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Errichtung einer Stützmauer – Nachbarschaftsstreitigkeit

LG Heidelberg, Az.: 2 O 165/17, Urteil vom 27.06.2018

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 20.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten in einer Nachbarschaftsstreitigkeit die Errichtung einer Stützmauer auf dem Grundstück der Beklagten entlang der Grundstücksgrenze zum klägerischen Grundstück.

Errichtung einer Stützmauer - Nachbarschaftsstreitigkeit
Symbolfoto: Kathie Nichols/Bigstock

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks in der C. Straße 39 in …. D., Flurstück-Nr. … der Gemarkung D.. Die Beklagte ist Eigentümerin des Grundstücks in der C. Straße 41 in … D., Flurstück-Nr. … der Gemarkung D.. Beide Grundstücke befinden sich in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander. An der gemeinsamen Grenze befindet sich auf dem Grundstück des Klägers eine ca. 30 m lange Stützmauer, die vor ca. 100 Jahren errichtet wurde. Derzeit ist durch die vorhandene Stützmauer eine ausreichende Stütze des Grundstücks des Klägers gegeben. Auf dem Grundstück der Beklagten befindet sich keine Mauer, welche das Grundstück des Klägers stützt. Das Grundstück der Beklagten liegt teilweise bis zu 3 m unterhalb des Geländeniveaus des klägerischen Grundstücks.

Der Kläger behauptet, das Grundstück der Beklagten sei von einem ihrer Rechtsvorgänger durch eine Abgrabung vertieft worden. Dies sei u.a. aus dem natürlichen Geländeverlauf heraus erkennbar, wie sich insbesondere anhand des tatsächlichen topographischen Zustands des Geländes zeige. Er, der Kläger, habe vor, die auf seinem Grundstück befindliche Stützmauer zu entfernen, weswegen eine Notwendigkeit für eine auf dem Grundstück der Beklagten zu errichtende Stützmauer gegeben sei.

Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte habe auf ihrem Grundstück entlang der Grenze zum klägerischen Grundstück infolge der ursprünglichen Abgrabung eine Stützmauer zu errichten, um die Festigkeit des klägerischen Grundstücks sicherzustellen. Ein solcher Anspruch ergebe sich aus §§ 909, 1004 BGB i.V.m. §§ 9, 10 NRG Baden-Württemberg. Der Anspruch bestehe, obwohl das Grundstück derzeit noch durch eine Stützmauer auf dem klägerischen Grundstück gestützt werde.

Der Kläger beantragt zuletzt: Die Beklagte wird verurteilt, auf dem Grundstück der Wohnungseigentümergemeinschaft in der C. Straße 41 in D., Flurstücks-Nr. … der Gemarkung D., eine Stützmauer im Bereich der Grundstücksgrenze, die auf dem als Anlage K0 beigefügten Messprotokoll des Vermessungsbüros E. vom 17.03.2016 bezüglich des Bestandsaufmaßes Mauer und Höhen zu Flst. … in der Gemarkung D. mit rot markiert ist, zum Grundstück des Klägers, C. Straße 39 in D., Flurstück-Nr. … der Gemarkung D., zu errichten.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, es habe zwischen den Rechtsvorgängern der Beklagten und den Rechtsvorgängern des Klägers eine Vereinbarung gegeben, dass die Stützung des klägerischen Grundstücks durch eine Stützmauer auf dem Grundstück des Klägers und nicht durch eine solche auf dem Grundstück der Beklagten erfolge.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Klage sei schon unzulässig, weil es an einem hinreichend bestimmten Klageantrag i.S.v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO fehle. Im Übrigen seien die Voraussetzungen eines Anspruchs aus §§ 909, 1004 BGB nicht erfüllt.

Zum weiteren Vorbringen wird Bezug genommen auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist bereits unzulässig.

I.

