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AGB-Klausel: Ersatz der Mehrwertsteuer bei Kasko-Schaden

Amtsgericht Coburg

Az.: 15 C 360/01

Verkündet am 31.05.2001

Berufungsurteil (siehe unten)


In dem Rechtsstreit wegen Forderung erkennt das Amtsgericht Coburg gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Zustimmung der Parteien im schriftlichen Verfahren, in welchem alle bis zum 23.05.2001 eingegangenen Schriftsätze Berücksichtigung fanden, für Recht:

1.) Die Klage wird abgewiesen.

2.) Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 650,– abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

TATBESTAND

Die Parteien streiten um die Erstattungsfähigkeit der Mehrwertsteuer im Zusammenhang mit einem PKW-Kasko-Schaden.

Die Klägerin schloss am 14.08.2000 bei der Beklagten eine Vollkasko-Fahrzeugversicherung mit DM 1.000,- Selbstbeteiligung unter Einbeziehung der zu diesem Zeitpunkt gültigen Allgemeinen Bedigungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) mit Stand 01.04.2000 für ihren PKW AUDI A3, amtlichtes Kennzeichen OF – XX XXX, ab. 13 Abs. 5 Satz 5 der einbezogenen AKB lautet: „Die Mehrwertsteuer ersetzt der Versicherer nur, wenn der Versicherungsnehmer diese tatsächlich bezahlt hat.“ Der Klägerin entstand am 17.12.2000 ein Unfallschaden, den sie auf Gutachtenbasis abrechnet. Dementsprechend hat die Beklagte an die Klägerin den in dem Gutachten ausgewiesenen Netto-Betrag von DM 10.529.56 unter Abzug der klägerischen Selbstbeteiligung von DM 1.000,– erstattet.

Die Klägerin meint, dass ihr ein Anspruch auf Erstattung der Mehrwertsteuer zustehen würde, auch wenn sie den Schaden nur fiktiv auf Gutachten-Basis abrechne. Die Regelung im -§ 13 Abs. 5 Satz 5 der AKB in der Fassung vom 01.04.2000 sei eine überraschende Klausel im Sinne des AGB-Gesetzes und somit unwirksam. Nach der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung dürfe sie als Versicherungsnehmerin davon ausgehen, dass sie als nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Privatperson auch Anspruch auf Erstattung der Mehrwertsteuer habe. Zudem würde die Klausel in der Neufassung der AKB die Klägerin unangemessen benachteiligen und sei daher als Verstoß gegen § 9 Abs. 2 AGB-Gesetz zu sehen.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 1.684,73 nebst 9,26 % Zinsen seit dem 03.02.2001 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung. Die Beklagte meint, dass die Regelung in den dem Kasko-Vertrag zugrundegelegten AKB hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Mehrwertsteuer eindeutig sei. Diese Regelung sei keine überraschende Klausel und verstoße nicht gegen Vorschriften des AGB-Gesetzes.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die Klageschrift vom 14.03.2001 und die Klageerwiderung vom 12.04.2001 jeweils nebst Anlagen Bezug genommen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung des Differenzbetrages für die Mehrwertsteuer in Höhe von DM 1.684,73 hinsichtlich des Schadensereignisses vom 14.08.2000 aus § 1 VVG in Verbindung mit dem zwischen den Parteien geschlossenen Vollkasko-Versicherungsvertrag zu.

