LG Bonn – Az.: 5 S 63/20 – Beschluss vom 19.06.2020
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Amtsgericht Bonn vom 27.05.2020 (103 C 75/20) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsmittels trägt die Antragsgegnerin.
Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3000 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
In der Nacht vom …………. auf den …………..2020 verstarb die am …………..2005 geborene gemeinsame Tochter des Antragstellers und der Antragsgegnerin in X durch Suizid. Die Parteien lebten bereits zum Zeitpunkt der Geburt des gemeinsamen Kindes getrennt, der Antragsteller in Deutschland, die Antragsgegnerin in C.
Der Antragsteller besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft und lebt in K, die Antragstellerin ist Cische Staatsangehörige und wohnt in Y/C. Die Verstorbene verfügte sowohl über die deutsche als auch die Cische Staatsbürgerschaft.
Von Geburt an bis zu ihrem 14. Lebensjahr lebte die Verstorbene im gemeinsamen Haushalt mit der Antragsgegnerin und ihrer Großmutter. Im Sommer 2019 kam sie von C zu ihrem Vater – dem Antragsteller – nach K und ist seitdem polizeilich dort gemeldet.
Die ………Kinder- und Jugendhilfe ordnete am 31.05.2019 für den Zeitraum vom 05.06.2019 für die Dauer von 3 Monaten eine Reise der Verstorbenen zu ihrem Vater an. Diese Anordnung ist Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen in C, da die Antragsgegnerin diese Anordnung für widerrechtlich hält.
Die Verstorbene wurde in C bereits seit mehreren Jahren psychologisch betreut und war medikamentös eingestellt.
Während der Zeit in Deutschland verschlechterte sich der Zustand der Verstorbenen, sodass sie bereits am 25.07.2019 in der geschützt geschlossenen Abteilung der LVR Klinik K für die Dauer von 2 Tagen untergebracht werden musste.
Auch in der Folgezeit kam es immer wieder zu starken depressiven Episoden inklusive Suizidversuchen, sodass die Verstorbene in der Zeit vom 01.08.2019 bis 18.10.2019 und vom 03.11.2019 bis zu 06.03.2020 auf der Grundlage entsprechender Beschlüsse des Amtsgerichtes K – Familiengericht – in der LVR Klinik in K untergebracht war.
Mit Beschluss vom 02.10.2019 im Verfahren der Beteiligten mit dem Aktenzeichen ……… hat das Familiengericht in Y/C dem Vater und Antragsteller das Sorgerecht zur alleinigen Ausübung übertragen und angeordnet, dass die Verstorbene in der Obhut ihres Vaters verbleiben und in Deutschland wohnen wird. Ob im entsprechenden Hauptsacheverfahren inzwischen rechtskräftig entschieden ist, konnte die Kammer nicht ermitteln.
Nach der Beendigung der stationären Behandlung konnte die Verstorbene in eine Wohngruppe in X verlegt werden.
Am …………..2020 kam es zu einem eintägigen stationären Aufenthalt in der LVR, wobei es in der Fremdanamnese heißt, dass die Verstorbene bis zu 20 mal am täglich von ihrer in C lebenden Mutter angerufen werde, „die ihr ständig sagen würde, sie solle zurück nach C kommen, was die Patientin aber nicht wolle“. Auf den Entlassungsbericht der LVR Klinik K vom 26.04.2020 wird Bezug genommen.
Am …………..2020 erfolgte eine erneute eintägige Unterbringung der Verstorbenen in der LVR Klinik. Die Verstorbene kehrte in die Wohngruppe zurück, wo sie sich in der Nacht vom ………….. auf den …………..2020 das Leben nahm.
Der Antragsteller behauptet, dass Z nicht zurück nach C gewollt habe. Dies ergebe sich aus den Tagebucheinträgen, insbesondere vom …………..2020 und …………..2020 des Kindes und der Anamnese der LVR-Klinik.
Der Antragsteller beantragte beim Amtsgericht, das Recht zu erhalten, den Leichnam der am …………../…………..2020 in X verstorbenen Z B A, geb. …………..2005 auf dem E beizusetzen.
Die Antragsgegnerin beantragte beim Amtsgericht, den Antrag zurückzuweisen.
Widerklagend beantragte sie beim Amtsgericht, das Totenfürsorgerecht für das am …………..2005 in Y/C geborene und am …………..2020 in X verstorbene Kind Z B W A dem Antragsgegner zu entziehen und zur alleinigen Ausübung auf die Antragstellerin zu übertragen;
Hilfsweise, den Antragsgegner zu verpflichten, der Überführung der sterblichen Überreste des am …………..2005 in Y/C geborenen und am …………..2020 in X verstorbenen Kindes Z B W A nach Y/C und der Beisetzung auf dem dortigen Friedhof namens P zuzustimmen.
