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Pkw-Kaufvertrag – Rückabwicklung – fehlende Euro-Abgasnorm 3

Landgericht Münster

Az: 8 O 320/06

Urteil vom 06.12.2006


Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 26.257,28 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.06.2006 Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw Citroen C 8 HDi 130 FAP Tendance mit der Fahrgestell-Nr. XXX sowie weitere 594,73 Euro zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Pkw Citroen C 8 HDi 130 FAP Tendance mit der Fahrgestell-Nr.: XXX seit dem 22.06.2006 in Annahmeverzug befindet.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 8 % und die Beklagte zu 92 %.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand:

Die Beklagte betreibt im Münsterland mehrere Autohäuser als autorisierte Citroenhändlerin. Am 20.02.2006 bestellte der Kläger im C. Autohaus der Beklagten einen Citroen „C8 HDI 130 FAP Tendence“ zum Preis von 29.305,00 Euro. Im Rahmen des zuvor geführten Verkaufsgesprächs wies der Mitarbeiter der Beklagten darauf hin, dass das Fahrzeug ein „EURO 3“ – Fahrzeug und überdies mit einem Rußpartikelfilter ausgestattet sei und legte dem Kläger einen Verkaufsprospekt vor, in dem u.a. eine Übersicht über die technischen Daten des Citroen C8 enthalten war. Die ersten beiden Zeilen der Übersicht weisen die Angaben „Abgasnorm EURO 3“ sowie „Schlüsselnummer 51“ aus. Das Fahrzeug wurde am 06.03.2006 auf den Kläger zugelassen und ausgeliefert.

Mit Steuerbescheid vom 27.03.2006 des Kreises C wurde das Fahrzeug entsprechend der Schlüsselnummer 51 steuerlich als EURO 2 – Fahrzeug eingestuft.

Auf Anfrage des Klägers bei der Herstellerin wurde ihm mitgeteilt, dass eine Änderung der Einstufung nicht möglich sei, da diese – ungeachtet der Einhaltung der Abgaswerte – auf der in Deutschland geltenden Besteuerung von Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 2,5 t beruhe. Der KIäger erklärte daraufhin mit anwaltlichem Schreiben vom 16.06.2006 den Rücktritt vom Vertrag und forderte die Beklagte zur Erstattung des Kaufpreises bis zum 03.07.2006, Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Fahrzeuges auf. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 21.06.2006 ab. Bis zum Termin zur mündlichen Verhandlung legte der Kläger mit dem Fahrzeug 13.000 km zurück.

Der Kläger behauptet, er habe in den Verkaufsgesprächen ausdrücklich betont, er suche eigentlich einen Pkw, der in die Schadstoffgruppe Euro-4 eingestuft ist. Er habe sich dann allerdings auf den Vorschlag des Verkäufers eingelassen, einen Pkw zu kaufen, der in Euro-3 eingestuft sei und mit einem Rußpartikelfilter ausgestattet sei. Er sei durch die Angaben des Verkäufers und des Prospektes In die Irre geführt worden, habe nämlich mit der im Verkaufsprospekt angegebenen Schlüsselnummer nichts anfangen können und sei in dieser Hinsicht auch nicht aufgeklärt worden. Ihm sei es um den Erwerb eines als umweltverträglich eingestuften Fahrzeuges und nicht allein um die Kosten, die aufgrund der Einstufung in der Steuerklasse entstünden, gegangen.

Der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 28.555,· Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.06.2006 Zug-um-Zug gegen Rückgabe des PKW Citroen C 8 HDi 130 FAP Tendence mit der Fahrgestell-Nr. XXX zu zahlen.

2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des PKW Citroen C 8 HDi 130 FAP Tendence mit der Fahrgestell-Nr. XXX seit dem 22.06.2006 in Annahmeverzug befindet.

