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EU-Führerschein: Rechtsmissbräuchlich erworbener tschechischer Führerschein in Deutschland nicht anzuerkennen

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz

Az.: 10 B 10291/07.OVG

Beschluss vom 21.06.2007


In dem Verwaltungsrechtsstreit wegen Fahrerlaubnis, hier: einstweilige Anordnung hat der 10. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 21. Juni 2007 beschlossen:

Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Trier vom 13. März 2007 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,– € festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens ist gemäß § 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO abzulehnen, da die Beschwerde des Antragstellers – wie im Folgenden noch darzustellen sein wird – keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet; dies gilt sowohl insoweit, als der Antragsteller mit ihr in erster Linie sein Begehren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO weiterverfolgt, als auch insoweit, als er sich mit ihr gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des erstinstanzlichen Verfahrens wendet.

Was zunächst den im Vordergrund des Verfahrens stehenden Antrag des Antragstellers anbelangt, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung anzuweisen, ihm das Recht zu erteilen, von seiner am 6. Februar 2006 in Tschechien ausgestellten Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch zu machen, sowie den auf dieser Fahrerlaubnis am 21. November 2006 angebrachten Aufkleber zu entfernen, wonach er nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet berechtigt ist, so ist die Ablehnung dieses Antrages durch das Verwaltungsgericht im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.

Dabei kann dahinstehen, ob der Antragsgegner zu Recht davon ausgegangen ist, dass der Antragsteller bereits deshalb kraft Gesetzes von seiner ihm in Tschechien ausgestellten Fahrerlaubnis im Bundesgebiet keinen Gebrauch machen darf bzw. deren Anerkennung für das Bundesgebiet schon deshalb nicht in Betracht kommen kann, weil diese entgegen § 28 Abs. 4 Nr. 4 FeV bereits vor Ablauf der gegen den Antragsteller bis zum 9. Februar 2006 verhängten zweijährigen Sperrfrist erteilt worden sei, da insofern auf deren Ausstellungsdatum am 6. Februar 2006 und nicht auf das der Aushändigung am 20. Februar 2006 abzustellen sei. Ebenso bedarf es keiner Entscheidung, inwieweit diese Fahrerlaubnis für den Fall, dass sie hiernach vor Ablauf der Sperrfrist erteilt worden sein sollte, zumindest nach deren Ablauf zum Führen von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet berechtigt (vgl. dazu einerseits OLG Stuttgart, Urteil vom 15. Januar 2007 – 1 Ss 560/06 – sowie andererseits OLG München, Urteil vom 29. Januar 2007 – 4St RR 222/06 – jeweils zitiert nach juris). Denn selbst wenn diese Fragen zu Gunsten des Antragstellers zu beantworten sein sollten, vermag er mit seinem einstweiligen Rechtsschutzbegehren nicht durchzudringen, weil er sich entgegenhalten lassen muss, seine Fahrerlaubnis offensichtlich rechtsmissbräuchlich erlangt zu haben.

Gemäß Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein (ABl. Nr. L 237/1) – RiL 91/439/EWG – werden die von den Mitgliedstaaten der EU ausgestellten Führerscheine gegenseitig anerkannt. Nach Art. 8 Abs. 4 RiL 91/439/EWG kann allerdings ein Mitgliedstaat die Anerkennung der Gültigkeit einer solchen EU-Fahrerlaubnis ablehnen, wenn gegenüber dem betreffenden Führerscheininhaber zuvor eine Maßnahme der Einschränkung, Aussetzung, des Entzugs oder der Aufhebung der Fahrerlaubnis nach Art. 8 Abs. 2 angewandt wurde.

Diese EU-rechtlichen Vorgaben hat die Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 12 RiL 91/439/EWG mit der Fahrerlaubnis-Verordnung vom 18. August 1998 (BGBl. I S. 2214) – FeV – bzw. deren nachfolgenden Änderungen umgesetzt. Hiernach sieht § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV vor, dass Inhaber gültiger EU-Fahrerlaubnisse, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Abs. 1 oder 2 RiL 91/439/EWG in der Bundesrepublik haben, im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen dürfen. Dieser Grundsatz erfährt sodann durch    § 28 Abs. 4 FeV Einschränkungen  dergestalt, dass nach den Ziffern 2, 3 und 4 diese Berechtigung nicht für solche Inhaber von EU-Fahrerlaubnissen gilt, die zum Zeitpunkt deren Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten bzw. denen die Fahrerlaubnis im Inland entzogen worden war oder auf Grund gerichtlicher Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Allerdings wird derartigen Inhabern einer ausländischen Fahrerlaubnis gemäß § 28 Abs. 5 FeV in den beiden zuletzt genannten Fällen das Recht, von ihr im Bundesgebiet Gebrauch zu machen, auf Antrag erteilt, wenn die Gründe, die zur Entziehung oder Sperre geführt hatten, nicht mehr bestehen.