Die Antragstellerin beruft sich auf ein Schreiben der Verstorbenen vom 24. Juli 2019 sowie einen Tagebucheintrag vom 09.09.2019 wonach diese jeweils die Rückkehr nach C befürwortete habe. Die Verstorbene habe dort ihren Lebensmittelpunkt trotz des derzeitigen Aufenthaltes in Deutschland.
Das Amtsgericht hat dem Antrag des Antragstellers stattgegeben und die Widerklage nebst des Hilfsantrags abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass mangels eines ausdrücklichen Wunsches der Verstobenen deren mutmaßlich letzter Wille zu ermitteln sei. Dieser sei aufgrund des Tagebucheintrags vom …………..2020 und des Entlassungsberichts der LVR vom 25.04.2020 dahingehend auszulegen, dass sie nicht nach C zurückkehren habe wollen. Daran habe es sich bei dem mutmaßlichen Willen orientiert und deshalb dem Antrag des Kindsvaters stattgegeben.
Mit ihrem Rechtsmittel verfolgt die Antragsgegnerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter. Das Amtsgericht habe den mutmaßlichen Willen des verstorbenen Kindes hinsichtlich des Bestattungsortes falsch ausgelegt. Das Kind habe 14 Jahre in C gelebt und dorthin zurückkehren wollen. Das Amtsgericht habe fehlerhaft punktuelle Momentaufnahmen aus dem Tagebuch vom …………..2020 und aus dem Entlassbericht der LVR vom 25.04.2020 zugrunde gelegt. Diese beinhalteten aber nicht zwangsläufig eine nachhaltige und ernstliche über den Tod hinaus wirkende Willenserklärung, nicht nach C zurück zu wollen. Durchgreifende familiäre Zerwürfnisse, aus denen verlässliche Rückschlüsse auf einen entsprechenden mutmaßlichen Willen mit der gebotenen Sicherheit abzuleiten wären, ließen sich hieraus nicht ableiten. Auch sonstige Umstände, insbesondere aus dem Vater-Kind-Verhältnis, trügen einen solchen Schluss nicht.
Die Antragsgegnerin beantragt, das am 27.05.2020 verkündete Urteil abzuändern und der Antragsgegnerin das Recht einzuräumen, die sterblichen Überreste der am …………..2005 in Y/C geborenen und am …………..2020 in X verstorbenen Minderjährigen Z B W A nach Y/C zu überführen und auf dem dortigen Friedhof namens P beizusetzen.
Der Antragsteller beantragt, die eingelegte Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Er verteidigt die amtsgerichtliche Entscheidung. Das Amtsgericht habe zutreffend auf die Tagebucheinträge abgestellt. Diese persönlichen Aufzeichnungen seien für die Ermittlung des letzten mutmaßlichen Willen der Verstorbenen zu berücksichtigen und nicht Ausführungen Dritter, die eigenen Interpretationen und Bewertungen dieser Personen enthalten und keine direkten Erklärungen der Verstorbenen wiedergeben. Die Verstorbene schildere auf den letzten beiden Seiten dieses Tagebuches das Verhalten der Antragsgegnerin und der Großmutter an ihrem 13. Geburtstag, als sie zum ersten Mal Selbstverletzungsgedanken empfunden habe. Dies bringe die Ursache für den Wechsel zu ihrem Vater nach Deutschland deutlich zum Ausdruck, nämlich das kindeswohlschädliche Verhalten des Kindsmutter und Großmutter.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll vom 19.06.2020 Bezug genommen.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1.
