Übersicht:
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Praktische Einblicke in § 56 IfSG und Betriebsschließungsversicherung bei Corona-Schäden
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Weiterführende Informationen
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wie wirkt sich eine Leistung aus der Betriebsschließungsversicherung auf den Anspruch nach dem Infektionsschutzgesetz aus?
- Was bedeutet die Subsidiarität der Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz für Selbstständige?
- Welche Rolle spielt die Höhe der Versicherungsleistung im Vergleich zum möglichen staatlichen Entschädigungsanspruch?
- Wie werden Versicherungsleistungen steuerrechtlich im Hinblick auf einen möglichen Verdienstausfall bewertet?
- Welche Handlungsoptionen haben Selbstständige, wenn sowohl Versicherungsleistungen als auch staatliche Entschädigungen möglich sind?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Der Kläger, ein selbstständiger Zahnarzt, forderte eine Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz aufgrund eines behördlichen Tätigkeitsverbots wegen einer Corona-Infektion.
- Es bestehen komplexe Überschneidungen zwischen einer bestehenden Betriebsschließungsversicherung und dem Anspruch auf staatliche Entschädigung.
- Die Versicherung schloss eine Entschädigungsleistung aus, sofern der Kläger bereits staatliche Entschädigungen erhielt.
- Der Antrag des Klägers auf Entschädigung wurde abgelehnt, da bereits eine umfassende Zahlung von der Versicherung erfolgte, die den maximalen Verdienstausfall überstieg.
- Das Gericht entschied, dass der Kläger trotz behördlicher Anordnung keinen Erstattungsanspruch hat, wenn kein tatsächlicher Verdienstausfall vorliegt.
- Die Entscheidung basiert auf der Argumentation, dass der Kläger durch die Versicherung bereits einen finanziellen Ausgleich erhalten hat, der den gesetzlichen Anspruch übersteigt.
- Die rechtliche Unsicherheit für Selbstständige bleibt bestehen, insbesondere hinsichtlich der Abgrenzung von Versicherungsleistungen und staatlichen Entschädigungen.
- Das Urteil trägt zur Klärung der Bedingungen bei, unter denen Versicherungs- und Entschädigungsansprüche miteinander verbunden sind.
- Die Entscheidung könnte ähnliche zukünftige Fälle beeinflussen, indem sie die Vorgehensweise bei der Beantragung von Entschädigungen präzisiert.
- Selbstständige, die in ähnlicher Lage sind, sollten sich der potenziellen Wechselfälle zwischen Versicherungsansprüchen und staatlichen Zahlungen bewusst sein.
Praktische Einblicke in § 56 IfSG und Betriebsschließungsversicherung bei Corona-Schäden
Die weltweite Ausbreitung von COVID-19 hat vielfältige Auswirkungen auf Unternehmen und deren wirtschaftliche Stabilität. Besonders betroffen sind Gaststätten, Einzelhändler und Dienstleister, die aufgrund von behördlichen Anordnungen zur Betriebsschließung gezwungen wurden. Um die finanziellen Einbußen, die durch solche Schließungen entstehen, abzufedern, wurde § 56 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) ins Leben gerufen. Dieser Paragraf regelt den Entschädigungsanspruch für betroffene Unternehmer, die durch staatliche Maßnahmen wegen einer Infektionsgefahr Verluste erleiden.
Zusätzlich spielt die Betriebsschließungsversicherung eine zentrale Rolle, denn sie ist oftmals die erste Anlaufstelle für Inhaber, die finanzielle Unterstützung benötigen. Ein wachsames Auge auf die Versicherungspolicen kann entscheidend sein, um festzustellen, ob und in welchem Umfang Schutz gegen den Verdienstausfall geboten wird. Die Antragstellung muss dabei fristgerecht erfolgen, um rechtzeitige Entschädigungen oder Schadensersatzforderungen geltend machen zu können.
Im Folgenden wird ein konkreter Fall näher beleuchtet, um die praktischen Implikationen und die Anwendung des § 56 IfSG sowie der Betriebsschließungsversicherung zu verstehen.
