Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Gerichtsurteil zu Sachverständigenkosten: Streit um Auslagenvorschuss und Transparenz
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Informationspflichten hat ein Sachverständiger bei absehbarer Kostenüberschreitung?
- Ab welcher Höhe gilt eine Kostenüberschreitung als erheblich?
- Welche Folgen hat eine nicht gemeldete Kostenüberschreitung für den Sachverständigen?
- Wie muss die Mitteilung über eine Kostenüberschreitung erfolgen?
- Welche Handlungsoptionen haben Parteien bei einer gemeldeten Kostenüberschreitung?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Brandenburg
- Datum: 26.11.2024
- Aktenzeichen: 12 W 26/24
- Verfahrensart: Beschwerdeverfahren bezüglich der Vergütung eines Sachverständigen
- Rechtsbereiche: Kostenrecht, Sachverständigenvergütung
Beteiligte Parteien:
- Bezirksrevisor bei dem Landgericht Potsdam: Legte Beschwerde ein gegen die Entscheidung des Landgerichts Potsdam zur Vergütung des Sachverständigen.
- Sachverständiger („Name 01“): Oberarzt und Facharzt für Augenheilkunde, dessen Vergütung für ein Gerichtsgutachten festgelegt wurde. Der Sachverständige hat nicht fristgerecht über eine erhebliche Kostenüberschreitung informiert.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Das Landgericht Potsdam bewilligte dem Sachverständigen eine Vergütung von 3.080,61 € für die Erstellung eines Gutachtens, obwohl der vorausgezahlte Kostenvorschuss bei 2.000,00 € lag. Der Bezirksrevisor legte hiergegen Beschwerde ein, da die Kosten die vorausgezahlte Summe erheblich überstiegen ohne rechtzeitige Information durch den Sachverständigen.
- Kern des Rechtsstreits: Ob die Vergütung des Sachverständigen aufgrund der Nichtbeachtung der Hinweispflicht auf die Höhe des Kostenvorschusses beschränkt werden sollte.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Vergütung des Sachverständigen wird auf den vorausgezahlten Auslagenvorschuss von 2.000,00 € begrenzt.
- Begründung: Nach § 8 a Abs. 4 JVEG hat der Sachverständige Anspruch auf Vergütung nur in Höhe des Vorschusses, wenn diese erheblich überschritten wird und der Sachverständige nicht rechtzeitig informiert. Eine Überschreitung von mehr als 20% gilt als erheblich. Diese war im vorliegenden Fall mit über 50% gegeben und wurde daher als erheblich angesehen. Der Sachverständige konnte das vermutete Verschulden nicht ausräumen, da ein schriftlicher Hinweis zu den Überschreitungen nicht erfolgt war.
- Folgen: Der Sachverständige erhält nur den ursprünglich gezahlten Vorschuss als Vergütung. Die Entscheidung verdeutlicht die Bedeutung der rechtzeitigen Mitteilungspflicht bei Kostenüberschreitungen für Sachverständige. Das Urteil ist gerichtsgebührenfrei; eine Kostenerstattung erfolgt nicht.
Gerichtsurteil zu Sachverständigenkosten: Streit um Auslagenvorschuss und Transparenz

Die Vergütung von Sachverständigen spielt in vielen rechtlichen Auseinandersetzungen eine entscheidende Rolle. In solchen Fällen wird oft ein Auslagenvorschuss gezahlt, um die anfallenden Kosten der Gutachter zu decken. Umso wichtiger ist es, die Abrechnung der Sachverständigenkosten transparent und nachvollziehbar zu gestalten, besonders wenn es um mögliche Kostenüberschreitungen geht. Streitigkeiten über Sachverständigenhonorare können rasch entstehen, wenn Nachforderungen von Auslagen nicht ausreichend begründet sind oder die überprüfbaren Kosten nicht im Rahmen der Honorarordnung für Sachverständige liegen.
Ein prägnantes Beispiel verdeutlicht diese Problematik: Ein aktuelles Gerichtsurteil beleuchtet die Fragestellung, inwieweit ein Rechtsanspruch auf Kostenerstattung bei erheblichen Überschreitungen eines eingezahlten Auslagenvorschusses besteht. Im Folgenden wird dieser Fall näher zusammengefasst und analysiert.