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn als Nebenforderung Anwaltskosten in Höhe von 597,73 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.10.2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, die Angaben in dem Verkaufsprospekt und die des Verkäufers seien nur auf die Schadstoffklasse bezogen und nicht auf die Steuerklasse. Sie ist der Ansicht, eine Zusicherung hinsichtlich der Steuerklasse sei damit nicht gegeben und auch nicht Teil der Vereinbarung zwischen den Parteien geworden. Eine Schlussfolgerung aus der Einstufung in die Euro-Klasse zur Einstufung in die Versteuerungsklasse sei ebenfalls nicht Gegenstand des Vertrages. Die Beklagte ist des Weiteren der Ansicht, der Nutzungsvorteil sei mit 1 % des Kaufpreises pro 1.000 km zu bemessen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugin T. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 06.12.2006 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist im Wesentlichen begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 26.257,28 Euro Zug-um-Zug gegen Herausgabe des PKW Citroen „C 8 HDi 130 FAP EuroTendence“ mit der Fahrgestell-Nr. XXX zu. Kläger ist wirksam gem. §§ 437 Nr. 2, 434, 323, 326 V BGB von dem zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrag zurückgetreten.

An dem Fahrzeug liegt ein Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 1 BGB vor. Ein solcher besteht, wenn die Kaufsache nicht der vereinbarten Beschaffenheit entspricht. Als Beschaffenheit des vom Kläger bestellten Fahrzeugs war die Erfüllung der „Euro 3“ nicht nur im Sinne der Erfüllung der europäischen Abgasnorm – insoweit besteht zwischen den Parteien kein Streit – sondern auch im Sinne der steuerlichen Einstufung des Fahrzeugs vereinbart. Die Aussagen des Verkäufers der Beklagten im Rahmen des Verkaufsgesprächs waren vom Kläger so zu verstehen, dass das verkaufte Fahrzeug ohne Einschränkung und damit sowohl in Bezug auf die Abgasnorm als auch steuerlich als Euro 3 Fahrzeug anzusehen war. Aufgrund der Beweisaufnahme steht zur vollen Überzeugung des Gerichts (§ 286 ZPO) fest, dass der Kläger und seine Ehefrau – die Zeugin T – den Verkäufer der Beklagten über das von ihnen gefahrene Fahrzeug informierten. Dem Verkäufer der Beklagten war daher bekannt, dass der Kläger über ein (auch steuerlich) als „Euro 3“ eingestuftes Fahrzeug verfügte, für das allerdings die Möglichkeit der Nachrüstung eines Rußpartikelfilters nicht bestand. Angesichts dieser Sachlage konnte der Kläger die Aussage, es handele sich bei dem an ihn verkauften Citroen C8 um ein „Euro 3“- Fahrzeug mit neuester Technik – u.a. eben einem Rußpartikelfilter – nur so wie geschehen verstehen. Für die Auslegung der Erklärungen gegenüber einem Vertragspartner gem. §§ 133, 157 BGB ist insofern auf das Verständnis eines objektiv urteilenden, verständigen Dritten abzustellen.

Für die Entscheidung dahinstehen kann angesichts der seitens des Verkäufers der Beklagten abgegebenen Erklärungen, ob sich eine entsprechende Beschaffenheitsvereinbarung bereits aus dem von der Beklagten vorgelegten Prospekt der Herstellerin ergibt, wofür Einiges spricht. Denn die Angaben der Herstellerin zu den technischen Daten des Fahrzeugs, die gem. §§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 i.V.m. S. 3 BGB als Beschaffenheitsvereinbarungen anzusehen wären, lassen bei einem unbefangenen Betrachter ebenfalls nur den Rückschluss zu, es handele sich um ein – auch in steuerlicher Hinsicht so einzustufendes – „Euro 3″Fahrzeug. Denn dem für die Beurteilung insoweit maßgeblichen Durchschnittskäufer (vgl.. insoweit Palandt/Putzo, 66. Aufl., § 434, Rn. 30, 37) ist ein Rückschluss auf die steuerliche Einstufung nur anhand der Schlüsselnummer nicht möglich. Auch eine Unterscheidung zwischen Schadstoffklasse im Sinne der europäischen Abgasnorm und der in Deutschland hieraus resultierenden steuerlichen Einstufung kann von einem durchschnittlichen Autokäufer nicht erwartet werden; der Herstellerprospekt ist insofern irreführend.

