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Änderungskündigung: Streichung der individuell vereinbarten Entfernungszulage


BAG

Az: 2 AZR 44/06

Urteil vom 01.02.2007


In Sachen hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 1. Februar 2007 für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 20. Oktober 2005 – 5 (15) Sa 904/05 – aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 13. Mai 2005 – 2 Ca 2603/04 lev – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten über den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses nach einer arbeitgeberseitigen Änderungskündigung.

Der am 29. November 1949 geborene Kläger war seit 1972 bei der Beklagten als Energieanlagenelektroniker beschäftigt.

Mit Schreiben vom 28. Juli 2004, dem Kläger am 2. August 2004 zugegangen, sprach die Beklagte eine betriebsbedingte Änderungskündigung zum 28. Februar 2005 mit dem Ziel aus, eine individuell vereinbarte Entfernungszulage endgültig zu streichen. Im Übrigen sollten die Arbeitsbedingungen unverändert bleiben. In dem Kündigungsschreiben heißt es ua.:

„Wir bieten Ihnen gleichzeitig an, das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der oben genannten Kündigungsfrist zu denselben Bedingungen des bisherigen Arbeitsverhältnisses mit Ausnahme der Zahlung der Entfernungszulage fortzusetzen. Ihre bisherige Betriebszugehörigkeit sowie auch alle weiteren Bestimmungen Ihres Arbeitsvertrages mit Ausnahme der Entfernungspauschale gelten damit unverändert fort.

Teilen Sie uns bitte umgehend mit, ob Sie mit den geänderten Arbeitsbedingungen und mit einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über die Kündigungsfrist hinaus einverstanden sind. Andernfalls endet das Arbeitsverhältnis mit Fristablauf.“

Mit Schreiben vom 16. Oktober 2004, der Beklagten am 2. November 2004 zugegangen, nahm der Kläger das Änderungsangebot an. Mit Schreiben vom 21. Oktober 2004, dem Kläger am 12. November 2004 zugegangen, teilte die Beklagte dem Kläger mit, das Arbeitsverhältnis finde wegen der nicht rechtzeitigen Annahme des Änderungsangebotes zum 28. Februar 2005 sein Ende.

Mit seiner am 3. Dezember 2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht und die Auffassung vertreten, er habe das Änderungsangebot jedenfalls mit seiner Mitteilung vom 16. Oktober 2004 noch rechtzeitig innerhalb der Kündigungsfrist angenommen. Er habe eine ausreichende Überlegungszeit benötigt, da er auf die Zahlung der Entfernungszulage dringend angewiesen sei. Es sei auch kein besonderes Interesse der Beklagten an einer frühzeitigen Entscheidung erkennbar. Es reiche deshalb aus, wenn die Beklagte vor Ablauf der Kündigungsfrist Kenntnis von der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gehabt habe. Im Übrigen habe er mit Schreiben vom 21. August 2004 die Beklagte darüber informiert, dass er mit Rücksicht auf die betriebliche Situation von einer Klage absehen wolle und bereit sei, auf die Urteile in anderen Verfahren der Kollegen zu warten; soweit das Arbeitsgericht die Notwendigkeit der Änderungskündigungen feststelle, werde er den Änderungsvertrag annehmen. Falls die Beklagte mit diesem Vorgehen einverstanden gewesen wäre, habe er sie um eine kurze Mitteilung gebeten.

Der Kläger hat zuletzt beantragt

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis über den 28. Februar 2005 auf der Basis des Änderungsangebots der Beklagten vom 28. Juli 2004 fortbesteht.

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt:

Der Kläger habe das Änderungsangebot zu spät angenommen. Die Frist des § 2 Satz 2 KSchG sei entsprechend anzuwenden. Sie habe dem Kläger mit der Bitte um eine „umgehende“ Mitteilung im Kündigungsschreiben eine hinreichende Frist gesetzt. Für den Kläger sei erkennbar gewesen, dass sie eine rasche Antwort erwartet habe, um planen zu können. Sollte die Frist zu kurz bemessen sein, sei eine angemessene Frist zu bestimmen. Im Übrigen bestreite sie den Erhalt eines Schreibens des Klägers vom 21. August 2004.

Das Arbeitsgericht hat nach dem Feststellungsantrag des Klägers erkannt.

Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Klage ist abzuweisen. Der Kläger hat innerhalb der Frist des § 4 KSchG keine Kündigungsschutzklage erhoben. Das Arbeitsverhältnis besteht auch nicht auf Grund vorbehaltloser Annahme des Änderungsangebots fort, da der Kläger diese Annahme nicht rechtzeitig erklärt hat.

