung des Antragstellers bietet aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses nicht die gemäß § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 Satz 1 ZPO erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Beschwerdevortrag des Antragstellers lässt eine abweichende Beurteilung nicht zu. Weder dieser Vortrag noch sein erstinstanzliches Vorbringen lässt erkennen, dass die ……… schule das elterliche Sorgerecht des Antragstellers für seine Tochter….. nicht anerkennt oder nicht hinreichend beachtet.

Das Beschwerdevorbringen gibt dem Senat nur Veranlassung, auf den erstinstanzlich angekündigten Antrag zu 1.b. näher einzugehen, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, dem Antragsteller Zugang zu seinem Kind zu gewähren und dieses an ihn herauszugeben. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Verantwortlichen der Schule und der offenen Ganztagsbetreuung das Umgangsrecht des Antragstellers in der Ausgestaltung beachten, die ihm der Antragsteller und seine von ihm getrennt lebende Ehefrau durch die Vereinbarung des Umgangsrechts vom 4. 8. 2009 gegeben haben; danach verbringt ihre gemeinsame Tochter außerhalb der Ferien die Wochenenden beim Vater, beginnend mit Schulschluss am Freitag bis zum Schulbeginn am Montag, und liegt ihr Lebensmittelpunkt in der jetzigen Wohnung der Mutter. Nach der Stellungnahme der Schule vom 8.2.2010, der der Antragsteller nicht widersprochen hat, lassen die Verantwortlichen der Schule und der offenen Ganztagsbetreuung dieser Umgangsregelung gemäß an Freitagen die Tochter vom Antragsteller oder von dessen Eltern von der Schule abholen; ebenso verfahren sie entsprechend der Erklärung der Ehefrau des Antragstellers vom 21. 1. 2010 auch an sog. „Ersatztagen“ nach vorheriger Mitteilung der Ehefrau an die Schule.

Der Verfahrensweise, dass sich die Verantwortlichen der Schule und der offenen Ganztagsbetreuung an die Umgangsvereinbarung, die die Eltern getroffen haben, halten, steht nicht der Einwand des Antragstellers entgegen, dass es sich um eine „rein private Vereinbarung, die jederzeit geändert werden kann“, handelt. Aus § 123 Abs. 1 Nr. 1 SchulG NRW, wonach die Rechte und Pflichten der Eltern nach diesem Gesetz die nach bürgerlichem Recht für die Person des Kindes Sorgeberechtigten wahrnehmen, erschließt sich ohne Weiteres, dass die Schule im Umgang und Zusammenwirken mit beiden Eltern an der familienrechtlichen Ausgestaltung des Sorgerechts und damit auch des Umgangsrechts anknüpfen kann und diese beachten muss. Nur indem sie sich so im Verhältnis zu den Elternteilen neutral verhält, kann sie der beiderseitigen Pflicht zur partnerschaftlichen und vertrauensvollen Zusammenarbeit bei der Verwirklichung der Bildungs- und Erziehungsziele (§§ 2 Abs. 3 Satz 2, 42 Abs. 1 Satz 3 SchulG NRW) gerecht werden. Auch im Zusammenhang mit dem Abholen des Kindes von der Schule, also beim Zusammenwirken bei der Wahrnehmung der elterlichen und schulischen Aufsichtspflicht hat die Schule die familienrechtliche Ausgestaltung des Umgangsrechts zu beachten, um im Interesse des Kindeswohls und der erfolgreichen Erfüllung ihres Bildungs- und Erziehungsauftrags etwaige (zusätzliche) Konflikte zwischen den Eltern zu vermeiden. Die für den Bereich der Schule maßgebliche Ausgestaltung des Umgangsrechts kann darin liegen, dass die Eltern den Umgang mit ihrem Kind im Einzelnen selbstständig für sich verbindlich regeln, wozu sie aus ihrem Recht der elterlichen Sorge selbstverständlich befugt sind. Stellt ein Elternteil diese Umgangsregelung in Frage oder will er deren Ausweitung, ist er darauf verwiesen, die Änderung auf familienrechtlicher Ebene etwa einvernehmlich mit dem anderen Elternteil anzustreben. Bei Meinungsverschiedenheiten oder bei einem Elternstreit über den Umgang mit dem gemeinsamen Kind sind die unterschiedlichen Positionen erforderlichenfalls in dem familienrechtlich vorgesehenen Verfahren vor dem Familiengericht als dem zuständigen Fachgericht, dem die Klärung und Regelung der Rechte der Eltern obliegt, zum Ausgleich zu bringen oder auszutragen, nicht aber im Bereich der Schule oder schulrechtlich in einem Rechtsstreit gegen die Schule.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. 1. 2008 – 19 B 2010/07, 19 E 1278/07 -, NJW 2008, 1755 = juris, Rdn. 14.

6Die Umgangsregelung ist auch unabhängig davon für die Schule beachtlich, ob sie vollstreckbar ist, weil sie die Form eines gerichtlich gebilligten Vergleichs im Sinne von § 156 Abs. 2 FamFG gefunden hat, wobei die gerichtliche Bestätigung auch konkludent erfolgen kann.

Vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 60. Aufl., § 1684, Rdn. 50.