Das statthafte Rechtsmittel ist vorliegend die Beschwerde gemäß §§ 57, 58 ff. FamFG, da es sich um eine Familiensache in Form einer Kindschaftssache gemäß §§ 111 Nr. 2, 151 Nr. 1, Nr. 3 FamFG bzw. einer sonstigen Familiensache iSv § 266 Abs.1 Nr. 4 FamFG handelt. Nach herrschender Ansicht in der Literatur und des Landgerichts L wird beim Streit der Eltern über die Herausgabe der Kindesleiche § 1632 BGB entsprechend angewendet und es entscheiden die Familiengerichte (LG Paderborn, Beschluss v. 26.03.1981, 2 O 76/81 = juris Rn. 5 f.; JurisPK/Hamdan BGB Band 4, 9. Aufl. 2020, § 1632 Rn. 11; Staudinger/Coester, BGB Neubearb. 2015, § 1626 Rn. 38; MüKO/Küpper, BGB 8. Aufl. 2020, § 1968 Rn. 7). Da gleichwohl das Zivilgericht in der Sache entschieden hat, ist das Landgericht/die Zivilkammer gemäß § 72 Abs. 1 GVG für das Rechtsmittel der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Amtsgerichts zuständig. Auf den Umstand, dass das Familiengericht zu Unrecht seine Zuständigkeit verneint und das Zivilgericht nach der bindenden Verweisung (§§ 17 a, 17 b GVG) seine Zuständigkeit angenommen hat, kommt es im Rechtsmittelverfahren nicht an (§§ 17 a Abs. 5 u. 6 GVG, 65 Abs. 4 FamFG). Dabei hat die Kammer nicht die Zivilprozessordnung, sondern das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) anzuwenden. Hat das erstinstanzliche Gericht seine Rechtswegzuständigkeit bzw. – wie hier – die Zuständigkeit des Zivilgerichts unzutreffend angenommen, so hat das Rechtsmittelgericht diejenige Verfahrensordnung anzuwenden, die für den Streitgegenstand tatsächlich einschlägig ist (Vgl. OLG Frankfurt, Beschluss v. 20.12.2018, 2 UF 126/18 = juris Rn. 39 mit Verweis auf Fritzsche NJW 2015, 586, 587 zum umgekehrten Fall). Zum Rechtsmittelzug in einer zu Unrecht – wie im vorliegenden Fall – als Zivilsache behandelten Familiensache und dem hierbei zu beachtenden Meistbegünstigungsgrundsatz hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass der Schutzgedanke der Meistbegünstigung es nicht gebietet, dass das Rechtsmittel auf dem vom vorinstanzlichen Gericht eingeschlagenen falschen Weg weitergeführt werden müsste. Vielmehr hat das Rechtsmittelgericht das Verfahren so zu betreiben, wie dies im Falle einer formell richtigen Entscheidung durch die Vorinstanz und dem danach gegebenen Rechtsmittel geschehen wäre (BGH, Beschluss v. 28.02.2018, XII ZR 87/17= juris Rn. 14 f.).
Die Beschwerde wurde ordnungsgemäß begründet. Dass die Beschwerde nicht in der Form des § 64 Abs. 1 FamFG beim Amtsgericht K, sondern als Berufung beim Landgericht Bonn eingelegt worden ist und auch nicht innerhalb der Frist des § 63 Abs. 2 Nr. 1 FamFG, führt nach Auffassung der Kammer vor dem Hintergrund des Schutzgedankens der Meistbegünstigung nicht zu deren Unzulässigkeit.
2.
In der Sache hat die Beschwerde aber keinen Erfolg, so dass sie zurückzuweisen war. Das Amtsgericht hat zu Recht mit einstweiliger Verfügung dem Kindsvater (Antragsteller) das Recht zur Bestattung des verstorbenen Kindes in K auf dem E eingeräumt und die Widerklage nebst des Hilfsantrags der Kindsmutter (Antragsgegnerin) als unbegründet abgewiesen. Der Antragsteller hat nach summarischer Prüfung einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund im Sinne des § 49 FamFG hinreichend glaubhaft gemacht.
a)
Grundsätzlich sind gemäß § 8 Abs. 1 BestG NRW u.a. die Eltern zur Bestattung verpflichtet. Gemäß § 12 Abs. 1 BestG NRW kann die Bestattung als Erdbestattung oder als Feuerbestattung vorgenommen werden. Art und Ort der Bestattung richten sich, soweit möglich, nach dem Willen der Verstorbenen, wenn sie das 14. Lebensjahr vollendet hatten und nicht geschäftsunfähig waren. Gemäß § 12 Abs. 2 BestG NRW entscheiden die Hinterbliebenen in der Rangfolge des §§ 8 Abs. 1 BestG NRW, wenn keine derartige Willensbildung bekannt ist.
