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Fahrerlaubnis: Wiedererlangung der Fahrerlaubnis der Cannabiskonsum


VG Saarland

Az: 6 K 935/13

Urteil vom 27.11.2013


Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ersichtlichen Kostenschuld abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

Der 1978 geborene Kläger wendet sich mit vorliegender Klage gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klassen A, BE, L und M.

Dem Kläger wurde seine 1997 erworbene Fahrerlaubnis erstmals durch Urteil des Amtsgerichts A-Stadt vom 16.09.1999 entzogen, nachdem er am 10.11.1999 sein Fahrzeug bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,57 Promille rangierte und dabei eine Person leicht verletzte sowie ein anderes Fahrzeug beschädigte.

Nach Wiedererteilung der Fahrerlaubnis am 24.10.2000 nach vorheriger Vorlage eines positiven Fahreignungsgutachtens wurde gegen den Kläger mit Bußgeldbescheid des Landkreises Saarlouis vom 28.10.2003 wegen des Führens eines Kraftfahrzeuges unter Wirkung berauschender Mittel (Kokain und Cannabis) gemäß § 24 a Abs. 2, Abs. StVG eine Geldbuße festgesetzt sowie ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet.

Nach Kenntniserlangung von dieser Ordnungswidrigkeit forderte der Beklagte den Kläger unter dem 16.01.2004 erneut auf, sich einer medizinisch-psychologischen Untersuchung zu unterziehen. Das daraufhin von dem TÜV – Med.-Psych. Institut erstellte Fahreignungsgutachten vom 20.04.2004 ergab, dass aufgrund der Hinweise auf einen Drogenmissbrauch bei dem Kläger die Voraussetzungen zum sicheren Führen eines Kraftfahrzeuges nicht gegeben seien und zu erwarten sei, dass er auch zukünftig ein Kraftfahrzeug unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln, beeinträchtigenden Arzneimitteln und/oder anderen psychoaktiven Stoffen oder deren Nachwirkungen führen werde. Zugleich wurde aber die Teilnahme des Klägers an einem nach § 70 FeV anerkannten Kurs zur Wiederherstellung der Fahreignung empfohlen und darauf hingewiesen, dass die Teilnahmebescheinigung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens unter bestimmten Voraussetzungen zum Nachweis der Wiederherstellung der Fahreignung genüge. Nach der erfolgreichen Teilnahme des Klägers an dem empfohlenen Nachschulungskurs für drogenauffällige Kraftfahrer nach § 70 FeV sowie des Nachweises bestehender Drogenabstinenz wurde diesem seine Fahrerlaubnis weiter belassen.

Mit Schreiben vom 25.03.2011 teilte die Verkehrspolizeiinspektion Saarbrücken-Dudweiler dem Beklagten gemäß § 2 Abs. 12 StVG mit, dass gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren nach § 316 StGB wegen des Führens eines Kraftfahrzeuges unter Drogeneinfluss eingeleitet worden sei. Der Mitteilung beigefügt war ein Polizeibericht des Verkehrskommissariats A-Stadt vom 14.01.2011, ausweislich dessen der Kläger am 29.12.2010 „Schlangenlinien“ gefahren sei und ein von dem Kläger freiwillig durchgeführter Drogenvortest eine positive Reaktion auf Cannabis gezeigt habe. Die polizeilich angeordnete Blutprobe bestätigte die Aufnahme von Cannabis und Tilidin. Ausweislich des toxikologischen Gutachtens des Instituts für Rechtsmedizin der Universität des Saarlandes vom 21.03.2011 wies die Blutprobe des Klägers Werte von 0,0075 mg/l Tetrahydrocannabinol (THC), 0,0023 mg/l Hydroxy-THC sowie ca. 0,17 mg/l Tetrahydrocannabinol-Carbonsäure auf. Zudem wurden ca. 0,002 mg/l Tilidin und 0,027 mg/l Nortilidin, ein aktives Stoffwechselprodukt des Schmerzmittels Tilidin, festgestellt. Der Beurteilung des Gutachters zufolge spreche das THC-Ergebnis dafür, dass in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Blutentnahme Cannabis konsumiert worden sei. Die festgestellte Konzentration von Tetrahydrocannabinol-Carbonsäure liege in einem Bereich, der üblicherweise bei regelmäßigem bzw. chronischem Konsum vorgefunden werde. Bei Berücksichtigung der Feststellungen im Blutentnahmeprotokoll sowie der analytischen Ergebnisse sei aus rechtsmedizinischer Sicht von drogen-medikamentenbedingter Fahruntüchtigkeit zum Vorfallszeitpunkt auszugehen.