A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, das Arbeitsverhältnis der Parteien bestehe auf der Grundlage des Änderungsangebots der Beklagten vom 28. Juli 2004 über den 28. Februar 2005 hinaus fort. Der Kläger habe das Änderungsangebot mit Schreiben vom 16. Oktober 2004 noch rechtzeitig angenommen. Die mit der Formulierung „umgehend“ gesetzte Frist nach § 148 BGB sei zu kurz bemessen. Sie könne nicht in eine angemessene Frist umgedeutet werden. Es sei vielmehr § 147 Abs. 2 BGB anzuwenden. Danach sei die Annahme des Angebots aber noch rechtzeitig erfolgt. Dem stehe auch das Interesse der Beklagten an einer raschen Planung nicht entgegen. Angesichts der langen Betriebszugehörigkeit und der durch den Wegfall der Entfernungspauschale erheblichen Verdienstkürzung habe der Kläger die hier erforderliche Entscheidung nicht innerhalb weniger Tage oder Wochen treffen müssen. Dies hätte die Beklagte erkennen können. Gegebenenfalls hätte sie den Kläger an seine Entscheidung erinnern müssen, wenn sie für ihre Planung eine größere Sicherheit hätte erreichen wollen.

B. Dem folgt der Senat nicht.

Das Arbeitsverhältnis ist auf Grund der nicht angegriffenen Änderungskündigung vom 28. Juli 2004 zum 28. Februar 2005 beendet worden (§ 7 Satz 1, § 4 Satz 1 und 2 iVm. § 2 KSchG), da der Kläger auch das Änderungsangebot nicht rechtzeitig angenommen hat (§ 148 BGB).

I. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Klage allerdings noch nicht allein deshalb unbegründet, weil der Empfänger einer Änderungskündigung das Änderungsangebot nach § 2 Satz 2 KSchG auch vorbehaltlos nur innerhalb einer Frist von drei Wochen annehmen kann. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. 6. Februar 2003 – 2 AZR 674/01 – BAGE 104, 315; 18. Mai 2006 – 2 AZR 230/05 – AP KSchG 1969 § 2 Nr. 83 = EzA KSchG § 2 Nr. 59) ist die vorbehaltlose Annahme eines in einer Änderungskündigung enthaltenen Änderungsangebots nicht an eine Höchstfrist von drei Wochen nach Zugang der Kündigung gebunden.

II. Der Kläger hat jedoch entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts eine von der Beklagten nach § 148 BGB bestimmte Annahmefrist verstreichen lassen.

1. Nach § 148 BGB kann der Antragende eine Frist zur Annahme eines Angebots bestimmen. Eine Annahme kann dann nur innerhalb der bestimmten Frist erfolgen (§ 148 BGB). Die subsidiäre Regel des § 147 Abs. 2 BGB, nach der der einem Abwesenden gemachte Antrag nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden kann, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf, gilt danach nur, wenn der Antragende von der ihm nach § 148 BGB eingeräumten Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat oder die Fristbestimmung unwirksam ist (vgl. BGH 13. Dezember 1989 – VIII ZR 94/89 – BGHZ 109, 359, 361; Staudinger/Bork (1996) BGB § 148 Rn. 1; Palandt/Heinrichs BGB 65. Aufl. §§ 147, 148 Rn. 4; Erman/C. Armbrüster BGB 11. Aufl. § 148 Rn. 1; jurisPK-BGB/Backmann § 148 Rn. 1).

Die Fristbestimmung iSv. § 148 BGB kann dabei nicht nur durch die Festlegung eines konkreten Termins oder durch die Festsetzung eines Zeitraums erfolgen, sondern sich auch aus den Umständen ergeben (Erman/C.Armbrüster BGB 11. Aufl. § 148 Rn. 3). Ausreichend ist jede zeitliche Konkretisierung, durch die der Antragende zu erkennen gibt, er wolle von der gesetzlichen Regelung des § 147 BGB nach oben oder unten abweichen. So kann beispielsweise die Frist dadurch verkürzt werden, dass der Antragende dem Erklärungsempfänger zu einer „sofortigen“ bzw. „raschen Annahme“ oder zu einem „umgehenden Anruf“ auffordert (Staudinger/Bork (1996) BGB § 148 Rn. 4; MüKo-BGB/Kramer 4. Aufl. § 148 Rn. 2; Palandt/Heinrichs BGB 65. Aufl. §§ 147, 148 Rn. 4). Die Wendung „umgehende Antwort“ verlangt im Allgemeinen eine rasche Überlegung und Übermittlung (Soergel/Wolf BGB 13. Aufl. § 148 Rn. 4). Auch gibt es für die Dauer der gewillkürten Annahmefrist grundsätzlich keine Grenze (BAG 18. Mai 2006 – 2 AZR 230/05 – AP KSchG 1969 § 2 Nr. 83 = EzA KSchG § 2 Nr. 59; Staudinger/Bork aaO § 148 Rn. 5; Müko-BGB/Kramer § 148 Rn. 4). Allerdings muss im Hinblick auf § 2 Satz 2 KSchG die Mindestannahmefrist drei Wochen betragen (s. im Einzelnen BAG 18. Mai 2006 – 2 AZR 230/05 – aaO). Sie darf nicht unterschritten werden.

