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Verkehrsunfall – Erstattungsfähigkeit der Kosten eines privaten Sachverständigengutachtens

OLG Stuttgart, Az: 13 U 125/73, Urteil vom 30.01.1974

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 30. Juli 1973 dahin abgeändert:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 315,63 DM nebst 8 % Zinsen aus 1.015,63 DM vom 11.4. bis 19.9.1972 und aus 315,63 DM seit 19.9.1972 zu bezahlen.

Erstattungsfähigkeit der Kosten eines privaten Sachverständigengutachtens2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug werden gegeneinander aufgehoben.

Von den Kosten des Rechtsstreits im Berufungsrechtszug hat der Kläger 5/6 und die Beklagten als Gesamtschuldner 1/6 zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar

Streitwert im Berufungsrechtszug: 1.204,11 DM.

Tatbestand

Am 4. März 1972 gegen 2 Uhr nachts fuhr der beim Kläger beschäftigte Fahrer H H mit einem Taxi des Klägers — Marke Daimler Benz 200 D, polizeiliches Kennzeichen S-8 … — von B kommend in Richtung S-V mit einer Geschwindigkeit von mindestens 70 km/h auf der linken Fahrspur der autobahnähnlich ausgebauten Bundesstraße 14, wobei er auf der rechten Fahrspur fahrende Fahrzeuge überholte. Etwa 200 — 300 m nach der Ortsausfahrt B stieß der klägerische Fahrer H, Bremsspuren von links 17,5 m und rechts 19,5 m hinterlassend, mit der Vorderfront des klägerischen Pkw auf die rechte Beifahrertür und den rechten vorderen Kotflügel des auf der linken Fahrspur infolge eines Wendeversuches querstehenden Pkw Marke Ford des Beklagten D A auf. Der Halter dieses Pkw, der Beklagte D A, ist bei der A-Versicherungs AG (Beklagte Ziff. 2) haftpflichtversichert.

Unstreitig haben die Beklagten Instandsetzungskosten, Verdienstausfall des Klägers, Abschleppkosten und weitere Auslagen des Klägers von zusammen 4.419,29 DM zuzüglich eines geminderten Handelswerts von 150,– DM = insgesamt 4.569,29 DM mit einem Haftungsanteil von mindestens 80 % zu tragen. Der Kläger hat im ersten Rechtszug von den Beklagten als Schadensersatz noch weitere 1.680,69 DM abzüglich am 18. September 1972 nach Rechtshängigkeit gezahlter weiterer 700,– DM geltend gemacht, nämlich die unstreitigen Schadensposten in voller Höhe (4.419,29 DM), einen zusätzlichen Betrag von 200,– DM für den verminderten Handelswert seines Pkw, Ersatz der Mehrwertsteuer aus den Abschleppkosten in Höhe von 11,15 DM und Ersatz der Auslagen für ein von ihm eingeholtes Gutachten des Kraftfahrzeugssachverständigen B zur schätzungsweisen Ermittlung der voraussichtlich entstehenden Instandsetzungskosten und des verminderten Handelswerts seines unfallgeschädigten Pkw (250,25 DM). Hierzu hat der Kläger hauptsächlich vorgetragen:

Der Pkw des Beklagten D A sei unbeleuchtet quer auf der linken Fahrspur gestanden, so daß der klägerische Fahrer H ihn erst so spät habe sehen können, daß er nicht mehr habe bremsen können; auf die rechte Fahrspur ausweichen habe der klägerische Fahrer H wegen der dort fahrenden Pkw’s nicht können. Der Unfall sei deshalb für ihn ein unabwendbares Ereignis gewesen.

Zu den noch geltend gemachten Schadensposten hat der Kläger ausgeführt, daß die ihm entstandenen Auslagen von 250,25 DM für das Gutachten des Kfz-Sachverständigen B vom 8. März 1972 und seine Rechnungsprüfung vom 27. März 1972 (Anl. 3 und 1 nach Bl. 1/6) erforderlich gewesen und damit begründet seien.

Der Kläger hat letztlich beantragt (Bl. 2, 92), die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 1.680,69 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 1. April 1972 abzüglich am 18. September 1972 bezahlter 700,– DM und einen angemessenen Betrag für merkantile Wertminderung des Fahrzeugs 200 D — polizeiliches Kennzeichen S-8 … — anläßlich des Unfallschadens vom 4. März 1972 nebst 8 % Zinsen seit 11. April 1972 zu bezahlen.