Aufgrund des gegen den Kläger eingeleiteten Ermittlungsverfahrens gemäß § 316 StGB wurde ihm mit Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken vom 18.04.2011 die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen vorläufig entzogen. Mit Urteil des Amtsgerichts A-Stadt vom 12.04.2012 wurde der Kläger gemäß § 316 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe verurteilt und gegen ihn ein verbüßtes Fahrverbot von drei Monaten verhängt, weil er am 29.12.2010 ein Fahrzeug auf öffentlichen Straßen geführt hatte, obwohl er infolge vorangegangenen Drogengenusses fahruntüchtig gewesen war.

Mit Schreiben vom 25.06.2012 teilte der Beklagte dem Kläger daraufhin mit, dass die Voraussetzungen für den Entzug seiner Fahrerlaubnis vorlägen, nachdem er am 29.12.2010 zum zweiten Mal ein Kraftfahrzeug unter Drogeneinfluss im öffentlichen Straßenverkehr geführt habe und ihm durch das toxikologische Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität des Saarlandes der regelmäßige Konsum von Cannabis nachgewiesen worden sei. Außerdem lägen aus einem Strafverfahren gegen Drogendealer Erkenntnisse vor, dass der Kläger bei diesen regelmäßig Drogen zum Eigenverbrauch bezogen habe. Zugleich gab der Beklagte dem Kläger Gelegenheit, zu der beabsichtigten Entziehung seiner Fahrerlaubnis Stellung zu nehmen.

Aufgrund der von dem Kläger gegenüber dem Beklagten unter dem 04.07.2012 erklärten Bereitschaft, sich zum Nachweis dafür, dass er keine Drogen mehr konsumiere und auch zukünftig keine konsumieren werde, einer medizinisch-psychologischen Untersuchung zu unterziehen, wurde ihm nachgelassen, zum Beleg seiner Fahreignung ein medizinisch-psychologisches Eignungsgutachten beizubringen.

Am 15.10.2012 legte der Kläger das über ihn durch die TÜV SÜD Life Service GmbH erstellte Fahreignungsgutachten vom 08.10.2012 vor, nach dessen Inhalt sich Auffälligkeiten im körperlichen Untersuchungsbefund, die mit einem Drogenkonsum des Klägers in Zusammenhang stehen könnten, zwar nicht gefunden hätten und auch das durchgeführte Drogenscreening bis auf den Nachweis von Tilidin unauffällig gewesen sei. Die Angaben des Klägers insbesondere hinsichtlich des Drogenverlaufs und der Drogenintensität seien allerdings wenig stimmig und nicht schlüssig gewesen, so dass eine eindeutige Aussage zu dem früheren Drogenkonsum des Klägers nicht möglich sei. Es scheine eine fortgeschrittene Drogenproblematik vorzuliegen, da der Kläger trotz bereits vorliegender Führerscheinprobleme sowie einer bereits in Anspruch genommenen fachlichen Aufarbeitung erneut viel konsumiert und unter Einfluss am Straßenverkehr teilgenommen habe. Auch die Tatsache, dass er trotz zweier vorangegangener Verkehrsunfälle eine erneute Selbst- und Fremdgefährdung billigend in Kauf genommen habe, weise auf eine weit höhere Bindung an die Drogen hin als von ihm eingeräumt worden sei. Kritisch sei auch die Tatsache zu werten, dass der Kläger den Eindruck vermittelt habe, als habe seine zweite Drogenphase ausschließlich der Selbstmedikation gedient. Insgesamt bleibe festzuhalten, dass eine selbstkritische Auseinandersetzung mit dem Drogenverlauf sowie dessen Ursachen bei dem Kläger noch ausstehe. Es sei daher auch weiterhin zu erwarten, dass der Kläger ein Kraftfahrzeug unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln und/oder anderen psychoaktiven Stoffen oder deren Nachwirkungen führen werde.