Der Fall vor Gericht
Vergütungskappung für Sachverständigen nach versäumter Kostenmitteilung
Das Oberlandesgericht Brandenburg hat die Vergütung eines medizinischen Sachverständigen auf 2.000 Euro begrenzt. Der als Oberarzt und Facharzt für Augenheilkunde tätige Sachverständige hatte für sein Gutachten 3.080,61 Euro berechnet und damit den eingezahlten Kostenvorschuss um mehr als 50 Prozent überschritten, ohne dies dem Gericht rechtzeitig mitzuteilen.
Streitpunkt Informationspflicht bei Kostenüberschreitung
Der Sachverständige hatte nach eigenen Angaben fünfmal versucht, die zuständige Gerichtsstelle telefonisch über die Kostenüberschreitung zu informieren. Diese Versuche blieben aufgrund der überlastungsbedingten eingeschränkten telefonischen Erreichbarkeit der Geschäftsstelle erfolglos. Eine schriftliche Mitteilung erfolgte nicht. Das Landgericht Potsdam sah darin zunächst keine Pflichtverletzung und setzte die volle Vergütung fest. Der Bezirksrevisor legte dagegen Beschwerde ein.
Rechtliche Bewertung der Mitteilungspflicht
Das OLG Brandenburg betonte in seiner Entscheidung die klaren gesetzlichen Vorgaben des § 8a JVEG. Eine Überschreitung des Kostenvorschusses um mehr als 20 Prozent gilt demnach als erheblich und muss vom Sachverständigen rechtzeitig angezeigt werden. Bei der hier vorliegenden Überschreitung von mehr als 50 Prozent sei die Erheblichkeit „ohne weiteres“ gegeben. Die telefonischen Kontaktversuche reichten nach Auffassung des Senats nicht aus. Der Sachverständige hätte das Gericht schriftlich informieren müssen, zumal eine telefonische Freigabe der Kostenüberschreitung durch Geschäftsstellenmitarbeiter ohnehin nicht möglich gewesen wäre.
Schutz der Parteien vor unverhältnismäßigen Kosten
Das OLG stellte klar, dass die gesetzliche Regelung den Parteien ermöglichen soll, bei unverhältnismäßigen Kosten den Beweisantritt zurückzunehmen. Ob die Parteien bei rechtzeitiger Information einen höheren Kostenvorschuss gezahlt hätten, sei dabei unerheblich. Der Senat widersprach damit ausdrücklich der Auffassung des Landgerichts, das auf die fehlende Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Kostenfolge abgestellt hatte. Auch der Einwand des Sachverständigen, die Gutachtenerstellung zu einer komplexen medizinischen Problematik lasse sich zeitlich nicht exakt planen, ändere nichts an der gesetzlichen Informationspflicht.
Rechtliche Grundlagen der Vergütungsbegrenzung
Die Entscheidung stützt sich auf § 8a Abs. 4 JVEG, wonach der Sachverständige die Vergütung nur in Höhe des Auslagenvorschusses erhält, wenn er nicht rechtzeitig auf eine erhebliche Überschreitung hinweist. Das nach § 8a Abs. 5 JVEG zu vermutende Verschulden konnte der Sachverständige nicht widerlegen. Der Senat betonte, dass der Gesetzeswortlaut klar und eindeutig sei und keinen Raum für Einschränkungen lasse. Die Beschwerdeentscheidung erging gerichtsgebührenfrei.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das OLG Brandenburg stellt klar: Sachverständige müssen rechtzeitig warnen, wenn ihre Vergütung den eingezahlten Kostenvorschuss um mehr als 20% übersteigt. Unterlassen sie diese Warnung, wird ihre Vergütung auf die Höhe des Vorschusses begrenzt – auch wenn sie die Überschreitung nicht zu vertreten haben. Die Pflicht zur schriftlichen Mitteilung besteht unabhängig von eventuellen Schwierigkeiten bei der telefonischen Kontaktaufnahme mit dem Gericht.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie als Partei einen Sachverständigen beauftragen, können Sie sich darauf verlassen, dass Sie vor überraschenden Mehrkosten geschützt sind. Der Sachverständige muss Sie warnen, sobald absehbar ist, dass die Kosten den gezahlten Vorschuss um mehr als 20% übersteigen werden. Versäumt er diese Warnung, müssen Sie maximal den Vorschuss zahlen – auch wenn der Sachverständige mehr Zeit investiert hat. Dies gilt selbst dann, wenn der Sachverständige versucht hat, das Gericht telefonisch zu erreichen. Eine schriftliche Mitteilung ist in jedem Fall erforderlich.