Zutreffend hat das Amtsgericht festgestellt, dass ein ausdrücklicher Wunsch des verstorbenen Kindes hinsichtlich Bestattungsart und Bestattungsort von diesem nicht geäußert worden ist. Ein Abschiedsbrief, der einen solchen Wunsch enthalten könnte, existiert nach den übereinstimmenden Angaben der Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 19.06.2020 nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist beherrschender Grundsatz des Totenfürsorgerechts die Maßgeblichkeit des Willens des Verstorbenen. Dieser kann nicht nur die Art und Weise seiner Bestattung sowie den Ort der letzten Ruhestätte, sondern auch diejenige Person, die mit der Wahrnehmung dieser Belange betraut ist, bestimmen. Wenn und soweit ein Wille des Verstorbenen nicht erkennbar ist, kann der Totenfürsorgeberechtigte über die Art der Bestattung entscheiden und den Ort der letzten Ruhestätte auswählen. Bei der Ermittlung des für die Wahrnehmung der Totenfürsorge maßgebenden Willens des Verstorbenen kommt es nicht nur auf dessen ausdrücklichen Willensbekundung, etwa in einer letztwilligen Verfügung, an. Es genügt, wenn der Wille aus den Umständen mit Sicherheit geschlossen werden kann (BGH, Urteil v. 26.02.2019, VI ZR 272/18 = juris Rn. 16 f.; BGH, Urteil v. 26.02.1992, XII ZR 58/91 = juris Rn. 9 f.). Der Bundesgerichtshof führt weiter aus, dass Zweifel an der Bestimmung der letzten Ruhestätte, die durch zwischenzeitliche Äußerung oder Umstände geweckt werden, der Annahme eines entsprechenden letzten Willens nur dann nicht entgegenstehen, wenn sie überwunden werden (BGH 1992, aaO = juris Rn. 20).
Gemessen an diesen Grundsätzen kann die Kammer auf einen mutmaßlichen Willen des verstorbenen Kindes Z hinsichtlich der Wahrnehmung des Totenfürsorgerechts aus den Umständen nicht mit Sicherheit schließen. Ein solcher Wille bzw. Umstände, die auf einen solchen Willen schließen lassen, lassen sich weder den in der Akte vorliegenden Tagebucheinträgen aus dem Zeitraum Juli 2019 (Bl. …… f. d.A.), März 2020 und insbesondere April 2020 (Bl. …… f., ……… f. d.A.), dem Tagesbericht aus September 2019 (Bl. ……… f. d.A.), noch aus der Email der vormals zuständigen Familienrichterin Dr. M vom 18.09.2019 an das Bundesamt für Justiz (Bl. ……… d.A.) entnehmen. Aus den Tagebucheinträgen wird deutlich, dass das verstorbene Kind Z seine Haltung hinsichtlich seines Wohnortes in Deutschland oder C innerhalb des letzten Jahres verändert hat. Zunächst wollte die Verstorbene nach C zurückkehren, dann lehnte sie im April 2020 eine Rückkehr dorthin ab und wollte in Deutschland bleiben. Insgesamt ergibt sich aus den in der Akte vorliegenden Tagebucheinträgen und den ärztlichen Berichten aus der LVR Klinik (u.a. dem Entlassbericht vom 26.04.2020, Bl. …… f. d.A., sowie dem als Anlage zum SS vom 19.06.2020 vorgelegten Bericht der LVR „Epikrise“ vom 04.05.2020, dort insbesondere aus Seite 5), dass sich die Wünsche des verstorbenen Kindes im Verlauf wechselnd zeigten und dieses mehrmals seine Meinung änderte. Aus diesen Umständen vermag die Kammer daher keinen sicheren Schluss auf einen mutmaßlichen Willen von Z hinsichtlich der Wahrnehmung des Totenfürsorgerechts, insbesondere hinsichtlich des Bestattungsortes und der ebenfalls zwischen den Kindseltern streitigen Bestattungsart (Feuer- oder Erdbestattung) ziehen. Grundsätzlich kann auch nach Auffassung der Kammer nicht zwingend von einem Wohnortwunsch auf den Wunsch des Bestattungsortes geschlossen werden. Dass es Menschen gibt, die bewusst an einem anderen Ort als ihrem letzten Wohnort bestattet werden möchten, wie beispielsweise vielfach im Falle des Wunsches nach einer Seebestattung o.ä., ist allgemein bekannt.
