Verkehrsunfall: Ersatzfähigkeit von Verbringungskosten und UPE-Aufschlägen bei fiktiver Schadensabrechnung
LG Oldenburg, Az: 5 O 1595/15, Urteil vom 07.03.2017
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 144,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit dem 20.11.2014 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Forderung seines Prozessbevollmächtigten in Höhe von 413,64 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 05.03.2015 freizuhalten.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Kosten des Rechtsstreites tragen der Kläger zu 61% und die Beklagte zu 39%.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
6. Der Streitwert wird auf bis zu 13.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall sowie über Ansprüche aus einer Datenweitergabe der beklagten Haftpflichtversicherung.
Der Kläger wurde am 02.10.2014 in einen Verkehrsunfall in Delmenhorst verwickelt. Die Beklagte ist die generische Haftpflichtversicherung. Die Frage der Haftung der Beklagten für Ansprüche aus dem Verkehrsunfall dem Grunde nach ist zwischen den Parteien unstreitig.
Der Kläger ließ nach dem Verkehrsunfall den Schaden am Fahrzeug durch das Sachverständigenbüro K. und T. feststellen und teilte das Ergebnis der Beklagten mit Schreiben vom 29.10.2014 mit. Danach beliefen sich die Reparaturkosten unter Berücksichtigung von Wertsteigerungen auf 2.124,08 € netto. Hierauf zahlte die Beklagte insgesamt 1.978,35 € und kürzte um insgesamt 145,73 € wegen UPE-Aufschlägen, Verbringungskosten und Kostenpauschale, wobei die Berechtigung zwischen den Parteien streitig ist.
Auf die Rechnung des Sachverständigenbüros von 572,99 € zahlte die Beklagte zunächst nur 529,18 €. Auf die noch ausstehende Kostenpauschale und die restlichen offenen Sachverständigenkosten zahlte die Beklagte im Laufe des Rechtsstreites weitere 50,00 €.
Der Kläger hat mit Klage beim Amtsgericht Delmenhorst vom 09.02.2015 zunächst beantragt:
1. die Beklagte wird verurteilt, an ihn weitere 194,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit dem 20.11.2014 zu zahlen,
2. die Beklagte wird verurteilt, ihm darüber Auskunft zu erteilen, welche Daten sie über ihn und dessen Kraftfahrzeug bei sich gespeichert und welche Daten sie über ihn und dessen Kraftfahrzeug an andere Firmen und Personen weitergegeben hat.
3. die Beklagte wird verurteilt, in von der Forderung seines Prozessbevollmächtigten in Höhe von 571,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 05.03.2015 freizuhalten.
Mit Schriftsatz vom 04.05.2015 erteilte die Beklagte die begehrte Auskunft. Wegen des Inhalts der Auskunft wird auf die Klageerwiderung vom 04.05.2015 (Bl. 46ff. d.A.) Bezug genommen.
Der Kläger hat daraufhin mit Schriftsatz vom 03.06.2015 Rechtsstreit im Hinblick auf den Auskunftsanspruch für erledigt erklärt und die Klage um Löschungs-, Unterfassungs- und Schadensersatzansprüche erweitert. Wegen des konkreten Inhalts der Klageerweiterung wird auf den Schriftsatz vom 03.06.2015 (Bl. 79 ff d.A.) Bezug genommen.
Das Amtsgericht Delmenhorst hat mit Beschluss vom 30.06.2015 den Rechtsstreit an das Landgericht Oldenburg verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 09.10.2015 hat der Kläger beantragt, dass die Beklagte die Richtigkeit der Auskünfte an Eides statt versichert.
Mit Schriftsatz vom 21.01.2016 legte die Beklagte dem Kläger die begehrten Löschungsbestätigungen vor. Wegen des Inhalts wird auf die Anlagen B1 und B2 des Schriftsatzes vom 21.01.2016 (Bl. 155 und 156 d.A.) Bezug genommen.
Der Kläger hat daraufhin mit Schriftsatz vom 31.03.2016 den Rechtsstreit im Hinblick auf die Löschungsansprüche und im Hinblick die gezahlten 50,00 € auf die noch ausstehenden Sachverständigenkosten und mit Schriftsatz vom 26.04.2016 den Antrag auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung für erledigt erklärt. Insoweit wird auf die Schriftsätze vom 31.03.2016 (Bl. 209ff d.A.) und 26.04.2016 (Bl. 220ffd.A.) Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 21.01.2016, 09.03.2016 und 09.05.2016 hat sich die Beklagte den Erledigungserklärungen des Klägers angeschlossen und eine Kostenübernahmeerklärung abgegeben. Insoweit wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 21.01.2016 (Bl. 149ff d.A.), 09.03.2016 (Bl. 190ff. d.A.) und 09.05.2016 (Bl. 223ff d.A.) inhaltlich Bezug genommen.