Der Fall vor Gericht
Zahnärztliche Praxisschließung wegen Corona: Kein Anspruch auf Entschädigung bei Versicherungsleistung
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat in einem Urteil vom 29. Juli 2024 (Az.: 29 K 8303/22) entschieden, dass ein selbstständiger Zahnarzt keinen Anspruch auf eine Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) hat, wenn er bereits eine Leistung aus seiner Betriebsschließungsversicherung erhalten hat.
Hintergrund des Falls
Der Kläger, ein selbstständiger Zahnmediziner, musste aufgrund eines positiven Corona-Tests vom 00. Dezember 2021 bis zum 00. Dezember 2021 seine Praxis schließen. Er verfügte über eine Betriebsschließungsversicherung bei der T. Versicherung, die ihm für diesen Zeitraum eine Vorschusszahlung in Höhe von 21.055,32 Euro leistete. Dennoch stellte der Zahnarzt beim Beklagten einen Antrag auf Ausgleich des Verdienstausfalls nach § 56 Abs. 1 IfSG.
Ablehnung des Entschädigungsanspruchs
Der Beklagte lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass kein Verdienstausfall entstanden sei, da die Versicherungssumme den errechneten maximalen Verdienstausfall nach dem IfSG in Höhe von 7.445,40 Euro bereits übersteige. Der Kläger erhob daraufhin Klage vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf.
Entscheidung des Gerichts
Das Gericht wies die Klage ab und bestätigte die Entscheidung des Beklagten. In seiner Begründung führte das Gericht aus, dass die Voraussetzungen für eine Entschädigung nach § 56 Abs. 1 Sätze 1 und 2 IfSG nicht erfüllt seien. Zwar gehöre der Kläger aufgrund seines positiven Testergebnisses zum geschützten Personenkreis und unterlag einem Erwerbstätigkeitsverbot, jedoch fehle es an einem tatsächlichen Verdienstausfall.
Subsidiarität der Entschädigung nach IfSG
Das Gericht betonte, dass es sich bei § 56 Abs. 1 IfSG um eine Billigkeitsregelung handele, die subsidiär sei. Ein Verdienstausfall liege nicht vor, wenn auf gesetzlicher oder vertraglicher Grundlage ein Lohn- oder Gehaltsfortzahlungsanspruch bestehe. Bei Selbstständigen könne ein vertraglicher Anspruch, wie etwa aus einer Verdienstausfallversicherung, einen Entschädigungsanspruch entfallen lassen.
Bedeutung der Versicherungsleistung
Die vom Kläger erhaltene Versicherungsleistung übersteigt den nach dem IfSG maximal zu entschädigenden Betrag. Das Gericht stellte klar, dass bereits das Bestehen eines Anspruchs auf Lohn- oder Gehaltsfortzahlung zum Wegfall des Verdienstausfalls führe. Dies gelte umso mehr, wenn ein Schaden durch Zahlung einer Versicherungsleistung bereits ausgeglichen worden sei.
Steuerrechtliche Betrachtung
Das Gericht zog zur Bestimmung des Verdienstausfalls bei Selbstständigen das Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 SGB IV heran. Nach einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen sei die tatsächlich geleistete Versicherungszahlung als Arbeitseinkommen zu werten, was die Annahme eines Einkommensausfalls ausschließe.
Die Schlüsselerkenntnisse
Die Entscheidung verdeutlicht den subsidiären Charakter der Entschädigung nach dem IfSG. Ein Anspruch entfällt, wenn der Verdienstausfall bereits durch andere Leistungen, wie eine Betriebsschließungsversicherung, ausgeglichen wurde. Dies gilt selbst dann, wenn die Versicherungsleistung unter Vorbehalt gezahlt wurde. Die Entscheidung stärkt den Grundsatz, dass staatliche Entschädigungen nur greifen, wenn kein anderweitiger Ausgleich erfolgt ist.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als selbstständiger Zahnarzt oder anderer Freiberufler mit einer Betriebsschließungsversicherung hat dieses Urteil weitreichende Konsequenzen für Sie. Wenn Sie aufgrund einer Corona-Infektion Ihre Praxis schließen mussten und eine Versicherungsleistung erhalten haben, die Ihren potenziellen Verdienstausfall übersteigt, haben Sie keinen Anspruch auf eine zusätzliche staatliche Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz. Dies gilt selbst dann, wenn die Versicherung die Zahlung unter Vorbehalt geleistet hat. Das Gericht betrachtet die erhaltene Versicherungsleistung als Arbeitseinkommen, wodurch ein Verdienstausfall ausgeschlossen wird. Für Sie bedeutet das: Prüfen Sie genau, ob die erhaltene Versicherungsleistung Ihren möglichen Anspruch nach dem Infektionsschutzgesetz übersteigt, bevor Sie einen solchen Antrag stellen. Eine Doppelentschädigung ist nach diesem Urteil ausgeschlossen.
