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EU-Führerschein – Wohnsitzangaben des Betroffenen

OLG München

Az: 4St RR 031/12, 4St RR 31/12

Beschluß vom 23.04.2012


I. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 27. Januar 2011 wird als unbegründet verworfen.

II. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe

I.

Das Amtsgericht Fürstenfeldbruck hat den Angeklagten am 17.8.2010 wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 50,00 € verurteilt (Gz.: 2 Cs 56 Js 12179/10). Gegen dieses Urteil haben der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft München II Berufung eingelegt. Mit Urteil vom 27.1.2011 hat das Landgericht München II die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Fürstenfeldbruck vom 17.8.2010 verworfen; auf die Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht das Urteil vom 17.8.2010 im Rechtsfolgenausspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte zur Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30,– Euro verurteilt wird. Daneben hat das Landgericht ein Fahrverbot von 3 Monaten verhängt.

Die Strafkammer hat der Verurteilung folgenden Sachverhalt zugrunde gelegt:

„Der Angeklagte fuhr am 13.2.2010 gegen 19.00 Uhr mit seinem Pkw Daimler Chrysler, xxxx auf öffentlichen Strassen, insbesondere auf dem Parkplatz der , obwohl er, wie er bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen und zumutbaren Sorgfalt hätte erkennen können und müssen, nicht im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis war.

Der Angeklagte befand sich auf dem Weg von seiner Wohnanschrift in G. zu der von ihm betriebenen Bar in M. und wollte eine Fahrtstrecke von circa 20 Kilometer zurücklegen. Er unterbrach die Fahrt nach circa 2,5 Kilometer um noch Einkäufe zu tätigen.

Eine beim Angeklagten um 19.49 Uhr durchgeführte Atemalkoholanalyse mit dem Gerät Evidential 7110 ergab eine Atemalkoholkonzentration von 0,46 mg/Liter.

Der Angeklagte war zum Tatzeitpunkt im Besitz einer tschechischen Fahrerlaubnis, ausgestellt in M., Ausstellungsdatum 09.04.2009, welche den Angeklagten jedoch nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland berechtigte, was dieser hätte erkennen können und müssen.

Mit Urteil des Amtsgerichts München vom 08.08.2006, rechtskräftig seit dem gleichen Tag, war dem Angeklagten wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr die Fahrerlaubnis entzogen und in Deutschland bis zum 13.02.2010 auch nicht wieder erteilt worden. Die genannte Verurteilung ist im Verkehrszentralregister noch enthalten und nicht tilgungsreif.

Die Strafkammer hat ausgeführt, dass die Feststellungen auf den Angaben des Angeklagten und der Angaben der Zeugen L. und St. beruhen und dazu ausgeführt:

„ ………Der Angeklagte berichtete weiter, er habe aufgrund seines strafrechtlichen Vorlebens und seines damals bestehenden Alkoholproblems die MPU insgesamt fünfmal absolviert und diese im letzten Durchgang geschafft, so dass ihm zunächst eine Fahrerlaubnis in Deutschland erteilt wurde. Aufgrund einer erneuten Trunkenheitsfahrt am 24.2.2006, die Gegenstand der Verurteilung durch das Amtsgericht München vom 08.08.2006 ist, wurde ihm die wieder erteilte Fahrerlaubnis erneut entzogen, so dass er sich nach Ablauf der Sperrfrist entschied, eine Fahrerlaubnis in Tschechien zu machen, um so eine erneute MPU in Deutschland zu vermeiden.

Der Angeklagte berichtete weiter, er habe hierzu letztlich zwar einige Fahrstunden sowie eine Fahrprüfung in Tschechien absolviert, eine der MPU vergleichbare Untersuchung sei jedoch nicht durchgeführt worden, er habe letztlich auch keinen echten Wohnsitz in Tschechien unterhalten. Sein damaliger Fahrlehrer habe ihm gegenüber angegeben, er könne mit der am 09.04.2009 erteilten Fahrerlaubnis auch in Deutschland fahren, er habe die Fahrererlaubnis auch erst nach dem 09.04.2009 erhalten.