Der Kläger ist der Auffassung, UPE-Aufschläge und Verbringungskosten seien vorliegend ersatzfähig, weil sie auch im Falle einer Reparatur angefallen wären.
Er sei aufgrund der Datenweitergabe in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt und die Beklagte sei deshalb zur Zahlung einer Geldentschädigung verpflichtet, die er in Höhe von 3.000,00 € für angemessen halte.
Er beantragt nunmehr,
1. die Beklagte wird verurteilt, an ihn weitere 144,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit dem 20.11.2014 zu zahlen,
2. die Beklagte wird verurteilt, in von der Forderung seines Prozessbevollmächtigten in Höhe von 571,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 05.03.2015 freizuhalten,
3. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, Daten des Klägers an die Firma E. GmbH, …, … Münster und an das F. I., …, … Stuttgart weiterzugeben,
4. die Beklagte zu verurteilen, eine in das Ermessen des Gerichts zu stellende Entschädigung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen
Sie ist der Auffassung, der Kläger könne Verbringungskosten und UPE-Aufschläge im Rahmen einer fiktiven Schadensabrechnung nicht geltend machen.
Sie bestreitet, gegen datenschutzrechtliche Vorschriften verstoßen zu haben. Die Datenweitergabe sei nach § 11 BDSG erfolgt. Zudem sei eine Güterabwägung nach § 28 BDSG vorzunehmen.
Ein Schadensersatzanspruch aufgrund einer Persönlichkeitsrechtsverletzung sowie ein Unterlassungsanspruch stehe dem Kläger nicht zu.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat nur in geringem Umfang Erfolg.
1.
Soweit die Beklagte im Hinblick auf die noch ausstehenden Restkosten für das außergerichtlich eingeholte Sachverständigengutachten und die Kostenpauschale insgesamt 50,00 € gezahlt hat, war im Hinblick auf den Klageantrag zu 1 nur noch über die Erstattungsfähigkeit der von der Beklagten gekürzten UPE-Aufschläge und Verbringungskosten zu entscheiden.
Insoweit steht dem Kläger zur Überzeugung der Kammer ein Ersatzanspruch nach §§ 7, 18 StVG i.V.m. § 115 VVG I.V.m. § 249 BGB in Höhe von 144,54 € zu.
Das Gericht ist in Übereinstimmung mit früheren Entscheidungen des Landgerichts Oldenburg (Urteil vom 03.04.2012, Az. 5 O 2164/12; Urteil vom 18.05.1999, Az. 1 S 651/98, nach juris) und zahlreichen anderen Gerichten (stellvertretend OLG Dresden, Urteil vom 13.06.2001, Az. 13 U 600/01, nach juris) der Ansicht, dass auch fiktiv abgerechnete Verbringungskosten ersatzfähig sind. Daneben hält das Gericht auch die URE-Aufschläge im Rahmen einer fiktiven Abrechnung für ersatzfähig.
Entgegen der Auffassung der Beklagten sind auch bei der fiktiven Schadensberechnung die UPE-Aufschläge und Verbringungskosten zu ersetzen. Nach zutreffender Ansicht – nämlich konsequent zu der grundsätzlich vorgesehenen Möglichkeit der fiktiven Abrechnung – hat auch der fiktiv abrechnende Verkehrsunfallgeschädigte einen Anspruch auf Ersatz der UPE-Aufschläge und Verbringungskosten, wenn und soweit diese regional üblich sind (OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.03.2012 – 1 U 108/11; Urteil vom 16.06.2008 – 1 U 246/07).