Weiterführende Informationen
In dieser FAQ-Rubrik finden Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen zur Entschädigung für Betriebsschließung während COVID-19. Wir möchten Ihnen helfen, Klarheit über Ihre Rechte und Optionen zu gewinnen, und bieten Ihnen wertvolle Informationen, die Sie in dieser herausfordernden Zeit unterstützen. Bitte stöbern Sie durch die häufigsten Anliegen und entdecken Sie praxisnahe Lösungen für Ihre Situation.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Wie wirkt sich eine Leistung aus der Betriebsschließungsversicherung auf den Anspruch nach dem Infektionsschutzgesetz aus?
- Was bedeutet die Subsidiarität der Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz für Selbstständige?
- Welche Rolle spielt die Höhe der Versicherungsleistung im Vergleich zum möglichen staatlichen Entschädigungsanspruch?
- Wie werden Versicherungsleistungen steuerrechtlich im Hinblick auf einen möglichen Verdienstausfall bewertet?
- Welche Handlungsoptionen haben Selbstständige, wenn sowohl Versicherungsleistungen als auch staatliche Entschädigungen möglich sind?
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie spezielle Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wie wirkt sich eine Leistung aus der Betriebsschließungsversicherung auf den Anspruch nach dem Infektionsschutzgesetz aus?
Eine Leistung aus der Betriebsschließungsversicherung mindert in der Regel den Entschädigungsanspruch nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG). Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der Subsidiarität staatlicher Leistungen gegenüber privaten Versicherungsleistungen.
Anrechnung der Versicherungsleistung
Wenn Sie eine Zahlung aus Ihrer Betriebsschließungsversicherung erhalten, wird diese auf den möglichen Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG angerechnet. Das bedeutet, dass der Betrag, den Sie von Ihrer Versicherung bekommen, von der staatlichen Entschädigung abgezogen wird. In manchen Fällen kann dies dazu führen, dass kein Anspruch auf eine staatliche Entschädigung mehr besteht, wenn die Versicherungsleistung den Schaden bereits vollständig abdeckt.
Vorrang der privaten Absicherung
Das Prinzip dahinter ist, dass private Vorsorgemaßnahmen Vorrang vor staatlichen Leistungen haben. Der Staat soll nur dann einspringen, wenn keine ausreichende private Absicherung vorhanden ist. Dieses Prinzip soll eine Überentschädigung verhindern und gleichzeitig sicherstellen, dass Betroffene nicht schlechter gestellt werden als ohne Versicherung.
Meldepflicht und Konsequenzen
Wenn Sie einen Antrag auf Entschädigung nach dem IfSG stellen, müssen Sie angeben, ob Sie eine Betriebsschließungsversicherung haben und ob Sie daraus Leistungen erhalten haben oder erwarten. Verschweigen Sie diese Information, kann dies als Betrug gewertet werden und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Besonderheiten bei Corona-bedingten Schließungen
Bei Betriebsschließungen aufgrund der Corona-Pandemie ist die Rechtslage komplex. Viele Gerichte haben entschieden, dass allgemeine Lockdown-Maßnahmen nicht von den Entschädigungsregelungen des IfSG erfasst werden. Gleichzeitig haben einige Gerichte den Versicherungsschutz aus Betriebsschließungsversicherungen für Corona-bedingte Schließungen abgelehnt. In solchen Fällen greifen möglicherweise weder die Versicherung noch die staatliche Entschädigung.
Wenn Sie von einer Betriebsschließung betroffen sind, sollten Sie sowohl die Möglichkeit einer Versicherungsleistung als auch eines staatlichen Entschädigungsanspruchs prüfen. Die genaue Ausgestaltung hängt von Ihrem individuellen Versicherungsvertrag und den spezifischen Umständen der Betriebsschließung ab.