Unerwartete Gutachterkosten?
Die Rechtsprechung zeigt: Streitigkeiten über Sachverständigenkosten sind keine Seltenheit. Gerade bei komplexen Verfahren können die Kosten schnell aus dem Ruder laufen. Umso wichtiger ist es, Ihre Rechte zu kennen und sich im Streitfall effektiv zu verteidigen. Wir helfen Ihnen, die gesetzlichen Vorgaben zu verstehen und Ihre Interessen zu wahren.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Informationspflichten hat ein Sachverständiger bei absehbarer Kostenüberschreitung?
Ein Sachverständiger ist gesetzlich verpflichtet, unverzüglich auf eine erhebliche Überschreitung des angeforderten Auslagenvorschusses hinzuweisen. Diese Pflicht ergibt sich aus § 407a Absatz 3 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) in Verbindung mit § 8a Absatz 4 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG).
Wann liegt eine erhebliche Überschreitung vor?
Eine erhebliche Überschreitung wird in der Regel angenommen, wenn die zu erwartenden Kosten den Auslagenvorschuss um etwa 20-25% übersteigen. Stellen Sie sich vor, Sie haben als Sachverständiger einen Vorschuss von 5.000 Euro erhalten. Wenn Sie absehen können, dass Ihre Kosten 6.000 Euro oder mehr betragen werden, müssen Sie dies dem Gericht mitteilen.
Wie muss der Sachverständige informieren?
Der Sachverständige muss seine Mitteilung schriftlich und unverzüglich an das Gericht richten, sobald die Kostenüberschreitung absehbar wird. Es reicht nicht aus, erst mit der Rechnungsstellung auf die höheren Kosten hinzuweisen. Wenn Sie als Sachverständiger tätig sind, sollten Sie Ihre Kosten daher kontinuierlich im Blick behalten.
Welche Folgen hat eine unterlassene Information?
Versäumt der Sachverständige diese Mitteilung, kann seine Vergütung auf die Höhe des ursprünglichen Auslagenvorschusses begrenzt werden. In unserem Beispiel würde das bedeuten, dass Sie trotz eines tatsächlichen Aufwands von 6.000 Euro nur die vorgeschossenen 5.000 Euro erhalten würden. Diese Regelung soll Auftraggeber vor unerwarteten Kostensteigerungen schützen.
Was passiert nach der Information?
Nach der Mitteilung muss der Sachverständige eine angemessene Zeit abwarten, bevor er mit der weiteren Gutachtenerstellung fortfährt. Dies gibt dem Gericht die Möglichkeit, auf die Information zu reagieren, etwa durch Anforderung eines weiteren Vorschusses oder Beendigung des Auftrags. Erfolgt keine Reaktion des Gerichts, dürfen Sie als Sachverständiger nach Ablauf einer angemessenen Frist von einer stillschweigenden Zustimmung ausgehen und Ihre Arbeit fortsetzen.
Beachten Sie: Die Informationspflicht bezieht sich auf den Bruttobetrag einschließlich Mehrwertsteuer. Wenn Sie als Sachverständiger tätig sind, sollten Sie Ihre Kostenkalkulationen daher immer auf Bruttobasis vornehmen, um Ihren Vergütungsanspruch nicht zu gefährden.
Ab welcher Höhe gilt eine Kostenüberschreitung als erheblich?
