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Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall – Urlaubsgeld

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz

Az: 3 Sa 585/06

Urteil vom 08.12.2006


In dem Rechtsstreit hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz auf die mündliche Verhandlung vom 8. Dezember 2006 für Recht erkannt:

1. Die Berufung von Klägerin und Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 23.06.2006 – 8 Ca 3108/05 – werden jeweils zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:
Die Parteien streiten im Wesentlichen über Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie die Verpflichtung zur Zahlung von Urlaubsgeld für das Jahr 2005. Zur Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 23.06.2006 – 8 Ca 3108/05 – Bezug genommen.

Mit dem genannten Urteil hat das Arbeitsgericht die auf Zahlung von Entgeltfortzahlung für den Zeitraum vom 05.09.2005 bis 26.09.2005 sowie auf Zahlung von Urlaubsgeld für das Jahr 2005, anteilige Fahrgeldzuschüsse und Zuschüsse zum Kinderartenbeitrag für September 2005, Abrechnung über die mit der Klage geltend gemachten Bezüge für den Monat September 2005. gerichtete Klage der Klägerin abgewiesen. Ebenso hat das Arbeitsgericht die auf Rückzahlung der vom Beklagten für den Zeitraum vom 25.07. bis 04.09.2005 geleisteten Entgeltfortzahlung gerichtete Widerklage des Beklagten abgewiesen. Zur Darstellung der erstinstanzlichen Entscheidungsbegründung wird auf die Gründe des genannten Urteils des Arbeitsgerichts Mainz Bezug genommen.

Gegen das genannte Urteil haben beide Parteien mit einem jeweils am 04.07.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese am 01.09.2006 (Klägerin) bzw. 04.09.2006 (Beklagter) begründet.

Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen geltend gemacht:

Das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass im gesamten Zeitraum eine Fortsetzungserkrankung vorgelegen habe. Ausweislich der vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen lägen unterschiedliche Diagnosen und damit unterschiedliche Erkrankungen vor. Soweit klägerseits erstinstanzlich Neuerkrankungen vorgetragen worden seien, seien bei Attestierung dieser Erkrankungen auch die zuvor den Ärzten mitgeteilten Beschwerden und Symptome, die zur Attestierung der vorherigen Erkrankung geführt hätten, ausgeheilt gewesen. Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht auch den geltend gemachten Urlausgeldanspruch für das Jahr 2005 abgelehnt. Durch Abschluss des schriftlichen Arbeitsvertrages im Jahr 1999 seien die arbeitsvertraglichen Beziehungen nicht umfassend neu geregelt worden. Tatsächlich sei das Arbeitsverhältnis vielmehr mit geringen Änderungen wie bisher fortgeführt worden. Bei der tatsächlichen Zahlung des Urlaubsgeldes nach Abschluss des schriftlichen Vertrages habe sie – die Klägerin – zu keinem Zeitpunkt irgendeine Erklärung dem Beklagten gegenüber dahingehend abgeben müssen, dass sie anerkenne, dass es sich um eine freiwillige Zahlung handele. Bei Zahlung des Weihnachtsgeldes habe der Beklagte demgegenüber eine dementsprechende Erklärung jeweils verlangt. Dies belege, dass die Parteien der im Arbeitvertrag enthaltenen doppelten Schriftformklausel keine besondere Bedeutung zu-gemessen hätten. Die Versagung des Urlaubsgeldanspruches stelle sich auch als unzulässige Rechtsausübung dar. Die weitere Gewährung des Urlaubsgeldes auch nach Abschluss des schriftlichen Arbeitsvertrages in der bisherigen Höhe und die andererseits geforderte Zusicherung der Freiwilligkeit in Bezug auf das gezahlte Weihnachtsgeld brächten zum Ausdruck, dass es dem Beklagten für die Wirksamkeit der Nebenabrede gerade nicht auf die Einhaltung der Schriftform an-gekommen sei. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 01.09.2006 (Bl. 335 ff d.A.) und die weiteren Ausführungen im Schriftsatz vom 19.10.2006 (Bl. 364 f d.A.) verwiesen.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 23.06.2006 – AZ: 8 Ca 3108/05 – abzuändern und