Diesem Versicherungsvertrag liegen die AKB in der Fassung vom 01.04.2000 zugrunde. Die dortigen Regelungen, insbesondere § 13 Abs. 5 Satz 5 AKB finden Anwendung. Diese Regelung, wonach die Mehrwertsteuer nur dann ersetzt wird, wenn der Versicherungsnehmer diese tatsächlich bezahlt hat, stellt keinen Verstoß gegen Grundsätze des AGB-Gesetzes dar und ist nicht zu beanstanden. Insbesondere ist diese Klausel nicht als überraschende Klausel im Sinne des § 3 AGB-Gesetz zu werten. Die Klägerin kann insbesondere nicht mit ihrem Sachvortrag gehört werden, dass sich ihr Erwartungshorizont als Versicherungsnehmerin an der höchstrichterlichen Rechtsprechung orientieren dürfe und sie somit habe davon ausgehen können, dass sie als nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Privatperson auch dann Anspruch auf Erstattung der Mehrwertsteuer habe, wenn der Schaden nur fiktiv abgerechnet würde. Einen solchen „Erwartungshorizont“ an der höchstrichterlichen Rechtsprechung kennt unsere Rechtsordnung nicht und ist auch nicht den Regelungen des AGB-Gesetzes immanent. Dies würde – ad absurdum geführt – bedeuten, dass sich im gesamten Rechtsleben der rechtsuchende Bürger nur noch an der – dann nicht mehr veränderbaren – höchstrichterlichen Rechtsprechung orientieren muss und die Grundsätze der Vertragsfreiheit und Vertragsgestaltung der Parteien dadurch eine Einschränkung erfahren. Dem ist nicht so. Im Rahmen der Vertragsfreiheit und Gestaltungsfreiheit ist es Sache der Parteien, ob sie miteinander Verträge schließen und welchen Inhalt diese haben. Dabei kann eine Neufassung der – hier in den Vertrag einbezogenen – AKB nicht dadurch unmöglich werden, als – zu den bisherigen AKB-Fassungen – sich Rechtsmeinungen und höchstrichterliche Rechtsprechung gebildet haben. Solche Rechtsprechung erfährt jedoch – mit Ausnahme der des Bundesverfassungsgerichtes – keine normative Kraft. Wer, wie die Klägerin, über die Pflichtversicherung des Haftpflicht-Versicherungsverhältnisses hinaus zusätzlich einen Vollkasko-Versicherungsvertrag abschließt, in welchem deutlich auf die jeweils gültige Fassung der AKB hingewiesen ist, hat Gelegenheit, sich diese durchzulesen. Diese sind insofern klar gestaltet und eindeutig. Dass bestimmte Einschränkungen beim Leistungsumfang nicht drucktechnisch gestaltet hervorgehoben sind, steht deren Wirksamkeit micht entgegen. Solches würde vielmehr die AKB unübersichtlich werden lassen, zumal auf den Einzelfall bezogen jeweils eine andere Klausel einschlägig ist und somit das nahezu gesamte Regelungswerk drucktechnisch gestaltet hervorgehoben sein müsste.

Die Regelung in § 13 Abs. 5 Satz 5 AKB stellt auch keinen Verstoß gegen die Generalklausel des § 9 Abs. 2 ABG-Gesetz dar. Eine unangemessene Benachteiligung erkennt das Gericht vorliegend gerade nicht. Die Klägerin hat sich den Schaden gemäß des privatrechtlich mit der Beklagten geschlossenen Vertrages in dem ihr tatsächlich entstandenen Umfang erstatten lassen. Insofern ist die Regelung des § 13 AKB eine nähere Ausgestaltung der §§ 249 ff. BGB. Eine Einschränkung ist – wie ausgeführt – vertraglich möglich. Anders als im reinen Schadensersatzrecht obliegt es den Parteien, die Vertragsbeziehung dispositiv auszugestalten. Im Übrigen ist in der Neufassung des derzeit von der Bundesregierung eingebrachten Schuldrechtsmodernisierungs-Gesetzes zur Änderung des BGB auch bezüglich der hier streitgegenständlichen Abrechnung auf Gutachten-Basis die Erstattung der insofern nicht angefallenen Mehrwertsteuer ausgeschlossen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 Berufungsinstanz:


LG Coburg

Az.: 32 S 115/01

Verkündet am 10.08.2001

Vorinstanz: AG Coburg – Az.: 15 C 360/01


Die 3. Zivilkammer des Landgerichts Coburg hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. August 2001 für Recht erkannt:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Amtsgerichts Ccburg vom 31.05.2001 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsmittels fallen der Klägerin zur Last.

Von der Darstellung des T a t b e s t a n d e s wird gemä3 g 543 Absatz 1 ZPO abgesehen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das AmtsgeYicht Ccburg hat mit Recht und zutreffender Begründung die Klage abgewiesen. Die Kammer folgt den Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, § 543 Abs. 1 ZPO.

An der zutreffenden Rechtseinschätzung des Erstgerichts ändern auch die Ausführungen der Berufung nichts. Die Unwirksamkeit der streitentscheidenden AKB-Klausel (§ 13 Abs. 5 Satz 5) ergibt sich weder aus § 3 AGBG noch aus § 9 AGBG.

Die Berufung ist daher mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

 

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