Eine Kostenüberschreitung gilt als erheblich, wenn die tatsächlichen Kosten den angeforderten Auslagenvorschuss um mehr als 20 bis 25 Prozent übersteigen. Diese Schwelle hat sich in der Rechtsprechung als Standardwert etabliert.
Praktische Berechnung der Erheblichkeitsschwelle
Wenn Sie als Sachverständiger einen Kostenvorschuss von 10.000 Euro erhalten haben, liegt die Erheblichkeitsschwelle bei etwa 12.000 bis 12.500 Euro. Übersteigen Ihre Kosten diesen Betrag, müssen Sie das Gericht unverzüglich darüber informieren.
Bedeutung für die Vergütung
Der Bruttobetrag ist für die Berechnung der Überschreitung maßgeblich. Wenn Sie die Mitteilungspflicht bei einer erheblichen Überschreitung versäumen, wird Ihre Vergütung automatisch auf die Höhe des ursprünglichen Kostenvorschusses begrenzt.
Ausnahmen und Besonderheiten
In bestimmten Fällen können auch höhere Überschreitungen zulässig sein. Die Gerichte prüfen dabei:
- Die Komplexität des Gutachtenauftrags
- Unvorhersehbare Schwierigkeiten bei der Begutachtung
- Notwendige zusätzliche Untersuchungen
Die Mitteilungspflicht dient dem Schutz aller Beteiligten und ermöglicht es dem Gericht und den Parteien, rechtzeitig über das weitere Vorgehen zu entscheiden.
Welche Folgen hat eine nicht gemeldete Kostenüberschreitung für den Sachverständigen?
Die wichtigste Konsequenz einer nicht gemeldeten Kostenüberschreitung ist die Begrenzung der Vergütung auf die Höhe des ursprünglich gezahlten Auslagenvorschusses. Wenn ein Sachverständiger den Vorschuss um mehr als 20-25% überschreitet, ohne dies dem Gericht rechtzeitig mitzuteilen, verliert er seinen Anspruch auf die übersteigenden Kosten.
Finanzielle Konsequenzen
Der Sachverständige erhält in diesem Fall nur eine Vergütung in Höhe des angeforderten Auslagenvorschusses, auch wenn sein tatsächlicher Aufwand deutlich höher war. Stellen Sie sich vor, ein Sachverständiger hat einen Vorschuss von 500 € erhalten, aber Leistungen im Wert von 705,67 € erbracht – ohne Mitteilung der Überschreitung wird seine Vergütung auf 500 € begrenzt.
Rechtliche Grundlagen
Die Mitteilungspflicht basiert auf § 407a Abs. 4 Satz 2 ZPO. Diese Regelung verpflichtet Sachverständige, das Gericht unverzüglich zu informieren, sobald absehbar ist, dass ihre Vergütung den Auslagenvorschuss erheblich übersteigen wird. Eine erhebliche Überschreitung liegt regelmäßig bei mehr als 20% vor.
Ausnahmen und Toleranzen
In bestimmten Fällen kann dem Sachverständigen ein „Toleranzbetrag“ von 20-25% des eingezahlten Vorschusses zugestanden werden. Dies gilt jedoch nur, wenn die tatsächliche, objektiv zustehende Vergütung den Vorschuss nicht erheblich übersteigt. Bei Kindschaftssachen gelten aufgrund ihrer existenziellen Bedeutung höhere Schwellenwerte.
Wie muss die Mitteilung über eine Kostenüberschreitung erfolgen?
Die Mitteilung über eine Kostenüberschreitung muss unverzüglich erfolgen, sobald für den Sachverständigen erkennbar wird, dass der Kostenvorschuss erheblich überschritten wird. Eine erhebliche Überschreitung liegt regelmäßig bei mehr als 20% des Kostenvorschusses vor.
Form der Mitteilung
Die Mitteilung an das Gericht muss schriftlich erfolgen und folgende Angaben enthalten:
- Die voraussichtliche Höhe der Überschreitung
- Eine sachliche Begründung für die Mehrkosten
Zeitpunkt der Mitteilung
Der Sachverständige muss die Mitteilung machen, bevor er mit den kostenverursachenden Arbeiten fortfährt. Nach der Mitteilung muss er eine angemessene Zeit abwarten, um dem Gericht die Möglichkeit zu geben, auf die Information zu reagieren.