1. den Beklagten zu verurteilen, 2.583,84 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 2. Oktober 2005 an die Klägerin zu zahlen;

2. den Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 99,86 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 2. Oktober 2005 zu zahlen, abzüglich 45,60 Euro netto nebst Zinsen;

3. den Beklagten zu verurteilen, Abrechnung über den sich unter Berücksichtigung vorstehender Ziffern 1 und 2 ergebenden sowie dem bisher von ihm gezahlten Bruttobetrag für den Monat September 2005 zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

1. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen,
2. unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klägerin auf die Widerklage hin zu verurteilen, an den Beklagten 2.907,20 Euro nebst 5 % Zinsen übe dem Basiszinssatz seit 25.01.2006 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt hinsichtlich der Klageabweisung das angefochtene Urteil als rechtlich zutreffend. Zur Begründung seiner Berufung macht er im Wesentlichen geltend, das Arbeitsgericht sei zwar im Kern zutreffend davon ausgegangen, dass grundsätzlich im Falle der Rückforderung bereits geleisteter Entgeltfortzahlung die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass tatsächlich keine zur Arbeitsunfähigkeit führende Erkrankung vorgelegen habe, der Arbeitgeber trage. Vorliegend sei aber deshalb eine Beweislastumkehr anzunehmen, weil die Klägerin sich mit ihrer Verpflichtung zur Vorlage der nachträglich geänderten Erstbescheinigungen in Verzug befunden habe. Die erste nachträgliche Erstbescheinigung trage das Datum vom 01.08.2005 und hätte daher am 02.08.2005 vorgelegt werden müssen. Wäre dies geschehen, hätte er – der Beklagte – sofort gemerkt, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nachträglich manipuliert worden seien und hätte sofort die Zahlungen eingestellt. Unter dem Gesichtpunkt des Verzugsschadens schulde die Klägerin dem Beklagten die Wiedereinsetzung in die insoweit günstigere Beweislage. Das Arbeitsgericht habe auch verkannt, dass der Änderung von Folge- und Erstbescheinigungen im Hinblick auf eine Erschütterung des Beweiswertes der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung entscheidende Bedeutung zukomme.

Der Berufung der Klägerin müsse der Erfolg versagt bleiben. Die Klägerin habe die Widersprüchlichkeiten, die sich aus der Abänderung von Folge- und Erstbescheinigungen ergeben, nicht ausräumen können. Wegen der Einzelheiten des Sachvortrags des Beklagten insoweit wird auf dessen Berufungsbeantwortung gemäß Schriftsatz vom 08.10.2006 (Bl. 358 ff d. A.) verwiesen. Das Arbeitsgericht habe zu Recht auch die Klage hinsichtlich des geltend gemachten Urlaubsgeldanspruchs abgewiesen. Da eine Berufsträgerin in einer Steuerkanzlei eine ganz andere Position einnehme und auch eine höhere Bezahlung verlangen könne als eine Steuerfachangestellte, sei es zutreffend, dass durch den schriftlichen Anstellungsvertrag vom 15.03.1999 das Arbeitsverhältnis umfassend neu geregelt worden sei. Eine Berufung auf die Schriftform sei auch nicht Treuwidrig. Es fehle bereits an einem ausreichenden Zeitmoment. Wenn überhaupt eine betriebliche Übung entstanden sein könnte, dann nur mit dem Inhalt der bereits erstinstanzlich vorgelegten Gesamtzusage, die gegenüber den anderen Mitarbeitern konsequent angewendet worden sei. Auch nach dem Inhalt der Gesamtzusage aber erhielten Arbeitnehmer, die zum Auszahlungszeitpunkt das Arbeitsverhältnis bereits gekündigt haben, kein Urlaubsgeld.

Die Klägerin ihrerseits tritt der Berufung der Beklagten nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 06.10.2006, auf den verwiesen wird (Bl. 350 f d.A.) entgegen.

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Berufung der Klägerin

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist an sich statthaft und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.