b)
Da sich ein mutmaßlicher Wille nicht mit Sicherheit feststellen lässt, findet die Regelung des § 12 Abs. 2 BestG NRW Anwendung. Die Eltern sind dort grundsätzlich im Rang als gleichberechtigt aufgeführt. Das Landgericht L hat allerdings für diesen Fall in der oben genannten Entscheidung ausgeführt, dass zwar gemäß § 1698b BGB mit dem Tod des Kindes die elterliche Sorge und damit die Personensorge, die gemäß § 1632 Abs. 1 BGB das Recht begründe, die Herausgabe des Kindes von jedem zu verlangen, der es den Eltern oder einem Elternteil widerrechtlich vorhält, ende. Die elterliche Sorge habe aber nicht nur im Bereich der Vermögenssorge, sondern auch im Bereich der Personensorge gewisse Nachwirkung, insbesondere bei der Bestattung. So sei die Auswahl der letzten Ruhestätte eines Verstorbenen das Recht und die Pflicht seiner nächsten Angehörigen. Es handele sich dabei um eine Nachwirkung des familienrechtlichen Verhältnisses, das den Toten bei Lebzeiten mit den Überlebenden verbunden habe. Dieses Recht der Totenfürsorge sei gewohnheitsrechtlicher Natur und positivrechtlich nur unvollkommen im Gesetz über die Feuerbestattung vom 15.05.1934 (RGBl I S. 380) geregelt, soweit es nämlich um die Bestattungsart gehe. In § 5 dieses Gesetzes sei angeordnet, dass bei Verstorbenen, die zur Zeit ihres Todes noch nicht 16 Jahre alt waren, derjenige die Bestattungsart bestimmt, dem die Sorge für die Person des Verstorbenen oblag. Es erscheine geboten, diese Vorschrift entsprechend dahingehend anzuwenden, dass auch der Bestattungsort vom Inhaber des Personensorgerechts bestimmt werde (LG Paderborn, aaO = juris Rn. 5). Die Streitigkeit der Eltern sei im Grunde eine Fortführung des Streits um das Personensorgerecht (LG Paderborn, aaO = juris Rn. 6). Auch nach einer anderen Entscheidung in der Rechtsprechung ist der Inhaber der alleinigen elterlichen Sorge für ein (verstorbenes) Kind auch allein zur Entscheidung über die Bestattungsart und den Bestattungsort befugt (AG Biedenkopf, Beschluss v. 17.11.1998, 3 F 271/98 = juris Rn. 17). Diese Auffassung wird in der Literatur geteilt. Dem Inhaber der elterlichen Sorge steht auch das Recht zu, zu bestimmen, wann, wo und wie die Bestattung stattfinden soll (Staudinger/Coester, BGB Neubearb. 2015, § 1626 Rn. 38).
Die Kammer schließt sich der vorgenannten Ansicht an. Der Antragsteller ist nach der Sorgerechtsentscheidung des Cischen Familiengerichts Amtsgericht D vom 02.10.2019 (Bl. …… d.A.) Inhaber der alleinigen elterlichen Sorge. Dass diese Entscheidung im Wege einer einstweiligen Verfügung erging und die Hauptsache eventuell (die Kammer vermochte dies in der Kürze der Zeit nicht erschöpfend aufzuklären) noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist, führt wegen der Regelungen der §§ 40, 53, 86, 110 FamFG nicht zur Annahme eines gemeinsamen Sorge- und damit auch Totensorgerechts des Antragstellers und der Antragsgegnerin.
c)
Die besondere Eilbedürftigkeit im Sinne des § 49 Abs. 1 FamFG ergibt sich aus der letztmaligen Verlängerung der Bestattungsfrist durch Bescheid der Stadt X vom 15.06.2020 bis zum 23.06.2020 (Bl. ……… d.A.). Der Erlass der einstweiligen Anordnung war aufgrund dieser besonderen Umstände auch trotz der Vorwegnahme der Hauptsache ausnahmsweise gerechtfertigt. Wird der Bestattungspflicht nicht rechtzeitig nachgekommen, veranlasst die örtliche Ordnungsbehörde gemäß § 8 Abs. 1 S. 2 BestG NRW die Bestattung.
d)
Zutreffend hat das Amtsgericht den widerklagend geltend gemachten Anspruch der Antragsgegnerin zur Übertragung der Totenfürsorge bzw. des Hilfsantrags auf Zustimmung zur Überführung und Beerdigung in C verneint. Hinsichtlich des nunmehr in der Beschwerdeinstanz gestellten Antrags auf Einräumung des Rechts zur Überführung und Beerdigung in C wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Der Antragsgegnerin steht das Recht zur Totenfürsorge, was mit diesem Antrag – nur anders formuliert – geltend gemacht wird, nicht zu. Zudem gibt es nach der obergerichtlichen Rechtsprechung keine Rechtsgrundlage zur gerichtlichen Übertragung der Totenfürsorge auf andere Personen und ein solcher Anspruch kann wegen des Verbotes der Vorwegnahme der Hauptsache auch nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes geltend gemacht werden (OLG Naumburg, Urteil v. 08.10.2015, 1 U 72/15 = juris Rn. 8 f, 10.).
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
Der Verfahrenswert wurde entsprechend § 45 Abs. 1 FamGKG auf 3000 EUR festgesetzt.
Die Entscheidung ist gemäß § 70 Abs. 4 FamFG unanfechtbar.