Durch Bescheid vom 23.11.2012 entzog der Beklagte dem Kläger daraufhin unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen aller Klassen und forderte ihn zur Abgabe seines Führerscheins innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheides auf. Zugleich wurde dem Kläger für den Fall der Nichtablieferung des Führerscheins dessen zwangsweise Einziehung angedroht und eine Gebühr für die Entscheidung in Höhe von insgesamt 154,75 Euro erhoben. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass nach § 3 Abs. 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 FeV die Fahrerlaubnis zu entziehen sei, wenn sich jemand als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweise. Bedenken gegen die körperliche oder gesundheitliche Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bestünden insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV vorlägen. Gemäß Ziffer 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV seien regelmäßige Cannabiskonsumenten zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht geeignet, weil sie in der Regel nicht mehr in der Lage seien, zuverlässig zwischen dem Konsum der Droge und der Teilnahme am Straßenverkehr trennen zu können. Diese Annahme habe sich im Fall des Klägers durch die ihm nachgewiesene Fahrt unter Drogeneinfluss am 29.12.2010 bestätigt. Erschwerend komme hinzu, dass der Kläger bereits im Jahr 2003 ein Kraftfahrzeug unter Drogeneinfluss geführt habe, wobei ihm die Fahrerlaubnis seinerzeit nur habe belassen werden können, nachdem er ein medizinisch-psychologisches Gutachten beigebracht und an einem Nachschulungskurs für drogenauffällige Kraftfahrer teilgenommen habe. Die erneute Fahrt unter Drogeneinfluss am 29.12.2010 belege ein bedenkliches Konsummuster sowie den hohen Stellenwert, den der Drogenkonsum für den Kläger besitze. Es müsse daher sichergestellt werden, dass der Kläger erst dann wieder am Straßenverkehr teilnehme, wenn sich bei ihm tatsächlich eine stabile Drogenabstinenz eingestellt habe. Da hiervon nach dem medizinisch-psychologischen Gutachten vom 08.10.2012 noch nicht ausgegangen werden könne, müsse dem Kläger die Fahrerlaubnis wegen fehlender Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen entzogen werden.

Den hiergegen von dem Kläger mit Schreiben vom 21.12.2012 eingelegten Widerspruch wies der Kreisrechtsausschuss des Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 18.06.2013 zurück. Zur Begründung wurde ergänzend dargelegt, dass der Kläger zumindest als gelegentlicher Konsument von Cannabis anzusehen sei, der nicht zwischen dem Konsum der Droge und dem Führen eines Kraftfahrzeuges trennen könne. Durch seine Fahrt bei einer THC-Konzentration von 7,5 ng/ml, einem Wert, der deutlich über der THC-Konzentration von 2,0 ng/ml als Anknüpfungspunkt für einen fahreignungsrelevanten Cannabiseinfluss liege, habe der Kläger seine Ungeeignetheit zum Führen eines Kraftfahrzeuges deutlich unter Beweis gestellt. Anhaltspunkte, die den Schluss nahe legten, dass er über ein ausreichendes Trennungsvermögen zwischen dem Konsum der Droge und der Teilnahme am Straßenverkehr verfüge, habe der Kläger nicht dargetan. Auch das medizinisch-psychologische Fahreignungsgutachten der TÜV SÜD Life Service GmbH vom 08.10.2012 komme zu dem Ergebnis, dass bei dem Kläger eine fortgeschrittene Drogenproblematik bestehe. Nach dessen Inhalt sei eine selbstkritische Auseinandersetzung des Klägers mit dem Drogenverlauf und dessen Ursachen noch nicht erfolgt, so dass weiterhin zu erwarten sei, dass der Kläger ein Kraftfahrzeug unter Drogeneinfluss führen werde.

Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger zu Händen seines Prozessbevollmächtigten am 20.06.2013 zugestellt.