Hiernach ergibt sich für den Antragsteller, dass er sich zum Gebrauch seiner in Tschechien erworbenen Fahrerlaubnis nicht auf § 28 Abs. 1 FeV  berufen kann, da er zum Zeitpunkt  deren  Ausstellung im Februar 2006 unter seiner Anschrift im Bundesgebiet mit alleiniger Wohnung gemeldet war und ihm außerdem seine frühere im Jahr 1990 in Kasachstan ausgestellte Fahrerlaubnis mit Strafbefehl vom 20. April 1994 für das Gebiet der Bundesrepublik entzogen worden war bzw. gegen ihn wiederholt Sperrfristen zwischen drei Monaten und – wie bereits erwähnt – zuletzt zwei Jahren verhängt worden waren. Daraus folgt zugleich, dass  der Antragsteller derzeit nicht verlangen kann, dass der Antragsgegner den von ihm diesbezüglich in der tschechischen Fahrerlaubnis angebrachten Aufkleber, wonach der Antragsteller im Bundesgebiet kraft  Gesetzes nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt ist, wieder entfernt. Ebenso kann er  vom Antragsgegner nicht verlangen, dass  ihm dieser auf seinen Antrag vom 1. Dezember 2006 das Recht zuerkennt, von dieser Fahrerlaubnis dennoch im Bundesgebiet Gebrauch machen zu dürfen, da die Gründe, die für die damalige Fahrerlaubnisentziehung bzw. für die verschiedenen Sperrfristen maßgeblich waren, nach wie vor fortbestehen.

Dabei geht der Senat unter Anwendung des Prüfungsmaßstabes des vorläufigen Rechtsschutzes des Weiteren davon aus, dass die Anwendung der soeben aufgezeigten Bestimmungen der Fahrerlaubnisverordnung  auf  den  Antragsteller vorliegend auch nicht etwa gegen die Rechtsprechung des EuGH verstößt, wonach Art. 1 Abs. 2 RiL 91/439/EWG die gegenseitige Anerkennung der von den Mitgliedsstaaten ausgestellten Fahrerlaubnisse ohne jede Formalität vorsieht und  der Besitz eines solchen EU-Führerscheins zugleich der Nachweis dafür ist, dass sein Inhaber die in dieser Richtlinie vorgesehen Voraussetzungen für seine Erteilung erfüllt. Zwar hat der EuGH der Befugnis zur Überprüfung von EU-Fahrerlaubnissen nach innerstaatlichem Recht enge Grenzen gesetzt. Insbesondere darf ein Mitgliedstaat die Anerkennung der Gültigkeit eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins gemäß Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG nicht deshalb ablehnen, weil bei dieser Ausstellung ein Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b RiL 91/439/EWG vorlag oder weil in seinem Hoheitsgebiet dem Betreffenden eine Fahrerlaubnis entzogen worden war, sofern eine damit im Zusammenhang – bzw. auch unabhängig davon (vgl. dazu bereits Beschluss des Senates vom 24. Juni 2006 – 10 B 10477/06.OVG -) – angeordnete Sperrfirst für eine Wiedererteilung abgelaufen war, bevor der Führerschein in dem anderen Mitgliedstaat ausgestellt worden ist. Den Grund hierfür sieht der EuGH darin, dass Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie als Ausnahme zum Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine namentlich im Interesse der innergemeinschaftlichen Freizügigkeit restriktiv auszulegen ist, so dass andere Mitgliedstaaten ihre Befugnisse nach Art 8 Abs. 2 der Richtlinie zur Einschränkung, Aussetzung oder zum Entzug dieser Fahrerlaubnis nur noch im Hinblick auf ein Verhalten des Führerscheininhabers nach deren Erwerb ausüben können (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 29. April 2004 – C-476/01 – Kapper, NJW 2004, S. 1726 sowie Beschluss vom 6. April 2006 – C-227/05 – Halbritter, NJW  2006, S. 2173).