Erkundigungen in Deutschland selbst hat der Angeklagte nach eigenen Angaben nicht angestellt, er habe sich auch nicht im Internet oder in Verkehrszeitschriften über die Rechtsprechung hinsichtlich der Gültigkeit von EU-Führerscheinen kundig gemacht. Auch Erkundigungen beim Landratsamt habe er nicht angestellt, er sei jedoch zu ihm nicht mehr erinnerlichen Zeitpunkten in München von der Polizei anstandslos kontrolliert worden.

Der Zeuge L., Polizeibeamter der Polizeiinspektion G. gab an, er habe den Angeklagten am 13.02.2010 im Rahmen einer allgemeinen Verkehrskontrolle aufgehalten, die Fahrweise des Angeklagten sei unauffällig gewesen, der Angeklagte habe angegeben keinen Führerschein bei sich zu haben…..

Der Zeuge St., zuständiger Sachbearbeiter für Führerscheinfragen beim Landratsamt F., gab an, er habe am 26.07.2012, das heißt nach dem Vorfall, ein Schreiben des Angeklagten hinsichtlich der Gültigkeit seiner tschechischen Fahrerlaubnis sowie der Möglichkeit einer Wiedererlangung einer deutschen Fahrerlaubnis bekommen und dieses auch beantwortet. Er habe ihm in diesem Schreiben mitgeteilt, dass nach der Rechtsauffassung des Landratsamtes Fürstenfeldbruck die dem Angeklagten erteilte tschechische Fahrerlaubnis vom 09.04.2009 auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland keine Gültigkeit habe. Der Zeuge St. gab ergänzend an, der Angeklagte hätte bei entsprechenden Erkundigungen, insbesondere im April 2009 bzw. auch im März 2010 vom Zeugen eine gleichlautende Antwort gegeben, die Ungültigkeit der tschechischen Fahrerlaubnis ergebe sich aus § 28 der Fahrerlaubnisverordnung.“

Zur rechtlichen Würdigung des festgestellten Sachverhalts hat die Strafkammer das Nachfolgende erhoben:

„Der Angeklagte war daher schuldig zu sprechen des fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 I Nr. 1, II StVG.

Die fehlende Berechtigung des Angeklagten, von der nach dem 19.01.2009 erteilten tschechischen Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen, ergibt sich objektiv bereits aus § 28 IV Nr. 3 FeV.

In dieser Vorschrift ist eindeutig geregelt, dass eine nach dem 19.01.2009 erteilte EU-Fahrerlaubnis auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland dann nicht gültig ist, wenn dem Fahrer im Inland die Fahrerlaubnis entzogen wurde. Aus § 28 IV Satz 2 FeV ergibt sich weiter, dass diese Vorschrift nur dann anzuwenden ist, wenn die dort genannten Maßnahmen ins Verkehrszentralregister eingetragen und nicht getilgt sind. So liegt der Fall hier. Dem Angeklagten wurde durch Urteil des Amtsgerichts München vom 08.08.2006 aufgrund einer erneuten Trunkenheitsfahrt die Fahrerlaubnis entzogen, diese Verurteilung hat nach wie vor Bestand im Verkehrszentralregister und ist weder getilgt noch tilgungsreif.

Bereits aus der genannten Vorschrift des § 28 IV FeV ist zu entnehmen, dass nach dem Wortlaut der Vorschrift die dort genannten Voraussetzungen alternativ und nicht – wie vom Verteidiger vorgetragen – kumulativ erfüllt sein müssen.…“

Gegen dieses in seiner Anwesenheit verkündete Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, die er auf die näher begründete Verletzung des formellen Rechts und auf eine ausgeführte Sachrüge stützt. Er beantragt, das angefochtene Urteil mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer zurückzuverweisen. Die Generalstaatsanwaltschaft in München ist angehört worden und hat mit Vorlagebericht vom 06.05.2011 beantragt, die Revision des Angeklagten kostenpflichtig als unbegründet zu verwerfen. Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 12.05.2011 hat der Angeklagte zu diesem Vorlagebericht der Generalstaatsanwaltschaft Stellung genommen.