Am 19.07.2013 hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er geltend macht, dass der von dem Beklagten angenommene Fahreignungsmangel bei ihm nicht vorliege. Er habe zwar bereits im Alter von 20 Jahren angefangen, Cannabis zu konsumieren, und am 09.05.2003 unter dem Einfluss von Kokain und Cannabis auch ein Kraftfahrzeug geführt. Nach dieser Auffälligkeit habe er allerdings keine Drogen mehr konsumiert. Erst nachdem es im September 2004 zu einem Verkehrsunfall gekommen sei, in dessen Folge er unter Depressionen und Existenzängsten gelitten habe, sei es zu erneutem Drogenkonsum gekommen, wenn er aufgrund der erlittenen Verletzungen erhebliche Schmerzen gehabt habe. Nachdem er seinen von dem Amtsgericht A-Stadt mit Beschluss vom 18.04.2011 aufgrund einer weiteren Fahrt unter Drogeneinfluss am 29.12.2010 beschlagnahmten Führerschein im Rahmen der Hauptverhandlung am 12.04.2012 wieder erhalten habe, habe er sich am 17.09.2012 erneut einer Fahreignungsbegutachtung unterzogen. Die Analyse der von ihm abgegebenen Urinprobe habe dabei keinen Nachweis über die Einnahme von Drogen erbracht und auch Auffälligkeiten im körperlichen Untersuchungsbefund, die mit einem Drogenkonsum in Zusammenhang stehen könnten, hätten sich nicht gefunden. Schwerwiegende drogenbedingte Leistungsbeeinträchtigungen, die künftige Verkehrsverstöße erwarten ließen, hätten nicht vorgelegen. Nachdem der Beklagte ihm mitgeteilt habe, dass das Fahreignungsgutachten die bestehenden Eignungsbedenken nicht ausgeräumt habe, habe er am 22.10.2012 nochmals die Analyse einer Haarprobe beim Gesundheitsamt A-Stadt in Auftrag gegeben, um seine längerfristig bestehende Drogenabstinenz nachzuweisen. Zwar sei in der am 13.11.2012 entnommenen Haarprobe ein THC-Gehalt von 0,08 ng/ml festgestellt worden. Da er diesen Befund allerdings angezweifelt habe, habe er bei dem Institut für Rechtsmedizin der Universität des Saarlandes am 22.05.2013 eine weitere Haaranalyse in Auftrag gegeben. Nach dem Befundbericht des Instituts für Rechtsmedizin der Universität des Saarlandes vom 24.06.2013 sei diese hinsichtlich THC negativ ausgefallen, wobei sich diese Aussage etwa auf die zurückliegenden sechs Monate vor der Haarentnahme beziehe. Die vorherige Haaranalyse habe daher nachweislich zu falschen Befunden geführt. Die festgestellte Konzentration an Tilidin sowie Nortilidin hätten mit 0,13 ng/mg bzw. 1,1 ng/mg im unteren Bereich einer Schmerztherapie, wie sie ihm medizinisch verordnet worden sei, gelegen und rechtfertigten die Annahme eines Fahreignungsmangels nicht.