Indes lässt sich diesen beiden Entscheidungen nach Auffassung des Senates nicht mit der erforderlichen Gewissheit entnehmen, inwieweit diese Grundsätze über die beiden vom EuGH entschiedenen Einzelfälle hinaus Geltung beanspruchen bzw. in Sonderheit auch dann Anwendung zu finden haben, wenn der Erwerb der ausländischen  EU-Fahrerlaubnis nicht im Zusammenhang mit der Ausübung der durch das EU-Recht gewährleisteten Arbeitnehmer- bzw. Niederlassungsfreiheit der Art. 39 ff, 43 ff EG erfolgte, sondern um die nationalen Bestimmungen für die Wiedererteilung einer zuvor entzogenen Fahrerlaubnis zu umgehen.

Insofern ist immerhin zu sehen, dass bereits der EuGH selbst namentlich in seinem zweiten Beschluss vom 6. April 2006 gewisse ihm wesentlich erscheinende Gesichtspunkte herausgestellt und damit zugleich zur Grundlage des von ihm statuierten Anerkennungsgrundsatzes gemacht hat, die eine derartige Einschränkung in Missbrauchsfällen als nahe liegend erscheinen lassen. So hat er insbesondere betont, dass der dortige Kläger zum Zeitpunkt des Erwerbs seiner Fahrerlaubnis in dem anderen EU-Mitgliedstaat (aus beruflichen Gründen) seinen gewöhnlichen Wohnsitz in dem anderen EU-Mitgliedstaat gehabt hatte, so dass ihm auch nur dieser andere Staat die Fahrerlaubnis hatte erteilen können, und dass ihm demnach nicht zum Vorwurf gemacht werden könne, seine Fahrerlaubnis erworben zu haben, ohne die in Deutschland für den Erwerb einer Fahrerlaubnis nach einer vorherigen Entziehung aufgestellten Voraussetzungen beachtet zu haben. Ebenso hat der EuGH damit im Zusammenhang ausdrücklich darauf verwiesen, dass der dortige Ausstellerstaat geprüft hatte, dass der Betroffene den Mindestanforderungen in Bezug auf die physische und psychische Fahreignung entsprechend den Bestimmungen des Anhanges III der Richtlinie 91/439/EWG genügt hatte.

Tatsächlich wird denn in diesem Zusammenhang in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass diese beiden Entscheidungen – auch wenn sie mit ihren grundsätzlichen Erwägungen über die entschiedenen Einzelfälle hinausweisen -  nur entsprechend gleich gelagerte Sachverhalte erfassen können und somit schon aus diesem Grunde nicht etwa auf Fälle eines offenen Missbrauchs übertragbar sind (vgl. dazu VG Münster, Beschluss vom 26. Juni 2006, BA 2007, S. 62, VGH  Mannheim, Beschluss vom 21. Juli 2006, BA 2006, S. 432 sowie Deszö, DAR  2006, S. 643 mit  weiteren Nachweisen).