1. Die Berufung bleibt ohne Erfolg, soweit die Klägerin mit ihr die Verurteilung des Beklagten zur weiteren Entgeltfortzahlung für den Zeitraum vom 5.9.-26.9.2005 begehrt. Zutreffend hat das Arbeitsgericht erkannt, dass ein über den 6-Wochen-Zeitraum hinausgehender Entgeltfortzahlungsanspruch jedenfalls nach dem Grundsatz der Einheit des Versicherungsfalls ausscheidet. Danach ist die Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers auch dann auf den 6-Wochen-Zeitraum beschränkt, wenn während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit eine andere Erkrankung hinzutritt, sich also Erkrankungen überschneiden (st. Rspr. des BAG, z.B. 26.2.1992 – 5 AZR 120/91-; Treber, EFZG, § 3 Rz. 139 mwN.). Dies ist vorliegend der Fall. Nach den Angaben zu Beginn und voraussichtlichem Ende der Arbeitsunfähigkeit in den ursprünglichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen lag durchgängig Arbeitsunfähigkeit vom 25.7.2005 bis zum 30.9.2005 vor. Soweit die Klägerin auch in der Berufung wiederholt darauf hinweist, dass in einzelnen Zeiträumen unterschiedliche Erkrankungen bestanden hätten, kann dies dahinstehen: Entscheidend ist nicht, ob es sich um unterschiedliche Erkrankungen handele, sondern nach den Grundsätzen der Einheitlichkeit des Versicherungsfalles, ob eine durchgängige Arbeitsunfähigkeit bestand (Treber, a.a.O..). Nach dem eigenen erstinstanzlichen Sachvortrag der Klägerin erfolgte die Korrektur der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nur im Hinblick darauf, dass verschiedene Erkrankungen vorlagen, so dass sich allein aus der Tatsache der Korrektur nicht ergibt, dass bei Auftreten einer neuen Erkrankung die zuvor bestehende Erkrankung ausgeheilt war und zwischenzeitlich Arbeitsfähigkeit bestand.

Warum die in den ursprünglichen Bescheinigungen des Dr. H. enthaltenen Aussagen über Beginn und Ende der Arbeitsunfähigkeit (durchgängige Arbeitsunfähigkeit vom 25.7.-18.9.2005) unzutreffend sein sollen, legt die Klägerin nicht näher dar. Hierzu wäre sie aber in Anwendung der aus § 138 Abs. 2 ZPO resultierenden Darlegungslast unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falles gehalten gewesen. Neben der ursprünglich durchgängig von Dr. H. bescheinigten Arbeitsunfähigkeit im Zeitraum 25.7.-18.9.2005 kommt hinzu, dass nach den korrigierten Bescheinigungen eine zeitliche Lücke der aufeinander folgenden Arbeitsunfähigkeitszeiten nur bezüglich des 13. und 14.8.2005 sowie des 3. und 4.9.2005 vorliegt, wobei es sich jeweils um Samstage bzw. Sonntage handelte. Angesichts dessen, dass es wegen der oft nur auf Montag bis Freitag entfallenden Arbeitswoche eine häufig anzutreffende Praxis ist, das voraussichtliche Ende der Arbeitsunfähigkeit auf den Ablauf des Freitag einer Woche festzulegen und unter Berücksichtigung des wiederkehrenden Auftretens bestimmter Diagnosen und Beschwerden, insbesondere aber im Hinblick auf die dargestellte ursprüngliche Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeitsdauer, die im Gegensatz zu den korrigierten Bescheinigungen auf einer zeitnahen Untersuchung der Klägerin beruhten, reicht die bloße Behauptung der Klägerin ohne Mitteilung näherer Einzelheiten, Krankheiten seien ausgeheilt gewesen, nicht aus.

Da der Klägerin ein weitergehender Entgeltfortzahlungsanspruch nicht zusteht, besteht auch kein Anspruch auf Fahrtkostenzuschuss bzw. auf Zuschuss zum Kindergartenbeitrag für September 2005.