Die Beklagten haben beantragt (Bl.9,92), die Klage abzuweisen, und hierzu hauptsächlich vorgetragen:

Der Pkw des Beklagten sei nicht unbeleuchtet auf der Fahrbahn gestanden, der klägerische Fahrer H sei mit Abblendlicht mit einer für seine Sichtweite zu hohen Geschwindigkeit gefahren und mit noch mindestens 50 km/h auf den Pkw des Beklagten D A aufgefahren. Der Unfall sei deshalb für den klägerischen Fahrer H kein unabwendbares Ereignis gewesen, der Kläger müsse sich vielmehr eine Mitschuld von 20 % anrechnen lassen.

Zu den noch streitigen Schadensposten haben die Beklagten ausgeführt, daß das vom Kläger eingeholte Sachverständigengutachten B überflüssig gewesen sei, da der Kläger schon die Instandsetzungswerkstätte der Firma Daimler-Benz mit einem Kostenvoranschlag beauftragt gehabt habe, der die nachher ihm in Rechnung gestellten Instandsetzungskosten genauer vorausgesagt hätte als das Gutachtens des Kfz-Sachverständigen B (Kostenvoranschlag der Niederlassung Stuttgart der Daimler-Benz AG vom 8. März 1972 Anl. 1 im Anlagenheft).

Das Landgericht hat den klägerischen Fahrer H als Zeugen vernommen (Niederschrift seiner Aussage vom 9. November 1972 = Bl. 22 a bis 26). Die Strafakten des Amtsgerichts Böblingen gegen den jetzigen Beklagten A — 6 Cs 695/72 — waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht.

Durch Urteil vom 30. Juli 1973 (Bl. 54/67) hat die 18. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 115,43 DM nebst 8 % Zinsen aus 815,43 DM vom 11. April 1972 bis 18. September 1972 und aus 115,43 DM seit 19. September 1972 zu bezahlen; im übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Die Urteilsgründe besagen im wesentlichen:

Mindestens in der streitigen Höhe von 20 % hafte der Kläger für den Unfallschaden mit, da bei verkehrsgerechter Fahrweise der klägerische Fahrer H das Auffahren auf den Pkw des Beklagten A hätte verhindern können. Wenn der Fahrer H mit Abblendlicht gefahren wäre, wie er ausgesagt hat, hätte er nur mit Lichtkegelgeschwindigkeit fahren dürfen, die Ausnahmelage, daß die Schlußleuchten des vorausfahrenden Kraftfahrzeugs klar erkennbar sind, hätten nach der eigenen Darstellung des Klägers nicht vorgelegen. Dies treffe auch dann zu, wenn der Pkw des Beklagten A tatsächlich unbeleuchtet quer auf der linken Fahrspur gestanden sein sollte. Falls der Fahrer H mit Fernlicht gefahren sein sollte, hätte er das Hindernis bei gehöriger Aufmerksamkeit rechtzeitig erkennen können. Unentschieden bleibe, ob dem Fahrer H ein Schuldvorwurf träfe; mindestens habe er die Betriebsgefahr des klägerischen Pkw erhöht, und dadurch eine Mitverursachung von mindestens 1/5 bewirkt.

Was die streitigen Schadensposten anbelangt, hat das Landgericht einen durch den Unfall verminderten Handelswert von insgesamt 350,– DM für angemessen erachtet und deshalb dem Kläger noch den Betrag von 200,– DM zugesprochen. Die vom Kläger außerdem geltend gemachten Beträge von 250,25 DM als Kosten des von ihm eingeholten Sachverständigengutachten und von 11,15 DM als weitere Abschleppkosten hat das Landgericht hingegen nicht für erstattungsfähig erachtet. Die im Gutachten des Kfz-Sachverständigen B vorgenommene schätzungsweise Berechnung der voraussichtlich entstehenden Instandsetzungskosten habe der Kläger auch dem schon vorher in Auftrag gegebenen Kostenvoranschlag bei der Instandsetzungswerkstätte der Firma Daimler-Benz entnehmen können. Gleiches gelte auch für die im Gutachten zusätzlich vorgenommene Rechnungsprüfung der später von der Firma Daimler-Benz berechneten Instandsetzungskosten. Ebenfalls sei die Schätzung des verminderten Handelswerts durch den Kfz-Sachverständigen B überflüssig gewesen, da der Kläger vor Klagerhebung diese Wertminderung nicht in Erfahrung zu bringen brauchte, weil er für diesen Schadensposten einen unbezifferten Klagantrag habe stellen können. Danach ergäbe sich folgende Abrechnung:

Unstreitige Schadensposten     4,419,29 DM,

zuzüglich Wertminderung           350,– DM,

Gesamtschaden              4.769,39 DM,

abzüglich 1/5 Mithaftung            953,86 DM,

von der beklagten Allianz-Versicherung              3.700,– DM,

insgesamt bezahlt         

zuzusprechender Restanspruch              115,43 DM.

Gegen dieses ihm bisher noch nicht zugestellte Urteil hat der Kläger am 2. Oktober 1973 Berufung eingelegt (Bl. 72/73) und diese am 15. November 1973 begründet (Bl. 80/82), nachdem die Berufungsbegründungsfrist am 31. Oktober 1973 bis 15. November 1973 verlängert worden war (Bl. 79).

Der Kläger ficht das landgerichtliche Urteil insoweit an, als es dem Kläger einen Haftungsanteil von 20 % = 953,86 DM angerechnet und ihm die Auslagen für das Gutachten des Kfz-Sachverständigen B von 250,25 DM nicht zugesprochen hat. Hierzu führt der Kläger noch aus:

Der klägerische Fahrer H habe sich voll verkehrsgerecht verhalten. Er habe auf der linken Fahrspur der in Richtung V führenden zweispurigen Fahrbahn Kraftfahrzeuge auf der rechten Fahrspur überholt, die Rücklichter auf der rechten Fahrspur vor ihm fahrender Fahrzeuge gesehen, und deshalb keine Veranlassung gehabt, damit zu rechnen, daß ein unbeleuchtetes Fahrzeug quer zu seiner Fahrbahn als Hindernis plötzlich auftauchen würde. Jedenfalls überwiege das Verschulden des Beklagten A in einem solchen Maße daß eine etwaige Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs vernachlässigt werden könne. Eine Mithaftung könne deshalb nicht anerkannt werden.

Die Gutachterkosten in Höhe von 250,25 DM seien voll erstattungsfähig, weil sich bei einem Sachschaden von über 3.500,– DM der Geschädigte aus Beweissicherungsgründen eines vereidigten Sachverständigen bedienen könne, zumal, wenn wie hier Streit über die Höhe des geminderten Handelswerts bestand.

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Der Kläger beantragt (Bl. 80), das Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 30. Juli 1973 abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 115,43 DM nebst 8 % Zinsen aus 815,43 DM vom 11. April 1972 bis 18. September 1972 und aus 115,43 DM seit 19. September 1972 zuzüglich weiterer 1.204,11 DM nebst 8 % Zinsen seit 11. April 1972 zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen (Bl. 88), die Berufung des Klägers zurückzuweisen, und weisen nochmals darauf hin, daß der Kläger nicht bewiesen habe, daß die Beleuchtung des Pkw des Beklagten nicht eingeschaltet war, und der klägerische Fahrer H seine Fahrweise nicht so eingerichtet habe, daß er auf das Hindernis sachgemäß reagieren konnte.

Auf die Berufungsbegründung des Klägers (Bl. 80/82) und die Berufungserwiderung der Beklagten (Bl. 88) wird des Näheren verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist, da form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet, zulässig (§§ 516, 518, 519 ZPO). In der Sache ist die Berufung des Klägers nur hinsichtlich der Kosten des Privatgutachters (vgl. nachstehend unter Ziff. 2) teilweise begründet.