Dessen ungeachtet bestehen aber auch deshalb Bedenken gegen die  Anwendung des vom EuGH in den beiden in Rede stehenden Entscheidungen entwickelten weitreichenden Anerkennungsgrundsatzes in derartigen Umgehungsfällen, weil nach der übrigen eigenen Rechtsprechung des EuGH die Anwendung von Gemeinschaftsrecht auch sonst ausgeschlossen ist, wenn die Berufung darauf einen Rechtsmissbrauch darstellt, der der Umgehung nationalen Rechts dient. Ein hiernach nicht schutzwürdiger Missbrauch ist dabei im Allgemeinen dann anzunehmen, wenn eine Gesamtwürdigung der objektiven Umstände ergibt, dass trotz formaler Einhaltung gemeinschaftsrechtlicher Bedingungen das Ziel der Regelung nicht erreicht wird, und ein subjektives Element in Gestalt der Absicht vorliegt, sich einen gemeinschaftsrechtlich vorgesehenen Vorteil dadurch zu verschaffen, dass die entsprechenden Voraussetzungen willkürlich geschaffen werden (vgl. dazu EuGH,  Urteile vom 3. März 1993, EuGHE, I – 487, vom 2. Mai 1996,  EuGHE  1996, I -  2357 bzw. vom 9. März 1999, EuGHE 1999, I – 1459 mit weiteren Nachweisen). Übertragen auf den Bereich des Fahrerlaubnisrechts bedeutet dies, dass von einer  derartigen Sachlage insbesondere dann auszugehen ist, wenn sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen lässt, dass der Fahrerlaubnisinhaber angesichts bei ihm bestehender schwerwiegender Eignungsmängel die nationale Fahrerlaubnis nach Maßgabe des in seinem Herkunftsland geltenden Rechts nicht hätte wiedererlangen können und er sich offensichtlich nur deshalb – ohne jeglichen Zusammenhang mit einem gemeinschaftsrechtlichen Vorgang im Übrigen bzw. ohne  dem Wohnsitzerfordernis des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und des Art. 9 der Führerscheinrichtlinie auch nur ansatzweise zu genügen – an die Behörden eines Mitgliedstaates gewandt hat, um dort – ohne die bei ihm bestehenden Eignungsmängel zu offenbaren – eine Fahrerlaubnis zu erlangen. Dass bei einer solchen Konstellation die Regelungsziele der Führerschein-Richtlinie bzw. des dort verankerten Anerkennungsgrundsatzes mit seiner Auslegung durch den EuGH – nämlich unter Wahrung oder gar Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr die Freizügigkeit von Personen zu fördern, die sich in einem anderen Mitgliedstaat niederlassen als dem, in dem sie ihre Fahrprüfung abgelegt haben – nicht erreicht werden kann, liegt auf der Hand.

Damit schließt sich der Senat – zugleich unter Aufgabe der Rechtsprechung des vormals für Fahrerlaubnisverfahren zuständigen 7. Senates des  beschließenden Gerichts (vgl. dazu dessen  Beschluss vom 15. August 2005, DAR 2005, S. 650 sowie die hiergegen vom Senat bereits in seinen Beschlüssen vom 14. Juni 2006 – 10 B 10477/06.OVG sowie vom 11. September 2006 – 10 B 10734/06.OVG – angeführten Bedenken) – der auch sonst in der Rechtsprechung in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ganz überwiegend vertretenen Auffassung an, wonach es Fahrerlaubnisinhabern in Fällen  eines offenen Missbrauchs im Einzelfall verwehrt ist, sich auf den Anerkennungsgrundsatz des Art. 1 Abs. 2 RiL 91/439/EWG und dessen Auslegung durch den EuGH zu berufen. Diesbezüglich bedarf es auch nicht etwa gemäß Art. 234 Abs. 3 EG-Vertrag einer neuerlichen Vorlage an den EuGH (vgl. dazu VGH Mannheim, Beschluss vom 29. Juni 2006, BA 2006, S. 432, OVG Weimar, Beschluss vom 28. Juni  2006, DAR 2006, S. 583, OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 29. August 2006, BA 2006, S. 501, OVG  Brandenburg, Beschluss  vom 8. September 2006, BA 2007, S. 193  sowie OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. September 2006, BA 2006, S. 507; a.A.: OVG Hamburg, Beschluss vom 22. November 2006, NJW 2007, S. 1160).

Für diese Sicht der Dinge lässt sich endlich auch Art. 11 Abs. 4, Unterabsatz 2 der 3. Führerscheinrichtlinie der Europäischen Gemeinschaften (Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 – ABl. L 403 vom 30. Dezember 2006, S. 18) anführen, der in Erkenntnis dieser Missbrauchsproblematik und zur Bekämpfung des so genannten Führerscheintourismus vorsieht, dass ein Mitgliedsstaat – zwingend – die Anerkennung der Gültigkeit eines Führerscheins ablehnt, der von einem anderen Mitgliedsstaat einer Person ausgestellt wurde, deren Fahrerlaubnis im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedsstaates eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen worden ist (vgl. dazu Geiger, DAR 2007, S. 126).