Der Kläger beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 23.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2013 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält die Entziehung der Fahrerlaubnis des Klägers für rechtmäßig und weist darauf hin, dass nach den aufgrund der medizinisch-psychologischen Untersuchung des Klägers am 17.09.2012 festgestellten Untersuchungsbefunden zwar kein aktueller Drogenkonsum feststellbar gewesen sei. Wegen des früheren Drogenmissbrauchs des Klägers seien für eine positive Begutachtung jedoch ein längerfristiger Abstinenzzeitraum sowie eine umfangreiche Auseinandersetzung mit den Ursachen des Drogenmissbrauchs erforderlich. Diese Voraussetzungen habe der Kläger indes zum Zeitpunkt der medizinisch-psychologischen Untersuchung noch nicht erfüllt gehabt. Davon abgesehen, dass er die geforderte Haarprobe zum Nachweis einer längerfristigen Drogenabstinenz nicht habe durchführen lassen, sei für das negative Ergebnis der medizinisch-psychologischen Untersuchung auch die Tatsache maßgeblich gewesen, dass der Kläger die erforderliche Offenheit in seinen Aussagen habe vermissen lassen, weshalb auch keine konkreten Maßnahmen hätten empfohlen werden können, mit denen eine günstige Entwicklung für den Kläger hätten eingeleitet werden können. Dass der Kläger nunmehr durch eine Haarprobe vom 22.05.2013 eine Drogenabstinenz für etwa sechs Monate nachgewiesen habe, rechtfertige es nicht, von der Entziehung seiner Fahrerlaubnis abzusehen. Vielmehr habe der Analysebefund der am 13.11.2012 erfolgten Haarentnahme noch den Nachweis von THC mit einem Wert von 0,08 ng/mg erbracht. Damit sei, da die entnommenen Haare des Klägers eine Länge von 4 cm gehabt hätten, belegt, dass der Kläger noch bis Juli 2012 Cannabis konsumiert und erst nach dem behördlichen Anhörungsschreiben vom 25.06.2012 mit der Abstinenz begonnen habe. Dadurch werde nicht nur das Ergebnis der medizinisch-psychologischen Untersuchung des Klägers vom 17.09.2012 bestätigt, wonach er noch nicht über den erforderlichen langen Zeitraum abstinent gelebt habe, sondern auch seine im Rahmen dieser Untersuchung getätigte Aussage widerlegt, sein letzter Cannabiskonsum sei im Dezember 2010 gewesen. Die Wiedererteilung der entzogenen Fahrerlaubnis sei nur dann möglich, wenn der Kläger durch eine erneute medizinisch-psychologische Untersuchung nicht nur seine Fahreignung nachgewiesen habe, sondern auch belegen könne, dass eine gründliche Auseinandersetzung mit seiner Drogenproblematik erfolgreich stattgefunden habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsunterlagen des Beklagten und des Kreisrechtsausschusses des Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

Die als Anfechtungsklage gemäß §§ 42 Abs. 1, Abs. 2, 68 Abs. 1 Satz 1, 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO zulässige Klage hat keinen Erfolg.

Der Bescheid des Beklagten vom 23.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Kreisrechtsausschusses des Beklagten vom 18.06.2013, mit dem dem Kläger die Fahrerlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen aller Klassen entzogen, ihm unter Androhung von Verwaltungszwang die Abgabe seines Führerscheins aufgegeben sowie eine Gebühr in Höhe von insgesamt 154,75 Euro festgesetzt wurde, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis des Klägers sind die §§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, 46 Abs. 1 Satz 1 FeV. Danach hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Inhaber einer Fahrerlaubnis, der sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die Fahrerlaubnis zu entziehen. Dies gilt gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Gemäß Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV ist im Fall der Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) davon auszugehen, dass im Regelfall die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr besteht. Hinsichtlich der Einnahme von Cannabis bestimmt Ziffer 9.2 der Anlage 4 zur FeV demgegenüber, dass nur bei einer regelmäßigen Einnahme von Cannabis (vgl. Ziffer. 9.2.1) bzw. einer gelegentlichen Einnahme von Cannabis, sofern einen Trennung von Konsum und Fahren nicht gegeben ist (vgl. Ziffer 9.2.2), nicht mehr von der Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeuges auszugehen ist.

Daran gemessen hat der Beklagte den Kläger nach dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügungen, hier des zuletzt ergangenen Widerspruchsbescheides vom 18.06.2013 so ausdrücklich BVerwG, u.a. Urteile vom 28.04.2010, 3 C 2.10, NJW 2010, 3318, und vom 25.02.2010, 3 C 15.09, Blutalkohol 47, 251, im Ergebnis zu Recht als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen angesehen.

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Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Gutachtens des Instituts für Rechtsmedizin der Universität des Saarlandes vom 21.03.2011, nach dessen Inhalt die in der anlässlich einer Verkehrskontrolle am 29.12.2010 entnommenen Blutprobe des Klägers nachgewiesene Konzentration an Tetrahydrocannabinol-Carbonsäure von 0,17 mg/l in dem Bereich liegt, der üblicherweise bei regelmäßigem bzw. chronischen Konsum vorgefunden wird, bereits einen regelmäßigen Cannabiskonsum des Klägers zu belegen vermag mit der Folge, dass die Voraussetzungen von Ziffer 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV gegeben sind. Denn selbst wenn im Fall des Klägers lediglich von einer gelegentlichen Einnahme von Cannabis ausgegangen wird, erweist sich der Kläger wegen der in der Blutanalyse durch das Institut für Rechtsmedizin der Universität des Saarlandes nachgewiesenen Einnahme von Cannabis im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges am 29.12.2010 und des damit dokumentierten Unvermögens zum Trennen von Fahren und Konsum jedenfalls nach Maßgabe von Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen.