1. Mitwirkendes Verschulden des klägerischen Fahrers Hahn:

Zu Recht hat das Landgericht einen Haftungsanteil des Klägers von 20 % bejaht. Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist (§ 254 Abs. 1 BGB). Im Umfang von 1/5 hat der klägerische Fahrer H den Unfallschaden schuldhaft mitverursacht.

a) Der Kläger haftet nicht nur aus der Betriebsgefahr seines Pkw’s, sondern auch aus einem mitwirkenden Verschulden seines Fahrers H am Unfall. Eine verkehrswidrige Fahrweise, nämlich ein Verstoß entweder gegen § 3 Abs. 1 S. 3 StVO oder gegen § 1 StVO, ergibt sich schon aus dem Umstand, daß der klägerische Fahrer H auf den auf der linken Fahrspur querstehenden Pkw des Beklagten A aufgefahren ist. Nach § 3 Abs. 1 S. 3 StVO darf ein Fahrzeugführer nur so schnell fahren, daß er innerhalb der übersehbaren Strecke halten kann; nach § 1 Abs. 1 StVO hat sich jeder Verkehrsteilnehmer so zu verhalten, daß kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird. Der klägerische Fahrer H ist nach seiner Aussage mit einer Geschwindigkeit von 70 km/h gefahren, was bei einer Bremsansprechdauer und Reaktionsdauer von 1 sec. und einer Bremsverzögerung von 6 m/sec² einem Anhalteweg von 50 m entspricht. Auch wenn der klägerische Fahrer H eine über diesen Anhalteweg hinausgehende weitere Sicht gehabt haben sollte, etwa weil das Abblendlicht des klägerischen Pkw mit asymetrischen Scheinwerfern ausgestattet war, deren Abblendlicht in der Regel bis 75 m reicht (vgl. BGH VRS 33, 368), und er deshalb den Pkw des Beklagten im Abblendlicht des klägerischen Pkw rechtzeitig erkennen konnte, bleibt dann der Vorwurf, den in seinem Abblendlicht erkennbaren Pkw zu spät bemerkt oder zu spät hierauf reagiert zu haben. Deshalb kann nicht fraglich sein, daß der klägerische Fahrer H entweder gegen § 3 Abs. 1 S. 3 StVO oder gegen § 1 StVO verstoßen hat. Insbesondere trifft die Ausnahmevorschrift des § 18 Abs. 6 Ziff. 1 StVO, die auf Autobahnen eine schnellere als die der Reichweite des Abblendlichtes angepaßte Geschwindigkeit zuläßt, wenn die Schlußleuchten des vorausfahrenden Kraftfahrzeugs klar erkennbar sind und ein ausreichender Abstand von ihm eingehalten wird, in doppelter Hinsicht nicht zu: Einmal ist die Bundesstraße 14 zwischen B und V trotz ihres Ausbaus keine „Autobahn“, eine Ausdehnung auf Kraftfahrzeugstraßen wäre jedoch nicht zu verantworten (so amtliche Begründung, abgedruckt bei Möhl-Rüth, StVO, Aufl. 1973, Anm. A zu § 18 StVO), zum anderen träfe diese Vorschrift nur zu, wenn die Schlußleuchten eines auf derselben (hier also linken) Fahrspur vorausfahrenden Kraftfahrzeug klar erkennbar gewesen wären, weil nur dann die später zu durchfahrende Strecke tatsächlich frei gewesen wäre, was der Kläger selbst nicht behauptet hat und auch nicht behaupten kann, weil dort der Pkw des Beklagten quer stand.