Mit Beschluss des Senats vom 8. August 2011 (Gz: 4 StRR 78/11) wurde die Entscheidung über die Revision des Angeklagten bis zur Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes im Verfahren des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes mit dem Aktenzeichen 11 B 10.1030 und im Verfahren des Landgerichts Gießen mit dem Aktenzeichen 1 Ns 603 Js 36155/08 zurückgestellt. Am 1. März 2012 hat die Zweite Kammer des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C – 467/10 in dem Strafverfahren gegen B. A. im oben benannten Verfahren des Landgerichts Gießen entschieden.

II.

Die zulässige Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 27.01.2011 hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).

1. Der Angeklagte hat keine den Anforderungen des § 344 Abs. 2 StPO entsprechende Verfahrensrüge erhoben; sie erweist sich demnach als unzulässig.

Insoweit wird auf den ausführlichen Vorlagebericht der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift vom 06.05.2011 Bezug genommen. Auch in der Stellungnahme des Revisionsführers vom 12.05.2011 wird auf die Gegenerklärung der Staatsanwaltschaft vom 06.04.2011 nicht eingegangen.

2. Die Sachrüge hat keinen Erfolg.

Die vom Landgericht vorgenommene Verurteilung wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis ist rechtlich nicht zu beanstanden.

a) Der von der Kammer festgestellte Sachverhalt trägt eine Verurteilung wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gem. § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG. Der am 9. April 2009 ausgestellte tschechische Führerschein berechtigte den Angeklagten am 13. Februar 2010 nicht zu einer Fahrt mit einem PKW auf öffentlichen Straßen in der Bundesrepublik Deutschland. Denn der tschechische Führerschein des Angeklagten muss gemäß § 28 Abs.4 Satz 1 Nr. 2 FeV in der ab 19. Januar 2009 gültigen Fassung vom 7. Januar 2009 i.V.m. der 3. Führerscheinrichtlinie (Artikel 7 Abs. 1 lit. e i.V.m. Artikel 12 der Richtlinie 2006/126/EG) im Inland nicht anerkannt werden, da feststeht, dass das Wohnsitzprinzip nicht eingehalten wurde.

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aa) Nach § 28 Abs. 1 FeV dürfen Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz im Sinne des § 7 Absatz 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben, – vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 – im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Auflagen zur ausländischen Fahrerlaubnis sind auch im Inland zu beachten. Auf die Fahrerlaubnisse finden die Vorschriften dieser Verordnung Anwendung, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Nach Abs. 4 Satz 1 der Vorschrift gilt die Berechtigung nach Absatz 1 nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis,

(1) ……

(2). die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler im Sinne des § 7 Absatz 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben,

(3) – (6) ………..

bb) Zwar ist es grundsätzlich Aufgabe des Ausstellermitgliedstaates zu prüfen, ob die im Gemeinschaftsrecht aufgestellten Mindestvoraussetzungen, insbesondere diejenige hinsichtlich des ordentlichen Wohnsitzes erfüllt sind und ob somit die Erteilung einer Fahrerlaubnis gerechtfertigt ist. Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung verwehrt es dabei dem anderen Mitgliedsstaat die Beachtung dieser Ausstellungsvoraussetzungen zu prüfen. Vielmehr ist der Besitz eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins als Nachweis dafür zu sehen, dass der Inhaber dieses Führerscheins am Tag seiner Ausstellung diese Vorraussetzungen erfüllt. Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen ist der Aufnahmestaat berechtigt den in einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellten Führerschein in seinem Hoheitsgebiet nicht anzuerkennen.

cc) Der Verstoß gegen das Wohnsitzprinzip ergibt sich vorliegend aus dem Geständnis des Angeklagten im Rahmen des vorliegenden Strafverfahrens. Er räumte ein, zu keinem Zeitpunkt in Tschechien einen ordentlichen Wohnsitz begründet zu haben, vielmehr zum Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheins in Deutschland gewohnt zu haben. Er habe lediglich einige Fahrstunden sowie eine Fahrprüfung in Tschechien absolviert.

