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Erstattungsanspruch Fluggast bei geringwertiger Ersatzbeförderung

AG Köln – Az.: 137 C 469/18 – Urteil vom 19.12.2019

1. Das Versäumnisurteil vom 23.05.2019 wird aufgehoben und insgesamt wie folgt neu gefasst.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 675,00 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.08.2018 zu zahlen.

3. Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 147,56 € zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte zu ¾, der Kläger zu ¼.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die jeweils andere Partei Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Mit der am 04.10.2018 bei dem Amtsgericht Köln eingegangenen Klage macht der Kläger – teilweise aus abgetretenem Recht seiner Frau – gegen die Beklagte Ersatzansprüche aus Lustbeförderungsvertrag geltend.

Der Kläger und seine Ehefrau waren für den durch die Beklagte durchzuführenden Flug  XX 111 am 04.03.2018 von Köln/Bonn nach Miami gebucht. Die Buchung erfolgte unter der Kategorie „Best Class“, wobei zwischen den Parteien Streit darüber besteht, ob es sich hierbei um eine Klassenbezeichnung i.S.d. Art. 10 der Verordnung (EG) 261/2004 (Im Folgenden: VO) handelt. Dieser Flug wurde annulliert, die Kläger am Folgetag ersatzbefördert. Ob und welche Leistungen der ursprünglichen Kategorie zur Verfügung gestellt wurden, ist zwischen den Parteien streitig.

Für die Annullierung leistete die Beklagte bereits eine Ausgleichszahlung von jeweils 600,00 €. Der Kläger verlangt  darüber hinaus weitere Kosten, insbesondere eine Teilweise Erstattung des ursprünglichen Reisepreises, wobei bezüglich der Einzelheiten auf die Klageschrift Bezug genommen wird. Mit Schreiben vom 13.05.2018 forderte der Kläger die Beklagte zum Ausgleich unter Fristsetzung zum 12.06.2018 auf. Nachdem ein Ausgleich nicht erfolgte, lies der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 21.07.2018 den Betrag erneut unter Fristsetzung anmahnen, wofür dieser vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten geltend macht. Ein Ausgleich hat nicht stattgefunden.

Erstattungsanspruch Fluggast bei geringwertiger Ersatzbeförderung
(Symbolfoto: Von Matej Kastelic/Shutterstock.com)

Die Kläger tragen im Wesentlichen vor, die geltend gemachten zusätzlichen Kosten seien entstanden. Sie glauben, dass eine Anrechnung auf die Ausgleichszahlung nicht zu erfolgen habe. Nachdem diese ursprünglich beantragt hatten,

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 902,30 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.08.2018 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 201,70 € zu zahlen.

Ist unter dem 23.05.2019 antragsgemäß Versäumnisurteil gegen die Beklagte ergangen. Hiergegen hat diese Fristgerecht unter dem 14.06.2019 Einspruch eingelegt.

Der Kläger beantragt zuletzt, das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und sonstigen Aktenbestandteilen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist lediglich im tenorierten Umfang begründet, im Übrigen ist diese unbegründet, so dass das Versäumnisurteil auf den zulässigen Einspruch hin teilweise aufzuheben war.

Dem Kläger steht zunächst kein Anspruch auf Zahlung der behaupteten zusätzlich entstandenen Kosten zu, selbst wenn diese als zutreffend unterstellt würden. Insoweit weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass diese auf die Ausgleichszahlung anzurechnen sind (vgl. BGH, Urteil vom 06.08.2019 – X ZR 165/18).

Dem Kläger steht aber ein Anspruch auf Erstattung von 75 % des Reisepreises gem. Art. 10 Abs. 2, Ziff. c VO zu. Das Gericht geht hierbei zunächst in tatsächlicher Hinsicht davon aus, dass die gebuchten Leistungen dem Kläger und seiner Frau tatsächlich nicht zur Verfügung gestellt wurden. Soweit die Beklagte im Schriftsatz vom 07.11.2019, Übergeben im Termin zur mündlichen Verhandlung vom gleichen Tag, dies bestreitet bzw. vorträgt lediglich der Komfortsitz sei nicht zur Verfügung gestellt worden, ist dies nach § 296 ZPO verspätet und somit nicht zuzulassen und hiernach unbeachtlich. Im Rahmen des absoluten Verzögerungsbegriffs wäre hiernach diesbezüglich eine Beweisaufnahme erforderlich geworden, die den Rechtsstreit verzögert hätte. Soweit die Beklagte in rechtlicher Hinsicht ausführt, es seien gar keine Klassen i.S.d. Art. 10 VO buchbar gewesen, so dass ein Downgrading i.d.S. ohnehin ausscheiden müsse, verfängt dies nicht. Zwar ist der Beklagten grds. zuzuhalten, dass die VO insoweit auf ist die Beförderungsklasse (First Class, Business Class, Comfort Class, First Economy oder Economy Class) abstellt, nicht die (in der Regel mit Buchstaben gekennzeichnete) „Buchungsklasse“ (Tarifklasse) innerhalb einer Beförderungsklasse. Hierbei kann es aber zunächst keinen Unterschied machen, wie das Luftfahrtunternehmen ihre unterschiedlichen Angebote mit unterschiedlichen Service- und Dienstleistungen zu sehr unterschiedlichen Beträgen bezeichnet. Vielmehr unterscheiden sich nach Auffassung des Gerichts auch die o.g. „klassischen“ Beförderungsklassen genau in diesem Punkt. Wenn und soweit die Beklagte bspw. Komfortsitze anbietet, darüber hinaus innerhalb eines Gesamtpaketes weitere Leistungselemente, welche sie sich zusätzlich vergüten lässt und welche in anderen Leistungspakten nicht enthalten sind, bietet sie Beförderungsklassen an, unabhängig von der jeweiligen von dem Luftfahrtunternehmen im Übrigen frei wählbaren Bezeichnung.

Soweit die Beklagte meint, ein Ersatz scheide jedenfalls deswegen aus, da der Kläger und seine Ehefrau eine Ersatzbeförderung gewählt hätten, so verfängt dies nicht. Dass die Fluggäste anderweitig befördert worden sind, entbindet die Fluggesellschaft nicht davon diese entweder zu gleichen Konditionen zu befördern oder eben Ausgleich zu leisten (vgl. BeckOK Fluggastrechte-VO/Schmid, 12. Ed. 1.10.2019, Fluggastrechte-VO Art. 10 Rn. 1).

Die Nebenforderungen rechtfertigen sich aus §§ 286, 288 BGB, wobei die Rechtsanwaltskosten lediglich im tenoriertem Umfang berechtigt sind.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 92, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: bis 1.000,00 €

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