Zwar verkennt die Kammer nicht, dass die Frage, ob die sogenannten UPE-Aufschläge im Rahmen der fiktiven Schadenersatzberechnung erstattungsfähig sind, umstritten ist und nach einer Ansicht der Erstattungsfähigkeit solcher Aufschläge bei fiktiver Abrechnung entgegensteht, dass sie nicht zwingend bei einer Reparaturdurchführung auch konkret anfallen (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 30.10.2012, Az.: 9 U 5/12, zitiert nach juris). Nach der wohl herrschenden Gegenmeinung können die prozentualen Aufschläge auf Ersatzteilpreise und die Verbringungskosten jedoch auch bei der fiktiven Abrechnung verlangt werden, wenn und soweit sie regional üblich sind, da sie in diesem Fall dem Aufwand zuzurechnen sind, der für die Behebung des Fahrzeugschadens i.S. § 249 Abs. 2 BGB erforderlich ist.
Bei fiktiver Abrechnung auf Gutachtenbasis ist zudem von einer Erstattungsfähigkeit der entsprechenden Aufschläge auszugehen, wenn ein öffentlich bestellter und vereidigter Kfz-Sachverständiger unter Berücksichtigung der örtlichen Gepflogenheiten zu dem Ergebnis gelangt, dass im Falle einer Reparatur in der Region bei markengebundenen Fachwerkstätten typischerweise UPE-Aufschläge erhoben werden (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O m.w.N.; OLG Hamm, aaO; OLG München, Urt. v. 28.02.2014, Az.: 10 U 3878/13, zitiert nach juris, Rdnr. 12 m.w.N.;).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Der an dem Fahrzeug des Klägers entstandene Sachschaden beträgt unstreitig auf Grundlage des von dem Kläger eingereichten Sachverständigengutachtens 2.124,08 EUR netto, wovon noch 144,54 € auf UPE-Aufschläge und Verbringungskosten entfallen.
Der Kläger hat hierzu der Beklagten das private Sachverständigengutachten des Sachverständigenbüros K. und T. vom 09.10.2014 vorgelegt, welches UPE-Aufschlag und Verbringungskosten enthält. Zudem hat der Kläger mit der Anlage K 3 (Bl. 234 d.A.) nochmals eine Bestätigung des Sachverständigenbüros K. und T. vorgelegt, wonach es im Raum Delmenhorst keine Markenwerkstatt gibt, die keine Verbringungskosten in Ansatz bringen würden.
Die Beklagten wenden sich insofern lediglich gegen die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit dieser Positionen bei der fiktiven Abrechnung. Sie bestreiten aber nicht konkret, dass diese Kosten bei einer tatsächlich durchgeführten Reparatur in der Umgebung des Klägers anfallen würden.
Die Kosten sind daher aus den o.g. Gründen erstattungsfähig.
2.
Der Unterlassungsanspruch des Klägers ist indes unbegründet.
Zur Frage des Unterlassungsanspruches nach §§ 823, 1004 BGB im Hinblick auf die Datenweitergabe von Haftpflichtversicherern hat bereits das Oberlandesgericht Oldenburg mit Urteil vom 23. Dezember 2014 – 13 U 66/14 -, in zutreffender Weise ausgeführt:
Ein Anspruch des Klägers auf Unterlassung der Weitergabe seiner Daten könnte sich zwar aus einer entsprechenden Anwendung des § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 823 Abs. 1 BGB ergeben, weil eine durch das Bundesdatenschutzgesetz nicht gedeckte Übermittlung personenbezogener Daten eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als „sonstiges Recht“ im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB darstellt und keine speziellen datenschutzrechtlichen Ansprüche auf Unterlassung bestehen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 1983 – III ZR 159/82, NJW 1984, 436, zitiert nach juris, Rn. 14; OLG Düsseldorf, Urteil vom 11. Mai 2005 – 15 U 196/04, NJW 2005, 2401, zitiert nach juris, Rn. 57 ff.; Taeger in: Taeger/Gabel, BDSG, § 4 Rn. 76; Dix in: Simitis, BDSG, 8. Aufl., § 35 Rn. 73 m.w.N.).
Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch ist jedoch, dass „weitere Beeinträchtigungen zu besorgen“ sind, also eine Wiederholungsgefahr besteht (vgl. OLG Düsseldorf, aaO, Rn. 58; vgl. auch Gabel in: Taeger/Gabel, aaO, § 7 Rn. 17 m.w.N.). Wiederholungsgefahr ist die auf Tatsachen gegründete objektive ernstliche Besorgnis weiterer Störungen (Palandt/Bassenge, BGB, 74. Aufl., § 1004 Rn. 32 m.w.N.). Zwar begründet eine vorangegangene rechtswidrige Beeinträchtigung eine tatsächliche Vermutung für das Bestehen einer Wiederholungsgefahr (OLG Düsseldorf, aaO, Rn. 59; Palandt/Bassenge, aaO). Diese Vermutung ist aber dann als widerlegt anzusehen, wenn die Beeinträchtigung durch eine einmalige Sondersituation veranlasst ist und eine Wiederholung deshalb nicht naheliegt (vgl. OLG Saarbrücken, Beschluss vom 2. August 2013 – 1 UH 1/13, MDR 2013, 1485, zitiert nach juris, Rn. 22; BeckOK BGB/Fritzsche, § 1004 Rn. 83 m.w.N.). So verhält es sich – eine rechtswidrige Beeinträchtigung unterstellt – hier.