Die Klage ist unzulässig, da es an einem hinreichend bestimmten Antrag des Klägers i.S.v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO fehlt. Der Kläger begehrt mit der Errichtung einer Stützmauer im Bereich der Grundstücksgrenze zwar eine hinreichend bestimmte Maßnahme der Beklagten auf einem durch die Markierung im Messprotokoll des Vermessungsbüros E. vom 17.03.2016 hinreichend bestimmbaren Gebiet. Allerdings fehlt es vorliegend daran, dass der Kläger die wiederherzustellende Festigkeit ohne Auferlegung bestimmter Maßnahmen dargetan hat. Dies wäre für eine Vollstreckung des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs aus §§ 909, 1004 BGB (i.V.m. §§ 9, 10 NRG Baden-Württemberg) erforderlich (vgl. BGH, 24.02.1978 – V ZR 95/75, NJW 1978, 1584; BGH, 27.11.1981 – V ZR 42/79; BGH, 29.05.2009 – V ZR 15/08, NJW 2009, 2528 (2529)). Die Zulässigkeit der Klage wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlungen thematisiert.

1.

Der Klageantrag ist bereits deshalb unzulässig, weil der Gläubiger dem Schuldner im Falle einer Vertiefung gemäß § 909 BGB nicht eine konkrete Maßnahme auferlegen darf.

Der Antrag einer Leistungsklage genügt dem Bestimmtheitserfordernis, wenn er als Tenor des Leistungsurteils vollstreckbar wäre (vgl. Saenger/Saenger, ZPO, § 253 Rn. 14). Im Rahmen des § 909 BGB erfordert § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur hinreichenden Bestimmtheit nicht die Angabe, welche konkreten Maßnahmen die Beklagte zur Beseitigung der Grundstücksbeeinträchtigung ergreifen soll (vgl. zum Ganzen BGH, 24.02.1978 – V ZR 95/75, NJW 1978, 1584). Aus der Natur des Anspruchs aus § 1004 BGB i.V.m. § 909 BGB folgt, dass es grundsätzlich der Beklagten zu überlassen ist, welche Maßnahmen zu treffen wäre, um eine genügende Befestigung des Nachbargrundstückes sicherzustellen. Die Wahl der Maßnahme einer Grundstücksabsicherung obliegt allein dem Schuldner (vgl. Herrler, in: Palandt, 77. Aufl. 2018, § 909 Rn. 8 m.w.N.). Der Gläubiger darf insofern keine Vorgaben geben. Erst im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens darf der Gläubiger gemäß § 887 ZPO die Wahl anstelle des Schuldners treffen, sofern dieser nicht tätig wird. Der durch Vertiefungen i.S.d. § 909 BGB in seinem Eigentum beeinträchtigte Grundstückseigentümer kann regelmäßig nur verlangen, dass durch eine genügende Befestigung der Boden seines Grundstücks die erforderliche Stütze behält. Er hat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte Maßnahme zur Beseitigung der Beeinträchtigung. Eine Begrenzung des Anspruchs auf bestimmte Befestigungs- oder Sicherungsarbeiten stellt daher grundsätzlich eine unzulässige Beschränkung der Beklagten in der Wahl der Vorkehrungen dar.

Die Errichtung einer Stützmauer stellt nach der Auffassung des Gerichts auch nicht die einzig denkbare, d.h. erfolgversprechende und zumutbare Maßnahme dar, die zu einer Ausnahme von den dargestellten Grundsätzen führen würde (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 253 Rn. 13c m.w.N.). Die Klägerseite hat bereits nicht hinreichend dargetan, dass es sich um die einzig erfolgversprechende und zumutbare Maßnahme handelt. Dies ist insbesondere deshalb anzunehmen, weil gerade die Errichtung einer Stützmauer auf dem Grundstück der Beklagten – ausweislich der vorgelegten Lichtbilder – wohl dazu führen würde, dass die angrenzende schmale Treppe, die zu einem Hauseingang im hinteren Teil des Beklagtengrundstücks führt, nicht mehr genutzt werden könnte und insofern schon die Einschränkung der Zumutbarkeit der Maßnahme zweifelhaft ist. Vor diesem Hintergrund wären wohl auch eine (Teil-) Aufschüttung des Bereichs oder das Anbringen von Quersprießen ebenfalls bzw. sogar eher denkbar.

2.