Auf der Grundlage dieser rechtlichen Vorgaben spricht vorliegend nach der Überzeugung des Senates alles dafür, dass der Antragsteller die Fahrererlaubnis in Tschechien rechtsmissbräuchlich erworben hat. Zunächst kann nicht zweifelhaft sein, dass der Antragsteller im Bundesgebiet Anfang 2006 keine Fahrerlaubnis erhalten hätte. Dem Antragsteller war bereits im Jahr 1993 die Fahrerlaubnis im Zusammenhang mit einer Trunkenheitsfahrt bei einem BAK-Wert von 1,41 %o entzogen worden. Nachdem er im Jahr 1994 zweimal wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis aufgefallen war, kam anlässlich eines vom Antragsteller im Jahr 1995 erstmals angestrengten Wiedererteilungsverfahrens eine medizinisch-psychologische Untersuchung zu dem Ergebnis, dass ihm  die erforderliche Fahreignung fehle, da zu erwarten stehe, dass er auch zukünftig unter Alkoholeinfluss ein Kraftfahrzeug  führen werde. Nachdem der Antragsteller im Jahr 1995 erneut wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Erscheinung getreten war und ihm daraufhin anlässlich eines zweiten Wiedererteilungsverfahrens im Jahr 1996 in einem medizinisch-psychologischen Gutachten die Fahreignung abermals wegen  der bei ihm bestehenden Alkoholproblematik abgesprochen worden war, kam es im Jahr 1997 zu einer weiteren Trunkenheitsfahrt mit einem BAK-Wert von 1,85 %o, ohne dass der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt über eine Fahrerlaubnis verfügt hatte. Ein vom Antragsteller im Jahr 1999 angestrengtes drittes Wiedererteilungsverfahren erbrachte zwar im Rahmen einer neuerlichen medizinisch-psychologischen Untersuchung das Ergebnis, dass nach einer vom Antragsteller geltend gemachten Alkoholabstinenz seit Ende des Jahres 1997 nicht zu erwarten sei, dass er auch künftig ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde; dieses Verfahren führte indes gleichwohl nicht zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis, nachdem der Antragsteller unterdessen ein weiteres Mal – und abermals ohne im Besitze einer Fahrerlaubnis zu sein – unter Alkohohl mit einem BAK-Wert von 1,69 %o am motorisierten Straßenverkehr teilgenommen hatte. Im Jahr 1999 kam es sodann zu verschiedenen Straftaten des Antragstellers, die zwar keinen  Bezug zum Straßenverkehr, aber teilweise ebenfalls im Zusammenhang mit erheblichem Alkoholkonsum – in einem Fall mit einem BAK-Wert von 2,54 %o – gestanden hatten. Nachdem sich der Antragsteller im Jahr 2002 einer Entziehungskur unterzogen hatte, trat er im Jahr 2003 erneut wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in alkoholisiertem Zustand mit einem BAK-Wert von 2,08 %o in Erscheinung, woraufhin im Rahmen der gegen ihn verhängten Strafe die bereits genannte zweijährige Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis bis zum 9. Februar 2006 ausgesprochen worden war. Nur am Rande sei erwähnt, dass der Antragsteller außerdem am 5. Juni 2006 wiederum sehr stark alkoholisiert von Passanten auf dem Gehweg aufgefunden worden war und daraufhin von der Polizei in die Obhut seiner Frau gebracht werden musste. Vor diesem Hintergrund kann es nicht zweifelhaft sein, dass dem Antragsteller zum Zeitpunkt des Ablaufs der Sperrfirst im Februar 2006 im Bundesgebiet ohne neuerliche medizinisch-psychologische Begutachtung mit Sicherheit keine Fahrerlaubnis erteilt worden wäre.