Mit einer erneuten Weitergabe von Daten des Klägers durch die Beklagte zu 2 ist nicht zu rechnen. Denn die Weitergabe diente allein der Abwicklung des Verkehrsunfalls vom 10. Oktober 2011, die inzwischen abgeschlossen ist. Lässt man dieses einmalige Unfallereignis außer Acht, steht der Kläger der Beklagten zu 2 nicht anders gegenüber als jeder andere Verkehrsteilnehmer. Die Möglichkeit, dass er erneut in einen Verkehrsunfall verwickelt wird, bei dem die Beklagte zu 2 als Haftpflichtversicherer auf der Gegenseite steht, ist von so allgemeiner Natur, dass sie keine Wiederholungsgefahr im Sinne des § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB begründet. Auch der Umstand, dass die Beklagte zu 2 ständig mit der C … GmbH und der D … GmbH zusammenarbeitet und dabei Daten der Unfallbeteiligten zur Verfügung stellt, begründet – für den Kläger persönlich – keine Wiederholungsgefahr.
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung sieht auch die Kammer keine Veranlassung, im konkreten Fall von einer Wiederholungsgefahr auszugehen.
Die Datenweitergabe durch die Beklagte erfolgte hier ebenfalls als gegnerischer Haftpflichtversicherer konkret aufgrund der Schadensregulierung des Unfallereignisses vom 02.10.2014. Eine Wiederholungsgefahr ist nicht anzunehmen. Die Parteien stehen auch in keinem Vertragsverhältnis, sodass der Kläger der Beklagten wie jeder andere Verkehrsteilnehmer gegenüber steht und ein nochmaliges Aufeinandertreffen der Parteien anlässlich eines weiteren Verkehrsunfalles schlicht vom Zufall abhängt.
3.
Dem Kläger steht zudem auch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf immateriellen Schadensersatz zu.
Insbesondere kann der Kläger einen Ersatzanspruch für immaterielle Schäden -materielle Schäden sind weder vorgetragen noch bewiesen- nicht aus § 7 BDSG ableiten.
Entgegen der Ansicht des Klägers gewährt § 7 BDSG keinen Anspruch auf Ersatz immaterieller Schäden (BGH, Urteil v. 29.11.2016 -VI ZR 530/15-; Simitis, Bundesdatenschutzgesetz, 8. Aufl., § 7 Rn. 32).
Eine andere Sichtweise ergibt sich auch nicht unter der vom Kläger angeführten Auslegung des Art. 23 der EU-Datenschutzrichtlinie.
Hierzu hat bereits das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Urteil vom 21.08.2015 (OLG Düsseldorf, Urteil vom 21. August 2015 – I-16 U 152/14 -, juris) in zutreffender Weise ausgeführt:
„Auch die Vorgaben der Europäischen Datenschutzrichtlinie 95/46/EG vom 24.10.1995, insbesondere deren Art. 23 Abs. 1, zwingen nicht zu einer Ausdehnung der Haftung für immaterielle Schäden bei jeder – losgelöst von der Eingriffsintensität und der Schwere der Verletzung – infolge einer unzulässigen oder unrichtigen Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von personenbezogenen Daten durch eine verantwortliche Stelle bewirkten Verletzung des Persönlichkeitsrechts bzw. des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen im Sinne einer richtlinienkonformen Auslegung und Anwendung des nationalen Rechts (zum Streitstand vgl. die Nachweise bei Gola/Schomerus, a.a.O., § 7 Rn. 12; ferner Simitis/Simitis, a.a.O., § 7 Rn. 4 f, 32 m. Fn. 82, § 8 Rn. 1 f.; Plath/Becker; a.a.O., § 1 Rn. 4, § 8 Rn. 2), unabhängig davon, dass damit noch nicht die Frage der Vererblichkeit eines entsprechenden Entschädigungs- oder Schmerzensgeldanspruchs beantwortet ist und die Datenschutzrichtlinie hierzu keinerlei (europarechtliche) Vorgaben enthält.