Inhaltliche Anforderungen
Die Mitteilung muss konkret und nachvollziehbar die Gründe für die Überschreitung darlegen. Wenn Sie als Sachverständiger tätig sind, müssen Sie in Ihrer Mitteilung:
- Den bisherigen Kostenstand beziffern
- Die zu erwartenden weiteren Kosten prognostizieren
- Die Ursachen für die Kostensteigerung erläutern
Rechtsfolgen bei unterlassener Mitteilung
Wenn die Mitteilung nicht oder nicht rechtzeitig erfolgt, hat dies erhebliche finanzielle Konsequenzen. Der Sachverständige erhält dann grundsätzlich nur eine Vergütung in Höhe des angeforderten Auslagenvorschusses. Dies gilt auch dann, wenn der tatsächliche Aufwand deutlich höher war.
Welche Handlungsoptionen haben Parteien bei einer gemeldeten Kostenüberschreitung?
Wenn ein Sachverständiger eine Kostenüberschreitung meldet, stehen Ihnen als betroffene Partei mehrere Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung:
Prüfung der Erheblichkeit
Die gemeldete Überschreitung sollte zunächst auf ihre Erheblichkeit geprüft werden. Eine Überschreitung gilt ab 20-25% des ursprünglichen Auslagenvorschusses als erheblich. Bei einer Überschreitung in dieser Größenordnung müssen Sie aktiv werden.
Entscheidung über Fortführung
Nach einer Kostenmitteilung haben Sie das Recht, über die weitere Vorgehensweise zu entscheiden. Das Gericht muss Ihnen die Möglichkeit geben, auf die Information zu reagieren. Sie können:
- Die Fortführung der Begutachtung in vollem Umfang akzeptieren
- Eine Einschränkung des Gutachtenauftrags beantragen
- Den Abbruch der Begutachtung beantragen
Kostenvorschussanpassung
Stimmen Sie der Fortführung zu, wird das Gericht einen weiteren Auslagenvorschuss anfordern. Bei Zahlung des erhöhten Vorschusses hat der Sachverständige Anspruch auf die volle Vergütung seiner Leistungen. Die Erhöhung des Vorschusses sichert dabei Ihre Interessen als Partei und die des Sachverständigen gleichermaßen.
Überprüfung der Notwendigkeit
Sie können auch die Notwendigkeit der zusätzlichen Kosten hinterfragen. Wenn die zu erwartenden Kosten erkennbar außer Verhältnis zum Streitwert stehen, muss der Sachverständige dies dem Gericht mitteilen. In diesem Fall können Sie eine gerichtliche Überprüfung der Verhältnismäßigkeit beantragen.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Sachverständiger
Ein Sachverständiger ist ein unabhängiger und unparteiischer Experte, der aufgrund seiner besonderen Fachkunde gerichtlich bestellt wird, um durch sein Gutachten zur Klärung von Sachfragen beizutragen. Die rechtliche Grundlage findet sich in §§ 402-414 ZPO. Der Sachverständige unterliegt einer besonderen Pflicht zur Objektivität und muss sein Gutachten nach bestem Wissen und Gewissen erstellen. Ein typisches Beispiel ist ein Arzt, der bei Arzthaftungsprozessen medizinische Sachverhalte begutachtet.
Auslagenvorschuss
Ein Auslagenvorschuss ist ein im Voraus zu zahlender Geldbetrag zur Deckung erwarteter Kosten im Gerichtsverfahren, insbesondere für Sachverständigengutachten. Die rechtliche Grundlage findet sich in § 379 ZPO. Das Gericht kann die Durchführung einer Beweisaufnahme von der vorherigen Zahlung eines Kostenvorschusses abhängig machen. Beispiel: Bei Beauftragung eines medizinischen Gutachtens müssen die Parteien vorab einen vom Gericht festgesetzten Betrag einzahlen.