2. Das Berufungsurteil wird diesen Grundsätzen nicht gerecht.

a) Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, die Beklagte habe mit der Formulierung im Kündigungsschreiben vom 28. Juli 2004 „teilen Sie uns umgehend mit, ob Sie … einverstanden“ sind, eine Annahmefrist iSv. § 148 BGB bestimmt.

b) Die mit dem Kündigungsschreiben bestimmte Annahmefrist war zwar zu kurz bemessen, weil sie die auch für die vorbehaltlose Annahme grundsätzlich maßgebliche Mindestfrist des § 2 KSchG unterschreitet. Dies führt jedoch entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht dazu, dass es überhaupt an einer Fristsetzung für eine vorbehaltlose Annahme des Änderungsangebots fehlt und die Frist nach § 147 BGB zu bestimmen wäre. An die Stelle der zu kurzen Frist ist vielmehr die Frist des § 2 Satz 2 KSchG getreten.

aa) Die gesetzliche Mindestfrist des § 2 Satz 2 KSchG bildet die Untergrenze für das vom Arbeitgeber gemachte befristete Änderungsangebot. Der Arbeitnehmer kann sowohl die Annahme des Änderungsangebots unter Vorbehalt als auch die vorbehaltlose Annahme nach Ablauf einer zu kurz bemessenen Annahmefrist grundsätzlich noch bis zum Ablauf der gesetzlichen Frist des § 2 Satz 2 KSchG erklären. Eine zu kurz bestimmte Annahmefrist führt auch nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung insgesamt. Die Unwirksamkeitsfolge nach §§ 1, 2 KSchG kommt nur als eine Reaktion des Rechts auf das Fehlen von materiellen Kündigungs- oder Änderungskündigungsgründen, nicht jedoch auf fehlerhafte Fristbestimmungen in Betracht. Bei fehlerhaft bestimmten Fristen wird vielmehr nur die gesetzliche Frist des § 2 Satz 2 KSchG in Lauf gesetzt (Senat 18. Mai 2006 – 2 AZR 230/05 – AP KSchG 1969 § 2 Nr. 83 = EzA KSchG § 2 Nr. 59). Der Arbeitnehmer kann also stets das Änderungsangebot vorbehaltlos, genauso wie unter Vorbehalt, innerhalb der Frist des § 2 Satz 2 KSchG annehmen. Er muss diese Frist dann aber auch einhalten, was hier nicht geschehen ist.

bb) Im Übrigen wäre – was das Landesarbeitsgericht gleichfalls außer Acht gelassen hat – eine zu kurz bemessene Annahmefrist („umgehend“) zumindest auch im Rahmen des § 147 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen. Danach konnte aber der Kläger auf Grund der von der Beklagten erfolgten Fristbestimmung nicht mehr davon ausgehen, die Beklagte als Antragende würde nach deutlich mehr als drei Wochen noch eine Annahme erwarten (vgl. Larenz/Wolf Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts 9. Aufl. § 29 Rn. 26).

cc) Im Ergebnis nichts anderes würde schließlich auch dann gelten, wenn das Schreiben des Klägers vom 21. August 2004 die Beklagte noch innerhalb der 3-Wochen-Frist erreicht hätte. Das Schreiben enthält gerade keine vorbehaltlose Annahme des Änderungsangebots. Die Frage bedarf letztlich aber keiner Entscheidung, da dem Kläger der Nachweis des von der Beklagten bestrittenen Zugangs des Schreibens nicht gelungen ist. Die behauptete Aufgabe des Briefes zur Post ist insoweit nicht ausreichend (s. nur Palandt/Heinrichs BGB 66. Aufl. § 130 Rn. 21).

3. Durch die nicht rechtzeitige vorbehaltlose Annahme ist das Änderungsangebot erloschen (§ 146 BGB). Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist deshalb nicht zu den geänderten Arbeitsbedingungen fortgesetzt worden. Da der Kläger die Änderungskündigung aber auch nicht innerhalb der Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG angegriffen hat, ist die Kündigung vom 28. Juli 2004 rechtswirksam geworden und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 28. Februar 2005 beendet (§ 7 Satz 1 KSchG).

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

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