Was bedeutet die Subsidiarität der Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz für Selbstständige?
Die Subsidiarität der Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) bedeutet für Selbstständige, dass der Anspruch auf diese Entschädigung nachrangig gegenüber anderen möglichen Ansprüchen ist.
Vorrang anderer Leistungen
Wenn Sie als Selbstständiger einen Verdienstausfall erleiden, müssen Sie zuerst andere mögliche Entschädigungen oder Leistungen in Anspruch nehmen, bevor Sie eine Entschädigung nach dem IfSG beantragen können. Dies betrifft beispielsweise Leistungen aus einer Betriebsschließungsversicherung oder andere staatliche Hilfen.
Bedeutung für Ihre Ansprüche
In der Praxis heißt das für Sie: Wenn Sie aufgrund einer behördlich angeordneten Quarantäne oder eines Tätigkeitsverbots einen Verdienstausfall erleiden, prüfen Sie zunächst, ob Sie Ansprüche aus anderen Quellen geltend machen können. Erst wenn diese ausgeschöpft sind oder nicht greifen, kommt die Entschädigung nach § 56 IfSG in Betracht.
Nachweis- und Antragspflicht
Sie müssen bei der Beantragung der IfSG-Entschädigung nachweisen, dass Sie keine anderen Ansprüche haben oder diese bereits ausgeschöpft sind. Dies kann bedeuten, dass Sie Ablehnungsbescheide oder Auszahlungsbelege anderer Leistungen vorlegen müssen.
Zeitliche Komponente
Beachten Sie, dass die Subsidiarität auch eine zeitliche Komponente hat. Wenn Sie beispielsweise zunächst eine Leistung aus einer Versicherung erhalten haben, die den Verdienstausfall nur teilweise abdeckt, können Sie für den darüber hinausgehenden Zeitraum möglicherweise noch eine Entschädigung nach dem IfSG beantragen.
Auswirkungen auf die Antragstellung
Bei der Antragstellung auf Entschädigung nach dem IfSG müssen Sie alle relevanten Informationen zu anderen möglichen Ansprüchen offenlegen. Dies umfasst auch Angaben zu beantragten, aber noch nicht beschiedenen Leistungen. Falsche oder unvollständige Angaben können zu Rückforderungen führen.
Die Subsidiarität stellt sicher, dass Sie als Selbstständiger zwar abgesichert sind, aber keine ungerechtfertigte Doppelentschädigung erhalten. Sie dient dazu, eine faire Verteilung der staatlichen Mittel zu gewährleisten und gleichzeitig Ihre berechtigten Ansprüche zu schützen.
Welche Rolle spielt die Höhe der Versicherungsleistung im Vergleich zum möglichen staatlichen Entschädigungsanspruch?
Die Höhe der Versicherungsleistung aus einer Betriebsschließungsversicherung und der staatliche Entschädigungsanspruch nach § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG) stehen in einem wichtigen Verhältnis zueinander. Grundsätzlich wird die Versicherungsleistung auf den staatlichen Entschädigungsanspruch angerechnet. Dies bedeutet, dass Sie als Betroffener nicht beide Leistungen in voller Höhe erhalten können.
Anrechnung der Versicherungsleistung
Wenn Sie eine Leistung aus Ihrer Betriebsschließungsversicherung erhalten, wird diese auf den Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG angerechnet. Der Grund dafür ist, dass der staatliche Entschädigungsanspruch nur den tatsächlich entstandenen Schaden ausgleichen soll. Stellen Sie sich vor, Sie erhalten eine Versicherungsleistung von 5.000 Euro und hätten einen staatlichen Entschädigungsanspruch von 7.000 Euro. In diesem Fall würde der staatliche Entschädigungsanspruch auf 2.000 Euro reduziert werden.
Höhere Versicherungsleistung als staatliche Entschädigung
Falls die Leistung aus Ihrer Betriebsschließungsversicherung höher ausfällt als der mögliche staatliche Entschädigungsanspruch, haben Sie keinen zusätzlichen Anspruch auf staatliche Entschädigung. In einem solchen Fall profitieren Sie von Ihrer Versicherung, da diese einen umfassenderen Schutz bietet als die gesetzliche Entschädigung.