dd) Nach dem Urteil des EuGH vom 29.April 2004 – K. (NJW 2004,1725) ist das Wohnsitzerfordernis des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV i.d. Fassung vom 7. August 2002, wonach „die Berechtigung des Abs. 1 nicht für Inhaber einer EU- oder EWG Fahrerlaubnis gilt, die zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten“, nicht mit EG-Recht vereinbar. Mit Urteilen des EuGH vom 26.Juni 2008 – W. und Z. (C-329106) wurden jedoch zwei Einschränkungen vom Grundsatz der gegenseitigen Anerkennungspflicht vorgenommen. Danach muss die ausländische Fahrerlaubnis nicht anerkannt werden, wenn sich aus den im Führerschein selbst enthaltenen oder aus vom Ausstellerstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststellen lässt, dass das Wohnsitzerfordernis nicht eingehalten wurde. Diese Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes wurde bei der Neufassung des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV berücksichtigt und in nationales Recht übernommen.

ee) Aufgrund des Geständnisses des Angeklagten liegt einer der in § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV genannten Fälle vor, wonach die Berechtigung nach § 28 Abs. 1 FeV nicht gilt, denn der tschechische Führerschein wurde unter Verstoß gegen das Wohnsitzprinzip ausgestellt.

Dieser Verstoß steht zwar nicht ausweislich des Führerschein fest (§ 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 erste Alternative FeV), aber aufgrund einer Information, die vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zumindest gleichkommt und deshalb der zweiten Alternative des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV entspricht.

Der Angeklagte hat vorliegend im Rahmen des gegen ihn anhängigen Strafverfahrens diese Angaben zum fehlenden ordentlichen Wohnsitz in Tschechien zum Zeitpunkt der Ausstellung des tschechischen Führerscheins nicht aufgrund einer Mitwirkungspflicht erteilt, vielmehr hätte er schweigen oder eine unzutreffende Sachverhaltsschilderung abgeben können. Die im Strafverfahren auf freiwilliger Basis abgegebenen Angaben des Angeklagten zum fehlenden ordentlichen Wohnsitz sind Behördeninformationen, etwa eines Einwohnermeldeamtes des Ausstellerstaates, mindestens gleichwertig. Denn nur der Angeklagte selbst weiß mit Bestimmtheit, ob er das für die Ausstellung eines EU-Führerscheines erforderliche Wohnsitzerfordernis mit einem Aufenthalt von mindestens 180 Tagen erfüllt hat. Daher ist die Aussage des Angeklagten wie eine vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührende unbestreitbare Information einzuordnen.

ff) Das Urteil des EuGH vom 1. März 2012 – B. A. (C 467/10), ergangen auf das Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts Gießen vom 21. September 2010 steht dem nicht entgegen.

Danach ist es Sache des vorlegenden Gerichts zu prüfen, ob Informationen, die unter Umständen, wie denen des Ausgangsverfahrens erlangt wurden, als vom Ausstellermitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen eingestuft werden können (Rdn. 73 und 74 des oben benannten Urteils), die belegen, dass der Inhaber des Führerscheins zum Zeitpunkt des Erhalts seinen ordentlichen Wohnsitz nicht im Hoheitsgebiet des Ausstellermitgliedstaates hatte. Zwar führte der EuGH aus, dass die Informationen von einer Behörde dieses Staates herrühren müssen, um als unbestreitbar eingestuft werden zu können, etwa von einer Einwohnermeldebehörde des Ausstellerstaates (Rdn. 67, 69 des oben benannten Urteils). Zudem führte der EuGH aus, dass die Ausnahme von der Anerkennungspflicht nicht weit verstanden werden dürfe. Hinsichtlich der vom Inhaber des Führerscheins herrührenden Informationen schloss der EuGH dies lediglich aus, soweit der Führerscheininhaber diese Angaben im Verwaltungsverfahren oder im gerichtlichen Verfahren in Erfüllung einer ihm nach dem innerstaatlichen Recht des Aufnahmemitgliedstaates obliegenden Mitwirkungspflicht erteilt hat (Rdn. 70 des oben benannten Urteils).