Vergütungsanspruch
Der Vergütungsanspruch bezeichnet das gesetzliche Recht des Sachverständigen auf Bezahlung seiner Leistungen nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG). Er umfasst sowohl das Honorar für die Gutachtertätigkeit als auch den Ersatz von Auslagen. Die Höhe richtet sich nach den im JVEG festgelegten Stundensätzen und Pauschalen. Wird die Informationspflicht über Kostenüberschreitungen verletzt, kann der Vergütungsanspruch auf die Höhe des Auslagenvorschusses begrenzt werden.
JVEG
Das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz regelt die Entschädigung von Sachverständigen, Dolmetschern, Übersetzern und anderen gerichtlichen Hilfspersonen. Es legt Stundensätze, Auslagenpauschalen und Verfahrensvorschriften fest, insbesondere die Pflicht zur Anzeige von Kostenüberschreitungen nach § 8a JVEG. Ein Sachverständiger muss beispielsweise eine Überschreitung des Kostenvorschusses um mehr als 20% unverzüglich schriftlich anzeigen.
Bezirksrevisor
Der Bezirksrevisor ist ein Beamter der Justizverwaltung, der die Kostenprüfung in Gerichtsverfahren vornimmt. Er überwacht die ordnungsgemäße Abrechnung von Gerichtskosten und Vergütungen, beispielsweise von Sachverständigen. Seine Aufgabe ist es, die finanziellen Interessen der Staatskasse zu wahren. Er kann gegen Kostenfestsetzungsbeschlüsse Rechtsmittel einlegen, wie im vorliegenden Fall die Beschwerde gegen die Festsetzung der vollen Sachverständigenvergütung.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 8a Abs. 4 JVEG: Der Sachverständige hat die Pflicht, eine erhebliche Überschreitung des eingezahlten Auslagenvorschusses rechtzeitig mitzuteilen. Die gesetzliche Regelung dient dem Schutz der Parteien vor unverhältnismäßigen Kosten, da sie nur so ihre Dispositionen anpassen können. Im vorliegenden Fall überschritt der Sachverständige den Vorschuss von 2.000 € um mehr als 50 %, ohne darauf rechtzeitig hinzuweisen. Dies wurde vom Gericht als erhebliche Pflichtverletzung gewertet, die zur Begrenzung der Vergütung führte.
- § 407a Abs. 4 S. 2 ZPO: Diese Vorschrift legt die Hinweispflicht des Sachverständigen fest, sobald er erkennt, dass die ihm entstehenden Kosten den eingezahlten Vorschuss überschreiten. Die Regelung zielt darauf ab, den Parteien das Kostenrisiko frühzeitig offenzulegen, um unnötige Kosten zu vermeiden. Im Fall konnte der Sachverständige diese Pflicht nicht wirksam erfüllen, was letztlich zu einer Begrenzung seines Vergütungsanspruchs führte.
- § 4 Abs. 3 JVEG: Die Zulässigkeit der Beschwerde gegen Entscheidungen zur Sachverständigenvergütung ist hier geregelt. Der Bezirksrevisor machte im Rahmen dieser Vorschrift geltend, dass die erhebliche Überschreitung des Vorschusses und die unzureichende Mitteilung darüber eine Kappung der Vergütung rechtfertigen. Die Beschwerde wurde als begründet angesehen.
- § 8a Abs. 5 JVEG: Diese Vorschrift ermöglicht dem Sachverständigen, ein Verschulden an der Verletzung der Hinweispflicht zu widerlegen. Der Gesetzgeber erlaubt so eine Entlastung, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die Pflichtverletzung nicht vorwerfbar war. Im vorliegenden Fall konnte der Sachverständige diese Exkulpation nicht überzeugend darlegen, da schriftliche Mitteilungen möglich und zumutbar gewesen wären.
- § 4 Abs. 8 JVEG: Die Regelung sieht vor, dass Entscheidungen zur Begrenzung der Vergütung eines Sachverständigen gerichtsgebührenfrei sind und keine Kostenerstattung erfolgt. Dies fand im vorliegenden Beschluss Anwendung, um die Verfahrenskosten für alle Beteiligten gering zu halten.
Das vorliegende Urteil
OLG Brandenburg – Az.: 12 W 26/24 – Beschluss vom 26.11.2024
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