Hierfür spricht, dass die Umgangsvereinbarung vom 4. 8. 2009, wie der Antragsteller im erstinstanzlichen Verfahren angegeben hat, vor dem Amtsgericht…….. niedergelegt worden ist und dass nach der Angabe seiner Ehefrau im Schreiben an die Schule vom 7. 1. 2010 das Amtsgericht der Vereinbarung zugestimmt hat. Beachtlich für die Schule ist sie aber auch dann, wenn die Umgangsregelung, wie der Antragsteller mit der Beschwerde geltend macht, nicht gerichtlich genehmigt wurde. Auch dann wäre sie als außergerichtliche Vereinbarung der Eltern verbindlich. Nicht gefolgt werden kann dem Einwand des Antragstellers, die Umgangsvereinbarung sei lediglich als „Leitfaden zwischen den Elternteilen“ gedacht gewesen. Hierfür bieten ersichtlich weder der Wortlaut noch die äußeren Umstände, unter denen die Vereinbarung zustande gekommen ist, einen Anhalt. Der Antragsteller und seine Ehefrau haben die Umgangsvereinbarung am 4. 8. 2009 im Sachzusammenhang mit dem beim Amtsgericht…….. anhängigen familiengerichtlichen Verfahren 10 F 249/09 geschlossen. Dieses wurde ausweislich der Mitteilung des Gerichts ebenfalls vom 4. 8. 2009 über die Aufhebung des Termins vom 20.8.2009 unmittelbar nach Abschluss der Umgangsvereinbarung wegen Antragsrücknahme nach außergerichtlicher Einigung eingestellt. Daraus ist zu schließen, dass Streitgegenstand des familiengerichtlichen Verfahrens eine gerichtliche Umgangsregelung war und dass die außergerichtliche Umgangsvereinbarung vom 4. 8. 2009 eine Umgangsregelung durch das Familiengericht, etwa auch eine einstweilige Anordnung (vgl. § 1684 Abs. 3 BGB, § 156 Abs. 3 FamFG) ersetzt.

Eine durch einstweilige Anordnung gegen die Schule zu regelnde Rechtsposition des Antragstellers ergibt sich nicht aus seinem Vortrag, er sei in der Ausübung seines Sorgerechts dadurch benachteiligt, dass seine Ehefrau das Recht zugesprochen werde, der Schule gegenüber Umgangstermine mitzuteilen, ohne dass diese mit ihm Rücksprache nehmen müsse, und dass die Schule sich zum „Vollstrecker“ des Willens seiner Ehefrau mache. Grundlage der Beachtung des Umgangsrechts des Antragstellers ist im Hinblick auf das Abholen seiner Tochter von der Schule die Umgangsregelung vom 4. 8. 2009. Weitere Umgangszeiten fußen nach Aktenlage auf der Erklärung seiner Ehefrau, die diese schriftlich unter dem 21.1.2010 gegenüber der Schule abgegeben hat; danach erlaube sie dem Antragsteller, falls „Ersatztage“ während ihrer Umgangszeit vorlägen, die gemeinsame Tochter aus der Nachmittagsbetreuung abzuholen, sie werde dem Betreuungspersonal dann rechtzeitig Bescheid geben. Hierbei handelt es sich – im Sinne der am 4. 8. 2009 auch vereinbarten flexiblen Handhabung der Umgangsregelung – um ein erweiterndes Zugeständnis der Ehefrau des Antragstellers und gegenüber der Schule um eine praktikable Verfahrensweise. Es ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller, indem die Schule sich auch daran hält, in der Wahrnehmung seines Sorgerechts beeinträchtigt wird. Er hat auch mit der Beschwerde nicht aufgezeigt, dass seine Ehefrau mit ihm nicht rechtzeitig „Ersatztage“ abspricht oder die Information der Schule unterlässt und dass die Schule vereinbarte „Ersatztage“ missachtet.

Schließlich ist auch in dem vom Antragsteller angesprochenen „Notfall“, dass es seiner Ehefrau, etwa krankheitsbedingt, nicht möglich sei, selbst zu erscheinen (um die gemeinsame Tochter von der Schule abzuholen) und hierüber die Schule zu informieren, keine schulrechtlich gegenüber der Schule durchsetzbare Rechtsposition des Antragstellers begründet. Vielmehr ist auch der „Notfall“ auf familienrechtlicher Eben zu lösen. Ist die Ehefrau des Antragstellers, bei der sich nach der Umgangsregelung vom 4. 8. 2009 die gemeinsame Tochter gewöhnlich aufhält, verhindert, diese von der Schule abzuholen, obliegt ihr gemäß § 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB die alleinige Entscheidung, dafür zu sorgen, dass eine geeignete Person, etwa ihre Eltern, die Tochter von der Schule abholt, weil diese Entscheidung zu den Angelegenheiten des täglichen Lebens im Sinne der Vorschrift gehört.

Vgl. Palandt/Diederichsen, a. a. O., § 1687 Rdn. 11.

Ist sie hierzu nicht in der Lage, ist der Antragsteller entsprechend § 1629 Abs. 1 Satz 4 BGB, auf den § 1687 Abs. 1 Satz 5 BGB verweist, bei Gefahr im Verzug berechtigt, alle Handlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes notwendig sind. Dazu gehört im angesprochenen „Notfall“ auch, die gemeinsame Tochter von der Schule abzuholen. Einen Anhalt dafür, dass die Schule dieses Notrecht wie auch ihre Pflicht zur partnerschaftlichen und vertrauensvollen Zusammenarbeit in einer solchen Situation missachtet, hat der Antragsteller nicht aufgezeigt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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