Der Unfall mit seinen Folgen war für den Fahrer H auch voraussehbar und ist von ihm verursacht worden. Konnte der klägerische Fahrer H noch bremsen oder doch ausweichen, als er den Pkw des Beklagten A quer stehen sah, so wäre der Unfall vermieden worden, wenn der Fahrer H sofort reagiert hätte, als die Gefahr erkennbar war. Sollte der Fahrer H nicht mehr bremsen oder ausweichen gekonnt haben, als er den Pkw des Beklagten quer stehen sah, so hätte er den Unfall vermeiden können, wenn er auf Sicht und damit nicht zu schnell gefahren wäre. Daß ein zu schnelles oder unaufmerksames Fahren zum Unfall führte, war auch voraussehbar. Mag auch die Fahrweise des Beklagten A grob verkehrswidrig gewesen sein, so ändert dies nichts daran, daß ein solches Hindernis auf der Fahrbahn im Bereich der gewöhnlichen Erfahrung liegt und damit voraussehbar ist. Nach der Erfahrung ist möglich, daß Kraftfahrzeuge auf der Fahrbahn aus irgendwelchem Grund stilliegen und damit ein Hindernis bilden. Eben vor diesen Gefahren zu schützen bezweckt die Vorschrift des § 3 Abs. 1 S. 3 StVO, daß insbesondere bei Dunkelheit nur auf Sicht und dementsprechend aufmerksam (§ 1 Abs. 2 StVO) gefahren werden darf. Nach dieser Vorschrift gibt es kein Vertrauen darauf, daß sich auf der Fahrbahn keine unvermuteten Hindernisse befinden, sie ist gewissermaßen eine doppelte Sicherung gegen Auffahrunfälle. Angesichts der Vorschriften der Straßenverkehrsordnung sind Rechtsprechung und Schrifttum der einhelligen Auffassung (vgl. Möhl-Rüth aaO., § 3 StVO, Rdnote 58, insbesondere deren 2. und 4. Abs. mit entsprechenden Fußnoten, und Böhmer in MDR 1960, 100 mit weiteren Nachweisen), daß ein Kraftfahrer bei Dunkelheit mit unbeleuchteten Hindernissen auf der Fahrbahn rechnen und deshalb seine Geschwindigkeit so bemessen und seine Aufmerksamkeit so einrichten muß, daß er notfalls vor diesem Hindernis noch anhalten oder doch ausweichen kann.

b) Das mitwirkende Verschulden des klägerischen Fahrers H hat das Landgericht zutreffend mit 1/5 bewertet.

Der Kläger haftet aus einer durch mitwirkendes Verschulden seines Fahrers H erhöhten Betriebsgefahr seines Pkw’s. So leicht, daß dieses Verschulden gegenüber dem groben Verschulden des Beklagten A ausnahmsweise voll zurückträte, wiegt das zu schnelle Fahren des Fahrers H ins Ungewisse hinein bzw. das unachtsame Fahren nicht. Die Sicherheit muß in diesen Fällen dem Bedürfnis nach Schnelligkeit vorgehen. Die Gefahr eines solchen Auffahrunfalls, wie er sich hier ereignet hatte, ist vergleichsweise groß. Durch sein Auffahren mit beträchtlicher Geschwindigkeit hat der klägerische Fahrer H in nicht unerheblichem Maße die Unfallfolgen mitverursacht. Diesen Ursachenanteil mit 1/5 zu bewerten, trägt dem weit überwiegenden Verschulden des Beklagten A Rechnung (vgl. zum Haftungsanteil des Auffahrenden allgemein Böhmer aaO., 101 am Ende).

2. Erstattung der Gutachterkosten:

Hingegen kann der Kläger die Kosten des von ihm am 6. März 1972 eingeholten privaten Gutachtens des Sachverständigen B vom 8. März 1972 und seiner Rechnungsprüfung vom 27. März 1972 ersetzt verlangen.