Teilweise Deckung durch Versicherung
Wenn Ihre Versicherungsleistung nur einen Teil des Schadens abdeckt, können Sie für den verbleibenden Teil einen staatlichen Entschädigungsanspruch geltend machen. Die Gesamtsumme aus Versicherungsleistung und staatlicher Entschädigung darf jedoch den tatsächlich entstandenen Schaden nicht übersteigen.
Bedeutung für Ihre finanzielle Planung
Für Ihre finanzielle Planung ist es wichtig zu wissen, dass Sie nicht mit der vollen Summe aus beiden Quellen rechnen können. Wenn Sie eine Betriebsschließungsversicherung haben, sollten Sie zunächst prüfen, welche Leistungen diese im konkreten Fall erbringt. Erst dann können Sie einschätzen, ob und in welcher Höhe ein zusätzlicher staatlicher Entschädigungsanspruch besteht.
Wie werden Versicherungsleistungen steuerrechtlich im Hinblick auf einen möglichen Verdienstausfall bewertet?
Die steuerrechtliche Bewertung von Versicherungsleistungen für Verdienstausfälle hängt maßgeblich vom Zweck der Leistung und der Art des ersetzten Einkommens ab. Grundsätzlich sind Entschädigungen für konkrete Einnahmeausfälle steuerpflichtig, während Zahlungen zum Ausgleich immaterieller Schäden oder zum Ersatz steuerfreier Leistungen in der Regel steuerfrei bleiben.
Steuerpflichtige Versicherungsleistungen
Wenn Sie eine Versicherungsleistung als Ersatz für entgangene steuerpflichtige Einnahmen erhalten, ist diese in der Regel ebenfalls steuerpflichtig. Dies gilt beispielsweise für Zahlungen, die konkrete Gehaltsausfälle oder entgangene Gewinne aus selbstständiger Tätigkeit ersetzen sollen. Die Leistungen werden dabei der Einkunftsart zugeordnet, deren Verlust sie ausgleichen.
Steuerfreie Versicherungsleistungen
Steuerfrei bleiben hingegen Versicherungsleistungen, die als Ersatz für steuerfreie Einnahmen gezahlt werden oder immaterielle Schäden ausgleichen sollen. Hierzu zählen etwa:
- Zahlungen zum Ausgleich von Schmerzensgeld
- Ersatz für Arzt- und Heilungskosten
- Entschädigungen für den Verlust steuerfreier Sozialleistungen
Beurteilung des Leistungszwecks
Für die steuerliche Einordnung ist nicht die Bezeichnung der Leistung durch die Versicherung entscheidend, sondern ihr tatsächlicher Zweck. Wenn Sie eine als „Verdienstausfall“ bezeichnete Zahlung erhalten, prüfen die Finanzbehörden, ob damit tatsächlich konkrete steuerpflichtige Einnahmen ersetzt werden sollen oder ob es sich um einen Ausgleich für andere Nachteile handelt.
Besonderheiten bei hypothetischen Verdienstausfällen
Bei Entschädigungen für hypothetische zukünftige Verdienstausfälle, etwa bei jungen Menschen ohne bisherige Erwerbstätigkeit, ist die steuerliche Behandlung komplexer. Hier kommt es auf die genauen Umstände und die Berechnung der Entschädigung an. Wurde die Zahlung beispielsweise auf Basis eines sehr niedrigen hypothetischen Einkommens berechnet, kann dies ein Indiz dafür sein, dass eher der Verlust steuerfreier Sozialleistungen ausgeglichen werden soll.
Dokumentation und Nachweispflicht
Wenn Sie eine Versicherungsleistung für einen Verdienstausfall erhalten, ist es wichtig, dass Sie die Grundlagen der Berechnung und den genauen Zweck der Zahlung sorgfältig dokumentieren. Diese Informationen können entscheidend sein, um im Zweifelsfall gegenüber dem Finanzamt die korrekte steuerliche Behandlung nachzuweisen.
Welche Handlungsoptionen haben Selbstständige, wenn sowohl Versicherungsleistungen als auch staatliche Entschädigungen möglich sind?