2. Die Berufung der Klägerin bleibt ebenfalls ohne Erfolg, soweit sie die Zahlung von Urlaubsgeld 2005 begehrt. Die Kammer folgt auch insoweit zu-nächst der ausführlichen und zutreffenden Begründung des Arbeitsgerichts im angefochtenen Urteil.

Die Ansicht der Klägerin, durch den Abschluss des schriftlichen Arbeitsvertrages sei das Arbeitsverhältnis nicht insgesamt auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt worden, teilt die Berufungskammer nicht. Der schriftliche Arbeitsvertrag der Parteien enthält in wesentlichen Punkten Regelungen, die der durch Ablegung der Steuerberatungsprüfung entstandenen Situation Rechnung tragen. Neben einer Änderung der Tätigkeit (Steuerberaterin) wurde nach der übereinstimmenden Erklärung der Parteien zu Protokoll der Sitzung vom 2.6.2006 auch das Gehalt der Klägerin nicht nur unerheblich erhöht. Unter anderem wurden somit die Essentialia eines jeden Arbeitsvertrages, nämlich Inhalt der Arbeitspflicht und die Arbeitsvergütung, neu und abweichend von der bisherigen Beschäftigung geregelt. Der schriftliche Vertrag der Parteien hat die Vergütung und den Urlaubsanspruch einer Regelung unterzogen. Rechtlich zutreffend ist deshalb das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass es angesichts dieser Detailregelungen und der Tatsache, dass der schriftliche Vertrag die Vermutung der Vollständigkeit für sich in Anspruch nehmen kann, auf eine eventuell vor Abschluss des schriftlichen Vertrages ggfs. begründete betriebliche Übung nicht mehr ankommt. Die Behauptung der Klägerin, der Beklagte habe bei Vertragsschluss geäußert, es bleibe alles beim Alten, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Hierin liegt zunächst nur die Ankündigung der Fortsetzung der tatsächlichen Zahlungen, nicht aber die Anerkennung eines vertraglichen Anspruchs. Vertraglich bindende Ansprüche sollten sich vielmehr nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag richten, wobei durch die Schriftformabrede auch hinsichtlich Nebenabreden der Wille zu einer abschließenden Regelung dokumentiert wurde.

Zutreffend hat das Arbeitsgericht deshalb auch erkannt, dass durch die Zahlung von Urlaubsgeld nach Abschluss des Arbeitsvertrages kein (neuer) Anspruch in Anwendung der Grundsätze der betrieblichen Übung entstehen konnte, da wegen der sog. doppelten Schriftformklausel keine dauerhafte Bindung des Beklagten zustande gekommen ist. Eine doppelte Schriftformklausel kann nicht durch eine die Schriftform nicht wahrende Vereinbarung abbedungen werden In der Verwendung gerade der doppelten Schriftformklausel wird nämlich deutlich, dass die Vertragsparteien auf die Wirksamkeit ihrer Schriftformklausel besonderen Wert legen. Ein Verstoß soll zur Unwirksamkeit einer Änderungsabrede führen (BAG 24.6.2003 -9 AZR 302/02- EzA § 125 BGB 2002 Nr. 2).