a) Ist wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen (§ 249 S. 2 BGB). Ob die Kosten eines vom Geschädigten zu Unfallschadensfeststellung eingeholten Sachverständigengutachtens zu ersetzen sind, hängt davon ab, ob für die Einholung eines solchen Gutachtens ein rechtfertigender Anlaß bestand, d. ob das Gutachten zu zweckentsprechender Rechtsverfolgung notwendig war (vgl. Palandt, 33. Aufl. 1973, Vorbem. vor § 249 BGB, Anm. 5 c, bb und § 249 BGB, Anm. 3 b unter Sachverständigenkosten mit weitern Nachweisen, insbesondere OLG Karlsruhe NJW 1968, 1333; Soergel-Siebert, BGB, 10. Aufl., §§ 249 bis 253, Rdnote 25 unter „Privatgutachten“ mit weiteren Nachweisen, u.a. auf OLG Celle MDR 1960, 400, vgl. auch BGH NJW 1974, 91 rechte Spalte). Auch im vorliegenden Fall, in dem der Kläger am 4. März 1972 die Instandsetzungskosten seines beschädigten Pkw’s vom Zweigbetrieb H der S Niederlassung der Daimler-Benz AG schätzen ließ, war eine privatgutachterliche Schadensfeststellung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig. Zunächst stand bei einem Schaden von rund 4.000,– DM ein wirtschaftlicher Gesamtschaden in Betracht, bei dem die Instandsetzung teurer sein und der Geschädigte deshalb den Wiederbeschaffungswert verlangen konnte. Den Zeitwert des beschädigten Pkw’s konnte ein Sachverständiger weit zuverlässiger als die Instandsetzungswerkstätte schätzen. Erst recht gilt dies für den verminderten Verkaufswert im Falle der Instandsetzung des Pkw’s (merkantiler Minderwert), über den im vorliegenden Fall noch im ersten Rechtszug Streit bestand. Abgesehen davon bestand für den Kläger auch ein gerechtfertigter Anlaß, die Instandsetzungsschätzung und später die Rechnung der Instandsetzungswerkstätte überprüfen zu lassen, um sich davor zu schützen, daß ein Haftpflichtversicherer des Schädigers von der Werkstatt in Rechnung gestellte Instandsetzungskosten als nicht unfallbedingt oder überhöht zu bezahlen ablehnt. Auch wenn hier im Augenblick der Beauftragung des Sachverständigen noch kein bestimmter Anlaß für eine solche Erwartung vorlag, rechtfertigte sich ein Sachverständigengutachten des Geschädigten schon aus der befürchteten Möglichkeit, später doch die Notwendigkeit einer in Rechnung gestellten Instandsetzung nachweisen zu müssen und dann die Gelegenheit hierfür versäumt zu haben. Maßgebend ist die Sicht eines verständigen Geschädigten in seiner Lage nach dem Unfall. Im vorliegenden Fall hatte der Sachverständige B den beschädigten Pkw am 6. März 1972 noch vor dem Instandsetzungsauftrag des Klägers in der Daimler-Benz-Werkstätte besichtigt. Einem Geschädigten kann umso weniger verwehrt werden, einen Gutachter bei der Schadensfeststellung beizuziehen, als dies auch die gegnerische Haftpflichtversicherungsgesellschaft tut, und nur so eine „Waffengleichheit“ der Streitgegner gegeben ist. Zwar mag es Fälle geben, in denen ein Privatgutachten des Geschädigten überflüssig ist, weil sich die Unfallbeteiligten und der Haftpflichtversicherer des Schädigers über die Schadensfeststellung einigen, wie dies vor allem bei Schadens-Schnelldienststellen der Fall sein kann; insoweit mag die Schadensminderungspflicht des Geschädigten (§ 254 Abs. 2 BGB) das Einholen eines privaten Sachverständigengutachtens überflüssig machen. Solche Umstände haben indes die Beklagten nicht vorgetragen. Es bleibt deshalb bei dem allgemeinen Grundsatz, daß nach Beschädigung des Kraftfahrzeugs durch Verkehrsunfall im Regelfall für den Geschädigten rechtfertigender Anlaß besteht, über den Zeitwert seines Fahrzeugs, über die tatsächlichen Schäden und die voraussichtlichen Kosten der Instandsetzung sowie über den etwa geminderten Verkaufswert ein privates Sachverständigengutachten einzuholen.

b) Die Höhe der Sachverständigenrechnung von 250,25 DM einschließlich 5,5 % Mehrwertsteuer haben die Beklagten nicht mehr ausdrücklich bestritten. Der in Rechnung gestellte Zeitaufwand von 210,– DM entspricht einer Arbeitszeit von etwa 7 Stunden. Ein solcher Zeitaufwand ist vertretbar, und die Beklagten haben nicht dargetan, inwiefern sich der Kläger hiergegen hätten wehren können und müssen. Jedenfalls muß der Kläger den als Schaden geltend gemachten Betrag von 250,25 DM, in dem der Zeitaufwand mit 210,– DM berechnet ist, bezahlen.

Da der Kläger seinen Schaden zu 1/5 selbst zu tragen hat, waren von diesem Rechnungsbetrag 50,05 DM abzuziehen, so daß die Beklagten dem Kläger 200,20 DM von den Kosten des Sachverständigengutachtens zu ersetzen haben. Der dem Kläger vom Landgericht zugesprochene Betrag von 115,43 DM erhöht sich somit auf 315,63 DM.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.

Das Urteil ist nach § 708 Nr. 7 ZPO vorläufig vollstreckbar.

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