Als Selbstständiger haben Sie mehrere Handlungsoptionen, wenn sowohl Versicherungsleistungen als auch staatliche Entschädigungen in Betracht kommen:
Prüfung der Anspruchsgrundlagen
Zunächst sollten Sie sorgfältig prüfen, ob die Voraussetzungen für beide Leistungsarten erfüllt sind. Für die Entschädigung nach § 56 IfSG ist entscheidend, ob eine behördlich angeordnete Quarantäne oder ein Tätigkeitsverbot vorlag. Bei der Betriebsschließungsversicherung kommt es auf den genauen Wortlaut Ihrer Versicherungsbedingungen an.
Parallele Antragstellung
Es ist ratsam, beide Ansprüche parallel geltend zu machen. Für die Entschädigung nach dem IfSG müssen Sie den Antrag innerhalb von 12 Monaten nach Einstellung der Tätigkeit stellen. Bei der Versicherung beachten Sie die in Ihrem Vertrag festgelegten Fristen zur Schadenmeldung.
Berücksichtigung von Anrechnungsvorschriften
Beachten Sie, dass erhaltene Versicherungsleistungen möglicherweise auf die staatliche Entschädigung angerechnet werden. § 56 Abs. 8 IfSG sieht vor, dass bestimmte Leistungen auf die Entschädigung anzurechnen sind. Prüfen Sie daher genau, in welchem Verhältnis die Leistungen zueinander stehen.
Dokumentation und Nachweise
Führen Sie eine genaue Dokumentation Ihrer Einnahmeausfälle und Kosten. Für beide Anspruchsarten benötigen Sie in der Regel Nachweise über Ihre finanziellen Einbußen. Beim IfSG-Antrag wird beispielsweise oft der Steuerbescheid des Vorjahres verlangt.
Verhandlung mit der Versicherung
Wenn Ihre Betriebsschließungsversicherung die Leistung ablehnt, können Sie versuchen, mit dem Versicherer zu verhandeln. In einigen Fällen haben sich Versicherungen bereit erklärt, einen Teil der Versicherungssumme als Vergleich auszuzahlen.
Beachtung steuerlicher Aspekte
Bedenken Sie, dass sowohl Versicherungsleistungen als auch staatliche Entschädigungen steuerliche Auswirkungen haben können. Die Entschädigung nach § 56 IfSG unterliegt beispielsweise dem Progressionsvorbehalt.
Wenn Sie diese Optionen sorgfältig prüfen und umsetzen, maximieren Sie Ihre Chancen auf eine angemessene Kompensation für Ihre Verluste. Beachten Sie dabei stets die geltenden Fristen und Vorschriften, um Ihre Ansprüche zu wahren.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Billigkeitsregelung: Eine Billigkeitsregelung ist eine gesetzliche Bestimmung, die es ermöglicht, im Einzelfall von starren Rechtsvorschriften abzuweichen, um eine faire und gerechte Lösung zu finden. Im Kontext des § 56 IfSG bedeutet dies, dass die Entschädigung nicht automatisch gewährt wird, sondern unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. Dabei wird abgewogen, ob eine Entschädigung angemessen und gerecht erscheint. Im Fall des Zahnarztes beurteilte das Gericht, ob trotz der erhaltenen Versicherungsleistung eine zusätzliche staatliche Entschädigung billig wäre.
- Verdienstausfall: Ein Verdienstausfall liegt vor, wenn jemand aufgrund bestimmter Umstände weniger verdient als üblich. Im Kontext des IfSG bezieht sich dies auf Einkommenseinbußen, die durch behördlich angeordnete Quarantäne oder Tätigkeitsverbote entstehen. Für Selbstständige wie den Zahnarzt wird der Verdienstausfall anhand des durchschnittlichen Arbeitseinkommens der letzten Jahre berechnet. Das Gericht musste prüfen, ob durch die Versicherungsleistung tatsächlich kein Verdienstausfall mehr vorlag.