a) Zwar sind die nationalen Gerichte aufgrund des Umsetzungsgebots gemäß Art. 288 Abs. 3 AEUV und des Grundsatzes der Gemeinschaftstreue gemäß Art. 4 Abs. 3 AEUV verpflichtet, die Auslegung des nationalen Rechts unter voller Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums, den ihnen das nationale Recht einräumt, soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck einer Richtlinie auszurichten, um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen. Dabei kann der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung es auch erfordern, das nationale Recht, wo dies nötig und möglich ist, richtlinienkonform fortzubilden (BVerfG, Beschl. v. 26.09.2011 – 2 BvR 2216/06, 2 BvR 469/07, Juris, Rn. 44 ff., 50 ff., 55 ff. m.w.N.; BGH, Urt. v. 21.12.2011 – VIII ZR 70/08, Juris, Rn. 30 ff.; BGH, Urt. v. 09.04.2002 – XI ZR 91/99, Juris, Rn. 14; EuGH, Urt. v. 05.10.2004 – C-397/01 bis C-403/01, Juris, Rn. 113 ff.). Allerdings findet die Pflicht zur Verwirklichung des Richtlinienziels im Auslegungswege zugleich ihre Grenzen an dem nach innerstaatlicher Rechtstradition methodisch Erlaubten. Die Pflicht zur gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung darf insbesondere nicht als Grundlage für eine Auslegung des nationalen Rechts contra legem dienen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.09.2011 – 2 BvR 2216/06, 2 BvR 469/07, Juris, Rn. 47 f.). Die maßgebliche gesetzgeberische Grundentscheidung, an die die Gerichte verfassungsrechtlich gebunden sind, trifft der nationale Gesetzgeber. Diese lässt sich u.a. aus den Gesetzesmaterialien erschließen (BVerfG, Beschl. v. 26.09.2011 – 2 BvR 2216/06, 2 BvR 469/07, Juris, Rn. 51).
b) Hier hat der nationale Gesetzgeber in Umsetzung des Art. 23 DS-RL, der von den Mitgliedsstaaten die ausdrückliche Regelung eines eigenen datenschutzrechtlichen Schadensersatzanspruchs für öffentliche wie nichtöffentliche Stellen verlangt, § 7 BDSG eingeführt (Plath/Becker, a.a.O., § 7 Rn. 5; Gola/Schomerus, a.a.O., § 7 Rn. 1 f., 12) und sich dabei bewusst dafür entschieden, dem von einer rechtswidrigen oder falschen Datenverwendung Betroffenen mit dieser Regelung – lediglich – materiellen Schadensersatz zuteil werden zu lassen (Plath/Becker, a.a.O., § 7 Rn. 1, 8; Simitis/Simitis, a.a.O., § 7 Rn. 32; Gola/Schomerus, a.a.O., § 7 Rn. 12), womit indes zugleich ein Ersatz immaterieller Schäden, soweit er durch andere Rechtsnormen gewährt wird oder gewährt werden kann, nicht ausgeschlossen ist (vgl. Gola/Schomerus, a.a.O., § 7 Rn. 12, 19). Diese Interpretation des Regelungsgehalts des § 7 BDSG, nämlich die bewusste Beschränkung auf materielle Schäden bei nicht automatisierter unrichtiger oder unzulässiger Datenverwendung, ergibt sich eindeutig aus der Gesetzgebungsgeschichte und dem dabei zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Willen (vgl. BR-Drucks. 461/00, S. 93; BT-Drucks. 14/4329, S. 38; BT-Drucks. 14/5793, S. 64; vgl. auch S. 45 f. der Synopse des Bundesinnenministeriums zum Gesetz zur Änderung des BDSG und anderer Gesetze, abrufbar unter http://portal.dfpug.de/dfpug/Dokumente/Sonstiges/bdsg.pdf). Denn § 7 BDSG a.F., der im Wesentlichen dem § 8 BDSG n.F. entspricht, sah in seinem Abs. 2 – bereits vor Inkrafttreten der Europäischen Datenschutzrichtlinie – bei schweren Verletzungen des Persönlichkeitsrechts durch eine unzulässige oder unrichtige automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen eine angemessene Entschädigung in Geld für den Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, vor; § 8 BDSG a.F. enthielt lediglich eine Beweislastregelung. Vor diesem Hintergrund steht der eindeutige gesetzgeberische Wille bei der Umsetzung von Art. 23 DS-RL einer richtlinienkonformen, erweiternden Auslegung des § 7 BDSG wie auch anderer Vorschriften in Bezug auf die Ersatzfähigkeit immaterieller Schäden bei Datenschutzverstößen durch nichtautomatisierte Datenverarbeitungen unabhängig vom Grad der Beeinträchtigung bzw. der Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung durch richterliche Rechtsfortbildung entgegen (a.A., jedenfalls im Ergebnis, Kopp, RDV 1993, 1, 8; Wuermeling, DB 1996, 663, 670; Brühmann/Zerdick, CR 1996, 429, 434 f.; Niedermeier/Schröcker; RDV 2002, 217, 222 ff.; Bergmann/Möhrle/Herb, Datenschutzrecht, Stand: Februar 2015, § 7 BDSG Rn. 12 m.w.N.).
