BGH, Az.: XII ZR 123/00, Urteil vom 19.03.2003
Leitsatz (vom Verfasser – nicht amtlich!):
Der Vorteil des Wohnens in einem eigenen Haus wirkt sich nicht einkommenserhöhend im Hinblick auf das Unterhaltseinkommen aus. Ferner reduziert sich der Wohnwert bei einem kreditfinanzierten Eigenheim um den in den Darlehensraten enthaltenen Tilgungsanteil.
Zudem ist – in der Regel – auch nur die Hälfte des Einkommens des Unterhaltspflichtigen, das seinen Mindestselbstbehalt nach den Unterhaltstabellen übersteigt, für den Elternunterhalt anzusetzen.
Sachverhalt:
Die Mutter des Beklagten lebte in einem Altersheim. Da ihre Einkünfte die Heimkosten nicht deckten, wurde ihr in Höhe des Fehlbetrags Sozialhilfe gewährt. Der Beklagte lebt mit seiner Ehefrau in einem durch Kreditaufnahme finanzierten Eigenheim. Das Haus steht im Miteigentum der Ehegatten. Der Beklagte wurde zum 01.01.1999 wegen Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Der Kreis verklagte den Sohn auf Unterhaltszahlung. Das Amtsgericht hatte der Klage des Kreises in Höhe von rund 620 DM monatlich für die Zeit von März 1998 bis Januar 1999 stattgegeben.
Entscheidungsgründe:
Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Urteil das Urteil teilweise abgeändert und die Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main bestätigt, dass der Vorteil des Wohnens im eigenen Haus sich (hier) nicht einkommenserhöhend auswirkt. Bei der Inanspruchnahme auf Zahlung von Elternunterhalt ist hiernach der Wert des mietfreien Wohnens nicht nach der bei einer Fremdvermietung erzielbaren „objektiven Marktmiete“, sondern auf der Grundlage der nach ihren individuellen Verhältnissen ersparten Mietaufwendungen zu bestimmen. Von dem Unterhaltspflichtigen kann nicht erwartet werden, daß er den objektiven „Mehrwert“ seines Eigenheims durch eine Vermietung oder Veräußerung realisiert. Eine solche Verwertung obliegt ihm gegenüber seinem Elternteil nicht, weil er im Verhältnis zu diesem nicht verpflichtet ist, eine spürbare und dauerhafte Senkung seines berufs- und einkommenstypischen Unterhaltsniveaus hinzunehmen, mithin auch keine grundlegende Beeinträchtigung der bisherigen Lebensführung, zu der auch das Wohnen im eigenen Haus gehört.
Der Wohnwert (bei Unterhaltsansprüchen von Elternteilen) reduziert sich auch um den in den Darlehensraten enthaltenen Tilgungsanteil, „wenn und soweit sich die Verbindlichkeiten und die hieraus resultierenden Annuitäten in einer im Verhältnis zu den vorhandenen Einkünften angemessenen Höhe halten und zu einer Zeit eingegangen wurden, als der Unterhaltspflichtige noch nicht damit zu rechnen brauchte, für den Unterhalt eines Elternteils aufkommen zu müssen“.
Ferner ist in der Regel nur die Hälfte des Einkommens des Unterhaltspflichtigen, das seinen Mindestselbstbehalt nach den Unterhaltstabellen übersteigt, für den Elternunterhalt anzusetzen.