- Subsidiarität: Subsidiarität bedeutet im Rechtswesen, dass eine Regelung oder ein Anspruch nur dann greift, wenn keine andere vorrangige Regelung oder kein anderer vorrangiger Anspruch besteht. Im Fall der Entschädigung nach dem IfSG bedeutet dies, dass sie nur gewährt wird, wenn der Betroffene keine anderen Ansprüche auf Ausgleich des Verdienstausfalls hat. Das Gericht prüfte, ob die Versicherungsleistung vorrangig war und somit den Anspruch nach dem IfSG ausschloss.
- Arbeitseinkommen: Arbeitseinkommen im Sinne des Sozialversicherungsrechts ist der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit. Für den Zahnarzt bedeutete dies, dass auch die Versicherungsleistung als Arbeitseinkommen betrachtet wurde. Das Gericht zog diesen Begriff heran, um zu beurteilen, ob tatsächlich ein Verdienstausfall vorlag.
- Zuflussprinzip: Das Zuflussprinzip ist ein steuerrechtlicher Grundsatz, nach dem Einnahmen in dem Zeitpunkt zu versteuern sind, in dem sie dem Steuerpflichtigen zufließen, also in seine Verfügungsmacht gelangen. Im Fall des Zahnarztes bedeutete dies, dass die Versicherungsleistung als zugeflossenes Einkommen betrachtet wurde, auch wenn sie unter Vorbehalt gezahlt wurde. Das Gericht nutzte dieses Prinzip, um zu argumentieren, dass kein Verdienstausfall vorlag.
- Rückforderungsvorbehalt: Ein Rückforderungsvorbehalt ist eine Klausel, die es dem Leistungserbringer ermöglicht, eine erbrachte Leistung unter bestimmten Umständen zurückzufordern. Im Fall des Zahnarztes zahlte die Versicherung unter einem solchen Vorbehalt. Das Gericht musste entscheiden, ob dieser Vorbehalt die Behandlung der Zahlung als Arbeitseinkommen verhindert und somit doch einen Verdienstausfall begründet.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG): Dieser Paragraph regelt die Entschädigung für Verdienstausfälle bei behördlich angeordneter Quarantäne oder Tätigkeitsverboten aufgrund einer Infektion. Die Entschädigung soll den Verdienstausfall abmildern, den Betroffene erleiden, weil sie ihrer Arbeit nicht nachgehen können. Im vorliegenden Fall beantragte der Zahnarzt eine Entschädigung nach § 56 IfSG, da er seine Praxis aufgrund eines positiven Corona-Tests schließen musste.
- Subsidiarität der Entschädigung nach dem IfSG: Die Entschädigung nach dem IfSG ist subsidiär, d.h. sie greift nur, wenn kein anderer Anspruch auf Lohnfortzahlung oder Entschädigung besteht. Im konkreten Fall erhielt der Zahnarzt eine Zahlung aus seiner Betriebsschließungsversicherung. Das Gericht prüfte daher, ob dieser Anspruch die Entschädigung nach dem IfSG ausschließt.
- Verdienstausfall im Sinne des § 56 IfSG: Ein Verdienstausfall liegt vor, wenn der Betroffene aufgrund der Quarantäne oder des Tätigkeitsverbots weniger verdient als üblich. Im vorliegenden Fall argumentierte der Zahnarzt, dass er trotz der Versicherungszahlung einen Verdienstausfall erlitten habe. Das Gericht musste daher klären, ob die Versicherungszahlung den Verdienstausfall vollständig ausgleicht.
- Einkommensteuerrechtliche Grundsätze zur Bestimmung des Verdienstausfalls: Bei Selbstständigen wird der Verdienstausfall nach einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen ermittelt. Das Gericht berücksichtigte daher die Versicherungszahlung als Arbeitseinkommen bei der Berechnung des Verdienstausfalls des Zahnarztes.
- Betriebsschließungsversicherung: Diese Versicherung soll den Verdienstausfall abdecken, der durch eine behördlich angeordnete Schließung des Betriebs entsteht. Im vorliegenden Fall hatte der Zahnarzt eine solche Versicherung abgeschlossen und erhielt eine Zahlung für die Dauer der Praxisschließung. Das Gericht prüfte, ob diese Zahlung den Anspruch auf Entschädigung nach dem IfSG ausschließt.
Das vorliegende Urteil
VG Düsseldorf – Az.: 29 K 8303/22 – Urteil vom 29.07.2024
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