Etwas Anderes erfolgt auch nicht daraus, dass der Datenschutzrichtlinie wie auch in anderen Fällen, in denen die Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, sich der Einzelne nach der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 24.11.2011 – C-468/10 und C-469-10, Juris, Rn. 51 m.w.N.) vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat unmittelbar auf diese Bestimmung berufen kann, wenn der Staat die Richtlinie nicht fristgemäß oder unzulänglich in nationales Recht umgesetzt hat (so aber Bergmann/Möhrle/Herb, a.a.O., § 7 BDSG Rn. 12a), weil dies nichts an dem von den Gerichten im Rahmen ihrer grundgesetzlichen Bindung an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) sowie des im Rahmen der Kompetenzordnung von der Rechtsprechung zu beachtenden gesetzgeberischen Willen ändert, der – wie dargestellt – dahin geht, bei leichten Beeinträchtigungen des Persönlichkeitsrechts durch Datenschutzverstöße dem Betroffenen keinen Schadensersatz in Geld wegen der Nichtvermögensschäden zuzugestehen.
Die nationalen Rechtsvorschriften sind insoweit mit den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts auch nicht etwa unvereinbar mit der Folge, dass diese wegen des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts nicht anwenden sind (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 09.06.1971 – 2 BvR 225/69, Juris, Rn. 92 ff.; BVerfG, Beschl. v. 22.10.1986 – 2 BvR 197/83, Juris, Rn. 72 ff., 96 ff.; BVerwG, Beschl. v. 22.02.2010 -1 B 21/09, Juris, Rn. 8), sondern diese bleiben allenfalls hinter Art. 23 DS-RL 95/46/EG zurück; eine Gemeinschaftsrechtswidrigkeit in diesem Sinne liegt damit nicht vor. Der Senat ist insoweit auch entscheidungsbefugt. Für die Entscheidung der Frage, ob eine innerstaatliche Norm des einfachen Rechts mit einer vorrangigen Bestimmung des Europäischen Gemeinschaftsrechts unvereinbar ist und ihr deshalb die Geltung versagt werden muss, sind nämlich weder das Bundesverfassungsgericht noch der EuGH zuständig, sondern die Lösung dieses Normenkonflikts ist nach der Rechtsprechung des BVerfG der umfassenden Prüfungs- und Verwerfungskompetenz der zuständigen nationalen Gerichte überlassen (BVerfG, Beschl. v. 09.06.1971 – 2 BvR 225/69, Juris, Rn. 94; BVerfG, Beschl. v.07.08.2007 – 1 BvR 1941/07, Juris, Rn. 22). Der Senat ist zudem der Auffassung, dass der nationale Gesetzgeber bei der Umsetzung der Datenschutzrichtlinie in zulässigerweise von dem ihm Insoweit eingeräumten Gestaltungsspielraum (vgl. Art. 5 DS-RL) Gebrauch gemacht hat und der in Art. 23 Abs. 1 DS-RL verwendete Schadensbegriff nicht auch zur Regelung des Ersatzes immaterieller Schäden zwingt (vgl. Gola/Schomerus, a.a.O., § 7 Rn. 12; Plath/Becker, a.a.O., § 7 Rn. 14 – jeweils m.w.N. auch zur Gegenansicht). Vor diesem Hintergrund besteht für den Senat auch kein Anlass zu einer Vorlage an den EuGH gemäß Art. 267 AEUV (früher Art. 234 EG), weil es vorliegend weder um Fragen der Auslegung primären Gemeinschaftsrechts noch um die Auslegung und Gültigkeit sekundären Gemeinschaftsrechts geht (zur Vorlageberechtigung und -pflicht vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.02.2010 -1 BvR 230/09, Juris, Rn. 17 ff., 21; BVerfG, Beschl. v. 12.12.2012 – 1 BvR 69/09, Juris, Rn. 21 ff.; ferner Hopfauf, in: Schmidt-Bleibtreu/Hoffmann/Henneke, a.a.O., Vorb. v. Art. 92 Rn. 141 ff.; Calliess, NJW 2013, 1905 ff.).“
Die Kammer schließt sich dieser Rechtsauffassung vollumfänglich an. Aus § 7 BDSG kann der Kläger jedenfalls keinen immateriellen Schadensersatzanspruch herleiten.