Die Berufung des Beklagten auf die Formabrede ist auch nicht rechtsmissbräuchlich.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt im Berufen auf eine Formabrede nur ausnahmsweise eine unzulässige Rechtsausübung. Das gilt auch, wenn auf Grund einer formnichtigen Vereinbarung über einen längeren Zeitraum hinweg Leistungen erbracht werden. Etwas anderes kommt nur dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber zum Ausdruck gebracht hat, für die Wirksamkeit der Nebenabrede komme es auf die Einhaltung der Formvorschrift nicht an (BAG 18.9.2002 -1 AZR 477/01- EzA § 242 BGB Betriebliche Übung Nr. 48). Eine derartige Erklärung des Beklagten lässt sich nicht erkennen, da hierin – wie ausgeführt- zunächst nur die Ankündigung der Fortsetzung der tatsächlichen Zahlungen liegt. Die tatsächliche Leistung von Urlaubsgeld auch nach dem Abschluss des Arbeitsvertrages hat ebenfalls nicht den Erklärungswert, sich auch ohne schriftliche Vereinbarung zur Zahlung eines Urlaubsgeldes ohne weitere Anspruchsvoraussetzungen verpflichten zu wollen. Dem Arbeitgeber steht es frei, auch ohne vertragliche Regelung auf vollständig freiwilliger Basis zusätzliche Leistungen zu erbringen. Die Leistungserbringung selbst ist aber nur ein Element eines Verpflichtungstatbestands in Anwendung der Grundsätze der betrieblichen Übung. Aus diesem tatsächlichen Verhalten können Rechtsansprüche für die Zukunft nur dann entstehen, wenn hieraus auf eine entsprechende, annahmefähige Willenserklärung des Arbeitgebers geschlossen werden kann (vgl. etwa BAG 28.6.2006 -10 AZR 385/06- NZA 2006, 1174 ff.). Besteht aber wie vorliegend eine sog. doppelte Schriftformklausel ist für den Arbeitnehmer hinreichend deutlich, dass der Arbeitgeber sich nur durch schriftliche Vereinbarungen rechtsgeschäftlich binden will.

3. Bestehen demnach die von der Klägerin geltend gemachten Zahlungsansprüche insgesamt nicht, scheidet auch ein Anspruch auf Erteilung einer korrigierten Abrechnung für den Monat September 2005 aus.

II. Berufung des Beklagten:

Die Berufung des Beklagten ist ebenfalls zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat das Rechtsmittel des Beklagten jedoch keinen Erfolg. Die Berufungskammer folgt der Begründung des Arbeitsgerichts in der angefochtenen Entscheidung, § 69 Abs. 2 ArbGG. Im Hinblick auf die Ausführungen im Berufungsverfahren wird Folgendes ergänzend ausgeführt:

Zutreffend ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass im Falle der Rückforderung bereits geleisteter Entgeltfortzahlung grundsätzlich der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig dafür ist, dass der Arbeitnehmer im Bezugszeitraum tatsächlich nicht arbeitsunfähig erkrankt war (LAG Bremen 16.8.1999 – 4 Sa 97/99-; LAG Hamm 4.2.2004 -18 Sa 717/03-). Ebenso hat das Arbeitsgericht mit zutreffender Begründung dargelegt, warum allein aufgrund der Tatsache der nachträglichen Abänderung von Folgebescheinigungen in Erstbescheinigungen bei im Übrigen unveränderter Diagnose der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht erschüttert wurde. Letztlich kann dies aber dahinstehen: Selbst wenn der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erschüttert wäre, führt dies nicht dazu, dass der vom Beklagten zu erbringende Beweis der tatsächlich bestehenden Arbeitsfähigkeit als erbracht gilt oder mangels substantiierter Einlassung des Arbeitnehmers nicht erforderlich wäre (vgl. dazu LAG Hamm a.a.O.): Die Klägerin hat bereits erstinstanzlich die aus ihrer Sicht und in Entsprechung der gestellten Diagnosen bestehenden Erkrankungen dargelegt und ihrerseits die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbunden. Damit hat sie ihrer Einlassungspflicht genügt, so dass es nunmehr Sache des Beklagten gewesen wäre, seinerseits Beweis für das Nicht-Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit anzubieten. Hieran fehlt es.

Eine Veränderung der in dieser Weise bestehenden Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ist auch nicht dadurch eingetreten, dass dem Beklagten die abgeänderten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erst im Oktober 2005 zur Kenntnis gelangten. Die Klägerin hat ihre Nachweispflicht nicht schuldhaft verletzt; eine frühere Vorlage der abgeänderten Bescheinigungen war der Klägerin nicht möglich. Es ist unstreitig geblieben, dass die Klägerin zunächst die ursprünglichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt hat und erst nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums eine Abänderung der Bescheinigungen bei den Ärzten veranlasste. Eine frühere Vorlage dieser abgeänderten Bescheinigungen war der Klägerin somit überhaupt nicht möglich.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Ein Grund, der nach den gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigt, besteht nicht.

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