Der in der im Rahmen der toxikologischen Blutuntersuchung insoweit festgestellte Wert an Tetrahydrocannabinol (THC) von 0,0075 mg/l, was einem Wert von 7,5 ng/ml entspricht, beweist eindeutig, dass der Kläger am 29.12.2010 unter fahreignungsrelevantem Cannabiseinfluss ein Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr geführt hat. Abgesehen davon, dass nach dem Inhalt des Gutachtens des Instituts für Rechtsmedizin der Universität des Saarlandes vom 21.03.2011 bei Berücksichtigung der Feststellungen im Blutentnahmeprotokoll sowie der analytischen Ergebnisse auch aus rechtsmedizinischer Sicht von einer drogen-medikamentenbedingten Fahruntüchtigkeit des Klägers zum Vorfallszeitpunkt auszugehen ist, rechtfertigt der weit über dem im Bereich des Ordnungswidrigkeitenrechts von der Grenzwertkommission in ihrem Beschluss zu § 24 a Abs. 2 StVG vom 20.11.2002 festgesetzten Grenzwert von 1,0 ng/ml liegende THC-Gehalt von 7,5 ng/ml bereits für sich genommen die Annahme eines zeitnahen Cannabiskonsums mit einer entsprechenden Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit des Klägers und belegt zugleich, dass der Kläger zur Trennung von Cannabiskonsum und Führen eines Fahrzeugs im Straßenverkehr nicht in der Lage ist.

Vgl. auch Urteil der Kammer vom 25.02.2011, 10 K 955/10, wonach bereits bei einer festgestellten THC-Konzentration von 1,6 ng/ml die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Fahrzeugführer am Straßenverkehr teilgenommen hat, obwohl seine Fahrtüchtigkeit durch den Cannabiskonsum eingeschränkt war; ferner OVG es Saarlandes, u.a. Beschluss vom 19.07.2010, 1 B 192/10, m.w.N.

Besondere Umstände, die den aufgrund des festgestellten Drogenkonsums des Klägers danach in der Regel gerechtfertigten Schluss, seine Fähigkeit, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr sicher, umsichtig und verkehrsgerecht zu führen, sei erheblich herabgesetzt, in Frage stellen könnten, hat der Kläger nicht dargetan.

Eine andere rechtliche Beurteilung ist auch nicht aufgrund der von dem Kläger behaupteten Drogenabstinenz seit der Fahrt unter Drogeneinfluss am 29.12.2010 angezeigt. Zwar war das im Rahmen der medizinisch-psychologischen Untersuchung des Klägers durch die TÜV SÜD Life Service GmbH am 17.09.2012 durchgeführte Drogenscreening bis auf den Nachweis von Tilidin unauffällig und belegt der von dem Kläger weiter vorgelegte negative Befundbericht des Instituts für Rechtsmedizin der Universität des Saarlandes vom 24.06.2013 seine Drogenabstinenz zumindest für den Zeitraum von etwa Ende November 2012 bis Ende Mai 2013. Selbst wenn danach der Behauptung des Klägers Glauben geschenkt werden könnte, dass er seit dem Vorfall am 29.12.2010 keine Betäubungsmittel mehr konsumiert habe, führte dies gleichwohl nicht zur Annahme einer zwischenzeitlichen Wiedererlangung der Fahreignung. Der Nachweis einer wiedererlangten Fahreignung setzt in Anlehnung an die Wertung in Ziffer 9.5 der Anlage 4 zur FeV nicht nur in aller Regel eine einjährige Drogenabstinenz voraus vgl. etwa BayVGH, u.a. Beschlüsse vom 04.12.2012, 11 ZB 12.2267, und vom 09.05.2005, 1 CS 04.2526, jeweils zitiert nach juris; ferner VGH Baden Württemberg, Beschluss vom 25.11.2010, NJW 2011, 1303, sondern erfordert neben einer positiven Veränderung der körperlichen Befunde zudem einen nachhaltigen und stabilen Einstellungswandel, der es wahrscheinlich erscheinen lässt, dass der Betroffene, jedenfalls sofern er sich -wie fallbezogen der Kläger- ausdrücklich auf eine Cannabisabstinenz beruft, auch in Zukunft drogenfrei lebt.