Ein Anspruch des Klägers auf Geldentschädigung nach § 823 BGB scheidet auch aus, weil es an einer erforderlichen „schwerwiegenden Verletzung“ des Persönlichkeitsrechts fehlt (vgl. Simitis/Simitis, BDSG 8. Aufl. § 8 Rn. 17 f.).
Der vorliegende Sachverhalt ist auch nicht mit der Entscheidung des vom Kläger zitierten Urteils des Oberlandesgerichtes Köln vergleichbar. Im dortigen Fall wurden sensible Gesundheitsdaten weitergegeben. Dies lässt sich hier mit den lediglich personenbezogenen Daten, die der Kläger zudem freiwillig mit dem Sachverständigengutachten des Büros Klang und Thon an die Beklagte zum Zwecke der Unfallschadensregulierung übersandt hat, nicht vergleichen.
Die Kammer vermag sich auch nicht der Rechtsaufassung des Klägers anschließen, dass es für den Schadensersatzanspruch gleichgültig sein soll, wie schwerwiegend der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen sei. Dies ist mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Persönlichkeitsrechtsschutz nicht vereinbar (vgl. BGH, NJW-RR 2016, 1136 m.w.N.). Insbesondere ist dabei die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen.
Soweit der Kläger insoweit anführt, die Beklagte habe bis heute nicht dargelegt, was eigentlich der Grund für die Weitergabe der Daten sei, so lässt sich dem entgegenhalten, dass der Kläger für die Kammer bis heute nicht dargelegt hat, warum und wie ihn die Datenweitergabe so schwerwiegend in seinen Rechten verletzt habe, dass allein eine Geldentschädigung als Genugtuung in Betracht kommt.
4.
Der Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten folgt aus §§ 280, 286 BGB, allerdings nur nach einem Gebührenstreitwert von 3.022,07 €. Für den außergerichtlich geltend gemachten Auskunftsanspruch sind nach ständiger Rechtsprechung der Kammer nicht 3.000,- €, sondern lediglich 300,- € anzusetzen (vgl. bespw. Landgericht Oldenburg, Urteil v. 03.04.2014 -5 O 2164/14-).
Der Anspruch auf Zinsen folgt aus §§ 288, 291 BGB.
5.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91a, 92 ZPO.
Soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, trägt die Beklagte die Kosten, nachdem sie eine Kostenübernahmeerklärung abgegeben hat. Die Entscheidung ergeht insoweit ohne Begründung, weil sie der Einigung der Parteien folgt (1211 Nr. 4 KV GKG).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
6.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 39, 43 GKG i.V.m. §§ 3, 4 Abs. 1, 5 ZPO. (194,54 € + 300 € + 4.000 € + 4.000 € + 3000 €).
Der Auskunftsanspruch war in ständiger Rechtsprechung der Kammer mit 300,00 € festzusetzen. Hinsichtlich der Löschungs- und Unterlassungsanträge war nicht jeweils zweimal der Wert von ansonsten 3.000,00 € in Ansatz zubringen, sondern der Streitwert im Hinblick auf das zusätzliche Begehren maßvoll um weiteren 1.000,00 € anzuheben, da die Löschung und Unterlassung bzgl. derselben weitergegebenen Daten verlangt wird.
Die teilweise übereinstimmenden Erledigungserklärungen wirkten sich nicht mehr streitwertmindernd aus, da sie im Wesentlichen erst nach der mündlichen Verhandlung vom 22.02.2016 erfolgt sind.