Darüber hinaus hat die Klägerseite auch nicht die frühere Festigkeit des Grundstücks hinreichend dargelegt. Auch insofern ist der Antrag nicht hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (vgl. BGH, 24.02.1978 – V ZR 95/75, NJW 1978, 1584; BGH, 27.11.1981 – V ZR 42/79; BGH, 29.05.2009 – V ZR 15/08, NJW 2009, 2528 (2529)). Von der früheren Festigkeit hängen für die Beklagte auch in diesem Fall Art und Ausmaß der Sicherungs- und Befestigungsmaßnahmen ab. Ohne konkrete Angabe der früheren Festigkeit müsste im Zwangsvollstreckungsverfahren zumindest diesbezüglich geklärt werden, welchen bestimmten Erfolg die Beklagte mit den ihrer Auswahl überlassenen Maßnahmen herbeiführen müsste. Diese Klärung gehört aber nicht ins Zwangsvollstreckungsverfahren (vgl. schon BGH, 24.02.1978 – V ZR 95/75, NJW 1978, 1584 (1585)). Den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO wird daher auch im vorliegenden Fall nur eine Klage gerecht, die die frühere Festigkeit genau angibt (vgl. BGH, 29.05.2009 – V ZR 15/08, NJW 2009, 2528 (2529)).

Vom Kläger wurden keine hinreichend genauen Angaben gemacht, welche (frühere) Festigkeit seines Grundstücks mit der Stützmauer auf dem Grundstück der Beklagten hergestellt werden soll. Der Vortrag, dass das Grundstück des Klägers bei Entfernung der auf seinem Grundstück befindlichen Stützmauer aufgrund einer Vertiefung des Grundstücks der Beklagten absacken würde, ist insoweit nicht ausreichend. Gleiches gilt für die Ausführungen zu vermeintlich erforderlichen Ausmaßen der von der Beklagten gegebenenfalls zu errichtenden Stützmauer, denn hierdurch wird nicht hinreichend substantiiert auf die herzustellende, früher vermeintlich vorhandene Festigkeit des Grundstücks des Klägers als solche eingegangen. Dass das Grundstück des Klägers aufgrund der auf seinem Grundstück befindlichen Stützmauer schon seit über 100 Jahren eine Stützung erfährt, entbindet diesen im Rahmen eines Anspruchs aus § 909 BGB i.V.m. § 1004 BGB nicht davon, hinreichend substantiiert zur früheren, vor der vermeintlichen Vertiefung des Nachbargrundstücks vorhandenen Festigkeit seines Grundstücks vorzutragen. Dies ist nicht geschehen. Ebenso ergibt sich nicht aus der Gesamtschau aller vom Kläger gemachten Angaben, welche (frühere) Festigkeit seines Grundstücks mit der Stützmauer auf dem Grundstück der Beklagten genau hergestellt werden soll.

Das Erfordernis, im Klageantrag genau anzugeben, welche (frühere) Festigkeit des klägerischen Grundstücks mit der Stützmauer hergestellt werden soll, entfällt auch nicht deshalb, weil vorliegend auf dem Grundstück des Klägers eine Stützmauer existiert, welche nach derzeitigem Stand eine bestimmte Festigkeit des Grundstücks herstellt. Die bestehende Stützmauer auf dem Grundstück des Klägers sagt nichts darüber aus, welche (frühere) Festigkeit des Grundstücks vom Kläger genau begehrt wird. Gerade weil sich derzeit auf dem Grundstück des Klägers eine Stützmauer befindet, die eine Festigkeit seines Grundstücks sicherstellt, und zudem die konkreten Maßnahmen der Absicherung der Beklagten zu überlassen wären, wäre es erforderlich gewesen, genaue Angaben dazu zu machen, welche (frühere) Festigkeit seines Grundstücks mit einer Stützmauer auf dem Grundstück der Beklagten erreicht werden soll, denn diese kann aufgrund der derzeit vorhandenen Stützung des Grundstücks gerade nicht ohne Weiteres festgestellt werden. Ein Verweis darauf, dass die zu errichtende Stützmauer auf dem Grundstück der Beklagten die bereits bestehende Stützmauer auf dem Grundstück des Klägers ersetzen soll, stellt bei einer Klage gestützt auf § 909 BGB i.V.m. § 1004 BGB noch keinen i.S.v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmten Klageantrag dar.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, S. 2 ZPO.

Der Streitwert wird unter Berücksichtigung des Klägerbegehrens auf Neuerrichtung einer Stützmauer auf 20.000 € geschätzt (§ 3 ZPO, § 48 GKG).

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