Vgl. etwa BayVGH, u.a. Beschluss vom 14.09.2006, 11 CS 06.1475, zitiert nach juris, sowie VGH Baden Württemberg, Beschluss vom 25.11.2010, NJW 2011, 1303, jeweils m.w.N.

Den hiernach erforderlichen Nachweis eines tiefgreifenden und stabilen Einstellungswandels in Form eines positiven medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens hat der Kläger nicht erbringen können. Im Gegenteil ergibt sich aus dem vorliegenden Fahreignungsgutachten der TÜV SÜD Life Service GmbH vom 08.10.2012, dass noch zu erwarten sei, dass der Kläger ein Kraftfahrzeug unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln und/oder anderen psychoaktiven Stoffen oder deren Nachwirkungen führen wird. Die Kammer hat keinen Anlass, an der Richtigkeit dieser gutachterlich getroffenen Prognose zu zweifeln. Es ist nicht ersichtlich, dass das Fahreignungsgutachten in sich widersprüchlich wäre oder an methodischen Mängeln litte. Hierfür hat auch der Kläger keine Anhaltspunkte dargetan. Unter Hinweis auf die von dem Kläger in dem medizinisch sowie psychologischen Untersuchungsgespräch gemachten Angaben, die teils stark divergiert und sich widersprochen hätten, wurde in dem Fahreignungsgutachten in sich schlüssig und überzeugend von den Gutachtern ausgeführt, dass bei dem Kläger eine fortgeschrittene Drogenproblematik vorzuliegen scheine und eine selbstkritische Auseinandersetzung insbesondere mit dem Drogenverlauf sowie dessen Ursachen noch ausstehe. Zudem sei eine erneut günstige Prognose ohne fachliche Unterstützung nicht vertretbar. Dass die Gutachter dementsprechend nach der Bewertung der erhobenen Befunde zu dem Ergebnis gelangt sind, dass noch zu erwarten sei, dass der Kläger ein Kraftfahrzeug unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln und/oder anderen psychoaktiven Stoffen oder deren Nachwirkungen führen werde, ist ohne Weiteres nachvollziehbar. Ein tiefgreifender und stabiler Einstellungswandel zum Drogenkonsum setzt nämlich voraus, dass sich der Betroffene der Ursachen für sein früheres Drogenverhalten bewusst ist und zudem auch ein ausreichendes Bewusstsein für die Gefahren eines Rückfalls entwickelt hat.

Fehlt es danach aber erkennbar an dem erforderlichen Einstellungswandel, so dass bereits aus diesem Grunde von der Wiedererlangung der Fahreignung des Klägers nicht ausgegangen werden kann spielt die Frage der bislang von dem Kläger nachgewiesenen Abstinenzdauer vorliegend keine entscheidende Rolle mehr.

Erweist sich nach alledem die Entziehung der Fahrerlaubnis des Klägers im Ergebnis als rechtmäßig, ist im Weiteren auch die zugleich in dem angefochtenen Bescheid des Beklagten vom 23.11.2012 ausgesprochene Verpflichtung zur Abgabe seines Führerscheins, die ihre Rechtsgrundlage in den §§ 3 Abs. 2 Satz 3 StVG, 47 Abs. 1 Satz 1 FeV findet, rechtlich nicht zu beanstanden.

Da letztlich rechtliche Bedenken an der in dem angefochtenen Bescheid weiter enthaltenen Zwangsmittelandrohung sowie festgesetzten Gebühr in Höhe von insgesamt 154,75 Euro weder von dem Kläger geltend gemacht worden sind noch ansonsten bestehen, ist die Klage demzufolge mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG entsprechend den Empfehlungen in Nr. 46.1, 46.3 und 46.8 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 auf 12.500,– Euro festgesetzt.

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