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Des Weiteren ist nicht ersichtlich, dass sich der Antragsteller Anfang des Jahres 2006 wegen eines anderweitigen, über den Erwerb der Fahrerlaubnis hinausgehenden gemeinschaftsrechtlichen Vorganges an die Behörden der tschechischen Republik gewandt hat bzw. seine nachfolgende Rückkehr aus Tschechien ins Bundesgebiet nach der Erteilung der Fahrerlaubnis als eine Ausübung der Freizügigkeit als Arbeitnehmer oder der Niederlassungs- bzw. Dienstleistungsfreiheit anzusehen ist, die durch die Anerkennung der dort erlangten Fahrerlaubnis gefördert werden könnte. Im Gegenteil ergibt sich insoweit, dass der Antragsteller während jener Zeit nicht einmal dem Wohnsitzerfordernis des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG im Sinne eines in Tschechien während einer Dauer von mindestens 185 Tagen begründeten ordentlichen Wohnsitzes genügt hat. Dies wird bereits dadurch belegt, dass im Führerschein des Antragstellers in der Rubrik Nr. 8 unter Wohnort nicht etwa ein Ort in der Tschechischen Republik sondern der Wohnort des Antragstellers im Bundesgebiet eingetragen ist. Dieser Verstoß wird darüber hinaus aber auch durch das Melderegister des Antragstellers bestätigt, wonach er seit seiner Umsiedlung aus Kasachstan im Jahr 1992 ab dem Jahr 1994 bis zum Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis ununterbrochen im Raum B….  gemeldet war. Zudem hat aber auch der Antragsteller selbst nicht etwa geltend gemacht, sich in der Tschechischen Republik seinerzeit aus einem anderen Grund als dem zum Erwerb der Fahrerlaubnis aufgehalten zu haben. Für diese Sicht der Dinge spricht endlich auch der Umstand, dass der Antragsteller bei einer weiteren Einreise nach Tschechien am 26. April 2006 in seinem Fahrzeug noch zwei weitere Personen mitgenommen hatte, gegen die ebenfalls eine Sperrfrist verhängt gewesen war und die freimütig eingeräumt haben, lediglich deshalb für nur eine Woche nach Tschechien zu fahren, um dort eine Fahrerlaubnis zu erwerben. Dass der Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis als solcher nach der oben angeführten Rechtsprechung des EuGH die deutschen Behörden nicht berechtigt, der dem Betreffenden in diesem EU-Mitgliedstaat gleichwohl erteilten Fahrerlaubnis für das Bundesgebiet die Anerkennung zu versagen, steht seiner Verwendung im vorliegenden Zusammenhang, in dem es um die Feststellung eines Rechtsmissbrauchs geht, nicht entgegen.

Endlich ist auch nicht ersichtlich, dass der Antragsteller im Rahmen des Erwerbs seiner tschechischen Fahrerlaubnis gegenüber den dortigen Behörden die bei ihm aufgrund seiner langjährigen Alkoholproblematik bestehenden Eignungsbedenken aufgedeckt hat oder dass er unabhängig davon zum Nachweis seiner Fahreignung einer entsprechenden Begutachtung unterzogen worden ist, die den gerade für derartige Fälle ausdrücklich in Nr. 14 der Anlage III der Richtlinie 91/439/EWG aufgestellten Mindestanforderungen genügte. Auch unter diesem Gesichtspunkt spricht alles dafür, dass der Antragsteller insofern die Unkenntnis der tschechischen Behörden und deren bekannte vergleichsweise geringe Untersuchungsdichte ausgenutzt hat (vgl. dazu eindrucksvoll VGH Mannheim, Beschluss  vom 21. Juli 2006  a. a. O.), um dort eine Fahrerlaubnis zu erwerben.

Kann sich der Antragsteller hiernach nicht auf den Anerkennungsgrundsatz des Art. 1 Abs. 2 RiL 91/439/EWG in  der  ihm vom  EuGH verliehenen Tragweite berufen, so folgt hieraus des Weiteren, dass es damit gemäß der Bestimmung des § 28 Abs. 1, Abs. 4 Ziffern 3, 4 und 5 FeV dabei zu verbleiben hat, dass der Antragsteller weder verlangen kann, dass ihm vom Antragsgegner bis auf weiteres das Recht erteilt wird, von der tschechischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, noch einen Anspruch darauf hat, dass der auf dieser angebrachte diesbezügliche Aufkleber wieder entfernt wird.

Hat nach alledem, die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts hinsichtlich seines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keinen Erfolg, so muss sie auch insoweit erfolglos bleiben, als sich der Antragsteller mit ihr gegen die Ablehnung seines Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des erstinstanzlichen Verfahrens wendet, da das Verwaltungsgericht auch diesen Antrag zu Recht gemäß § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO mangels Erfolgsaussicht des vorläufigen Rechtsschutzbegehrens abgelehnt hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 und 47 GKG.

Der Beschluss ist gemäß § 154 Abs. 2 VwGO unanfechtbar.

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