b) Die vom Landgericht festgestellten Tatsachen rechtfertigen eine Verurteilung wegen Fahrlässigkeit. Auf Seite 11 des Berufungsurteils wird ausgeführt, „sein damaliger Fahrlehrer habe ihm gegenüber angegeben, er könne mit der am 09.04.2009 erteilten Fahrerlaubnis auch in Deutschland fahren… . Erkundigungen in Deutschland selbst hat der Angeklagte nach eigenen Angaben nicht angestellt, er habe sich auch nicht im Internet oder in Verkehrszeitschriften über die Rechtsprechung hinsichtlich der Gültigkeit von EU-Führerscheinen kundig gemacht. Auch Erkundigungen beim Landratsamt habe er nicht angestellt, er sei jedoch zu ihm nicht mehr erinnerlichen Zeitpunkten in München von der Polizei anstandslos kontrolliert worden.“ Auf Seite 23 des Urteils wird ausgeführt: „Der Angeklagt gab selbst an, er habe sich lediglich auf die Auskunft eines tschechischen Fahrlehrers verlassen und in Deutschland keinerlei Erkundigungen eingezogen, sich insbesondere weder anwaltlich beraten lassen noch beim Landratsamt F. nachgefragt. Aus den Angaben des Zeugen St., an dessen Glaubwürdigkeit die Kammer keinerlei Zweifel hegt, ist eindeutig zu entnehmen, dass eine entsprechende Erkundigung des Angeklagten im April 2009, das heißt bei Erhalt der Fahrerlaubnis, bzw. insbesondere auch Anfang 2010, das heißt vor der gegenständlichen Fahrt ergeben hätte, dass das Landratsamt die tschechische Fahrerlaubnis des Angeklagten als ungültig auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland angesehen hätte. .. Auch die vom Angeklagten geschilderten Polizeikontrollen hindern die Annahme eines zumindest fahrlässigen Verhaltens des Angeklagten nicht. Aus dem im Augenschein genommenen tschechischen Führerschein ergibt sich, dass dort ein tschechischer Wohnsitz eingetragen ist, so dass diese Fahrerlaubnis auf den ersten Blick für einen Polizeibeamten durchaus den Anschein erweckt gültig zu sein.“

Der im Führerschein unrichtig eingetragene tschechische Führerschein hätte dem Angeklagten Anlass geben müssen, sich bei sachkundigen Stellen über die Gültigkeit dieser Fahrerlaubnis im Inland zu erkundigen. Jedenfalls wäre ein Verbotsirrtum vermeidbar. Die Rechtsprechung hinsichtlich des Wohnsitzerfordernisses und der Folgen bei einem Verstoß hiergegen ist einheitlich. Bei einer notwendigen und dem Angeklagten zumutbaren Rückfrage etwa bei einer Führerscheinstelle im Inland oder einem Anwalt hätte er eine rechtlich zutreffende Auskunft erhalten können, dass der tschechische Führerschein ihn im Inland wegen des Verstoßes gegen das Wohnsitzerfordernis des § 28 Absatz 4 Nr. 2 FeV nicht zu Fahrten auf öffentlichen Straßen berechtigt.

3. Die Entscheidung des EuGH im Verfahren des Bayrischen Verwaltungsgerichtshofes mit dem Aktenzeichen 11 B 10.1030 ist nicht (mehr) entscheidungserheblich, da der aufgrund der Feststellungen des Landgerichts bestehende Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis vorliegend dazu führt, das die tschechische Fahrerlaubnis den Angeklagten am 9. April 2011 nicht zu einer Fahrt mit einem PKW auf öffentlichen Straßen im Inland berechtigte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs.1 Satz 1 StPO.

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