Dass das Fahrzeug steuerlich – nach deutschem Recht zutreffend – vom Kreis C als „Euro 2“ Fahrzeug eingestuft wurde, steht zwischen den Parteien nicht in Streit. Dieser Umstand, der sich aus den technischen Gegebenheiten, insbesondere dem zulässigen Gesamtgewicht des Fahrzeugs ergibt und von daher sämtlichen Fahrzeugen dieses Typs anhaftet, bestand auch schon bei Gefahrübergang.

Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung vor der Ausübung des Rücktrittsrechts war gem. § 326 Abs. 5 BGB entbehrlich, da eine Nacherfüllung – die in der Sache durch Herbeiführung einer anderen Einstufung des Fahrzeugs in steuerlicher Hinsicht zu Erbringen gewesen wäre – gem. § 275 Abs. 1 BGB unmöglich war und ist. Denn eine Einstufung in die Steuerklasse „Euro-3“, ist auch nach den Angaben der Herstellerin nicht zu erreichen.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der Rücktritt auch nicht gem. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB wegen Unerheblichkeit des Mangels ausgeschlossen. Ein Verstoß gegen die vereinbarte Beschaffenheit indiziert dessen Erheblichkeit (Palandt/Grüneberg, 66. Aufl., § 323, Rn. 32). Dabei ist zudem zu berücksichtigen, dass der Mangel nicht nur in einem – rechnerischen feststellbaren – geringfügigem Mehrbetrag der vom Kläger derzeit zu zahlenden Kraftfahrzeugsteuern zu sehen ist. Vielmehr bestimmt die steuerliche Einstufung des Fahrzeugs maßgeblich dessen Status nicht nur mit Blick auf einen möglichen Wiederverkauf, sondern auch mit Blick auf einen Geltungswert, der sich aus zunehmenden Bedeutung der Umweltverträglichkeit eines Fahrzeuges ergibt. Auch ergibt sich unter Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsparteien keine Einstufung des Mangels als geringfügig, insbesondere da das Zustandekommen des Kaufvertrages auf einen Verstoß der Aufklärungspflichten durch die Beklagten zurückzuführen ist. Jedenfalls nachdem der Kläger unter Hinweis auf die Einstufung des bis dato von ihm gefahrenen Fahrzeugs zunächst nach einem „Euro 4“-Fahrzeug gefragt hatte, musste die Beklagte ihn darüber aufklären, dass das von ihr angebotene Fahrzeug steuerlich anders eingestuft werden würde, als es die Angabe zur Schadstoffklasse vermuten ließ.

Der Anspruch des Klägers auf Rückgewähr des Kaufpreises war um den Wert der von ihm gezogenen Nutzungen zu kürzen, wobei das Gericht gem. § 287 ZPO einen Betrag in Höhe von 3.047,72 Euro für angemessen erachtet; dieser ergibt sich aus der Zahl der bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung angefallenen Kilometerleistung unter Zugrundelegung eines Anteils von 0,8% für 1.000 gefahrene Kilometer.

Der Zinsanspruch ist aus § 288 Abs. 1 S. 1 BGB begründet. Die Beklagte, die mit Schreiben vom 21.06.2006 endgültig und ernsthaft die Leistung verweigerte, befindet sich mit der Rückzahlung des Kaufpreises seit dem 22.06.2006 in Verzug. Die Höhe des Zinsanspruchs ergibt sich aus § 288 Abs. 1 S. 2 BGB.

Der Feststellungsantrag ist zulässig und begründet. Das gem. § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich aus § 756 ZPO.

Der Anspruch des Klägers auf Erstattung der außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 594,73 Euro ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, 249ff. BGB. Die Beklagte hat durch die fehlende Aufklärung des Klägers über die steuerliche Einstufung des Fahrzeugs die ihr dem Kläger gegenüber obliegenden Pflichten verletzt.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 709 S. 1 und 2 ZPO.

Der Streitwert wird auf bis zu 30.000,00 Euro festgesetzt.

 

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